Heinz-Gerngroß-Förderpreis 2022
Im Rahmen des 53.Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP e. V.) in Papenburg fand wiederum der Wettbewerb um den Heinz-Gerngroß-Förderpreis statt, mittlerweile zum 17. Male nacheinander. Unter der Moderation von Generalarzt a. D. Prof. Dr. Becker waren acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu diesem akademischen Wettstreit angetreten (Abbildung 1). Eine auserlesene Gruppe von Juroren, bestehend aus Generalstabsarzt a. D. Dr. Krüger, Generalstabsarzt Dr. Holtherm, Oberstarzt Dr. Harbaum, Oberstveterinär Dr. Nippgen und Oberstapotheker Dr. Meyer-Trümpener, sorgte für eine möglichst gerechte Beurteilung der Vorträge.
Abb.1: Gruppenbild der Teilnehmenden am Heinz-Gerngroß-Förderpreis 2022 mit Moderator Generalarzt a. D. Prof. Dr. Becker (li)
Warum ist dieser wissenschaftliche Nachwuchswettbewerb so einzigartig? Warum sorgt er jedes Jahr aufs Neue für Erstaunen? Und was bedeutet das für die Zukunft?
Im Vordergrund stehen sicherlich Person und Persönlichkeit eines besonderen Sanitätsoffiziers, der leider viel zu früh im Jahr 2005 verstarb. Oberstarzt Prof. Dr. Heinz Gerngroß stand für menschliche Wärme und einen besonderen militärischen Teamspirit. Seine Neugier, sein Talent und seine wissenschaftliche Begabung sorgten dafür, dass es viele gab, die ihm einfach unter Anwendung seiner Methoden nacheiferten. Sein empathischer Geist wirkt viele Jahre nach seinem Tod auch jetzt noch nach, weil sich immer noch viele Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie gerne an ihn erinnern1.
Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs ist eigentlich denkbar einfach, sorgt aber jedes Jahr für die entsprechende Herausforderung. Es geht darum, ein wissenschaftliches Thema in Form eines akademischen Vortrages vor einem Gutachtergremium zu erörtern. Entsprechend der Ausschreibung dürfen die Themen aus dem gesamten großen Bereich der Wehrmedizin und Wehrpharmazie stammen. Die Einzigartigkeit der Atmosphäre besteht im besonderen Charakter der Veranstaltung, nämlich militärisch in Uniform, aber wissenschaftlich.
Jedes Jahr sind Teilnehmende und Zuhörende erstaunt, mit welcher Fertigkeit und Sicherheit sich unser wissenschaftlicher Nachwuchs der Aufgabe stellt. Manche präsentieren sich mit einer Routine, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Bewundernswert ist auch das Spektrum der Beiträge, weil damit die Breite des wissenschaftlichen Engagements im Sanitätsdienst dargestellt wird.
Im Jahr 2022 gab es drei Preisträger. Der erste Preis mit einer Prämie von 1500 € ging an Oberleutnant Thiemo Knaust, Psychologe aus dem Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Hamburg, dessen Thema „Virtuelle Naturumgebungen für Soldatinnen und Soldaten mit einer posttraumatischen Belastungsstörung – mit welcher Technik sollen sie dargeboten werden?“ von der Jury am besten bewertet wurde. Der zweite Preis ging zweigeteilt mit je 500 € an Stabsarzt Dr. Lisa Geerkens, BwKrhs Hamburg, und Oberstabsarzt Dr. Christian Zobel, BwKrhs Berlin. Alle Wettbewerbsbeiträge sind in diesem Heft als Extended Abstract abgedruckt.
Abb. 2: Der Sieger im Wettbewerb um den Heinz-Gerngroß-Förderpreis 2022. Oberleutnant Thiemo Knaust (re), mit dem Präsidenten der DGWMP Generalstabsarzt Dr. Schoeps (Mitte) und Generalarzt a. D. Prof. Dr. Becker (li) (Bilder: Th. Pulpanek, Berlin)
Die Siegerehrung fand traditionell dann am Festabend statt (Abbildung 2). Dieser Rahmen sorgte für die besondere Würdigung dieses Events. In Zukunft bedeutet der Heinz-Gerngroß-Förderpreis vor allem Ansporn und Impuls für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die DGWMP e. V. bewahrt damit ein Andenken an ein prominentes Mitglied und verpflichtet sich selbst zu einer besonderen Tradition.
Generalarzt a. D. Prof. Dr. Horst Peter Becker
1 Siehe hierzu auch Becker HP: Oberstarzt Professor Dr. Heinz Gerngroß – Militärchirurg und Führungspersönlichkeit mit Einfluss auf den Sanitätsdienst. WMM 2015; 59(6–7): 208–2012
Das LiVac® Retractor-System – eine praktikable Alternative zum chirurgischen Assistenten bei minimal-invasiven Operationen?
Alex Burghard1, Roland Schmidt1, Christian Beltzer1
1 Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Einleitung
Die laparoskopische Cholezystektomie ist als Goldstandard bei der Behandlung der symptomatischen Cholezystolithiasis einer der am häufigsten durchgeführten vollstationären Eingriffe der Allgemein- und Viszeralchirurgie. Regelhaft wird sie in 4-Trokar-Technik von einem Operateur und 2 Assistenten durchgeführt. Die mittlerweile bewährte und standardisierte laparoskopische Cholezystektomie (CCE) wurde seit ihrer Erstbeschreibung optimiert und mit dem Ziel modifiziert, die Komplikationsrate weiter zu senken und den Eingriff noch schonender zu gestalten. Ein Ansatz zur Optimierung der minimalinvasiven Cholezystektomie besteht in der Verwendung von Leberretraktoren, mit welchen sich ein Trokar und damit ggf. auch ein Operationsassistent einsparen lassen. Absolute Voraussetzung zur Verwendung eines laparoskopischen Retraktorsystems ist eine nachgewiesene Patientensicherheit.
Ein gutes Retraktorsystem sollte praktisch und zeitsparend in der Anwendung sein sowie gleichzeitig eine gute Darstellung des Operationssitus zulassen. Ein neueres System zur Leberretraktion ist der LiVac® Retractor. Zukünftig sollen minimalinvasive Operationsmöglichkeiten bei Auslandseinsätzen ab Role 2 vorgehalten werden, um Soldaten analog zum Heimatland im Bedarfsfall laparoskopisch versorgen zu können. Vor dem Hintergrund mangelnder Personalressourcen muss zwingend über Alternativen zu fehlendem Assistenzpersonal diskutiert werden. Ziel dieser Arbeit war es, den bereits zugelassenen LiVac® Retractor im Rahmen einer Pilotstudie in Bezug auf Patientensicherheit, klinische Anwendbarkeit und Effizienz bei der laparoskopischen Cholezystektomie zu untersuchen.
Material und Methoden
Im Zeitraum von Oktober 2018 bis Dezember 2019 wurden in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm 25 Patienten mit dem LiVac® Retractor operativ versorgt. Gleichzeitig wurden alle elektiven Patienten (n = 50) mit laparoskopischer 4-Trokar-CCE im gleichen Zeitraum, welche keinerlei Ausschlusskriterien (akute Cholezystitis, BMI > 35 kg/m², maligne Erkrankung der Gallenblase oder Gallenwege, ASA-4) erfüllten, als Kontrollgruppe eingeschlossen. Den potenziellen Studienteilnehmern wurde, neben einer mündlichen Aufklärung, ein Informationsbogen ausgehändigt. Dieser sollte den Patienten den Ablauf der Studie erläutern sowie alle Informationen bereitstellen, um im Rahmen eines „informed consent“ in die Studie einwilligen zu können.
Für jeden Studienpatienten wurde ein pseudoanonymisierter Dokumentationsbogen erstellt. Der erste Teil beinhaltete allgemeine Patientencharakteristika, Vorerkrankungen (insbesondere abdominelle Voroperationen) und eine entsprechende Medikamentenanamnese. Der zweite Abschnitt bezog sich auf die eigentliche Operation (Operateur, OP-Technik, OP-Dauer, Zeiten, Größe, Sog des LiVac® Retractor, eventuelle Soginsuffizienzen). Im dritten Teil sollte vom Operateur das Device beurteilt werden (Handling, Exposition Calot‘sches Dreieck, Probleme, Gründe für einen eventuellen Wechsel des OP-Verfahrens auf eine 4-Trokar-Technik). Im abschließenden Abschnitt wurde der postoperative Verlauf dokumentiert (Labor, Ultraschall, Schmerzanamnese, subjektives kosmetisches Ergebnis als Patientenbefragung).
Der LiVac® Retractor (Abbildung 1) besteht aus einem bikonkaven Silikonring und einer damit fest verbundenen Saugleitung zur Anlage des Vakuums. Zur Verbindung nach extrakorporal wird der Konnektor sowie die Verschraubung benötigt. Letztere wird über den 12 Millimeter-Kameratrokar gestülpt und dient als Halterung für den Konnektor.
Abb. 1: Lieferumfang des Operationstools „LiVac® Retractor System“ mit den 3 notwendigen Komponenten zur Nutzung als Retraktor bei laparoskopischen Eingriffen: Abgebildet sind von links nach rechts die LiVac®-Verschraubung, der LiVac®-Konnektor und der eigentliche Livac® Retractor mit Saugleitung (Größe „small“, Durchmesser von 56 mm). Quelle: Fotografie aus dem Operationssaal des Bundeswehrkrankenhauses Ulm
Der Konnektor ist intraabdominell mit der Saugleitung des Tools und extrakorporal mit dem sterilen Saugschlauch einer Vakuumquelle verbunden (Sog: 400–600 mmHg). Er wird nach Entfernung des 12 mm-Trokars infraumbilikal in das Abdomen eingebracht. Der LiVac® Retractor wird intraabdominell unter laparoskopischer Sicht zwischen Leber und Zwerchfell platziert (Abbildung 2). Nach Anheben der Leber und Kontakt zum Zwerchfell wird der entsprechende Sog angeschlossen. Die Leber wird nun in dieser Position gehalten (Abbildung 3).
Abb. 2 (links): Positionierung des LiVac® Retractors zwischen Leber und Zwerchfell. Abb. 3 (rechts): Positionierter LiVac® Retractor, Situs vor Präparationsbeginn. (Quelle: Fotografien aus dem Operationssaal des Bundeswehrkrankenhauseses Ulm)
Ergebnisse
Im Vergleich der LiVac® Retractor-Gruppe zur Kontrollgruppe fanden sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der demografischen Parameter (Geschlechterverteilung (p = 0,248), Alter (p = 0,529), Körpergröße (p = 0,844), Gewicht (p = 0,888) und BMI (p = 0,744)). Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht statistisch signifikant in Bezug auf abdominelle Voroperationen (p = 0,743) oder präoperativer Durchführung einer ERCP (p = 0,330).
In der LiVac®-Gruppe lag die mittlere Operationsdauer bei 99,2 min (51–254 min; SD = 41,24 min), bei der Kontrollgruppe bei 75,3 min (32–150 min; SD = 27,8 min). Die Verwendung des LiVac® Retractor führte damit zu einer signifikanten Verlängerung der durchschnittlichen Operationsdauer (p = 0,008).
10 der 25 (40 %) Cholezystektomien in der LiVac®-Gruppe konnten in 3-Trokar-Technik durchgeführt werden. Bei den anderen 15 Patienten (60 %) wurde ein vierter Trokar notwendig. Bei fünf Patienten (20,8 %) war die Anlage des Soges erfolglos. In 3 Fällen (12,5 %) wurde die Einführung des LiVac® Retractor als traumatisch für die Bauchdecke bewertet, wohingegen sich bei 21 Fällen (87,5 %) keine Probleme bei der Einbringung ergaben. Bei der Anwendung des Retractors wurden in 11 Fällen (45, 8 %) keinerlei Probleme angegeben. In 9 Fällen (45,8 %) wurden schlechte Sichtverhältnisse genannt, hauptsächlich bedingt durch multiple Soginsuffizienzen (12,5 %) und eine mangelhafte Leberretraktion (4,2 %).
Bei 5 Operationen (20 %) wurde die Handhabung des Retractor insgesamt mit „gut“ bewertet. Die Bewertung „befriedigend“ wurde in 9 Fällen (36 %) vergeben, „ausreichend“ in 3 Fällen (12 %), „mangelhaft“ bei 2 Operationen (8 %). Die Bewertung „ungenügend“ wurde vom Operateur in 6 Fällen (24 %) vergeben.
Im Rahmen von präoperativ definierten Major-Komplikationen kam es in der LiVac®Gruppe zu einer Gallenleckage des Ductus hepatocholedochus, die zu einer postoperativen ERCP mit Stentversorgung und einer Re-Laparoskopie mit Spülung, erneuter Drainageanlage und Wundrevision des umbilikalen Trokarzugangs führte. Die Verwendung des LiVac® Retractor hatte keinerlei spezifischen Komplikationen zur Folge. In den postoperativen Ultraschalluntersuchungen der 25 Patienten der LiVac®-Gruppe fand sich bei 24 Patienten (96 %) kein sonographisch darstellbares Hämatom der Leber. Bei einem der 25 Patienten (4 %) zeigte sich ein Hämatom im Gallenblasenbett.
Bezüglich der erhobenen Laborparameter (Leukozytenzahlen, CRP, GOT, GPT, AP) ergab sich, abgesehen von den Leukozytenzahlen am zweiten postoperativen Tag (LiVac®-Gruppe: 6700 /µl vs. Kontrollgruppe: 7800 /µl; p = 0,020), kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Am Operationstag betrug der Mittelwert der NRS-Werte der Patienten der LiVac®-Gruppe 2,08 (0–5 NRS-Punkte; SD = 1,42), während dieser in der Kontrollgruppe im Mittel bei 2,35 (0–7NRS-Punkte; SD = 1,47) lag (p = 0,359). Der weitere postoperative Verlauf erbrachte für die NRS-Werte keine signifikanten Abweichungen. Die durchschnittliche Krankenhausverweildauer in der LiVac®-Gruppe betrug 6,24 Tage (4–21 Tage; SD = 3,53) vs. 5,80 Tage in der Kontrollgruppe (4–17 Tage; SD = 2,06 Tage) (p=0,714).
Diskussion
Die durchgeführte Untersuchung hatte das Ziel, eine Einschätzung des Operationstools für den klinischen Alltag zu erbringen. Neben klar definierten klinischen Daten wurde die Studie um einen Fragebogen für die Operateure ergänzt, um subjektive Erfahrungen der Beteiligten zu erfassen. Ziel war ein realistisches Gesamtbild, mit einem Fazit für den klinischen Alltag. In den gängigen medizinischen Fachbibliotheken OVID und PubMed fanden sich zum Zeitpunkt der eigenen Studie nur wenige Untersuchungen zum LiVac® Retractor.
PHILIP GAN, der Erfinder des Operationstools LiVac®, hat eine erste Studie zur Anwendbarkeit an Schafen im Jahr 2014 publiziert [3]. Er kam zu dem Ergebnis, dass seine Erfindung eine adäquate Retraktion der Leber erreichte und die maximale Tiefe des Gewebsschadens fünf Tage nach der Anwendung mit einem maximalen Sog von bis zu 600 mmHg bei 1,4 mm lag. GAN folgerte hieraus, dass das LiVac®-Device als Operationstool potenziell am Menschen angewandt werden könnte und patentierte es im gleichen Jahr [3]. 2016 veröffentlichte er einen Fallbericht mit zwei Patienten, in welchem er die Anwendung des LiVac® Retractor zur Retraktion der Milz beschreibt [5]. BENZING et al. von der Berliner Charité publizierten ebenfalls 2016 einen Fallbericht mit einem Anwendungsvideo des LiVac® Retractor bei einer Sleeve Gastrektomie und kamen zu dem Ergebnis, dass die Anwendung effizient war und dass zur Retraktion des rechten Leberlappens vornehmlich das große Device mit 80 mm Durchmesser Anwendung finden sollte [1].
Die erste kleinere Studie zur Anwendung des LiVac® Retractor zur Retraktion der Leber unter Einschluss von 10 Patienten wurde ebenfalls vom Entwickler PHILIP GAN in Zusammenarbeit mit JUDY BINGHAM 2015 publiziert. Hierbei wurde der LiVac® Retractor bei unterschiedlichen laparoskopischen Operationen (jeweils 3 Cholezystektomien in Multiport und SILS™-Technik, 3 Magenbandanlagen, eine Fundoplicatio) genutzt [4].
Mitte des Jahres 2021 wurde eine größer angelegte retrospektive Studie zum Vergleich zwischen 3-Port-Cholezystektomien und 4-Port-Cholezystektomien veröffentlicht. Hierbei wurde das Hauptaugenmerk auf die Einsparung von Opioiden und die Dauer des stationären Aufenthaltes gelegt. Der Vergleich der Laborparameter und die Befragung unabhängiger Operateure wurden in dieser Studie nicht beschrieben [2].
Im Gegensatz zu anderen Studien war die eigene Untersuchung durch die niedrige Rate an erfolgreich mit dem LiVac® Retractor durchgeführten Eingriffen gekennzeichnet. Nur 10 der 25 Studienpatienten wurden erfolgreich in 3-Trokar-Technik operativ versorgt. Bei der Mehrheit der Patienten wurde ein Wechsel auf das Standardverfahren notwendig und somit ein zusätzlich eingebrachter Trokar. Die häufigsten Gründe hierfür waren schlechte Sichtverhältnisse (26,7 %), Zeitverlust (20,0 %), rezidivierende Soginsuffizienzen (13,3 %) und Schwierigkeiten bei der Präparation (20,0 %).
Die Zufriedenheit der Operateure bezüglich des Handlings des LiVac®-Device (Mittelwert 3,8) und der Exposition des Operationsgebietes (Mittelwert 4,06) wurden jeweils als „ausreichend“ bewertet. Diese Ergebnisse geben eine gewisse Unzufriedenheit der Operateure bei der Anwendung des Operationstools wieder und spielen in der Realität des klinischen Alltags eine entscheidende Rolle.
Das Feld der minimalinvasiven Chirurgie mit dem Ziel der weiteren Einsparung von Operationszugängen wird gegenwärtig stets um neue portfreie Methoden zur Retraktion der Leber ergänzt. Um einen Vergleich zwischen den unterschiedlichen nichtinvasiven Methoden und dem LiVac® Retractor zu erreichen, wären groß angelegte randomisierte Studien an homogenen Patientengruppen notwendig. Trotz eingeschränkter Aussagekraft aufgrund der geringen Patientenzahl lässt sich abschließend schlussfolgern, dass der LiVac® Retractor in Bezug auf Patientensicherheit bedenkenlos eingesetzt werden kann. Die Anwendung ist jedoch mit einem zeitlichen Mehraufwand und gewissen Einschränkungen für den Operateur verbunden. In Kliniken mit chirurgischem Weiterbildungsauftrag kann der Einsatz des Retractors zur Reduktion der chirurgischen Ausbildung führen.
Wehrmedizinische Relevanz
In der Einsatzchirurgie müssen laparoskopische Eingriffe meist mit weniger chirurgischem Assistenzpersonal erfolgen. Im Rahmen dieser Studie konnte gezeigt werden, dass der LiVac® Retractor ein sicheres Mittel zum Weghalten der Leber darstellt und daher auch im Auslandseinsatz vor dem Hintergrund der Mangelressource ärztliches Assistenzpersonal als Alternative angewendet werden könnte. Auch in der offenen Damage Control Surgery kann die Anwendung von Retraktorsystemen wie dem LiVac® Retractor sinnvoll sein, um Leber oder Milz atraumatisch zu fixieren und dem Operateur damit Übersicht im Abdomen zu verschaffen. Aufgrund der Verlängerung der Operationsdauer durch die Platzierung und der Schwierigkeiten bei der Anwendung sollte der LiVac® Retractor jedoch nur von erfahrenen Chirurgen nach Abwägung der zeitlichen Dringlichkeit verwendet werden.
1. Benzing C, Krenzien F, Junghans T et al.: Intraabdominal trocar-free vacuum liver retractor for laparoscopic sleeve gastrectomy. Obes Surg 2016; 26(7): 1654–1655. mehr lesen
2. Chiung Ta Lu T, Gan P, Versace V: Fewer ports cut opioid use and length of stay in elective laparoscopic cholecystectomy. JSLS 2021; 25(2): e2020.00093. mehr lesen
3. Gan P: A novel liver retractor for reduced or single-port laparoscopic surgery. Surg Endosc 2014; 28(1): 331–335. mehr lesen
4. Gan P, Bingham J: A clinical study of the LiVac laparoscopic liver retractor system. Surg Endosc 2016; 30(2): 789–796. mehr lesen
5. Gan PSL: Vacuum stabilization of the spleen in laparoscopic splenectomy. JSLS 2016; 20(1): e2016.00013. mehr lesen
Für die Verfasser:
Stabsarzt Alex Burghard
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm
E-Mail: alex.b4zh@gmail.com