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Unfallchirurgie
Mit der „UFo“ 15 Jahre unfallchirurgisch – orthopädische Forschung am Bundeswehrkrankenhaus Ulm – Bilanz und Ausblick mit Begeisterung




Unfallchirurgie
Die Kooperation des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie – Chancen und Ausblick aus klinisch (unfall-)chirurgischer Perspektive







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Parodontale gesteuerte Geweberegeneration mit nicht-chirurgischem Tension Access – ein Fallbericht




Tropenmedizin
Komplizierte Malaria tropica bei einem deutschen Soldaten im ­Rahmen des Bundeswehreinsatzes in Mali


Aus Forschung und Wissenschaft
Arbeiten unter klimatischen Belastungen – eine neue medizinische Leitlinie mit Expertise des Instituts für Präventivmedizin der Bundeswehr
Aus Forschung und Wissenschaft
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Leitender Apotheker der Bundeswehr mit Wehrpharmazeuten beim Kongress des International Committee of Military Medicine in Brüssel und der International Pharmaceutical Federation in Sevilla
Aus dem Sanitätsdienst
Zum 85.​ Geburtstag von Generalstabsarzt a.​ D.​ Dr.​ med.​ Matthias Jaeger
Mitteilungen der DGWMP e.​V.​
Geburtstage Januar 2023
Tropenmedizin PDF

Komplizierte Malaria tropica bei einem deutschen Soldaten im Rahmen des Bundeswehreinsatzes in Mali

A case of a Complicated Malaria Tropica of a German Soldier on Deployment in Mali

Matthias Halftera, Matthis Feischena, Sandra Mittmesserb, Christian Koeniga,c, Maja Iversenb, Annett Michelc, Dorothea Wiemera

a Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Klinik I – Innere Medizin, Fachbereich Tropenmedizin und Infektiologie

b Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Klinik X – Anästhesiologie und Intensivmedizin

cBundeswehrkrankenhaus Hamburg, Abteilung XXI – Mikrobiologie und Krankenhaushygiene

Zusammenfassung

Der Sanitätsdienst der Bundeswehr sieht heutzutage bei weltweiten Einsatzszenarien wenige Malariafälle innerhalb der Streitkräfte, vermutlich aufgrund wirk­samer Prävention und beeinflusst durch die Art der aktuellen Einsätze, im Vergleich zu Partnernationen. Dennoch muss die Malaria zwingend als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden, um die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und so schwere Verläufe zu verhindern. Der folgende Fall einer komplizierten Malaria tropica mit verzögerter Diagnosestellung bei einem deutschen Soldaten in Mali stellt beispielhaft die Komplexität dieser Problematik dar und dient einer intellektuellen Auseinandersetzung mit den vielen Facetten der Malaria im Rahmen eines militärischen Einsatzes und der Notwendigkeit einer unmittelbaren Diagnose und Therapie. Als Konsequenz lässt sich die individuelle Verbesserung der tropenmedizinischen Qualifikation im Sanitätsdienst der Bundeswehr ableiten. Eine vorbereitende Weichenstellung hinsichtlich personellem und materiellem Ausbau des bereits teilweise vorhandenen Kompetenznetzwerks für aktuelle und zukünftige Einsatz- und Bündnisszenarien ist ebenso zu fordern.

Schlüsselwörter: Militärmedizin, Malaria tropica, Fallbericht, Einsatz, Tropenmedizin, Sanitätsdienst, Bundeswehr

Summary

Compared to partner nations today, the Bundeswehr Medical Service faces only a few cases of Malaria within the armed forces in worldwide deployment scenarios. This is mainly due to effective preventive measurements, but is also influenced by the nature of the current missions themselves. Nevertheless, considering Malaria as early as possible as a potential differential diagnosis has the highest priority in order to avoid catastrophic outcomes. The following case of a complicated Malaria tropica with delayed diagnosis of a German soldier in Mali serves as an example of the complexity of this problem. This case is explicitly not intended to criticize the involved personnel, but rather as an intellectual evaluation of the disease with the need of timely testing and treating. In conclusion, the individual qualification regarding tropical medicine in the Bundeswehr Medical Service should be improved and conceptual measures like the expansion of a currently only partly existing network of excellence for current and future missions should be taken into consideration.

Key words: Military medicine, Malaria tropica, case report, deployment, tropical medicine, Joint Medical Service, Bundeswehr

Hintergrund

Im Rahmen internationaler Einsätze ist die Malaria nach wie vor eine der wichtigsten Erkrankungen, weil sie das Leben und die Einsatzfähigkeit der Truppe gefährdet. Dies gilt insbesondere für Einsatzverbände aus Nicht-Malaria Ländern, die in einem Gebiet mit hoher Endemizität operieren, da hier die Erreger auf einen immun-naiven Wirt treffen. Umfangreiche Prophylaxemaßnahmen und der Einsatz von Gesundheitsaufsehern in den Einsatzgebieten können nicht gänzlich verhindern, dass es zu Infektionen kommt.

Während im Rahmen der vergangenen und jetzt aktuellen Bundeswehreinsätze in Afghanistan, im Kongo, in Niger und in Mali bislang nur vereinzelt klinische Fälle beobachtet wurden, kennen die französischen Streitkräfte die Malaria als stetige Bedrohung und berichten von über 200 Fällen pro Jahr mit zwar seltenen, aber regelmäßig vorkommenden letalen Verläufen [4]. Diese Rate kommt durch die wesentlich robusteren Mandate zustande, die die Soldaten signifikant mehr exponieren. Der nun hier vorgestellte Fallbericht soll die militärspezifischen Herausforderungen der Malaria an Personal, deren Ausbildung und Infrastruktur beschreiben.

Fallbericht

Im Camp CASTOR in Gao, Mali, betreibt der Sanitätsdienst der Bundeswehr aktuell im Rahmen der UN Stabilisierungsmission MINUSMA eine medizinische Einrichtung Role1+, die einen allgemeinmedizinisch tätigen Truppenarzt sowie eine chirurgisch/anästhesiologische Notaufnahme mit dazugehöriger Bettenstation umfasst.

Ein 32-jähriger, männlicher, deutscher Soldat stellte sich kurz vor Ende seines Einsatzes mit neu aufgetretenen Cephalgien, trockenem Husten und Gliederschmerzen, jedoch ohne Fieber, in der Truppenarztsprechstunde vor. Der Soldat gab an, seine Malaria-Chemoprophylaxe mit Atovaquon-Proguanil wie angewiesen eingenommen zu haben.

Das medizinische Personal vor Ort veranlasste einen Antigenschnelltest sowie eine PCR auf SARS-CoV-2. Beides fiel negativ aus, und der Soldat wurde symptomatisch bei Verdacht auf „grippalen Infekt“ mit Paracetamol/Phenylephrin behandelt. In den nächsten Tagen stellte er sich insgesamt noch fünfmal vor, viermal davon in der Notaufnahme. Die klinische Symptomatik aggravierte zunehmend, Übelkeit, Erbrechen und rechtsseitige Photopsien kamen hinzu. Bei jedem Besuch wurde Fieber ausgeschlossen. Die wechselnden Arbeitshypothesen „Grippaler Infekt“, „Gastritis“ und „Migräne“ führten zur Gabe diverser Antiphlogistika, Protonenpumpen-Inhibitoren, Antiemetika, intravenöser Volumengabe und Sauerstoffinsufflation.

Am fünften Tag nach Erstvorstellung erfolgte erstmals eine Blutentnahme. Klinisch war der Patient zu diesem Zeitpunkt anscheinend weiterhin afebril und zeigte normwertige Vitalfunktionen. Laborchemisch bestand jedoch eine schwere Thrombozytopenie mit 21 Tsd./µl (Norm: 140–440 Tsd./µl) und ein erhöhter Bilirubinwert im Serum von 9,8 mg/dl (Norm: <1,2 mg/dl). Die nun eingeleitete Malariadiagnostik umfasste einen Antigenschnelltest sowie die mikroskopische Untersuchung des Blutausstrichs und des „dicken Tropfens“. Es fanden sich Plasmodien-typische Strukturen in den Erythrozyten, und die Parasitenlast wurde initial mit 16 % angegeben. Im Schnelltest blieb aber die Plasmodium falciparum-spezifische Bande negativ, bei gleichzeitig positiver Pan-Plasmodien-Bande (Abbildungen 1 und 2).

Abb. 1: Prozonenphänomen im Schnellest

Abb. 2: Blutausstrich (Quick-Diff Färbung) mit hoher Parasitenlast

Daraufhin erfolgte, zeitgleich zur laufenden Diagnostik, die Kontaktaufnahme mit dem Fachbereich Tropenmedizin und Infektiologie (FbTropMedInf) am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. Als Ursache der falsch negativen P. falciparum-spezifischen Bande wurde hier das sogenannte Prozonen-Phänomen vermutet. Durch Verdünnung der Blutprobe (1:100 NaCl), konnte das Ergebnis des Schnelltestes korrigiert und die gesehene Plasmodienart auch mikroskopisch als Plasmodium falciparum bestätigt werden. Es wurde die Indikation zur intravenösen Therapie einer komplizierten Malaria und die Entscheidung zur Repatriierung mittels StratAirMedevac getroffen.

Die Behandlung mit Artesunat® (schnell wirksames, intravenös appliziertes Artemisininderivat) wurde unmittelbar begonnen, und der Patient auf das intensivmedizinische Element der vorhandenen Bettenstation aufgenommen. Die Repatriierung erfolgte am Folgetag mittels etablierter Rettungskette via Lufttransport von Gao (Mali) über Niamey (Niger) und von dort nach Deutschland. Da der Patient während des Transportes Zeichen einer beginnenden respiratorischen Dekompensation zeigte, erhielt er Sauerstoff, außerdem Analgetika, Antiemetika und ein Anxiolytikum.

Bei Ankunft im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg war der Patient kreislaufstabil, katecholaminfrei, zeigte eine moderate Tachykardie und einen deutlichen Ikterus. Weiterhin lag eine hypoxäme, respiratorische Partialinsuffizienz vor, die eine Fortführung der Sauerstofftherapie erforderlich machte. Laborchemisch persistierten die schwere Thrombozytopenie und Bilirubinämie. Es folgte die Aufnahme auf die interdisziplinäre Intensivstation des Hauses. Die antiparasitäre Behandlung wurde zuerst mit Artesunat® intravenös, dann nach Stabilisierung mit ­Riamet® (Artemether/Lumefantrin) oral fortgeführt. Der Patient blieb während des gesamten intensivmedizinischen Aufenthaltes kardiopulmonal stabil, die Nierenfunktion glücklicherweise unbeeinträchtigt, und die anfänglich erforderliche Sauerstoffgabe konnte bald beendet werden. Neurologisch zeigten sich außer rezidivierenden Cephalgien, die gut auf nicht-steroidale Antirheumatika ansprachen, keine Auffälligkeiten. Nach drei Tagen konnte der Patient zur weiteren Behandlung auf die internistische Normalstation verlegt werden.

Hier verbesserte sich der klinische Zustand kontinuierlich. Die initial deutlich erhöhten Entzündungsmarker waren rückläufig, und die Thrombozytenzahl normalisierte sich. Der Patient wurde dann nach dem dritten Tag ohne Plasmodien-Nachweis im Blut in die ambulante tropenmedizinische Weiterbehandlung entlassen.

Diskussion

Der hier geschilderte Fall veranschaulicht, dass Malaria auch weiterhin eine kollektive und individuelle Herausforderung für militärische Einsatzverbände ist.

Im großen Rauschen von COVID-19, Influenza und Diarrhoe als zurzeit häufig prävalente Erkrankungen wird Malaria gern verzögert erkannt. Hauptgrund hierfür ist fehlende Erfahrung mit dieser Erkrankung, welche sich mit vielfältigen, unspezifischen Symptomen präsentieren kann und sich oftmals klinisch nicht von einer infektiösen Gastroenteritis oder einer SARS-CoV-2-Infektion unterscheiden lässt. Eine Malaria mit einer Parasitämie von mehr als 10 % führt aber bei der Hälfte aller nicht teilimmunen Patienten zum Tode. Daher ist vor allem die frühzeitige Diagnosestellung bei der Malaria für den weiteren Verlauf oft entscheidend [1].

Vor allem das Fehlen von Fieber als Kardinalsymptom der Malaria war initial irreführend. Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, ob der Soldat bereits vor ärztlichem Erstkontakt eigenständig medikamentöse Antipyrese betrieben hatte oder ob der Krankheitsverlauf zu Beginn afebril war. Fälle einer Malaria ohne Fieber sind bei nicht teilimmunen Patienten beschrieben, aber eine Rarität. Die Diagnosestellung war so durch ein fehlendes Leitsymptom erschwert [6].

Darüber hinaus stellt sich die Frage nach suffizient erfolgter Chemoprophylaxe. Soldaten, die in Endemiegebieten eingesetzt sind, haben die Pflicht, Malaria-Chemoprophylaxe zu betreiben. Der hier vorgestellte Patient gab an, vollständig therapieadhärent gewesen zu sein. Wissenschaftliche Untersuchungen haben aber gezeigt, dass das die Therapieadhärenz unter Soldaten aus unterschiedlichen Gründen deutlich lückenhaft ist [3].

Nachdem die Differentialdiagnose Malaria postuliert worden war, erfolgte zügig die Einleitung der Diagnostik. Der Antigen-Schnelltest zeigte einen inkohärenten Befund mit negativer P. falciparum-Bande und positiver Pan-Plasmodien-Bande. Malaria-Schnelltests beruhen auf einer Markierung Erreger spezifischer Antigene mittels Antikörpern. Während die Mischung aus Patientenblut und Reagenz durch das Trägermaterial des Schnelltests diffundiert, binden die Malaria-Antigene an fest aufgebrachte, spezifische Antikörper („Immobilisierungs-Antikörper“) und werden auf Höhe des Positiv-Streifens fixiert. Durch einen weiteren mit Farbe markierten Antikörper („Farbmarkierungs-Antikörper“) werden sie sichtbar gemacht. Grund für den inkohärenten Befund bei diesem Fall war mit großer Wahrscheinlichkeit das Prozonenphänomen. Bereits bei Parasitämien ab 5 % kann es zu falsch negativen Ergebnissen führen. Wenn das Malaria-Antigen im Überschuss (hohe Parasitämie) vorliegt, wird es vom „Immobilisierungs-Antikörper“ gebunden, bis alle Bindungsstellen besetzt sind. Das im Überschuss vorhandene freie Antigen bindet jetzt auch den „Farbmarkierungs-Antikörper“, jedoch ohne immobilisiert zu werden. Der Großteil der Farbmarkierung verteilt sich folglich gleichmäßig über die Breite des Teststreifens, anstatt als distinkte Bande gebunden zu werden [4]. Erfahrene Diagnostiker begegnen dem Prozonen-Phänomen mit einer Proben-Verdünnung und ­bewirken so die Reduktion des freien Antigens. Neben dem Prozonenphänomen können auch bestimmte, lokal auftretende Mutationen, wie die vielfach beschriebene PfHRP2 (Plasmodium falciparum Histidine Rich Protein 2) -Negativität bei P. falciparum zu einem falsch negativen Ergebnis führen und somit die Diagnostik erschweren [5]. Da dem Kollegen vor Ort parallel ein Mikroskop als weiteres einfaches, aber grundlegendes Diagnostikum zur Verfügung stand, wurde die Diagnose einer komplizierten Malaria tropica nicht weiter verzögert.

Die Evakuierung aus einem Konfliktgebiet (MedEvac) ist eine essenzielle Fähigkeit der deutschen Streitkräfte. Sie hat hier dafür gesorgt hat, dass der Patient zügig und unter höchsten medizinischen Standards in das BwKrhs Hamburg als Behandlungsebene 4 mit tropenmedizinischem Schwerpunkt verlegt werden konnte. Die im täglichen Dienst erprobte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Klinik I – Innere Medizin und der Klinik X – Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie dem FBTropMedInf am Bernhard-Nocht-Institut ermöglichte die komplikationslose Behandlung des Soldaten.

Zusammenfassend reiht sich die Malaria in eine Gruppe von Infektionskrankheiten ein, die in tropischen Klimazonen besonders im Zusammenhang mit kriegerischen Konflikten verstärkt auftreten. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat aufgrund der kontinuierlich verbesserten Prophylaxemaßnahmen sowie eher geringer Exposition deutscher Soldaten im Einsatz bisher wenig Erfahrung mit Malaria. Daher stellt diese Erkrankung für den fachlich wenig erfahrenen Sanitätsoffizier aus Deutschland vor große Herausforderungen. Fallstricke wie fehlende Kardinalsymptome oder Besonderheiten bei der Diagnostik erfordern eine umfassende Ausbildung und eine stetige Auseinandersetzung mit der Thematik. Sanitätsoffiziere jedes Faches absolvieren vor einem Einsatz im tropischen Ausland eine einwöchige curriculare Ausbildung am FbTropMedInf. Diese kann jedoch eine notwendige jahrelange Ausbildung auf dem Gebiet Tropenmedizin und Infektiologie nicht ersetzen. Gerade dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, personelle Kapazitäten aufzubauen, um möglichst vor Ort, mindestens jedoch als dauerhaft erreichbare konsiliarische Rückfalloption bei der Behandlung dieses besonderen Patientenguts zur Verfügung zu stehen.

Die diskussionswürdige Argumentation, dass Infektionserkrankungen im Rahmen der bisherigen Auslandseinsätze kaum angetroffen wurde, ist lediglich eine Momentaufnahme und berücksichtigt in keiner Weise aktuell postulierte politische Ansprüche der Bundeswehr, eine militärische Führungsrolle im Verbund einer gemeinsamen europäischen Verteidigungsstrategie einnehmen zu wollen.

Verbündete Streitkräfte, die aufgrund ihres Auftrags gezwungen sind, ihre Soldaten im höheren Maße zu exponieren, zeigen den Zusammenhang zwischen Inzidenzen und Art des Einsatzes klar auf. Dabei beschränkt sich dies nicht nur auf Einsatzgebiete in tropischen Regionen. Das Auftreten von Armutserkrankungen beziehungsweise von epidemisch verlaufenden Infektionserkrankungen wie der Cholera kann prinzipiell im Rahmen eines militärischen Konfliktes in jeder Klimazone begünstigt werden. Da aber Arbovirosen, Parasitosen, Wundinfektionen mit multiresistenten Bakterien oder Armutserkrankungen wie Tuberkulose aktuell in Deutschland noch selten sind, können so auch kaum Erfahrungen mit der Diagnostik und Behandlung dieser Erkrankungen gesammelt werden. Es erfordert eine konzeptuelle Weichenstellung, um die spezialisierte Versorgung in den Einsatzgebieten zu verbessern und eine breite Expertise im Sanitätsdienst der Bundeswehr aufzubauen. Abschließend soll betont werden, dass diese Fallschilderung nicht als individuelle Kritik an mitbehandelnden Kollegen aufgefasst werden soll. Vielmehr dient sie der intellektuellen Auseinandersetzung mit der Komplexität tropisch-infektiologischer Erkrankungen und sie illustriert, dass ab Zeitpunkt der Diagnosestellung die zeitgemäße und leistungsfähige Versorgung des Soldaten im Einsatz funktioniert.

Fazit

Bei Einsätzen in anderen Klima- und Konfliktzonen ist mit einem anderen Spektrum von Infektionskrankheiten zu rechnen als im Heimatland.

Unspezifische Allgemeinsymptome oder fehlende Leitsymptome müssen jeweils im Kontext von Einsatz, Epidemiologie und lokalen Risikofaktoren gesehen werden.

Redundanz bei den diagnostischen Methoden führt zur erhöhten Sicherheit bei der Feststellung potenziell lebensbedrohlicher Erkrankungen wie der Malaria.

Ergänzend zur Lehrgangsausbildung vor Einsatzbeginn wird im Einsatz- und Heimatland eine materiell und personell hochklassige Infrastruktur benötigt.

Etablierte Strukturen wie die Rettungskette und interdisziplinäre Zusammenarbeit funktionieren und sind in ihrer Anwendung nicht nur auf traumatologische Patienten beschränkt.

Literaturverzeichnis

  1. Davidson R, Brent A, Seale A, Blumberg L: Oxford Handbook of Tropical Medicine. Oxford: University Press 2021.
  2. Frickmann H, Schwarz NG, Holtherm HU et al.: Compliance with antimalarial chemoprophylaxis in German soldiers: a 6-year survey. Infection 2013; 41(2): 311–20. mehr lesen
  3. Gillet P, Mori M, Van Esbroeck M et al: Assessment of the prozone effect in malaria rapid diagnostic tests. Malar J 2009; 30(8): 271. mehr lesen
  4. Migliani R, Pradines B, Michel R et al: Malaria control strategies in French armed forces. Travel Med Infect Dis 2014; 12(4): 307–17. mehr lesen
  5. Schlabe S, Reiter-Owona I, Nordmann T et al: Rapid diagnostic test negative Plasmodium falciparum malaria in a traveller returning from Ethiopia. Malar J 2021; 20(1): 145. mehr lesen
  6. Wirima JJ, Harries AD: Absence of fever in non-immune patients developing falciparum malaria. Br Med J (Clin Res Ed) 1987;295(6603): 913. mehr lesen

Bildquellennachweis:

Abbildung 1 und 2: Annett Michel

Manuskriptdaten

Zitierweise

Halfter M, Feischen M, Mittmesser S, Koenig C, Iversen M, Michel A, Wiemer D: Komplizierte Malaria tropica bei einem deutschen Soldaten im Rahmen des Bundeswehreinsatzes in Mali. WMM 2022; 66(12): 466-469.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-49

Für die Verfasser

Oberfeldarzt Matthias Halfter

Bundeswehrkrankenhaus HamburgF

Fachbereich Tropenmedizin/Infektiologie am Bernhard-Nocht Institut

Bernhard-Nocht Str. 74, 20359 Hamburg

E-Mail: matthiashalfter@bundeswehr.org

Manuscript Data

Citation

Halfter M, Feischen M, Mittmesser S, Koenig C, Iversen M, Michel A,

Wiemer D: [A case of a Complicated Malaria Tropica of a German

Soldier on Deployment in Mali.] WMM 2022; 66(12): 466-469.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-49

For the Authors

Lieutenant Colonel (MC) Matthias Halfter, MC:

Bundeswehr Hospital Hamburg

Section Tropical Medicine/Infectious Diseases Bernhard-Nocht ­Institute

Bernhard-Nocht Str. 74, D-20359 Hamburg

E-Mail: matthiashalfter@bundeswehr.org

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