Editorial
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
in die aktuellen Diskussionen hinsichtlich der Fokussierung auf Bündnis- und Landesverteidigung muss die psychische Gesundheit der Streitkräfte einbezogen werden. Aktuelle Konflikte zeigen, dass auch bei konventionellen Auseinandersetzungen hohe Prävalenzraten von psychischen Erkrankungen das medizinische Versorgungssystem vor erhebliche Herausforderungen stellten, die nur im interdisziplinären und multiprofessionellen Team zu bewältigen sind. Gemeinsames, abgestimmtes Handeln und Vernetzung sind Voraussetzungen hierfür. Der neue Arbeitskreis „Psychosoziale Medizin und Netzwerke“ der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. trägt dieser Erkenntnis Rechnung.
Auch dieses Themenheft der WMM greift den Ansatz auf, weil Handeln im Team und Vernetzung quasi die besondere „DNA“ und Stärke des Psychotraumazentrums der Bundeswehr (PTZBw) sind – mit Angehörigen aus dem Sanitätsdienst, dem Psychologischen Dienst und dem Sozialdienst sowie einer starken Vernetzung mit der Seelsorge.
Die Beiträge dieser Ausgabe umfassen ein breites Spektrum von Resilienz, Prävention, Krankheitsfolgen bis hin zu spezifischen Rehabilitationsangeboten und Nachsorge. So untersuchen Bühler et al. in einer Originalarbeit, ob und wie Kameradschaft und Einheitskohäsion mentale Gesundheit und damit Resilienz unterstützen. In einem Kooperationsprojekt zwischen dem PTZBw und dem Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr werten Küper et al. ein innovatives moralbasiertes, sekundärpräventives Nachbereitungsseminar für COVID-Pflegekräfte aus. Wesemann et al. untersuchen in einer weiteren Originalarbeit die Inanspruchnahme wehrpsychiatrischer und militärischer psychotherapeutischer Angebote in Bezug auf die Entwicklung von komorbiden Störungen. Riemer, Bölting und Blöss et al. analysieren im Rahmen eines praktikumsbegleitenden Projektes die Literatur über Probleme der Wiedereingliederung von militärischen psychiatrischen Patienten mit Fokus auf die poststationäre Suizidalität. Die Möglichkeiten des Einwirkens auf diese Wiedereingliederungsprobleme stellen Langner et al. in einem Methodenartikel über die Arbeit der Interdisziplinären Patientenorientierten Rehabilitationsteams (IPR) vor. Gerade in der Rehabilitation psychisch Erkrankter sind sportpsychologische Interventionen sinnvolle Ergänzungen eines multimodalen Therapiesettings, was in einer Originalarbeit von Börke et al. dargestellt wird. Helms et al. untersuchen in einem Kooperationsprojekt mit dem Institut für Sexualmedizin der Charité den Stellenwert der Sexualmedizin in den Streitkräften. Geschlossen wird der Bogen von Giesen et al. mit einem innovativen Ansatz einer Intervention für belastete Familien, der sogenannten Multifamilienberatung, die als Kooperationsprojekt zwischen PTZBw, Sozialdienst und dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr durchgeführt wird.
Wir freuen uns, Ihnen einen aktuellen Einblick in Praxis und Forschung des PTZBw geben zu können und hoffen, ihr Interesse für diese Thematik geweckt zu haben.
Ihre
Prof. Dr. Peter Zimmermann,
Leiter Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Dr. Gerd Willmund,
Leiter Forschungssektion des Psychotraumazentrums
Fördert Kameradschaft die psychische Gesundheit?
Direkte und indirekte Wirkmechanismen von Einheitskohäsion
Unit Cohesion – a Protective Factor for Military Mental Health? Direct and Mediated Associations
Antje Bühlera, Ulrich Wesemanna, Gerd Willmunda
a Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Zusammenfassung
Fragestellung: Wir gehen hier der Frage nach, ob soziale Risiko- und Resilienzfaktoren sowie individuelle Bewältigungsstrategien es ermöglichen, Soldaten mit einer einsatzbedingten Posttraumatischen Belastungsstörung von einsatzerfahrenen nicht-diagnostizierten Soldaten zu unterscheiden sowie von Soldaten ohne Einsatzerfahrung, die dienstbedingten hohen oder niedrigen chronischen Stress erleben. Darüber hinaus wollten wir herausfinden, ob die wahrgenommene Einheitskohäsion die psychische Gesundheit (PDS, BSI) direkt oder indirekt über Bewältigungsstrategien beeinflusst.
Methode: In einer Querschnittsstudie wurden 127 männliche Soldaten in vier etwa gleichgroße Gruppen eingeteilt: Soldaten mit einer einsatzbedingten PTBS, einsatzerfahrene Soldaten ohne PTBS sowie Soldaten ohne Einsatzerfahrung, welche hohen oder geringen dienstbedingten chronischen Stress erlebten. Zu den erfassten Maßen gehörten adaptive und maladaptive Bewältigungsstrategien, soziale Anerkennung, soziale Isolierung und Einheitskohäsion.
Ergebnisse: Soldaten mit einsatzbedingter PTBS und einsatzunerfahrene Soldaten mit hohem chronischem Stress verfügen über signifikant weniger soziale Ressourcen und signifikant stärker ausgeprägte soziale Stressoren sowie maladaptive Bewältigungsstrategien als einsatzerfahrene und unerfahrene Soldaten mit geringerem Stressniveau, jedoch nicht über weniger adaptive Bewältigungsstrategien. Bewältigungsstrategien und soziale Ressourcen/Stressoren erlauben keine Differenzierung zwischen Soldaten mit einsatzbedingter PTBS und Soldaten mit hohem chronischem Stress. Die Effekte der mangelnden Einheitskohäsion auf die psychische Gesundheitssymptomatik wurden fast vollständig durch maladaptive Bewältigungsstrategien vermittelt.
Schlussfolgerungen: Wahrgenommene soziale Ressourcen oder Bewältigungsstrategien erlauben es nicht, ein spezifisches kampfbezogenes PTBS-Muster zu unterscheiden. Stattdessen unterscheiden sie eher zwischen hohem und niedrigem Stress, unabhängig davon, ob es sich um traumatischen Stress oder chronischen Stress handelt. Es sind prospektive Studien erforderlich, um festzustellen, ob der Mangel an maladaptiven Bewältigungsstrategien direkt oder indirekt durch die Förderung des Zusammenhalts der Einheit und der sozialen Integration behoben werden kann.
Schlüsselwörter: Bewältigungsstrategien, Soziale Anerkennung, Soziale Isolierung, Kameradschaft, Psychische Gesundheit
Summary
Objectives: In this study, we investigate if social risk and resilience factors and coping strategies allow to distinguish between military service members suffering from deployment-related PTSD, deployed soldiers with no mental health condition, and non-deployed soldiers with high or low chronic stress. In addition, we wanted to know if perceived unit cohesion directly affects mental health (PDS, BSI) or is mediated by coping strategies.
Method: In a cross-sectional study of 127 male soldiers, these were grouped into four categories: deployed soldiers diagnosed with or without deployment-related PTSD, non-deployed soldiers experiencing high or low chronic stress. Measures included adaptive and maladaptive coping strategies (SVF-78), social acknowledgment, isolation and unit cohesion.
Results: Military service members with deployment-related PTSD and non-deployed military personnel experiencing high chronic stress report significantly less social resources and significantly more maladaptive coping strategies than deployed and non-deployed military personnel with lower stress levels, but show no differences in their reported adaptive coping strategies. No significant differences were found between soldiers suffering from PTSD and high chronic stress. Effects of lacking unit cohesion on mental health symptomatology was almost completely mediated by maladaptive coping strategies.
Conclusions: Neither social risk and resilience factors nor coping strategies allow to distinguish a specific combat-related PTSD pattern. Instead, they rather distinguish between resilient soldiers and those at risk, regardless if due to high duty-related chronic stress or traumatic combat-related events. Prospective studies are needed to assess if the lack of maladaptive coping strategies can be addressed directly or indirectly by facilitating unit cohesion and social integration.
The local ethics committee approved the study (Ethikausschuss Charité, application number: EA1/270/11).
Keywords: coping; unit cohesion; social recognition; social isolation; military deployment; mental health
Einführung und Theorie
Seit den Einsätzen in Afghanistan und im Irak fanden Risiko- und Resilienzfaktoren für einsatzbedingte psychische Störungen große Beachtung. Die meisten dieser Untersuchungen wurden mit den US-amerikanischen und britischen Streitkräften durchgeführt. Als das Psychotraumazentrum der Bundeswehr im Jahr 2010 gegründet wurde, war nicht bekannt, ob die internationalen Ergebnisse auf den deutschen militärischen Kontext übertragbar waren, da dieser sich hinsichtlich der Einsatzrealitäten, der Auswahlverfahren für den Eintritt in die Streitkräfte, der sozialen Unterstützungsstrukturen sowie der Prävalenz- und Inzidenzraten einsatzbedingter psychischer Störungen und insbesondere der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erheblich unterscheidet.
Meta-Analysen ergaben Prävalenzraten zwischen 10,3 % und 13,2 % für Soldaten, die in Afghanistan oder im Irak eingesetzt waren [15]. Die Raten unterscheiden sich je nach Kampfintensität zwischen 9 % bei geringer und 29 % bei hoher Kampfintensität [15]. Bei den europäischen Streitkräften lagen die Prävalenzraten mit 4–7 % deutlich niedriger [10][23]. In einer deutschen epidemiologischen Studie [29] lag die 12-Monats-Prävalenz der PTBS bei zurückkehrenden Soldaten bei 2,9 % und die dienstbedingte Inzidenz nach dem Einsatz bei 0,9 %.
In der internationalen epidemiologischen Forschung wurden eine Reihe von Risiko- und Resilienzfaktoren für einsatzbedingte PTBS identifiziert, in der Hoffnung auf ein frühzeitiges Screening von gefährdeten Soldaten und wirksame gezielte Frühinterventionen. Häufig sind Resilienz und Risiko zwei Extreme desselben Kontinuums, z. B. soziale Unterstützung oder deren Fehlen, soziale Integration oder soziale Isolierung. In anderen Fällen scheinen sie sich qualitativ zu unterscheiden, wie z. B. im Fall von adaptiven und maladaptiven Bewältigungsstrategien.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, sozialpsychologische Risiko- und Resilienzfaktoren zu identifizieren, die eine Unterscheidung zwischen vier verschiedenen Gruppen ermöglichen: (1) Soldaten, die an einer einsatzbedingten PTBS leiden, (2) Soldaten, die trotz traumatischer Ereignisse während des Einsatzes nicht an einer PTBS leiden, (3) Soldaten, die nie im Einsatz waren, aber unter hohem dienstbedingtem chronischem Stress leiden, und (4) Soldaten, die nie im Einsatz waren und unter geringem dienstbedingtem chronischem Stress leiden. Diese potenziellen psychosozialen Schutzfaktoren werden unterschieden in persönliche Ressourcen, die potenziell allein vom Individuum kontrolliert werden können, und wahrgenommene soziale Schutzfaktoren, die auch vom Verhalten des allgemeinen sozialen Umfelds und des militärischen Umfelds im Besonderen abhängen.
Bewältigungsstrategien und psychische Gesundheit, insbesondere PTBS
Viele Forscher unterscheiden zwischen adaptiven und maladaptiven Bewältigungsstrategien, wobei adaptive Strategien die Stressreaktion verringern sowie die psychische Gesundheit fördern und maladaptive Bewältigungsstrategien, die psychische Gesundheit beeinträchtigen [13][16]. Beispiele für adaptive Bewältigung sind Informationssuche, Problemlösung, Selbstwirksamkeit, Ablenkung oder Neubewertung. Beispiele für maladaptive Bewältigung hingegen sind Aggression, Rückzug, Abwendung, Inaktivität oder Hyperaktivität, Grübeln, Resignation und Selbstmitleid [13]. Sowohl bei zivilen als auch bei militärischen Stichproben wurde maladaptives Coping, am häufigsten vermeidendes Coping, mit der PTBS-Symptomatik in Verbindung gebracht, adaptives Coping hingegen eher nicht [1][5][20]. Daher gehen wir von folgenden Hypothesen aus:
Hypothese 1a: Soldaten, bei denen eine PTBS diagnostiziert wurde, wenden mehr maladaptive und weniger adaptive Bewältigungsstrategien an als nicht-diagnostizierte Soldaten.
Hypothese 1b: Soldaten mit geringem chronischem Stress wenden mehr adaptive und weniger maladaptive Bewältigungsstrategien an als Soldaten mit hohem chronischem Stress.
Soziale Ressourcen/Risikofaktoren: soziale Anerkennung, soziale Integration/Isolierung und Einheitskohäsion (Kameradschaft)
Frühere Meta-Analysen, die sowohl Zivilisten als auch Militärangehörige einschlossen, haben konsistente Haupteffekte zwischen geringer wahrgenommener Unterstützung und Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung [4][19] und unspezifischem psychologischem Distress [7] ergeben, allerdings mit unterschiedlichen Effektstärken. Soziale Ressourcen für die psychische Gesundheitvon Militärangehörigenwurden in Bezug auf Quelle, Zeitpunkt und Art der sozialen Unterstützung unterschieden, z. B. Einheitskohäsion als soziale Unterstützung durch Kameraden und militärische Vorgesetzte während des Einsatzes, soziale Unterstützung nach dem Einsatz [12][27], soziale Integration nach dem Einsatz [27] und soziale Anerkennung [8][25]. Soziale Integration wird im Gegensatz zu sozialer Isolierung als Mittel zur Erschließung vielfältiger gesellschaftlicher Ressourcen interpretiert.
Der Zusammenhalt einer Einheit, eine militärspezifische Form der sozialen Unterstützung, wurde als entscheidender Schutzfaktor für entsandte Soldaten identifiziert [3][14], obwohl eine Meta-Analyse von 32 Querschnitts- und Längsschnitt-Kohortenstudien zwischen 1998 und 2014 dieses bestreitet [30]. Im Gegensatz zur sozialen Unterstützung nach dem Einsatz wurde der peritraumatische Zusammenhalt der Einheit in der Meta-Analyse nicht als Schutzfaktor identifiziert. Angesichts zahlreicher Studien, die die schützende Wirkung des Zusammenhalts in der Einheit hervorheben, muss dieses überraschende Ergebnis weiter untersucht werden, um die möglicherweise zugrunde liegenden Mechanismen zu ergründen: Das Modell der sozialen kognitiven Verarbeitung legt nahe, dass soziale Unterstützung den Menschen hilft [17][18], ihre schmerzhaften emotionalen und kognitiven Reaktionen auf ein Trauma zu verarbeiten, was auch ein zugrundeliegender Mechanismus der Psychotherapie ist. In Übereinstimmung mit diesem Modell wurde in einer prospektiven Kohortenstudie festgestellt, dass der wahrgenommene Zusammenhalt der Einheit die vermeidende Bewältigung reduziert und damit indirekt die psychische Gesundheit fördert, auch wenn man den Faktor „Allgemeine soziale Unterstützung“ kontrolliert [18]. Unseres Wissens wurde jedoch nicht untersucht, ob die Wirkung der wahrgenommenen Einheitskohäsion auch durch maladaptive Bewältigungsstrategien im Allgemeinen oder durch adaptive Bewältigungsstrategien vermittelt wird. Auf der Grundlage früherer Untersuchungen erwarten wir das folgende Muster für die wahrgenommene soziale Unterstützung und die psychische Gesundheit der Soldaten:
Hypothese 2a:Soldaten, die an einer einsatzbedingten PTBS leiden, haben weniger wahrgenommene soziale Ressourcen als nicht-diagnostizierte Soldaten.
Die wahrgenommene soziale Isolierung ist höher und die wahrgenommene Einheitskohäsion (Kameradschaft) sowie die soziale Anerkennung werden von Soldaten mit einsatzbedingter PTBS geringer wahrgenommen als von den anderen drei Gruppen.
Hypothese 2b: Soldaten mit geringer chronischer Belastung verfügen über mehr wahrgenommene soziale Ressourcen als Soldaten mit hoher chronischer Belastung.
Sie nehmen sich selbst als weniger sozial isoliert wahr und profitieren von einer höheren sozialen Anerkennung und einer ausgeprägteren Einheitskohäsion (Kameradschaft).
Hypothese 3: Der Einfluss der wahrgenommenen Einheitskohäsion (Kameradschaft) auf die psychische Gesundheit wird durch Bewältigungsstrategien vermittelt.
Hypothese 3a:Die Wirkung der wahrgenommenen Einheitskohäsion (Kameradschaft) auf die PTBS-Symptomatik (PDS) wird durch adaptive Bewältigungsstrategien vermittelt.
Hypothese 3b:Die Wirkung der wahrgenommenen Einheitskohäsion (Kameradschaft) auf die allgemeine Symptomschwere (BSI-GSI, Brief Symptom Inventory (BSI) und der Global Severity Index als Maß für den Grad der Beeinträchtigung) wird durch adaptive Bewältigungsstrategien vermittelt.
Hypothese 3c: Die Wirkung der wahrgenommenen Einheitskohäsion (Kameradschaft) auf die PTBS-Symptomatik (PDS) wird durch maladaptive Bewältigungsstrategien vermittelt.
Hypothese 3d:Die Wirkung der wahrgenommenen Einheitskohäsion (Kameradschaft) auf den allgemeinen Symptomschweregrad (BSI-GSI), wird durch maladaptive Bewältigungsstrategien vermittelt.
Methodik
Rekrutierung
An der Studie nahmen nur männliche Soldaten teil. Diese wurden zwischen 2011 und 2014 aus verschiedenen Einheiten der Bundeswehr sowie aus stationären und ambulanten Abteilungen des Bundeswehrkrankenhauses Berlin rekrutiert. Die Teilnahme war freiwillig. Die Teilnehmer wurden nur nach schriftlicher Einwilligung in die Studie aufgenommen.
Gruppeneinteilung und Prüfung der Zuordnung
Die Zuweisung zur Gruppe „einsatzbedingte PTBS“ erfolgte aufgrund der Diagnose durch Psychiater. Eine Einteilung in die Gruppen „hoher dienstbezogener Stress“ bzw „niedriger dienstbezogener Stress“ erfolgte anhand des Mediansplits des Gesamtwertes im Trierer Inventar zur Bewertung von chronischem Stress.
Maßnahmen
Trierer Inventar zur Bewertung von chronischem Stress (TICS):
Soziale Anerkennung und soziale Isolierung: Der TICS wurde entwickelt, um chronischen psychosozialen Stress zu messen. Insgesamt haben Studien eine sehr gute Zuverlässigkeit und Gültigkeit des TICS und seiner Skalen gezeigt [21]. In dieser Studie wurden nur die Skalen verwendet, die zwei Aspekte des chronischen sozialen Stresses messen: mangelnde soziale Anerkennung und soziale Isolierung.
Posttraumatische Stress-Diagnose-Skala (PDS) (deutsche Version):
Die ursprüngliche PDS [22] und die angepasste deutsche Version [6][11] zeigten eine sehr gute Zuverlässigkeit und Validität sowie eine gute Sensitivität und Spezifität. Hier wurde nur der Schweregrad-Score als abhängige Variable verwendet.
Kurzes Symptom-Inventar (BSI):
Der BSI ist eine Kurzform der Symptom-Checkliste, der SCL-90®-S [9]. Die SCL-90®-S misst die subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome einer Person innerhalb eines Zeitraumes. In der deutschen Version hat der General Severity Index des BSI (GSI-BSI) eine gute Zuverlässigkeit sowie konvergente und diskriminante Validität [9].
Stressbewältigung (Stressverarbeitungsfragebogen SVF-78 – Strategien zur Stressbewältigung):
Der SVF-78 ist ein Inventar zur Stressbewältigung [13]. Es basiert auf einem Konzept der Bewältigung als gewohnheitsmäßiges, über die Zeit stabiles Merkmal. Die 78 Items sind 13 Untertests zugeordnet. Diese Untertests sind in Bewältigungsstrategien, die den Stressabbau erleichtern (positive oder adaptive Strategien) und in solche, die zur Stressbelastung beitragen (negative oder maladaptive Strategien), unterteilt. Für adaptive und maladaptive Bewältigungsstrategien wurden jeweils Mittelwerte berechnet. Interne Konsistenzen, Split-Half-Reliabilitäten und Test-Retest-Reliabilitäten wurden als gut bis ausgezeichnet bewertet. Er zeigte eine gute Konstrukt- und externe Validität.
Der wahrgenommene Zusammenhalt der Einheit wurde anhand der folgenden vier Aussagen bewertet:
- „Das Verhältnis zwischen meinem Vorgesetzten und mir ist gut.“,
- „Das Verhältnis zwischen mir und meinen Kameraden ist gut.“,
- „Meine Kameraden unterstützen mich.“ und
- „Ich erlebe einen guten Gruppenzusammenhalt.“.
Diese Aussagen wurden auf einer fünfstufigen Bewertungsskala bewertet: 1 = „stimme zu“, 5 = „stimme nicht zu“. Die interne Konsistenz betrug Cronbach-α = 0,86. Kontraintuitiv wurde die Einheitskohäsion invers kodiert, d. h. höhere Werte bedeuten eine geringere Gruppenkohäsion.
Datenanalyse und Statistik
Alle statistischen Tests wurden mit SPSS 21 durchgeführt. Die Korrektur für Mehrfachtests erfolgte nach der Bonferroni-Methode. Die Hypothesen 1, 2 und 3 wurden unabhängig voneinander getestet. Auf der Grundlage eines anfänglichen Signifikanzniveaus von α = 0,05 und Mehrfachtests der Teilhypothesen wurde das korrigierte Signifikanzniveau auf α = 0,025 für Hypothese 1, α = 0,008 für Hypothese 2 und α = 0,0125 für Hypothese 3 festgelegt.
Fehlende Daten wurden entsprechend den Anweisungen in den jeweiligen Handbüchern behandelt. Wenn die Anzahl der fehlenden Werte den festgelegten Schwellenwert nicht überstieg, wurden die fehlenden Werte auf der Grundlage der jeweiligen Mittelwerte berechnet. Fehlende Daten, die den Schwellenwert überschritten, führten zum Ausschluss. Aufgrund von Verletzungen der Normalverteilung wurden angesichts der geringen Personenanzahl je Gruppe nicht-parametrische statistische Tests angewandt.
Bei der Datenanalyse wurde ein hierarchischer Ansatz verwendet. Systematische Unterschiede wurden zunächst mit dem Kruskal-Wallis-Test geprüft. Für paarweise Gruppenvergleiche wurden die Kruskal-Wallis-Post-hoc-Tests angewendet. Auf der Grundlage der standardisierten Teststatistiken wurden die Effektgrößen berechnet.
Ergebnisse
Stichprobe, deskriptive Statistik und Unterschiede zwischen den 4 Gruppen
An der Studie nahmen 135 männliche deutsche Soldaten zwischen 19 und 53 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 30,3 Jahren (SD = 6,8) teil. Davon hatten 70 in Auslandseinsätzen, 65 zum Zeitpunkt der Rekrutierung nur innerhalb Deutschlands gedient. Je nach Einsatzerfahrung, Grad der chronischen Belastung und Behandlung der einsatzbedingten PTBS-Diagnose wurden sie 4 verschiedenen Gruppen zugeordnet.
Von den 70 Soldaten mit Einsatzerfahrung wurde bei 37 eine PTBS diagnostiziert, bei 32 wurde keine Diagnose gestellt. Von den 65 Soldaten litten 26 unter arbeitsbedingtem chronischem Stress und 33 nicht. Die Einteilung der Gruppe der Nicht-Einsatzerfahrenen in die Kategorien hoher bzw. niedriger chronischer Stress erfolgte durch die Aufteilung des Medians auf der Grundlage der Ergebnisse der Gesamtskala für chronischen Stress des TICS. Sieben Teilnehmer wurden wegen fehlender Angaben ausgeschlossen, sodass 127 Studienteilnehmer in die Datenanalyse eingingen.
Systematische Unterschiede zwischen den 4 Gruppen wurden mittels ANOVAS unter Anwendung des Kruskal-Wallis-Tests in Bezug auf das Alter (H(3) = 10.171, p < .017), die Anzahl der Einsätze (H(3) = 29.695, p < .001), die Anzahl der Einsatztage (H(3) = 26.742, p < .001) und die Schwere der traumatischen Ereignisse (MHAT: (H(3) = 40.781, p < .001)) getestet. Obwohl nicht-traumatisierte Einsatzkräfte eine leichte Tendenz zu häufigeren Einsätzen aufweisen, unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht hinsichtlich der Gesamtzahl der Einsatztage (p = .9) und des Schweregrads der traumatischen Ereignisse (p = 1.0). Systematische Unterschiede zwischen den vier Gruppen in Bezug auf Bildung (Kruskal-Wallis: χ2 (3) = 9,397, p = .024) und Dienstgrad (Kruskal-Wallis: χ2(3) = 10,577, p = .014, N = 132) wurden durch Chi-Quadrat-Tests für k unabhängige Gruppen analysiert.
In der Gesamtstichprobe (N = 135) wurde der Schweregrad der PTBS-Symptome in der PDS wie folgt bewertet: 88 Probanden (65,2 %) nicht klinisch signifikant, 10 Probanden (7,4 %) moderat, 19 Probanden (14,1 %) moderat bis schwer und 18 Probanden (13,3 %) schwer. Der mittlere (SD) PDS-Wert betrug 13,07 (16,28) und der TICS-Wert 13,90 (10,50).
Hypothese 1: Bewältigungsstrategien
Hypothese 1 wurde teilweise unterstützt: Während hinsichtlich adaptiver Bewältigungsstrategien keine systematischen Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden wurden (Kruskal-Wallis-Test: H = 7,340, N = 134, η2=0,031, dCohen=0,36, p=.062), unterschieden sich die Gruppen signifikant in Bezug auf maladaptive Bewältigungsstrategien (Kruskal-Wallis-Test: H = 60,005, N = 134, η2 = 0,413, dCohen = 1,678, p < .001). Im Einklang mit Hypothese 1a verwenden Soldaten mit einsatzbedingter PTBS mehr maladaptive Bewältigungsstrategien als einsatzerfahrene Soldaten ohne psychische Erkrankung (z = 5,372, N = 69, η2 = 0,418, dCohen = 1,696, p < .001) und nicht eingesetzte Soldaten mit geringer chronischer Belastung (z = 6,839, N = 70, η2 = 0,668, dCohen = 2,838, p < .001). Entgegen Hypothese 1a unterscheiden sich Soldaten mit einsatzbedingter PTBS und nicht entsendete Soldaten mit hoher chronischer Belastung nicht signifikant in der Nutzung maladaptiver Bewältigungsstrategien (z = 1,630, N = 69, η2 = 0,039, dCohen = 0,4, p = .618). Im Einklang mit Hypothese 1b verwenden Soldaten mit hohem chronischem Stress tendenziell mehr maladaptive Bewältigungsstrategien als Soldaten mit niedrigem chronischem Stress (z = 5,014, N = 65, η2 = 0,387, dCohen = 1,588, p < .001).
Hypothese 2: Soziale Faktoren: Einheitskohäsion, soziale Isolierung und soziale Anerkennung
Hypothese 2 wurde ebenfalls teilweise unterstützt: Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen fanden sich für Einheitskohäsion (H = 42,907, N = 133, η2 = 0,291, dCohen = 1,282, p < .001), die soziale Isolierung (H = 57.768, N = 134, η2 = 0,397, dCohen = 1,622, p < .001) und soziale Anerkennung (H = 43,360, N = 133, η2 = 0,295, dCohen = 1,292, p < .001).
Hypothese 2a wird für zwei der drei Gruppenvergleiche unterstützt: Einsatzkohäsion wird als höher wahrgenommen von einsatzerfahrenen Soldaten ohne Diagnose (z = 4,221, N = 69, η2 = 0,258, dCohen = 1,18, p < .001) und nicht entsandten Militärangehörigen mit geringer chronischer Belastung (z = 6,246, N = 70, η2 = 0,557, dCohen = 2,244, p < 001).
Die soziale Anerkennung ist höher bei einsatzerfahrenen Soldaten ohne PTBS-Diagnose (z = 3,201, N = 69, η2 = , dCohen=, p <.01) und nicht entsandten Soldaten mit geringer chronischer Belastung (z = 5,417, N = 70, η2 = 0,419, dCohen = 1,699, p < .001). Umgekehrt ist die soziale Isolierung bei einsatzerfahrenen Soldaten ohne Diagnose (z = 4,166, N = 69, η2 = 0,252, dCohen = 1,159, p < .001) und nicht entsandten Soldaten mit geringer chronischer Belastung (z = 7,192, N = 70, η2 = 0,74, dCohen = 3,372, p < .001) geringer.
Im Gegensatz zu Hypothese 2a zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Soldaten mit PTBS und Soldaten mit hohem chronischem Stress in Bezug auf den Zusammenhalt der Einheit (z = 1,890, N = 69, η2 = 0,072, dCohen = 0,556, p = .156), soziale Isolierung (z = 1,890, N = 69, η2 = 0,052, dCohen =0,467, p = .352) und soziale Anerkennung (z = -0,346, N = 69, η2 = 0,002, dCohen = 0,083, p = 1.0).
Hypothese 2b wird unterstützt: Soldaten mit geringer dienstlicher chronischer Belastung nehmen Einheitskohäsion (z = 3,887, N = 65, η2 = 0,232, dCohen = 1,101, p = .001) und soziale Anerkennung (z = 5,566, N = 65η2 = 0,477, dCohen = 1909, p < .001) als höher wahr als Soldaten mit hoher dienstlicher chronischer Belastung und soziale Isolierung geringer (z = 5,101, N = 65, η2 = 0,4, dCohen = 1,634, p < .001).
Hypothese 3: Einfluss der wahrgenommenen Einheitskohäsion
In Bezug auf Hypothese 3, den durch Bewältigungsstrategien vermittelten Effekt des wahrgenommenen Zusammenhalts der Einheit auf die psychische Gesundheit, ergab sich ein unterschiedliches Muster:
Im Einklang mit Hypothese 3 und ihren vier Unterhypothesen ist ein höherer wahrgenommener Zusammenhalt der Einheit mit einer geringeren psychischen Gesundheitssymptomatik verbunden, unabhängig von PTBS-Symptomen (PDS) oder allgemeinen psychischen Gesundheitssymptomen (BSI-GSI). Die vermittelten Effekte sind jedoch komplexer (siehe Tabellen 1–4).
Dieser Zusammenhang zwischen Einheitskohäsion und BSI-GSI wird zu 87 % durch direkte und zu 13 % durch indirekte Effekte des Mediators „adaptive Bewältigungsstrategien“ erklärt (Tabelle 1), während im Falle des Mediators „maladaptive Bewältigungsstrategien“ 71 % durch indirekte Effekte und 29 % durch direkte Effekte der wahrgenommenen Einheitskohäsion erklärt werden (Tabelle 2).
89 % des Zusammenhangs zwischen dem wahrgenommenen Zusammenhalt der Einheit und dem Schweregrad der PTBS-Symptome (PDS) werden ausschließlich durch einen direkten Effekt erklärt. Die indirekten Effekte, die durch „adaptive Bewältigungsstrategien“ vermittelt werden, bleiben unbedeutend (Tabelle 3), während im Falle des Mediators „maladaptive Bewältigungsstrategien“ 84 % durch indirekte Effekte erklärt werden. Kein direkter Effekt der wahrgenommenen Einheitskohäsion bleibt signifikant (Tabelle 4).
Diskussion
In einer der ersten Studien des Psychotraumazentrums der Bundeswehr (PTZBw) nach seiner Gründung wurde untersucht, ob Forschungsergebnisse zu Risiko- und Resilienzfaktoren für die US-amerikanischen und britischen Streitkräfte auch für deutsche Soldaten gelten. Darüber hinaus stellten wir uns die Frage, ob Bewältigungsstrategien und unterschiedliche soziale Risiko- und Resilienzfaktoren es erlauben, Soldaten mit einer einsatzbedingten PTBS von einsatzerfahrenen Soldaten, die nach traumatischen kampfbezogenen Ereignissen keine PTBS entwickeln, sowie von nicht entsandten Militärangehörigen mit hohem oder niedrigem dienstlichen chronischen Stress – unabhängig vom Einsatz – zu unterscheiden.
Unsere Hypothesen wurden teilweise unterstützt. Stark gestresste Militärangehörige zeigen unabhängig von ihrer PTBS-Diagnose mehr maladaptive Bewältigungsstrategien und verfügen im Allgemeinen über weniger soziale Ressourcen, einschließlich der wahrgenommenen Einheitskohäsion, der sozialen Anerkennung und der sozialen Integration/Isolierung, als resilientere Militärangehörige mit oder ohne Einsatzerfahrung, die ein geringeres Stressniveau aufweisen. Diese psychosozialen Risiko- und Resilienzfaktoren ermöglichen zwar eine Unterscheidung zwischen resilienten und gefährdeten Militärangehörigen, sind aber relativ unspezifisch. Sie erlauben keine Unterscheidung zwischen Militärangehörigen, die unter hohem dienstlichem chronischem Stress leiden, und solchen, die sich aufgrund einer einsatzbedingten PTBS in Behandlung begeben haben.
Im Gegensatz zu unserer Hypothese erlaubt die adaptive Bewältigung keine Unterscheidung zwischen resilienten und gefährdeten Angehörigen der Streitkräfte. Die gute Nachricht könnte jedoch sein, dass die Behandlung der identifizierten psychosozialen Risiko- und Resilienzfaktoren allen Gefährdeten hilft und somit Präventions- und Interventionsmaßnahmen vereinfachen könnte.
Schließlich ist auch zu bedenken, dass Soldaten mit hohem chronischem Stress möglicherweise keine Hilfe in Anspruch nehmen, da psychische Störungen, die nicht mit dem Kampf zusammenhängen, als stigmatisierender empfunden werden könnten. Da es sich um eine der ersten Studien des PTZBw handelte, war die Dunkelziffer der psychischen Störungen damals noch nicht bekannt [28][29], sowie die Stigmatisierung als Ursache für die Untererfassung psychischer Störungen in der Bundeswehr [24][26].
Hinsichtlich des zugrundeliegenden Funktionsmechanismus der wahrgenommenen Einheitskohäsion für die psychische Gesundheit ergab sich ein differenziertes Bild von direkten und mediierten Effekten über die Bewältigungsstrategien: In Bezug auf den Mediator „maladaptive Bewältigungsstrategien“ ist der Effekt der wahrgenommenen Einheitskohäsion auf die allgemeine psychische Gesundheitssymptomatik (BSI-GSI) überwiegend vermittelt und auf die PTBS-Schwere sogar vollständig. In Bezug auf den Mediator „adaptive Bewältigungsstrategien“ hat die wahrgenommene Einheitskohäsion jedoch hauptsächlich einen direkten Effekt auf die allgemeine Gesundheitssymptomatik und einen vollständigen direkten Effekt auf den Schweregrad der PTBS-Symptomatik (PDS), während adaptive Bewältigungsstrategien keine Unterscheidung zwischen resilienten und gefährdeten Personen ermöglichen.
Damit unterstützen unsere Ergebnisse zwei häufig als gegensätzlich dargestellte Theorien, nämlich zum einen das Modell des sozialen Puffers, das einen direkten Effekt der wahrgenommenen sozialen Unterstützung auf die psychische Gesundheit postuliert [2] und zum anderen das Modell der sozialen kognitiven Verarbeitung [17][18], welches davon ausgeht, dass die wahrgenommene soziale Unterstützung es den Menschen ermöglicht, ihre schmerzhaften emotionalen und kognitiven Reaktionen auf das Trauma zu verarbeiten. Im Gegensatz zu dem angenommenen zugrundeliegenden Mechanismus erleichtert die wahrgenommene Einheitskohäsion jedoch nicht die adaptiven Bewältigungsstrategien, sondern reduziert lediglich die Verwendung maladaptiver Bewältigungsstrategien. Diese Beziehung deutet eher auf einen emotions-gedächtnisassoziierten Bewältigungsmechanismus hin. Wahrgenommene Einheitskohäsion könnte Erregung und negative Emotionen reduzieren und dadurch die automatische Aktivierung maladaptiver Bewältigungsstrategien verringern. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, ob maladaptive Bewältigungsstrategien nur indirekt durch die wahrgenommene Einheitskohäsion oder direkt reduziert werden können. Letzteres könnte sich als schwierig erweisen, da Versuche des Vermeidens und der Reduktion das Gegenteil bewirken können [29].
Diese Studie legt nahe, dass die Stärkung sozialer Ressourcen, einschließlich des wahrgenommenen Zusammenhalts der Einheit, der sozialen Anerkennung und der sozialen Integration sowie die Behebung des individuellen Risikofaktors maladaptiver Bewältigungsstrategien lohnende Ziele zur Förderung der psychischen Gesundheit sind.
Einschränkungen und Ausblick
Die Studie weist eine Reihe von Einschränkungen auf: Das Querschnittsdesign lässt keine Rückschlüsse auf die Richtung der Beziehungen zu. Die kleine Stichprobe und das nicht-randomisierte Design erlauben keine Verallgemeinerung der Ergebnisse über die untersuchte Gruppe hinaus. Es muss auch davor gewarnt werden, die Selbstauskünfte als Indikatoren für soziale Unterstützung oder tatsächlichen Zusammenhalt zu interpretieren.
Aufgrund der Einschränkungen in dieser Studie sowie im Hinblick auf das aktuelle Wissen darüber, wie diese Faktoren angegangen werden müssen, sollte die systematische Umsetzung einzelner und kombinierter Interventionen von prospektiven Evaluationsdesigns begleitet werden, die den Zeitpunkt der Intervention, die Zeit vor dem Einsatz, die Zeit nach dem Einsatz und den Zeitpunkt der Diagnose von (einsatzbedingten) psychischen Störungen berücksichtigen.
Danksagung
Die Autoren danken für die Unterstützung der Abteilung E der Sanitätsakademie der Bundeswehr, insbesondere Herrn Priv.-Doz. Dr. Roland Girgensohn, bei der Erstellung der Mediationsanalysen.
Ethikvotum
Die Studie wurde von der lokalen Ethikkommission genehmigt (Ethikausschuss Charité, Antragsnummer: EA1/270/11).
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Manuskriptdaten
Zitierweise
Bühler A, Wesemann U, Willmund G: Fördert Kameradschaft die psychische Gesundheit? Direkte und indirekte Wirkmechanismen von Einheitskohäsion. WMM 2023; 67(9): 334-341.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-187
Für die Verfasser
Regierungsdirektorin Dr. Antje Bühler
Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Scharnhorststr. 13, 10115 Berlin
E-Mail: anb@ptzbw.org">anb@ptzbw.org
Manuscript Data
Citation
Bühler A, Wesemann U, Willmund G: Unit Cohesion – A Protective Factor for Military Mental Health? Direct and Mediated Associations. WMM 2023; 67(9): e2.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-188
For the Authors
Associate Professor Dr. Antje Bühler
Bundeswehr Hospital Berlin
Bundeswehr Center for Psychotraumatology
Scharnhorststr. 13, D-10115 Berlin
E-Mail: anb@ptzbw.org