Sexuelle Dysfunktionen bei posttraumatischer Belastungsstörung im militärischen Kontext
Sexual Dysfunctions in PTSD-Patients within the Military Context
Christian Helmsa,b, Clara S. Stockmanna,b, Klaus M. Beierb
a Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Psychotraumazentrum der Bundeswehr
b Charité – Universitätsmedizin Berlin, Corporate Member of Freie Universität Berlin and Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin
Zusammenfassung
Einleitung:Traumafolgeerkrankungen stehen in einem besonderen Zusammenhang zu sexuellen Dysfunktionen, die in den letzten Jahren zunehmend an Interesse zu gewinnen scheinen. In dieser Arbeit soll die aktuell verfügbare wissenschaftliche Literatur für militärische Populationen zusammenfassend dargestellt werden.
Methoden: Es erfolgte eine Recherche in der medizinischen Datenbank von PubMed mit den Suchbegriffen „PTSD“ als englischsprachige Abkürzung für die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), „Military“ für den militärischen Bezug und „Sexual Dysfunction“ als Hinweis auf sexuelle Funktionsstörung.
Ergebnisse: 15 Arbeiten wurden in das Review inkludiert. Alle Arbeiten zeigten signifikante Zusammenhänge zwischen PTBS und den untersuchten sexualmedizinischen Endpunkten. Zudem fanden sich vermehrt Anhaltspunkte für moderierende Effekte psychischer Erkrankungen mit Auswirkungen auf multiple Lebensbereiche.
Diskussion: Die Arbeiten veranschaulichen den bedeutenden Zusammenhang von PTBS und sexuellen Funktionsstörungen. Die exakten Zusammenhänge können allerdings anhand der verfügbaren Daten noch nicht abschließend ergründet werden. Zudem fehlt es an therapeutischen Ansätzen, um die Funktionsstörungen in diesem Kontext zu adressieren. Hierzu wurde im Bundeswehrkrankenhaus Berlin die erste sexualmedizinische Sprechstunde im militärischen Kontext etabliert, um diese Thematik für die Bundeswehr untersuchen zu können.
Limitationen: Die Erhebung der sexualmedizinischen Endpunkte unterscheidet sich in den Studien deutlich voneinander. Alle Arbeiten stammen aus nordamerikanischen Ländern und befassen sich mit gemischten Kohorten (männliche und weibliche Soldaten sowie Veteranen).
Schlüsselwörter: Sexuelle Funktionsstörungen, PTBS, Sexualmedizin, Militär
Summary
Introduction: Trauma related disorders and sexual dysfunctions have unique interactive effects, which have become of increasing interest in the recent years. The goal of this study is to present and summarize the existing literature on this topic within a military context.
Methods: A systematic medical database research in PubMed was conducted using the search terms “PTSD, “military” and “sexual dysfunction”.
Results: 15 studies were included in this review. All studies demonstrated significant effects between PTSD and the investigated sexual medical outcome. Furthermore, were there sings for moderating effects of PTSD-symptoms with effects on multiple areas.
Discussion: The presented studies demonstrate impressively the connection between PTSD and sexual dysfunctions. But the exact relationships still remain unclear. There is also a lack of therapeutic approaches to address sexual dysfunctions in the context of PTSD. Therefore, the Bundeswehr Hospital Berlin established the first sexual medical outpatient clinic within the military, to further investigate this topic within the Bundeswehr.
Limitations: The used methods to measure the sexual medical outcomes differ between the included studies. All studies came from Northern American countries and included active service members as well as veterans.
Keywords: sexual dysfunctions; PTSD; sexual medicine; military
Einleitung
Traumafolgestörungen, allen voran die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und depressive Störungen, machen einen Großteil der psychiatrischen Diagnosen von Soldatinnen und Soldaten aus. Obwohl eine funktionale innerpsychische Verarbeitung erlebter Traumata die Regel ist, kann es in ca. 2,9 % der Fälle zur Entwicklung von einer PTBS kommen [26]. Neben depressiven Symptomen zeigen sich hier Stresssymptome mit sympathikotoner Daueraktivierung. Dies drückt sich meist nicht nur im Verhalten und Erleben aus, wie z. B. in einem Hyperarousal, sondern kann auch Auswirkungen auf die Etablierung oder den Erhalt von intimen Beziehungen haben.
Über die letzten Jahre wurde diese Assoziation zunehmend häufiger beschrieben und auch in der klinischen Arbeit zeigen viele PTBS-Betroffene nicht nur partnerschaftliche Schwierigkeiten, sondern manifeste sexualmedizinische Störungsbilder. Hierbei sind die häufigsten Beschwerden der Gruppe der sexuellen Funktionsstörungen zuzuordnen. Funktionsstörungen können im Allgemeinen zu jeder Phase der sexuellen Interaktion auftreten und können in Störungen der sexuellen Appetenz (Verlangen), der Erregung und der Orgasmusfähigkeit unterteilt werden. Zudem lassen sich hier auch die genito-pelvinen Schmerz-Penetrationsstörungen (gem. ICD-11) verorten. Zudem sieht die ICD-11 vor, dass auch ätiologische Überlegungen mit der Nachkommastelle im Code erfasst werden können. Hier können somatische, wie psychische Erkrankungen und Störungsbilder, Wirkung von psychoaktiven Substanzen oder Medikamenten, eine mangelnde Erfahrung der Betroffenen, Beziehungsfaktoren und kulturelle Hintergründe als ätiologische Einflussgrößen unterschieden werden. Auf einer Traumafolgestörung (wie z. B. der PTBS) fußende Funktionsstörungen könnten beispielsweise als HA40.1 kodiert werden [4].
Störungsspektrum und Folgen
Männliche Betroffene zeigen hier am häufigsten eine Erektionsstörung (ED) oder eine Orgasmusstörung (z. B. „Ejaculatio praecox“). In der Berliner Männerstudie fand sich eine ED-Inzidenz zwischen 18–48 % in Abhängigkeit des Alters [13]. Dem gegenüber zeigen weibliche Betroffene meist Orgasmusstörungen, Störungen der Erregung oder entsprechend der neuen ICD-11 Terminologie „Schmerz-Penetrationsstörungen“ (z. B. Vaginismus). Für Störung der Orgasmus-Phase zeigte sich in der US-Bevölkerung eine Inzidenz von 21,8 % [24]. In einer großen Metaanalyse wurden Inzidenzraten für Störungen der sexuellen Appetenz von 14–16 % der untersuchten Frauen beschrieben [25]. In der US-amerikanischen PRESIDE-Studie lag die Rate bei ca. 10 % [24]. Zu schmerzhaften Penetrationsstörungen finden sich im Lehrbuch für Sexualmedizin Angaben mit Bezug auf die deutsche GeSiD-Befragung („Gesundheit und Sexualität in Deutschland“-Befragung) eine Inzidenz von ca. 10 % [4][21].
Im Falle einer Funktionsstörung kann die Sexualität nicht wie gewünscht gelebt werden, was häufig zu Frustration und negativen Beziehungserfahrungen führt und meist als sehr belastend beschrieben wird. Dies kann wiederum andere sexualmedizinische Symptome, wie z. B. die sexuelle Unlust oder Aversion, oder aber psychische Störungen, wie eine depressive Störung, auslösen [4].
Zielstellung der Arbeit
Der Zusammenhang von Traumafolgestörungen und sexuellen Funktionsbeeinträchtigungen rückte in den vergangenen Jahren vermehrt in das Interesse der Forschung. Wiederholt konnte gezeigt werden, dass sich ein militärisches Betroffenenklientel nicht ohne Weiteres mit den zivilen Populationen vergleichbar zeigt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine Übersicht zur internationalen Datenlage von komorbiden sexuellen Funktionsstörungen bei PTBS im militärischen Kontext zu präsentieren.
Methoden
Es wurde eine systematische Datenbank-Recherche durchgeführt, um die Studienlage zu sexuellen Funktionsstörungen bei Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zu sichten. Hierzu wurden die Begriffe „PSTD“ als englischsprachige Abkürzung für die PTBS, „Military“ für den militärischen Bezug und „Sexual Dysfunction“ als Hinweis auf sexuelle Funktionsstörungen in die medizinische Datenbank von PubMed als Suchbegriffe eingegeben.
Insgesamt konnten hierdurch 37 Studien in englischer Sprache in der Datenbank identifiziert werden. Bei 3 Arbeiten handelte es sich um Review-Arbeiten. Diese wurden für die weitere Betrachtung exkludiert, da nur Originalarbeiten verwandt wurden. Eine Arbeit war ein Fallbericht über eine Ejakulationsstörung bei einem PTBS erkrankten Mann. Auch dieser „Case Report“ wurde exkludiert.
Die Abstracts der verbleibenden 33 Arbeiten wurden dahingehend darauf untersucht, ob diese sich mit PTBS und sexuellen Funktionsstörungen beschäftigen. Einige Arbeiten legten den Fokus auf den Zusammenhang von Traumatisierung durch sexuelle Belästigung oder Erfahrungen von sexualisierter Gewalt im militärischen Kontext („Military Sexual Trauma“, MST) und untersuchten besonders die Auswirkungen derartiger Traumata. Die Forschung zu diesem Phänomen wurde insbesondere durch die US-Streitkräfte vorangetrieben, da diese hier ein manifestes Problem identifiziert hatten. Aufgrund der großen Scham kann eine valide Rate an MST-Fällen nur schwer etabliert werden. In anonymen Befragungen zeigten sich jedoch sowohl Männer als auch Frauen von MST betroffen. In einer US-amerikanischen longitudinalen Studie berichteten ca. 1/3 der Soldaten MST in der Vergangenheit erlebt zu haben. Soldaten, die sich weiblich identifizierten, zeigten eine Rate von 61,4 %, sich männlich identifizierende Soldaten eine Rate von 27,8 % [14]. Vergleichbare Arbeiten zu sexueller Belästigung oder Übergriffen für die Bundeswehr sind den Autoren nicht bekannt und konnten in den verfügbaren Datenbanken nicht identifiziert werden. Arbeiten, in denen PTBS-Symptome oder Symptome sexueller Funktionsstörungen nicht erhoben wurden oder diese nicht in statistischen Modellen untersucht wurden, wurden für diesen Review exkludiert.
Es wurden in diesem Schritt 15 Arbeiten ausgeschlossen, weil die thematischen Kriterien nicht gegeben waren. 18 Arbeiten wurden als Volltexte für den weiteren Review-Prozess identifiziert.
Eine Arbeit über das „Operator Syndrom“ wurde aufgrund fehlender Originaldaten nicht in der weiteren Betrachtung berücksichtigt. Eine weitere beschäftigte sich dezidiert mit dem Zusammenhang von sexuellen Funktionsstörungen und PTBS.
Turban et al. 2017 [27] beschäftigten sich in ihrer Arbeit mit dem Nutzen von Datingplattformen für Sextreffen von Veteranen. Hier wurden 295 Probanden untersucht, von denen die meisten angaben, männlich zu sein. Es wurden zwar die Symptomschwere der PTBS und weitere psychische Erkrankungen erfasst, aber der Fokus der Arbeit lag auf einer Einzelfrage zum Sexdating, welche auf die Gesamtlebenserfahrung abzielte. Für die Analyse wurden die Daten dichotom geteilt in „nie Sexdating“ und „mindestens einmal Sexdate“ und auf Korrelationen untersucht. Es zeigten sich in dieser Untersuchung zwar Korrelationen zu psychischen Erkrankungen, doch können aus Sicht der Autoren anhand der genutzten Frage keine validen Aussagen über mögliche Zusammenhänge zur Symptomlast oder psychischen Erkrankungen getätigt werden, da sich die Frage auf die Lebenszeit bezog. Daher wurde die Studie abschließend ebenfalls exkludiert.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 15 Studien für diese Übersichtsarbeit eingeschlossen, weil sie die Einschlusskriterien erfüllten. Eine Übersicht der eingeschlossenen Arbeiten findet sich in Tabelle 1, die in vollem Umfang in der E-Paper Version des Beitrags abgebildet ist. Alle Arbeiten stammen aus dem nordamerikanischen Raum (USA und Kanada).
Weibliche Probandenkohorte
Zunächst sollen die Arbeiten aufgeführt werden, die sich mit Soldatinnen oder weiblichen Veteranen beschäftigten. Insgesamt stammen 3 Arbeiten von J. K. Blais und ihrem Team, die sich mit US-Soldatinnen mit sexuellen Traumata im militärischen Kontext beschäftigten („Military Sexual Trauma“ = MST). Blais et al. (2018) untersuchten 710 Soldatinnen und weibliche Veteranen mit einer militärischen sexuellen Traumatisierung mittels postalisch verschickter Fragebogenpakete [7]. Die PTBS wurde mittels PCL-5 („Posttraumatic Stress Disorder Checklist for DSM-5“) quantifiziert und die sexuelle Dysfunktion mittels FSFI („Female Sexual Function Index“) erhoben. Zusätzlich wurden suizidale Ideationen und depressive Symptome mittels PHQ-9 und PHQ-2 („Patient Health Questionnaire“) erfasst. Hier zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen suizidalen Ideationen und Symptomen sexueller Funktionsstörungen (insbesondere Erregung und Befriedigung). Die Resultate zeigten sich nicht hinreichend durch die vorbeschriebenen Einwirkungen von PTBS- oder depressiven Symptomen erklärbar, sodass in dieser Arbeit das Vorhandensein bedeutsamer moderierender Faktoren gemutmaßt wurde.
Im Jahre 2022 wurden zwei Folgearbeiten publiziert. Blais et al. untersuchten die Daten von 426 Probandinnen weiter bezüglich der sexuellen Zufriedenheit, die mittels der „Sexual Satisfaction Scale“ für Frauen (SSS-W) erfasst wurden [18]. Sie stellten fest, dass MST als A-Kriterium mit einer geringeren sexuellen Zufriedenheit und Funktionsfähigkeit korrelierte. Insbesondere konnte hier ein signifikanter Zusammenhang zwischen der PTBS-bedingten Anhedonie und den negativen Auswirkungen auf Sexualität und Beziehung nachgewiesen werden. Eine der bedeutsamen Schlussfolgerungen hieraus war, dass “eine gesunde sexuelle Funktionsfähigkeit bei Soldatinnen und weiblichen Veteranen (SM/Vs) mit einer höheren Lebensqualität, niedrigeren Inzidenzen und Symptomschweren psychischer Erkrankungen und einer größeren Zufriedenheit in Beziehungen assoziiert ist“. In der zweiten Arbeit aus 2022 untersuchten Blais et al. 369 Soldatinnen, die in einer romantischen Beziehung lebten [6]. Inkludiert in die Analyse wurden hierbei die Teilnehmerinnen, die ein A-Kriterium berichtet hatten. Der Fokus lag hier auf einem möglichen Zusammenhang von PTBS-Symptomen und Erregung sowie Lubrikation. Zudem wurden depressive Symptome und die partnerschaftliche Zufriedenheit erhoben. Im Durchschnitt waren bei der Kohorte die PTBS-Diagnosekriterien und die Kriterien einer mittelgradigen depressiven Episode erfüllt. Höhere PTBS-Werte zeigten sich hier mit einer geringeren Erregung und Lubrikation assoziiert. Es konnten moderierende Effekte nachgewiesen werden, sodass PTBS-Symptome zu partnerschaftlichen Schwierigkeiten und depressiven Symptomen führen können und diese sich wiederum negativ auf die untersuchten Zielgrößen auszuwirken scheinen.
Eine Studie von DiMauro et al. (2018) verglich 255 weibliche Veteranen mit MST mit weiblichen Veteranen, die non-sexual Traumata berichteten [11]. PTBS-Symptomschwere wurde mittels PCL erfasst und zusätzlich wurden weitere Symptome via PHQ-9 erfasst (u. a. Depression, Suizidalität). Zur Erfassung der sexuellen Funktionsbeeinträchtigungen wurde der FSFI („Female Sexual Function Index“) genutzt. Der Trauma-Typ korrelierte dabei nicht mit signifikanten Unterschieden der sexuellen Funktionsstörungen. Die Probandinnen mit MST in der Anamnese zeigten jedoch geringe sexuelle Zufriedenheiten, mehr PTBS- und Depressions-Symptome sowie häufiger auch Suizidalität. Es fand sich sogar ein prädiktiver Zusammenhang zwischen der sexuellen Zufriedenheit und Suizidalität bei Frauen mit MST, aber nicht bei Probandinnen mit anderen Traumata. Dies wurde als eine neue Erkenntnis hervorgehoben, was damit erklärt wurde, dass sexuelle Traumata nachhaltig die intime Beziehungsgestaltung beeinträchtigen können und zu Gefühlen wie Einsamkeit oder “kaputt zu sein“ verstärken können, die sich mit Suizidalität assoziiert zeigen [12].
Cohen et al. (2012) untersuchten weibliche Irak/Afghanistan-Veteranen der US-Streitkräfte, die nicht mehr im aktiven Dienst waren und ab 2001 die Gesundheitsversorgung für Veteranen nutzten. Es konnte hier eine große Studienpopulation von insgesamt 71 504 Frauen betrachtet werden. Diagnosen wurden anhand vom ICD-9 („International Classification of Diseases in der 9ten Revision“) Code identifiziert. Es wurden Zusammenhänge von gynäkologischen Erkrankungen mit den Codes für psychiatrische Krankheitsbilder (ausgenommen der Suchterkrankungen) untersucht. Frauen mit einer psychiatrischen Diagnose zeigten signifikant häufiger gynäkologische Gesundheitsprobleme (z. B. zervikale Dysplasien, Schmerzsyndrome) und sexuell übertragbare Infektionen. Dies zeigte sich unabhängig von einer bestehenden Suchterkrankung. Hierbei zeigten Frauen mit den beiden Diagnosen PTBS und Depression das höchste Risiko. Neben einer erhöhten Risikobereitschaft bei sexuellen Kontakten wurde auch diskutiert, dass insbesondere Frauen mit einer Geschichte von sexueller Traumatisierung gynäkologische Untersuchungen vermeiden könnten [10].
Schnurr et al. (2009) untersuchten das Outcome der Sexualfunktion von 242 Soldatinnen mit PTBS während der Traumabehandlung [23]. Die PTBS-Symptomschwere wurde mittels CAPS-Interview und das sexualmedizinische Outcome mittels der Sub-Skalen Dysfunktionales Sexualverhalten und Sexuelle Bedenken/Sorgen der Trauma Symptom Inventars (TSI) erfasst. In der Behandlung wurde eine Behandlung mit prolongierter Exposition (PE) mit einer gegenwartszentrierten Therapie (PCT) verglichen. Vor der Behandlung zeigten sich insbesondere die Symptomcluster emotionales „Numbing“ und „Hyperarousal“ für beide sexualmedizinische Skalen signifikant erhöht. Paramnesien korrelierten mit dysfunktionalem Sexualverhalten. Im Regressionsmodell zeigte sich kein Symptomcluster alleinig mit einem der untersuchten Outcomes korreliert. Im Therapieverlauf nahmen die sexualmedizinischen Beschwerden ab. Dies traf insbesondere auf die Patientinnen zu, die nicht länger die Diagnosekriterien PTBS erfüllten (27,8 %).
Männliche Probandenkohorten
Breyer et al. (2014) führten eine retrospektive Studie mit Irak- und Afghanistan-Veteranen durch (N = 405 275), die sich zwischen 2001 und 2009 erstmalig im VA-Gesundheitssystem vorgestellt hatten [9]. In den Auswertungen wurden bestehende Diagnoseinformationen und andere medizinische Behandlungsdaten genutzt. Die abhängigen Variablen waren „sexuelle Funktionsstörungen“, „Medikation“ und „urologische Konsultationen“. Die unabhängigen Variablen waren „psychiatrische Diagnosen“ gem. ICD-9-M. In den Ergebnissen zeigten Personen mit PTBS-Diagnose signifikant häufiger sexuelle Funktionsstörungen als Personen ohne psychiatrische Diagnose oder mit einer anderen psychiatrischen Diagnose (> 10 %). Die PTBS-Diagnose war mit einem ca. 3-fach erhöhtem Risiko vergesellschaftet. 26 % nahmen eine antidepressive Dauermedikation ein. Bei 5,3 % der Soldaten wurde eine sexuelle Funktionsstörung oder erektile Dysfunktion (ED) diagnostiziert, wobei die ED mit 1,7 % die häufigste Diagnose war. PTBS-Betroffene mit einer psychiatrischen Medikation konnten in dieser Studie als Gruppe mit dem höchsten Risiko für ED identifiziert werden.
Way et al. (2022) untersuchten nationale repräsentative Daten von 921 männlichen Soldaten in einem Survey auf die Zusammenhänge von psychischen Erkrankungen und ED [28]. PTBS-Symptome wurden hier mittels eines 5-Item Frageninventars „Primary Care PTSD Screen for DSM-5“ (Cut off >3) erhoben. Mittels „Patient Health Questionnaire-4“ (PHQ-4) und „Generalized Anxiety Disorder-2“ wurden Symptome der Depression und Angststörungen erhoben. Suizidgedanken wurden mittels der 9. Frage des PHQ-9 erfragt. ED wurde in einer Frage mit anderen somatischen Erkrankungen abgefragt, ohne dass die Symptomschwere oder andere Begleitfaktoren erhoben wurden. Ca. 14 % der Probanden berichteten hier eine ED-Diagnose. Die ED war hier insbesondere mit Hyperlipoproteinämie, Adipositas, arteriellem Hypertonus, arthritischen Beschwerden und chronischen Schmerzen assoziiert. Zudem zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zum Alter > 60 Jahren. Personen mit Depressionen, Suizidgedanken, PTBS-Symptomen und generalisierter Angststörung zeigten signifikant häufiger eine ED. An psychischen Erkrankungen zeigten sich in dieser Studie nur depressive Symptome als der robusteste Prädiktor in den logistischen Regressionsmodellen.
Mclntyre-Smith et al. (2015) untersuchten kanadische Soldaten, die sich in einem Behandlungszentrum für einsatzassoziierte Stresserkrankungen („Operational Stress Injuries“) vorgestellt hatten [20]. PTBS-Symptome wurden mittels PCL-M erfasst. An sexualmedizinische Items wurden die Erektionsfähigkeit („International Index of Erectile Functioning (IIEF)“) und ein Fragebogen zu typisch weiblichen und typisch männlichen Rollenvorstellungen („Bem Sex-Role Inventory (BSRI)“) erhoben. Zusätzlich wurde ein Fragebogen zur allgemeinen Gesundheit („Short Form Health Survey (SF-12)“) und selbstentworfene Fragen über die subjektive Bedeutung von Sexualität und die wahrgenommene Veränderung während des Militärdienstes genutzt. 99 Probanden konnten untersucht werden, und für 74 waren diagnostische Informationen der Klinik verfügbar. Es zeigten sich bei 77 % der Probanden die Symptome einer PTBS nach DSM-IV-TR. Bezüglich des Erektions-Inventars zeigte sich im Durchschnitt eine mittelschwere Beschwerdelast. Die Probanden verorteten sich im Durchschnitt in deutlich männlichen Rollen-Traits. Über 91 % der Befragten gaben eine Veränderung der Sexualität durch die einsatzassoziierte Stresserkrankung an. Hierbei war die sexuelle Lustlosigkeit die am häufigsten beschriebene Störung (29,6 %). Es fanden sich Korrelationen des PTBS-Gesamtscores, sowie der Subskalen Vermeidung und Hyperarousal zu den Subskalen Erektionsfähigkeit, Orgasmus und allgemeine sexuelle Zufriedenheit. Zusätzlich fanden sich in 7 der 8 Gesundheitsskalen (physische Funktionsfähigkeit, Schmerzen, Vitalität, generelle Gesundheit, Rolleneinschränkungen aufgrund von körperlicher Gesundheit und emotionaler Schwierigkeiten, soziales Funktionsniveau) des SF-12 signifikante Korrelationen mit der Erektionsfunktion, dem Orgasmus und der sexuellen Zufriedenheit, aber auch für die Bereiche sexuelle Lust, Beischlafzufriedenheit. Der maskuline Rollen-Trait zeigte sich im Bereich der sexuellen Lust signifikant positiv korreliert. In der nachfolgenden Prädiktorenanalyse zeigte sich lediglich die physische Gesundheit als ein schwacher Prädiktor für die Erektionsfähigkeit, die Vitalität als Prädiktor für die Orgasmusfunktion und die maskuline Geschlechterrolle als stärkster Prädiktor für das sexuelle Verlangen. In der Zusammenfassung fanden sich in dieser Studie keine prädiktiven Qualitäten für die PTBS-Symptome. Die männliche Geschlechterrollenselbsteinschätzung hingegen zeigte sich in der Subskala der sexuellen Lust von prädiktiver Bedeutung. Hier schien die Selbsteinordnung als „besonders männlich“ seltener mit einem Verlust der sexuellen Lust einherzugehen. Eine signifikante Interaktion von psychiatrischen Medikamenten (> 70 % nahmen eine Dauermedikation ein) konnte in dieser Studie nicht gezeigt werden. Es ergaben sich Hinweise, dass PTBS-Symptome über körperliche Schmerzsymptome moderierende Effekte auf die allgemeine sexuelle Zufriedenheit ausüben könnten. Hier wurde weiterführend die Rolle des Hypocortisolismus bei PTBS und dessen Folgen für das Schmerzerleben diskutiert [16].
Kolaja et al. (2022)] beschäftigten sich mit dem Einfluss von PTBS auf sexualmedizinische Probleme bei männlichen Soldaten im Rahmen der prospektiven „Millenium Cohort Study“, bei welcher Soldatinnen und Soldaten über viele Jahre durch Surveys begleitet werden, um die Auswirkungen der militärischen Anstellung auf verschiedenste Lebensbereiche zu untersuchen [19]. Zwischen 2001 und 2013 wurden über 200 000 Probanden eingeschlossen. Angaben zur Einsatzvorerfahrung mit Kampfhandlungsexposition und Angaben über einen sexuellen Übergriff (MST) wurden erfragt. Die PTBS-Symptome wurden mittels PCL („PTSD Check List“) erfasst. Die sexuelle Gesundheit wurde anhand von zwei Fragen des „Patient Health Questionnaire” (PHQ) erhoben. Zudem wurden neuaufgetretene diagnostizierte sexuelle Funktionsstörungen in einer weiterführenden Analyse untersucht. In dieser Arbeit zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer Exposition mit Kampfhandlungen hoher Intensität und berichteten sexuellen Problemen. Nach Kontrolle der Variablen zeigte eine mutmaßliche PTBS im PCL einen deutlichen Moderationseffekt für die Effekte von Kampfhandlungsexposition und MST auf die sexuellen Probleme.
Richardson et al. (2020) untersuchten 543 kanadische Veteranen, von denen ca. 70 die Kriterien sowohl einer PTBS als auch einer Depression erfüllten [22]. Hier zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Symptomschwere der PTBS und einer gestörten sexuellen Lust, welche in dieser Arbeit lediglich in einem Einzelitem erhoben wurde. Nur das Symptomcluster Vermeidung wies eine individuelle signifikante Abhängigkeit zur gestörten sexuellen Lust auf. Ein Zusammenhang von PTBS-Symptomen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr konnte in dieser männlichen Kohorte nicht gezeigt werden.
In einer Arbeit aus dem Jahre 2021 untersuchte R. Blais 508 männliche Soldaten hinsichtlich kompulsiven sexuellen Verhaltens (CSB) [8]. Hierzu wurde der SCS-Fragebogen („Sexual Compulsivity Scale“) genutzt. Zusätzlich wurden die MST-Anamnese, PTBS-Symptome und depressive Beschwerden sowie Alkoholgebrauch erfasst. 9–12 % der Kohorte zeigten CSB, und es zeigten sich signifikante Korrelationen zu MST in der Vergangenheit, zu Symptomen einer PTBS und Depression. Alkoholgebrauchsstörungen zeigten nach Korrektur keine eigenständigen signifikanten Effekte.
Baldour et al. (2020) untersuchten in ihrer Arbeit 187 Veteranen (ca. 90 % männlich), die eine traumakonfrontative Behandlung mit prolongierter Exposition (PE) bei PTBS-Diagnose erhalten hatten, ob mit der Behandlung sich auch Veränderungen im sexuellen Verlangen nachweisen lassen [2]. Das traumatische Ereignis (A-Kriterium) wurde hier nicht im Detail untersucht. Die Veränderungen der PTBS-Beschwerden wurden mittels PCL-M quantifiziert, und das sexuelle Verlangen wurde mittels des 21. Items im Becks-Depressionsinventar (BDI-II) erfragt. Zu Beginn der Behandlung gaben 81,8 % der Betroffenen im BDI-II an, eine geringe sexuelle Lust zu empfinden. Sowohl das Alter als auch die Symptomschwere der PTBS korrelierten mit diesem Item. Das sexuelle Verlangen zeigte im Verlauf der Behandlung eine signifikante Verbesserung (35,8 % gaben eine Verbesserung an). Jedoch schilderten fast 49,2 % der Teilnehmenden keine Verbesserung. Auch im Regressionsmodel konnte bestätigt werden, dass sich das sexuelle Verlangen im Laufe der Behandlung verbesserte (ca. 12 % Besserung pro Therapiewoche bei Therapieansprechen). Bei Nichtansprechen auf PE zeigte sich hingegen keine Verbesserung des sexuellen Verlangens.
Der Zusammenhang von potenziellen moralisch verletzenden Erlebnissen („Potential Moral Injury Events, PMIE) wurde zudem in einer Arbeit von Bhalla et al. (2018) anhand von 221 in einer heterosexuellen Partnerschaft lebenden männlichen Heeressoldaten untersucht [5]. Sexuelle Ängste und Sorgen (5-Item Fragebogen) waren dabei besonders mit dem Erleben von potenziell moralisch verletzenden Themen assoziiert. Insbesondere konnte ein signifikanter Zusammenhang für eigene Grenzüberschreitungen oder empfundener Verrat durch Andere gezeigt werden. Auch die PTBS-Symptomcluster zeigte sich mit erhöhten Raten von sexuellen Unsicherheiten assoziiert, aber lediglich der Symptomcluster „emotionale Taubheit“ zeigte einen alleinigen signifikanten Effekt bei Kontrolle der anderen Faktoren. Die besondere Bedeutung dieses Symptomclusters für sexualmedizinische Probleme konnte auch in vorangegangenen Studien gezeigt werden [3]. Die Exposition von Kampfhandlungen zeigte sich dem gegenüber nicht signifikant mit den untersuchten sexuellen Sorgen vergesellschaftet.
Abschließend befassten sich Garneau-Frournier et al. (2020) mit der sexuellen Zufriedenheit von Veteranen beider Geschlechter (67 % weiblich) mit MST, die sich an die Veteran Affairs (VA) gewandt hatten (N = 2 682) [15]. Hierbei gaben diese signifikant weniger sexuelle Zufriedenheitsraten an als vergleichbare zivile Zahlen oder Raten aktiver-militärischer Personen mit sexueller Missbrauchserfahrung (Männer 21,4 %, Frauen 36,7 %). Männliche Veteranen in festen Beziehungen berichteten in dieser Studie über eine größere sexuelle Zufriedenheit, was so auch in zivilen Stichproben beschrieben wurde, wobei sich die sexuelle Zufriedenheit von der Frequenz sexueller Begegnungen, der Beziehungsstabilität und -qualität abhängig zeigte. Bei weiblichen Betroffenen fand sich ein mehr multifaktorieller Zusammenhang der sexuellen Zufriedenheit. Auch hier bestand ein positiver Einfluss von Beziehungen auf die sexuelle Zufriedenheit, sodass hier von intimen Beziehungen als protektiver Faktor geschrieben wurde. Konsistent bestand ein Zusammenhang von Symptomen einer PTBS und Depression mit einer niedrigen sexuellen Zufriedenheit. Veteranen mit PTBS oder Depression wiesen signifikant niedrigere sexuelle Zufriedenheiten auf. Insbesondere die einsatzassoziierte PTBS wurde hier vor dem Hintergrund moralischer Konflikte als besondere Einflussgröße auf die sexuelle Zufriedenheit und sexuelle Ängste diskutiert. Hier scheinen erlebte Grenzüberschreitungen oder Gefühle von Verrat die eigene Sexualität nachhaltig negativ beeinflussen zu können.
Tab. 1: Auflistung der eingeschlossenen Studien (Abkürzungen: AUDIT = Alcohol Use Disorders Identification Test, BDI-II = Beck´s Depression Inventory – II, CAPS = Clinician Administered PTSD Scale, DSM-5 = Diagnostic and Statistical Manual Mental Disorders -5th Version, ED = Erektile Dysfunktion, FSFI = Female Sexual Function Index, IIEF = International Index of Erectile Functioning, MST = Military Sexual Trauma, PCL(-M) = PTBS Check List(- Military), PHQ = Patient Health Questionnaire, SSS-W: Sexual Satisfaction Scale für Frauen)
Sexual Desire among Veterans Receiving Prolonged Exposure Therapy for PTSD: Does Successful PTSD Treatment Also Yield Improvements in Sexual Desire? Christal L Badour, Keith S Cox, Jessica R M Goodnight, Jessica Flores, Peter W Tuerk, Sheila A M Rauch PMID: 31577915 PMCID: PMC7083685 DOI: 10.1080/00332747.2019.1672439 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Hypothese: Menschen, die auf Prolonged Exposure Therapie ansprechen, werden Verbesserungen in sexuellem Verlangen zeigen. |
N = 187 Veteranen mit PTBS (90 % männlich) |
- PCL-M - Einzelitem: BDI-II (Item 21) |
Alter und PTBS-Symptome korrelierten mit BDI-II-Item. Das sexuelle Verlangen zeigte im Verlauf der Behandlung eine signifikante Verbesserung. |
Emotional numbing symptoms partially mediate the association between exposure to potentially morally injurious experiences and sexual anxiety for male service members Arjun Bhalla, Elizabeth Allen, Keith Renshaw, Jessica Kenny, Brett Litz PMID: 29601288 DOI: 10.1080/15299732.2018.1451976 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Assoziation zwischen potenziell moralisch verwundenden Events (PMIE) und sexueller Angst. |
211 verpartnerte männliche Soldaten mit zivilen Partnerinnen |
- PCL-M - “Moral Injury Events Scale” (MIES) - sexuelle Ängste als Subskala des “Multidimensional Sexuality Questionnaire“ (5 Items) |
Sexuelle Ängste korrelierten mit potenziell moralisch verletzenden Themen. Insbesondere für eigene Grenzüberschreitungen oder empfundener Verrat durch Andere. |
Interpersonal Trauma and Sexual Function and Satisfaction: The Mediating Role of Negative Affect Among Survivors of Military Sexual Trauma. K Blais R, K Zalta A, S Livingston W. J Interpers Violence. 2022 Apr;37(7–8):NP5517-NP5537 doi: 10.1177/0886260520957693. Epub 2020 Sep 29. PMID: 32990170 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Ist MST in der Anamnese mit einer schlechteren Sexualfunktion und sexueller Zufriedenheit assoziiert und kann dieser Zusammenhang am besten durch Symptomcluster der PTBS oder Depression erklärt werden? |
426 Soldatinnen/weibliche Veteranen in Partnerschaften |
- FSFI - PCL-5 - PHQ- 9 - SSS-W |
Signifikanter Zusammenhang zwischen der PTBS-bedingten Anhedonie und den negativen Auswirkungen auf die Sexualität und Beziehung. |
Mechanisms of the association between PTSD and sexual arousal and lubrication functioning among trauma-exposed female service members/veterans Rebecca K Blais, Elizabeth Bird, Annaliis Sartin-Tarm, Sarah B Campbell, Tierney Lorenz PMID: 34965403 DOI: 10.1016/j.jad.2021.12.106 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Zeigt sich PTBS mit sexueller Lust und Lubrikation assoziiert und kann dieser Zusammenhang durch Symptomcluster der PTBS erklärt werden? |
369 Soldatinnen/weibliche Veteranen in Partnerschaften |
- FSFI - PCL-5 - PHQ- 9 |
Höhere PTBS-Werte korrelieren mit geringerer Erregung und Lubrikation. PTBS-Symptome zeigten moderierende Einflüsse via partnerschaftliche Schwierigkeiten. |
Sexual dysfunction is associated with suicidal ideation in female service members and veterans Rebecca K Blais, Lindsey L Monteith, Jordan Kugler PMID: 28961442 DOI: 10.1016/j.jad.2017.08.079 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Untersuchung, ob sexuelle Dysfunktionen mit Suizidgedanken nach Korrektur bekannter Risikofaktoren (PTBS, Depression) assoziiert sind. |
710 Soldatinnen/weibliche Veteranen |
- FSFI - PCL-5 - PHQ- 9 - PHQ-2 |
Signifikanter Zusammenhang zwischen suizidalen Ideationen und Symptomen sexueller Funktionsstörungen (insbesondere Erregung und Befriedigung) |
Screening Positive for Military Sexual Harassment or Assault Is Associated with Higher Compulsive Sexual Behavior in Men Military Service Members/Veterans Rebecca K Blais PMID: 33108449 DOI: 10.1093/milmed/usaa241 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Ziel der Arbeit war die Erweiterung der Datenlage zu Kompulsivem sexuellen Verhalten im Militärkontext. |
508 Soldaten/männliche Veteranen |
- “Sexual Compulsivity Scale” (SCS) - PCL-M/ MST Anamnese - PHQ-9 - AUDIT-C |
9–12 % zeigten kompulsives Sexualverhalten mit signifikanten Korrelationen zu MST-Anamnese und PTBS/Depression. |
Sexual dysfunction in male Iraq and Afghanistan war veterans: association with posttraumatic stress disorder and other combat-related mental health disorders: a population-based cohort study Benjamin N Breyer, Beth E Cohen, Daniel Bertenthal, Raymond C Rosen, Thomas C Neylan, Karen H Seal PMID: 23679562 PMCID: PMC4081408 DOI: 10.1111/jsm.12201 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Es sollte die Prävalenzen sexueller Dysfunktionen festgestellt werden und mögliche Zusammenhänge zu psychiatrischen Erkrankungen untersucht werden. |
männliche Irak- und Afghanistan-Veteranen (N = 405 275) |
Abhängige Variablen: - sexuelle Funktionsstörungen - Medikation - urologische Konsultationen Unabhängige Variable: - psychiatrische Diagnosen gem. ICD-9-M |
PTBS-Patienten zeigen signifikant häufiger sexuelle Funktionsstörungen als Personen ohne psychiatrische Diagnose oder mit einer anderen psychiatrischen Diagnose (> 10 %). |
Reproductive and other health outcomes in Iraq and Afghanistan women veterans using VA health care: association with mental health diagnoses Beth E Cohen, Shira Maguen, Daniel Bertenthal, Ying Shi, Vanessa Jacoby, Karen H Seal PMID: 22944901 PMCID: PMC4631402 DOI: 10.1016/j.whi.2012.06.005 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Weiterführende Untersuchung der Auswirkungen psychiatrischer Störungen (insbesondere PTBS, Depression) auf die körperliche und sexuelle Gesundheit. |
71 504 weibliche Irak-/Afghanistan-Veteranen |
- ICD-9-Codes für somatische und psychiatrische Erkrankungen |
Psychiatrische Diagnose waren signifikant häufiger mit gynäkologischen Gesundheitsproblemen und sexuell übertragbaren Infektionen assoziiert. |
Sexual vs. Non-sexual trauma, sexual satisfaction and function, and mental health in female veterans Jennifer DiMauro, Keith D Renshaw, Rebecca K Blais PMID: 29601287 DOI: 10.1080/15299732.2018.1451975 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Vergleichende Untersuchung der Auswirkungen von Non-MST und MST -Betroffenen hinsichtlich sexueller Zufriedenheit und Funktion. |
255 weibliche Veteranen (mit und ohne MST) |
- FSFI - PCL - PHQ- 9 |
MST positive Frauen zeigten signifikant geringe sexuelle Zufriedenheiten, mehr PTBS- und Depressions-Symptome sowie häufiger Suizidalität. Prädiktiver Zusammenhang zwischen sexueller Zufriedenheit und Suizidalität bei Frauen mit MST. |
Factors Associated with Sexual Satisfaction among Veterans Who Have Experienced Military Sexual Trauma Jade Garneau-Fournier, Sacha McBain, Jessica A Turchik PMID: 32847446 DOI: 10.1080/0092623X.2020.1808548 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Vieldimensionale Untersuchung der Einflussfaktoren auf sexuelle Zufriedenheit bei Veteranen mit MST. |
Veteranen beider Geschlechter (N = 2 681) |
- “General Health Scale” - sexuelle Dysfunktionen gem. DSM-5 - “Primary Care PTSD Screen”/ MST/Kindheitstrauma - PHQ-2 - CAGE/ AUDIT - Einzelitem: sexuelle Zufriedenheit |
Im Regressionsmodell zeigte sich ein signifikanter Einfluss des Beziehungsstatus auf die sexuelle Zufriedenheit. Alleinstehende zeigten hierbei eine schlechtere sexuelle Zufriedenheit (beide Geschlechter). |
Sexual Health Problems among Service Men: The Influence of Posttraumatic Stress Disorder Claire A Kolaja , Kimberly Roenfeldt, Richard F Armenta, Ashley C Schuyler, Jean A Orman, Valerie A Stander, Cynthia A LeardMann PMID: 33428452 DOI: 10.1080/00224499.2020.1855622 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Prospektive Untersuchung von möglichen Einflussfaktoren auf die sexuelle Gesundheit. |
ca. 200 000 Probanden |
- medizinische Informationen - PCL/ MST - PHQ-8 - Zwei Items: “pain or problems during sexual intercourse”, “little or no sexual desire or pleasure during sex” |
Signifikanter Zusammenhang zwischen Exposition mit Kampfhandlungen hoher Intensität und sexuellen Problemen. PTBS-Symptome zeigen Moderationseffekte auf die sexuellen Probleme. |
Sexual Functioning Among a Cohort of Treatment-Seeking Canadian Military Personnel and Veterans with Psychiatric Conditions Alexandra McIntyre-Smith, Kate St Cyr, Lisa Kin PMID: 26126254 DOI: 10.7205/MILMED-D-14–00125 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Untersuchung von psychiatrisch erkrankten Soldaten hinsichtlich der sexuellen Funktionsfähigkeit und potentieller Einflussfaktoren |
N = 99 kanadische Soldaten oder männliche Veteranen |
- Bern Sex-Role Inventory (BSRI) - PCL-M - IIEF - Short Form Health Survey-12 version 2 (SF-12) |
91 % der Befragten berichteten eine Veränderung der Sexualität durch die einsatzsassoziierte Stresserkrankung. Insbesondere somatische Gesundheit zeigte sich im Regressionsmodel als wichtiger Prädiktor für ED (Schmerzen, Vitalität, Einschränkungen). Männliche Rollenverortung korrelierte positiv mit sexueller Lust. |
Sexual Dysfunction in Male Canadian Armed Forces Members and Veterans Seeking Mental Health Treatment J Don Richardson, Felicia Ketcheson, Lisa King, Callista A Forchuk, Renée Hunt, Kate St Cyr, Anthony Nazarov, Philippe Shnaider, Alexandra McIntyre-Smith, Jon D ElhaiP PMID: 31268528 DOI: 10.1093/milmed/usz163 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
1) Erhebung der Prävalenz sexueller Funktionsbeeinträchtigungen für die Kanadischen Streitkräfte. 2) Untersuchung des Zusammenhangs mit PTBS. |
543 männliche Veteranen der Canadian Armed Forces (CAF) |
- PCL-M - PHQ-9 - AUDIT - Einzelitem: “Little or no Sexual Desire or Pleasure During Sex” - PHQ-15 (Schmerzen beim Sex) |
41,8 % der Probanden gaben an, sehr unter einer sexuellen Unlust zu leiden. Signifikanter Zusammenhang zwischen der Symptomschwere der PTBS und gestörter sexueller Lust. Nur das Symptomcluster Vermeidung wies eine individuelle signifikante Abhängigkeit zur gestörten sexuellen Lust auf. |
Sexual function outcomes in women treated for posttraumatic stress disorder Paula P Schnurr, Carole A Lunney, Elizabeth Forshay, Veronica L Thurston, Bruce K Chow, Patricia A Resick, Edna B Foa PMID: 19788366 DOI: 10.1089/jwh.2008.1165 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Vergleichende Studie zur Sexualfunktion von Soldatinnen oder weiblichen Veteranen mit PTBS während der Traumabehandlung mit prolongierter Exposition (PE) oder gegenwartszentrierten Therapie (PCT). |
242 Frauen mit PTBS während der Traumabehandlung |
- CAPS - Sub-Skalen Dysfunktionales Sexualverhalten und Sexuelle Bedenken/Sorgen der Trauma Symptom Inventars (TSI) |
Es zeigten sich Korrelationen zwischen den PTBS-Symptomen und den sexuellen Dysfunktionen. Keine Einzelclustereffekte. Im Therapieverlauf nahmen die sexualmedizinischen Beschwerden ab. |
Erectile Dysfunction in a U.S. National Sample of Male Military Veterans Bailey M Way, Kaelyn R Griffin, Shane W Kraus, Jack Tsai, Robert H Pietrzak PMID: 35792506 DOI: 10.1093/milmed/usac187 |
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Fragestellung |
N |
Instrumente |
Ergebnisse |
Untersuchung von männlichen Veteranen hinsichtlich der Einflussfaktoren bei bestehender ED |
921 männliche Soldaten |
- “Primary Care PTSD Screen” für DSM-5 - Einzelfrage vom PHQ-9 (Suizid-Item) - Brief Biosocial Gambling Screen (BBGS) - Generalized Anxiety Disorder Scale-2 - PHQ-4 |
14,2 % berichteten eine ED mit signifikanten Zusammenhängen zum Alter, Hyperlipoproteinämie, Adipositas, arteriellem Hypertonus, arthritischen Beschwerden und chronischen Schmerzen. Die untersuchten psychischen Störungen zeigten ebenfalls signifikant häufiger ED-Beschwerden mit depressiven Symptomen als robustestem Prädiktor im Regressionsmodell. |
Diskussion
Ziel diesen Reviews ist, die aktuelle internationale Datenlage zu sexualmedizinischen Funktionsstörungen im militärischen Kontext darzustellen. Hierdurch soll nicht nur für die Thematik sensibilisiert, sondern auch die Tragweite dieses Themenfeldes verdeutlicht werden.
Die eingeschlossenen Studien untersuchten alle aktive Soldatinnen und Soldaten oder ehemalige Militärangehörige mit dem Status des Veteranen. Die Teilnahme war auf freiwilliger Basis und die Rekrutierung erfolgte häufig im Rahmen von regulären Vorstellungen zur ambulanten oder stationären Behandlung der Soldaten und Veteranen versorgenden Einrichtungen.
Die PTBS-Symptome wurden in allen Arbeiten entweder über bestehende medizinische Diagnoseschlüssel oder über standardisierte Instrumente (PCL, CAPS) erfasst und zeigen sich in ihrer Qualität vergleichbar. Die untersuchten sexualmedizinischen Fragestellungen wurden nur selten mittels spezialisierter validierter Fragebögen erhoben. In einigen Studien wurden Einzelfragen untersucht. Hierdurch ist die Qualität, welche Störungsbilder eruiert wurden, sehr unterschiedlich.
Einheitlich konnten alle Studien eine signifikante Korrelation für Symptome einer PTBS und den untersuchten sexualmedizinischen Fragestellungen nachweisen. Für die einzelnen Symptomcluster der PTBS fanden sich unterschiedliche und uneinheitliche Hinweise. Hier scheinen insgesamt das emotionale „Numbing“ und das Hyperarousal besonders bedeutsam.
Es fanden sich zusätzlich Hinweise, dass sowohl die PTBS als auch sexualmedizinische Störungen moderierende Effekte ausüben könnten, welche nicht nur die Lebensqualität, sondern gegebenenfalls Suizidalität begünstigen. Sexualmedizinische Probleme beeinträchtigen romantische Beziehungen und können hierdurch eine negative Auswirkung auf die Betroffenen haben, da gesunden intimen Beziehungen eine bedeutsame Pufferfunktion zukommt, die vor Stress und Depression schützen kann [17].
Die Arbeiten stützen sich auf das nordamerikanische Versorgungssystem der Veteranen, die es in Deutschland in dieser Form nicht gibt. Nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr treten die ehemaligen Soldatinnen und Soldaten wieder in die zivile Krankenversicherung über, so dass hier nicht ohne Weiteres Informationen über medizinische oder soziale Probleme gewonnen werden können. In den Arbeiten lassen sich die ermittelten Inzidenzen nicht in aktives militärisches Personal und Ehemalige trennen, sodass hier eine Übertragbarkeit auf die Bundeswehr nur bedingt möglich scheint. Hierzu müssten die Prävalenzen und Ausprägungen in einer nationalen Arbeit untersucht werden.
In der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Bundeswehrkrankenhauses Berlin wurde eine Sprechstunde mit sexualmedizinischem Fokus etabliert. Hier können Termine über die Fachuntersuchungsstelle VI vereinbart werden. Es ist geplant, den Nutzen dieses militärspezifischen Angebotes im Verlauf des kommenden Jahres auszuwerten, um besondere Themenschwerpunkte für die Bundeswehr identifizieren zu können. Diese deutsche militärische interdisziplinäre sexualmedizinische Sprechstunde scheint aktuell ein Alleinstellungsmerkmal in den NATO-Streitkräften zu sein. Den Autoren sind keine vergleichbaren Angebote aus anderen Streitkräften der NATO bekannt. Im Rahmen internationaler Kooperationen wurde die sexualmedizinische Expertise des Psychotraumazentrums der Bundeswehr in das US-amerikanischen Studienteam der „Millenium Cohort Study“ integriert. Die Arbeit von Kolaja et al. (2022), die in dieser Übersichtsarbeit dargestellt wurde, stammt aus diesem Forschungsprojekt [19].
Keine der Arbeiten untersuchte spezifische Interventionen oder Behandlungsstrategien, die darauf abzielen, auftretende sexualmedizinische Symptome zu behandeln. Es gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass nicht auch in der Behandlung sexueller Funktionsstörungen bei Soldatinnen und Soldaten – mit und ohne PTBS – sexualtherapeutische Interventionen eine zielführende Behandlungsoption darstellen, die mit übersichtlichem Aufwand eingesetzt werden könnten, insbesondere wenn die Möglichkeit zur Einbeziehung von Partnern besteht [4].
Eine Arbeit beschäftigte sich mit den Auswirkungen potenzieller moralischer Verletzungen. Moralische Verletzungen stellen auch in der Bundeswehr einen Forschungsschwerpunkt dar. Im PTZBw wurde hier ein gruppentherapeutisches Angebot für einsatzassoziiert Erkrankte etabliert und in Rahmen von Studien in ihrer Wirksamkeit belegt [1]. Diese Interventionen werden durch die Militärseelsorge gefördert. Mögliche Auswirkungen auf die sexuelle Gesundheit der Teilnehmenden liegen jedoch für diese Intervention nicht vor. Möglicherweise könnten diese Interventionen um partnerschaftsfokussierte Anteile ergänzt oder erweitert werden.
Limitationen
Neben der bereits oben aufgeführten Limitation, die sich aus dem Versorgungssystem von Veteranen ergeben, fanden sich weitere Limitationen in den Studien.
Die Aussagen der dargestellten Studien umfassen große und diverse Patientengruppen. Neben retrospektiver vergleichender Studiendesigns fand sich auch eine prospektive Studie. Es ergeben sich jedoch Limitationen hinsichtlich der Vergleichbarkeit und der Güte der untersuchten sexualmedizinischen Störungsbilder. Diese wurden nur selten mittels validierter Instrumente erfasst. Einzelfragen-Items scheinen nur unzureichend geeignet, um diese Ausprägung der Funktionsfähigkeiten einschätzen zu können. Darüber hinaus lassen sich die Ergebnisse nicht ohne Weiteres miteinander vergleichen.
Zudem stammen alle Studien dieser Arbeit aus dem nordamerikanischen Raum, was eine generelle Übertragbarkeit auf andere Länder unterschiedlicher kultureller oder religiöser Prägung limitiert, da insbesondere im Themenfeld „Sexualität“ sowohl soziale als auch gesellschaftliche Faktoren eine zentrale Rolle in der Genese und Ausprägung von sexualmedizinischen Störungen spielen [4].
Hier bedarf es weiterer Forschung, um die besondere Assoziation von stressbedingen Traumafolgeerkrankungen und sexualmedizinischen Dysfunktionen im militärischen Kontext besser zu verstehen und adäquate Behandlungsstrategien zu erarbeiten, um die gesundheitsfördernde und protektive Funktion intimer Beziehungen wieder für die Betroffenen verfügbar zu machen.
Literatur
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- Badour CL, Cox KS, Goodnight JRM et al.: Sexual Desire among Veterans Receiving Prolonged Exposure Therapy for PTSD: Does Successful PTSD Treatment Also Yield Improvements in Sexual Desire? Psychiatry 2020; 83:70–83. mehr lesen
- Badour CL, Gros DF, Szafranski DD et al.: Problems in sexual functioning among male OEF/OIF veterans seeking treatment for posttraumatic stress. Compr Psychiatry 2015; 58:74–81. mehr lesen
- Beier KM, Bosinski HAG, Loewit, K: Sexualmedizin - Grundlagen und Klinik sexueller Gesundheit, 3. Auflage. Elsevier GmbH, Deutschland 2021;
- Bhalla A, Allen E, Renshaw K et al.: Emotional numbing symptoms partially mediate the association between exposure to potentially morally injurious experiences and sexual anxiety for male service members. J Trauma Dissociation Off J Int Soc Study Dissociation ISSD 2018; 19:417–430. mehr lesen
- Blais RK, Bird E, Sartin-Tarm A et al.: Mechanisms of the association between PTSD and sexual arousal and lubrication functioning among trauma-exposed female service members/veterans. J Affect Disord 2022; 301:352–359. mehr lesen
- Blais RK, Monteith LL, Kugler J: Sexual dysfunction is associated with suicidal ideation in female service members and veterans. J Affect Disord 2018; 226:52–57. mehr lesen
- Blais RK, Xu B, Hoyt T et al.: Sexual compulsivity, erectile dysfunction, and suicidality among male survivors of military sexual violence. J Trauma Stress 2022; 35:1709–1720. mehr lesen
- Breyer BN, Cohen BE, Bertenthal D et al.: Sexual dysfunction in male Iraq and Afghanistan war veterans: association with posttraumatic stress disorder and other combat-related mental health disorders: a population-based cohort study. J Sex Med 2014; 11:75–83. mehr lesen
- Cohen BE, Maguen S, Bertenthal D et al.: Reproductive and other health outcomes in Iraq and Afghanistan women veterans using VA health care: association with mental health diagnoses. Womens Health Issues Off Publ Jacobs Inst Womens Health 2012; 22:e461-471. mehr lesen
- DiMauro J, Renshaw KD, Blais RK: Sexual vs. Non-sexual trauma, sexual satisfaction and function, and mental health in female veterans. J Trauma Dissociation Off J Int Soc Study Dissociation ISSD 2018; 19:403–416. mehr lesen
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- Kolaja CA, Roenfeldt K, Armenta RF et al.: Sexual Health Problems among Service Men: The Influence of Posttraumatic Stress Disorder. J Sex Res 2022; 59:413–425. mehr lesen
- McIntyre-Smith A, St Cyr K, King L: Sexual Functioning Among a Cohort of Treatment-Seeking Canadian Military Personnel and Veterans With Psychiatric Conditions. Mil Med 2015; 180:817–824. mehr lesen
- Peer Briken, Dekker A, Cerwenka S et al.: Die GeSiD-Studie „Gesundheit und Sexualität in Deutschland“ – eine kurze Einführung. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2021; 64:1334–1338. mehr lesen
- Richardson JD, Ketcheson F, King L et al.: Sexual Dysfunction in Male Canadian Armed Forces Members and Veterans Seeking Mental Health Treatment. Mil Med 2020; 185:68–74. mehr lesen
- Schnurr PP, Lunney CA, Forshay E et al.: Sexual function outcomes in women treated for posttraumatic stress disorder. J Womens Health 2009; 18:1549–1557. mehr lesen
- Shifren JL, Monz BU, Russo PA et al.: Sexual Problems and Distress in United States Women: Prevalence and Correlates. Obstet Gynecol 2008; 112:970–978. mehr lesen
- Simons JS, Carey MP: Prevalence of Sexual Dysfunctions Results from a Decade of Research. Arch Sex Behav 2001; 30:177–219. mehr lesen
- Trautmann S, Goodwin L, Höfler M: et al. Prevalence and severity of mental disorders in military personnel: a standardised comparison with civilians. Epidemiol Psychiatr Sci 2017; 26:199–208. mehr lesen
- Turban JL, Potenza MN, Hoff RA et al.: Psychiatric disorders, suicidal ideation, and sexually transmitted infections among post-deployment veterans who utilize digital social media for sexual partner seeking. Addict Behav 2017; 66:96–100. mehr lesen
- Way BM, Griffin KR, Kraus SW et al.: Erectile Dysfunction in a U.S. National Sample of Male Military Veterans. Mil Med usac 2022;187. mehr lesen
Manuskriptdaten
Zitierweise
Helms C, Stockmann CS, Beier KM: Sexuelle Dysfunktionen bei posttraumatischer Belastungsstörung im militärischen Kontext. WMM 2023; 67(9): 374-380.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-192
Für die Verfasser
Oberfeldarzt Dr. Christian Helms
Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Scharnhorststr. 13, 10115 Berlin
E-mail: ch@ptzbw.org
Manuscript Data
Citation
Helms C, Stockmann CS, Beier KM: [Sexual Dysfunctions in PTSD-Patients within the Military Context]. WMM 2023; 67(9): 374-380.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-192
For the Authors
Lieutenant Colonel (MC) Dr. Christian Helms
Bundeswehr Hospital Berlin
Bundeswehr Center for Psychotraumatology
Scharnhorststr. 13, D-10115 Berlin
E-mail: ch@ptzbw.org
Multifamilienberatung – ein innovativer Ansatz
in der Arbeit mit belasteten Familien in der Bundeswehr
Multifamily Therapy – an Innovative Approach for the Work with Highly Stressed Families in the Bundeswehr
Rene Giesena, Sonja Heinrichb, Ulrich Wesemannb, Franziska Langnerb, Gerd Willmundb, Kai Köhlerb
a Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, Sachgebiet VII 1.4.2 Sozialarbeit
b Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Zusammenfassung
Die Beratungszahlen des Sozialdienstes der Bundeswehr bei Belastungen und Problemen innerhalb des Familiensystems haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Die Erfahrungen aus der alltäglichen Praxis der Sozialdienste der Ortsebene bestätigten dabei die Forschungsergebnisse von Bundeswehrstudien zu hohen Belastungen von Angehörigen und Kindern. Als eine Möglichkeit, dieser Thematik zukünftig in der Bundeswehr besser zu begegnen, soll Multifamilienberatung (MFB) als vielseitige und wissenschaftlich evaluierte Methode in der Arbeit mit Bundeswehrfamilien eingeführt werden. MFB wird bereits seit mehreren Jahren erfolgreich in anderen Nationen, u. a. bei Familien mit psychischen Einsatzschädigungen, eingesetzt und hat darüber hinaus auch bei affektiven Störungen, Schizophrenien, chronischen Psychosen sowie Essstörungen eine gute Wirksamkeit gezeigt. Der Artikel beschreibt daher den Hintergrund und die Entwicklungen der MFB mit speziellem Blickpunkt auf Militärfamilien. Weiterhin werden die wesentlichen Methoden dar- und deren Einsatz in der Bundeswehr am Beispiel des Pilotprojektes „Löwenstarke Familienwoche“ bei belasteten Familien vorgestellt. Abschließend wird ein breiter Ausblick zu den Möglichkeiten des zukünftigen Einsatzes gegeben.
Schlüsselwörter: Multifamilienberatung, Familien, Belastungen, systemische Arbeit, Angehörige, Kinder
Summary
The amount of counseling sessions provided by the Bundeswehr Social Service in cases of stress and problems within the family system has continuously increased in recent years. The experience gained from the day-to-day practice of social services at the local level has confirmed the research findings of Bundeswehr studies on the high-stress levels of family members and children. To better address this issue in the Bundeswehr, multifamily counseling (MFB) will be introduced as a versatile and scientifically evaluated method for working with Bundeswehr families. MFB has already been used successfully for several years in other nations, among others, for families with psychological deployment injuries, and has also shown good effectiveness for affective disorders, schizophrenia, chronic psychoses, and eating disorders. For this reason, the article describes background and developments of MFB with a particular focus on military families. Furthermore, the essential methods and their application in the Bundeswehr are presented using the example of the pilot project “Löwenstarke Familienwoche” with stressed families. Finally, a broad outlook on the possibilities of future use is given.
Keywords: multifamily counseling; families; stresses; systemic work; relatives; children
Hintergrund
Die Zahlen der Jahresstatistik der sozialen Arbeit des Sozialdienstes der Bundeswehr (SozDstBw) zeigen eine kontinuierliche Zunahme der Inanspruchnahme von Beratung und Problemen im Kontext von Belastungen innerhalb der Familie. Zuletzt stieg deren Anzahl von 2021 auf 2022 um 4,6 % auf 38 380 Beratungsstunden. Mit einem Gesamtanteil von über 40 % an den Gesamtberatungen weist dies auf einen immer weiter zunehmenden psychosozialen Unterstützungsbedarf hin. Im Zuge dieser Beratungen treffen Fachkräfte des SozDstBw oftmals auf hochbelastete intrafamiliäre Beziehungen und damit verbunden auf inadäquate verzerrte sowie intrafamiliäre Kommunikations- und Interaktionsmuster. In familiären Konstellationen mit Kindern auch immer wieder auf belastete Eltern-Kind-Beziehungen.
Diese Erfahrungen aus der alltäglichen Praxis der Sozialdienste auf Ortsebene bestätigten die Forschungsergebnisse der Bundeswehrstudie zu Belastungen von Kindern [6] vollumfänglich. Die Studie zeigt anhand von Stichproben beim Militär, dass die elterliche psychosoziale Belastung (Auslandseinsätze, Pendeln, häufige Abwesenheiten, Versetzungen) nicht nur die Partnerinnen- und Partner, sondern das ganze Familiensystem negativ beeinträchtigt und einen hohen Risikofaktor für die Entwicklung kindlicher Verhaltensauffälligkeiten und psychischer Probleme darstellt. Ebenso ist das Risiko für häusliche Gewalt, Kindesmisshandlungen und Vernachlässigungen erhöht, was in der Folge zu einer verzögerten kindlichen Entwicklung führen kann [5][7][9][21][24].
Mit Blick auf die hohen Zahlen der aktuell sowie der neudiagnostizierten Betroffenen mit psychischen Einsatzfolgestörungen (Tabelle 1) in Verbindung mit den unerkannten Erkrankten gemäß der Dunkelzifferstudie [25] ergibt sich hieraus eine immense Anzahl an mitbelasteten Partnern und Partnerinnen sowie weiteren Familienmitgliedern. Gerade die bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) typischerweise auftretende erhöhte Vigilanz und das Arousal mit teils aggressivem Verhalten [18] führt häufig zu Familienproblemen, die sich u. a. in Streitereien, erhöhter Gewalt, Fehlen von körperlicher Nähe und reduziertem kommunikativen Austausch zeigen [12][23]. In der Folge ergeben sich das ebenfalls oft vorhandene ausgeprägte Vermeidungsverhalten und die Gefühlstaubheit [18] zur Aufrechterhaltung von belastenden Situationen. Studien zeigen, dass gerade empathische und um Unterstützung der Betroffenen bemühte Angehörige nach einiger Zeit selbst an Symptomen von Erschöpfung, Depressionen und Angststörungen leiden [15] und auch körperliche Beschwerden wie Rücken-, Kopf- und generelle Schmerzsymptome bei gleichzeitiger reduzierter Aktivität, mehr Unzufriedenheit und weniger Lebenszufriedenheit auftreten können [17].
Aus dem zuvor Geschilderten wird deutlich, dass nicht nur die belasteten Soldaten und Soldatinnen sowie betroffene zivile Bundeswehrangehörige selbst Unterstützung benötigen, sondern auch für die Angehörigen und Kinder entsprechende Angebote geschaffen werden müssen, um die belastenden Auswirkungen der Krankheit im täglichen Leben abzumildern.
Aktuell hält die Bundeswehr allerdings kein eigenes Angebot vor, in welchem Familien mit Kindern von einsatzgeschädigten Soldatinnen und Soldaten kurz und langfristig nachhaltig unterstützt werden. Der Sozialdienst der Bundeswehr hat sich daher als Initiative das Ziel gesetzt, als zukünftiges Angebot systemische Multifamilienberatung (MFB) in einer Pilotphase zu testen und bei positiven Ergebnissen längerfristig als Angebot in der Fläche zu etablieren.
Die Option „Multifamilienberatung“
MFB vereint die Erkenntnisse, Konzepte, und Techniken der Gruppentherapie, der systemischen Einzelfamilientherapie und von Selbsthilfegruppen. In einer Gruppe besteht die Möglichkeit, problematische Verhaltensweisen und Symptomatiken einer Familie differenzierter zu bearbeiten, da Mitglieder aus anderen Familien neue und andere Perspektiven entwickeln können – vor allem, wenn sie mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind.
Während es für eine Einzelperson oder eine einzelne Familie oft schwierig ist, die eigene Perspektive zu verändern, um so eigene Schwierigkeiten zu erkennen und zu beheben, gibt es in einer Gruppe von Familien eine Vielzahl von differenzierten Außenstandpunkten.
Ziel der Arbeit ist es, dass Familien gemeinsam die Möglichkeiten, Lösungskompetenzen und Unterstützung aus einer Gruppe für sich selbst erleben. Diese aktive Einbeziehung der Familie bei der Wahrnehmung des ähnlichen Problems bei ihrem Gegenüber stärkt das eigene Selbstwertgefühl und macht Familien offener für die Veränderung der gleichen Schwierigkeiten bei sich selbst.
Wenn sechs oder sieben Familien für Stunden, Tage oder Wochen miteinander zusammenarbeiten, dann können sie voneinander lernen, sich gegenseitig motivieren und inspirieren, ihre eigenen Ressourcen (wieder-)entdecken und aus ihrer sozialen Isolation herausfinden.
MFB ist eine hocheffektive Intervention, die ihre Wirksamkeit und Stärken beispielweise bei Familien mit Problemen bei Gefährdung des Kindeswohls, Essstörungen, Suchtproblematiken, Gewalt, schulisches Versagen, Psychosen und chronischen körperlichen Erkrankungen zeigt. In Deutschland werden bereits zahlreiche MFB-Projekte durchgeführt, die bisher in zivilen Bereichen der Jugendhilfe, in Schulen und der medizinischen Versorgung umgesetzt werden.
Historie
In den 1940er- und 1950er-Jahren luden in den USA Behandler und Behandlerinnen, die mit chronisch psychotischen Menschen arbeiteten, deren Familien ein und initiierten einen gegenseitigen Austausch von Erfahrungen. Die Familien fühlten sich mit ihrer Situation nicht mehr allein gelassen.
Diese Arbeit wurde in den 1970ern von Dr. Peter Laqueur aufgegriffen und systemisch weiterentwickelt. Laqueur war Leiter einer Abteilung für Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter. Während seiner Arbeit stellte er fest, dass Mitglieder unterschiedlicher Familien sich aufgrund ähnlicher Erfahrungen gut ineinander hineinversetzen konnten. Bei auftretenden Kommunikationsschwierigkeiten konnten Angehörige anderer Familien Botschaften übersetzen. Auch fühlten sich die behandelnden Therapeuten und Therapeutinnen durch die Einbindung der Familien in einer Gruppe weniger belastet. Die Familien entwickelten eine gewisse Unabhängigkeit und fühlten sich weniger isoliert, was zu einem gestärkten eigenen Kompetenzerleben führte.
In den 1970ern fand in Großbritannien die Multifamilienberatung auch in der Arbeit bei Multiproblemfamilien ihren Einzug. Multiple Probleme beschreiben in diesem Zusammenhang mindestens zwei konfliktbehaftete Bereiche des täglichen Lebens aus einer Vielzahl an Feldern wie eine vorhandene störungsspezifische Symptomatik und den daraus resultierenden krankheitsspezifischen Alltagssituationen, der Umgang und die Koordinierung von Aktivitäten zwischen den Eltern, die generelle familiäre Konfliktfähigkeit, die elterlichen Bindungs- und Versöhnungsfähigkeiten, die Interaktions- und Beziehungsmuster usw. [1]. Um diese Breite abzudecken, wurden in tagesklinischen Angeboten neben Familien mit kinderpsychiatrischen Störungsbildern auch Familien behandelt, deren Kinder wegen Verwahrlosung oder Misshandlung fremduntergebracht waren und bei denen sich die Eltern um eine Rückführung ihrer Kinder bemühten. Häufig hatten diese Familien Auflagen vom Jugendamt oder Familiengericht erhalten. Der Einbezug auch hochbelasteter Familien zeigt die breiten Einsatzmöglichkeiten des Verfahrens sowohl in der akuten als auch bei der längerfristigen Arbeit.
Die erste Familientagesklinik für Kinder mit emotionalen und sozialen Auffälligkeiten in Deutschland wurde 1998 in Dresden unter der Leitung von Prof. Michael Scholz eröffnet. Dieser griff die Methode der Multifamilienberatung auf und gab ihr die entscheidenden Impulse für die Entwicklung in Deutschland. Heute gilt die Multifamilienberatung als flankierende Maßnahme in der Betreuung psychotischer Erwachsener als evidenzbasiert [2].
Multifamilienberatung und Militär
Wegen der häufigen verbalen und physischen Konflikte zwischen Kriegsveteranen und ihren Familien wurde 2005 das Psychotraumacentrum Zuid Nederland (PTC ZN) vom Nationalen Gesundheitsdienst für Veteranen (LZV) der Niederlande beauftragt, ein neues Behandlungsprogramm für niederländische Kriegsveteranen und deren Familien zu entwickeln. Bis dato wurden Veteranen, die therapeutische Hilfe benötigten, ausschließlich Einzeltherapie und in wenigen Fällen eine Paartherapie angeboten.
Die neuen Konzepte wurden in den Auswertungen von den Teilnehmenden als enorm effiziente Methode beschrieben und schnell anerkannt. Die damit verbundenen positiven Erfahrungen wurden anschließend von den Familien medial in der Presse berichtet, um die Behandlungsform bei weiteren Familien von Kriegsveteranen bekannter zu machen und als generelles Angebot zu verstetigen. Als sichtbares Zeichen verliehen damals die beteiligten Eltern ihren Kindern eine goldene Nelke, um auch ihre Belastungen durch die Auslandseinsätze zu würdigen. Dieser Schmuck wird inzwischen allen Kindern als Geste übergeben, wenn ihre Eltern wegen ihrer Leistungen und der Teilnahme an einem Militäreinsatz mit einem Orden geehrt werden. Nachdem diese Initiative von der niederländischen Königsfamilie aufgegriffen wurde, sollte MFB als fester Bestandteil der psychosozialen Versorgung etabliert werden.
Das Psychotraumazentrum Zuid Nederland und das Nationale Gesundheitssystem für Veteranen hatten dann 2016 beschlossen, hilfesuchenden Veteranenfamilien dauerhaft Multifamilienberatung landesweit anzubieten.
Arbeitsmethoden und Interventionstechniken
Bei der Multifamilienberatung werden bei den verwendeten Interventionen drei Ebenen betrachtet: 1. Aktion, 2. Reflexion, 3. Transfer (ART-Modell). Die praktische Aktion, die anschließende Reflexion und der Transfer in die häusliche Umgebung.
1. Aktion
Gemeinsame Aktionen sind in der Multifamilienberatung von immenser Bedeutung. Sie sind:
- gruppenbezogen im Kontext Gruppenklima, Kontaktaufnahme und „door-opener“,
- familienbezogen und greifen familiäre Thematiken auf,
- elternbezogen im Sinne der Elternrolle,
- individuumsbezogen, Platz des Einzelnen in der Familie oder auch
- störungsbezogen.
Nach Bedarf werden auch Themen wie Ressourcen, Zukunftsideen, Wünsche und Träume gezielt aufgegriffen. In der Aktion besteht die Möglichkeit, sich spielerisch mit schwierigen Themen zu befassen und diese Sequenzen zu nutzen, neue Erfahrungen zu machen. Das spielerische Format nimmt Ängste und kann zu einer Entspannung im Eltern-Kind-Verhältnis führen. Die gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen, steht hier im Vordergrund
2. Reflexion
Nach der Aktion wird das Verhalten reflektiert. Die Reflexion beginnt immer mit einer anerkennenden Geste. Anschließend erfolgt eine Erfolgsanalyse. Die Erfolgsanalyse dient dem Bewusstwerden hilfreicher Strategien. Hierzu wird im nächsten Schritt die ganze Gruppe einbezogen.
3. Transfer
Ein wesentlicher Teil des ART-Modells ist der Transfer in die häusliche Umgebung. Die in der Reflexion aufgeworfenen hilfreichen Strategien werden durch gemeinsame Überlegungen der Familien versucht in den Familienalltag zu transferieren. Ein erfolgreicher Transfer kann zu Hause gefestigt werden.
Das 5-Schritte-Modell
Das 5-Schritte-Modell ist eine Basistechnik der MFB, mit der die Haltung der Methode in greifbare Schritte umgesetzt wird [4]. Es kann als Leitfaden dienen, der die Eltern z. B. während Gesprächen zur Reflektion von kritischen Verhalten anregt mit dem Ziel, sich auf den Weg zu machen und eigene Lösungen zu entwickeln. Er lässt sich zur Einzelarbeit nutzen, ist aber auch im Gruppenkontext geeignet, um dort Impulse in der Gesprächseröffnung zu setzten.
Das Grundmodell gliedert sich in die folgenden 5 Schritte:
- Beobachtung: eine Beobachtung des kritischen Verhaltens,
- Wahrnehmungsvergleich: Abgleich der eigenen Beobachtungen mit denen der Familie,
- Bewertung des Verhaltens durch Eltern/Kinder,
- Veränderungswunsch der Eltern/Kinder und
- Aktion: machbare erste Schritte.
Dieses einfache Interventionsschema hilft den Beratenden, direkt auf Konflikte und Interaktionsprobleme innerhalb der Familie einzugehen und konkret in die Situation einzusteigen, in der sie auftreten. Es schützt auch davor, vorschnell selbst zu reagieren und den Familien eigene Lösungen anzubieten.
Mentalisieren
Mentalisieren ist eine wichtige Fähigkeit, um die Reaktionen anderer und sich selber zu verstehen. Bei Menschen gibt es erhebliche Unterschiede in der Fähigkeit zu mentalisieren. Diese ist stark abhängig von unserer emotionalen Erregung. So ist es nicht erfolgsversprechend, direkt nach einem Streit ein klärendes Gespräch zu führen, bei dem sich die Gegenspieler in den anderen hineinversetzen sollen. Ein gewisser Grad an Erregung ist jedoch wichtig, um innere Prozesse anzustoßen.
Ziel der mentalisierungsorientierten Arbeit ist es, dass Familienmitglieder Worte und Gefühle bei sich und bei dem Gegenüber wahrnehmen und passende Worte finden, um sie auszudrücken. Dazu müssen in der Multifamilienberatung immer wieder im Kontext Gelegenheiten geschaffen werden, um über Gefühle sprechen zu können. Hierbei werden Unterbrechungen, Nachfragen und die bewusste Reflexion genutzt, um Tempo herauszunehmen und sich auf die Gefühle einlassen zu können.
Verantwortungsübergabe
Ein wichtiges Ziel in der MFB ist die Stärkung der elterlichen Präsenz. Eltern sollen sich wieder selbstwirksam erleben und eine aktive Rolle ergreifen. Dieses Thema spielt für den erzieherischen Alltag der Eltern eine wichtige Rolle. Welche Entscheidungen fällen die Eltern gemeinsam bzw. gibt es einen Bereich, worin Kinder ab einem bestimmten Alter Verantwortungsübernahme zeigen können?
Reflektieren
Ein weiteres wichtiges Element ist das Reflektieren in unterschiedlichen Kontexten. Angeregt wird dieses Vorgehen von der Technik des reflektierenden Teams.
Die Methode des „Reflecting Teams“ findet Anwendung in der systemischen Arbeit. Ziel ist es, Freiräume zu schaffen, worin perspektivoffen Ideen und Lösungsmöglichkeiten zugelassen werden. Dazu begeben sich gemeinsam Ratsuchende und Beratende und ggf. Beobachtende in einen Prozess von abwechselnd gerichteter und ungerichteter Kommunikation.
Elterntausch und Tandem
Der Elterntausch als eine Art „Adoptivverfahren“ eignet sich gut für einen Perspektivwechsel. Hierbei erhalten Kinder die Gelegenheit, mit anderen Eltern zusammenzuarbeiten. Tandems werden gebildet, wenn sich Elternteile überfordert fühlen und sehr viel Unterstützung, z. B. in Form von Rückmeldung, benötigen. Innerhalb dieser Tandems unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig und können sich Anregungen liefern. Zudem besteht die Möglichkeit, jederzeit andere Familien und Beratende hinzuzuziehen. Dies bietet Familien die Gelegenheit, positive Erfahrungen zu sammeln und sich aktiv Hilfe und Unterstützung zu holen. Die bis dahin vorherrschende Isolation wird durchbrochen und die Familien fangen an, sich aktiv zu vernetzen.
Videofeedback
Videofeedback hilft zur Verbesserung der Wahrnehmung und unterstützt die Selbstreflektion. Es ermöglicht die Vornahme von Bewertungen und zeigt mögliche Verhaltensveränderungen auf. Familien erleben sich wie in einem Film und erhalten aus der Metaperspektive die Gelegenheit, sich selbst zu „begutachten“. Hierbei können selbst kleine Erfolge durch den Einsatz von Videofeedback sichtbar gemacht werden.
Die Wirksamkeit der MFB
Bei der MFB kommen allgemeine Wirkfaktoren der Gruppenarbeit wie Kohäsion, Verständnis, Unterstützung, Beobachtungslernen und die wegweisende Funktion des Beratenden zum Vorschein. In Studien berichten Teilnehmende mit ähnlichen Problemen oft, dass sie in der Gruppe Gehör und Verständnis finden. Dies führt zur gegenseitigen Ermunterung, Schwierigkeiten zu bewältigen oder Lösungsstrategien zu entwickeln. Eine Förderung der Verbundenheit innerhalb der Gruppe, die einen bedeutsamen Einfluss auf positive Veränderungsprozesse hat, wird forciert. Hieraus resultiert eine hohe Selbstwirksamkeit der Betroffenen und deren Beziehungsgefüge. Ergänzt werden diese aus der Gruppenarbeit bekannten Wirkfaktoren in gelingenden MFB-Gruppen durch typische systemische Wirkfaktoren. Insbesondere die Anregung von zirkulären Prozessen sowie von Grenz- und Ressourcenwahrnehmung der Familie stehen im Zentrum des systemischen Interesses [4].
Typische Wirkfaktoren der MFB, welche auch als „Treibhauseffekt“ betitelt werden, sind demnach ein häufiger und rascher Wechsel von Aufgaben und Rollen für die Teilnehmenden durch die Übergänge von einer Aktivität zur nächsten. Die Teilnehmenden werden gefordert, häufiger als in einer Einzel-Familienarbeit ihren Standpunkt zu ändern und neue Sichtweisen zu entwickeln, was einen Verstärker für Veränderungen darstellt. Ein weiterer spezifischer MFB-Faktor wird als „dialektische Dynamik“ zwischen Zugehörigkeit der Gruppe und Differenzierung innerhalb der Gruppe beschrieben. In Befragungen wurden aus Sicht der befragten MFB-Beratenden sechs weitere Wirkfaktoren für die Familiengruppen identifiziert:
- das positive Erleben in der Gruppe,
- die Ressourcenaktivierung,
- der Perspektivwechsel,
- das Modelllernen,
- die Förderung von Selbstwirksamkeit,
- die therapeutische Beziehung auf Augenhöhe.
Quantitative Studien zeigen eine Wirksamkeit von MFB bei affektiven Störungen [11][16], Schizophrenien und chronischen Psychosen [3][13] sowie Essstörungen [10][19][20][22], bei denen Effekte am stärksten belegt sind. Qualitative Studien, wie z. B. von Hellemans et al. [14], gingen der Frage nach, welche bedeutsamen Erfahrungen aus der MFB Betroffene, aber auch deren Familien retrospektiv gesammelt haben. Die qualitative Analyse zeigte acht Faktoren auf, die aus Sicht der Befragten den Effekt der MFB bewirkten: Die Teilnehmenden und ihre Lebenspartner bzw. -partnerinnen benannten
- die Anwesenheit von anderen,
- den Zusammenhalt und das Verständnis,
- die eigene Selbstoffenbarung,
- die Offenheit der Gruppe,
- Gruppen-Diskussionen,
- eigene Erkenntnisse,
- Lernen durch Beobachtung und
- die Anleitung durch die Beratenden.
Erwähnenswert ist zudem die Untersuchung von Dickerson und Crase [8]. Unter Verwendung eines methodenintegrativen Forschungsansatzes beschäftigte sich diese Studie mit dem Einfluss der MFB auf die Eltern-Kind-Beziehung bei substanzkonsumierenden Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren. Hier wurde die wahrgenommene Nähe und Kommunikation in der Beziehung zu den Eltern vor und nach einer MFB-Behandlung sowie die Veränderung der Beziehungsqualität aus Sicht der Jugendlichen erfasst. Aus den qualitativen Daten ergaben sich vier Kategorien, welche die Veränderungen in der Beziehung zu den Eltern beschrieben:
- Miteinander-Klarkommen,
- Kommunikation,
- Vertrauen und
- Rolle des Drogenkonsums in der Beziehung.
Zusammenschau und Ausblick
Ansätze der Multifamilienberatung
Seit 2021 führt der SozDstBw die „Löwenstarke Familienwoche: Eigene Wege finden!“ durch. Die von der Deutschen Härtefallstiftung und der Katholischen Familienstiftung für Soldaten geförderte Maßnahme beruht auf einem systemischen Ansatz, nutzt Anteile der Multifamilienberatung und geht weit über niederschwellige Hilfe hinaus. Das Angebot richtet sich an Bundeswehrfamilien mit hohen Belastungen unabhängig von deren Ursache.
Es können je Durchgang bis zu sechs Familien mit ähnlichen Problemlagen teilnehmen. Sowohl Eltern als auch Kinder erfahren sich in der Rolle als „Profis“ zu den eigenen Problemen und nehmen einerseits im Gruppenprozess die Rolle der Beratenden ein, andererseits werden sie von den anderen Eltern und Kindern unterstützt und beraten. Die Familien erfahren, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind und hilfreich für andere Familien sein können. Sie kommen gemeinsam in eine Dynamik bei der Suche nach Lösungen und neuen Wegen, erfahren positive Erlebnisse. Dieser Prozess wird durch Fachkräfte aus unterschiedlichen Fachdisziplinen unterstützt.
Gemeinschaftsaktivitäten wie ein Familienausflug sowie eine Familienolympiade runden das Angebot ab und bieten viele Gelegenheiten, sich gegenseitig kennenzulernen, sich auszutauschen und zu unterstützen. Auch Vernetzung ist ein wichtiger Baustein der Unterstützung der Familien. Ziel ist es, die Kinder und ihre Eltern in ein möglichst umfassendes, gut kooperierendes und überschaubares Netzwerk einzubinden und eine zukunftsfähige Selbsthilfe zu unterstützen. Die Maßnahme endet nicht mit der Woche, sondern die Familien werden über einen Zeitraum von drei Monaten weiterhin durch den Sozialdienst betreut und können sich zu festen Terminen online weiter austauschen.
Im Dezember 2022 wurde die „Löwenstarke Familienwoche“ im Rahmen des 8. Berliner Psychotraumakolloquiums einem breiten Fachpublikum vorgestellt. Dabei berichteten zwei Familien aus den Durchgängen 2021 und 2022 von ihren Erfahrungen und stellten sich anschließend den Fragen des Publikums. Konsens dieses Austausches war, dass das Angebot der „Löwenstarken Familienwoche“ einmalig innerhalb der Bundeswehr ist und ausgebaut werden sollte. 2023 werden daher erstmals zwei Durchgänge der „Löwenstarken Familienwoche“ stattfinden.
Um die Multifamilienberatung in der Bundeswehr zu implementieren, wurde mit Erlass des BMVg vom 28. Juni 2023 ein Pilotdurchgang der MFB gebilligt. Die Pilotierung wird durch das Psychotraumazentrum der Bundeswehr in Berlin wissenschaftlich begleitet.
Ziel ist es, dass der Sozialdienst der Bundeswehr (SozDstBw) zeitnah ein ambulantes Angebot zur MFB für Familien etabliert. An ihr sollen dann die ersten Familien teilnehmen, die in relativer räumlicher Nähe zueinander wohnen, um regelmäßige Treffen auch außerhalb der üblichen Schul- oder Arbeitszeiten der Angehörigen zu ermöglichen.
Wissenschaftliche Weiterentwicklung der Multifamilienberatung
Vom 7. bis 9. September 2023 findet an der Fachhochschule Potsdam die 1. Europäische Tagung „Multifamilientherapie“ statt. An dieser Tagung nehmen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Praktiker und Praktikerinnen aus Großbritannien, Schweiz, Frankreich, Schweden, Polen und den Niederlanden teil. Die niederländischen Angehörigen des Psychotraumacentrum Zuid Nederland werden dort mit dem Vortragstitel: „Familien an vorderster Front – MFT für Veteranenfamilien in den Niederlanden“ vortragen. Darin werden die Anpassungen und Erfahrungen mit dem Programm zur MFT in den Niederlanden diskutiert, aber auch Ergebnisse einer qualitativen Studie zur Wirksamkeit von MFT sowie vorläufige Ergebnisse einer quantitativen Studie vorgestellt.
Die Multifamilientherapie entwickelt sich in Deutschland rasant weiter. Unter anderem fördert das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ein wissenschaftliches Modellprojekt „Kidstime Workshops“. Dieses multifamilientherapeutisch ausgerichtete Workshop-Angebot richtet sich an Kinder psychisch erkrankter Eltern. Inspiriert durch die Arbeit von Dr. Eia Asen und Prof. Dr. Michael Scholz nehmen immer mehr Kliniken multifamilienberaterische Angebote in ihr Portfolio auf.
Zukunftsaussichten
Nach erfolgreicher Pilotierung könnte eine bundesweite Ausbringung des Angebots durch den SozDstBw an den Bundeswehr-Dienstleistungszentren erfolgen. Hier könnten in den einzelnen Servicebereichen des SozDstBw Kompetenzzentren für MFB errichtet werden. Diese stellen eine Form der organisatorischen Bündelung von personellem Know-How und Fachwissen dar. Zu den Aufgaben der Kompetenzzentren könnten gehören:
- Weiterentwicklung themenbezogener Expertise für MFB für die bundesweite Fachpraxis,
- Informationsveranstaltungen für die Truppe bzw. ziviles Personal zu diversen psychosozialen Themen und den Einsatzmöglichkeiten von MFB usw.,
- Planung, Koordination und Durchführung regionaler MFB-Gruppen (belastete Familien, z. B. Sucht, PTBS, Partnerschaft etc.),
- Netzwerkarbeit/Vernetzung (im Servicebereich),
- Wissensmanagement und
- Unterstützung für die MFB von internen Netzwerkpartnern (z. B. Fachberatungsseminare, „Löwenstarke Familienwoche“).
Kernsätze
- Die Anzahl an Beratungen des Sozialdienstes der Bundeswehr für belastete Familien mit Problemen und Konflikten steigen seit Jahren kontinuierlich an.
- Eine Möglichkeit, um die eigenen Erfahrungen der belasteten Familien effektiv zur Symptomreduktion zu nutzen, liegt in der „Methode Multifamilienberatung (MFB)“.
- Systemische Multifamilienberatung ist eine sowohl praktisch wie auch wissenschaftlich erprobte Methode in der Arbeit mit belasteten Familien.
- Derzeit wird die MFB in einem ersten Pilotprojekt in die Bundeswehr eingeführt und vom Psychotraumazentrum (PTZ Bw) evaluiert.
- Kompetenzzentren könnten zukünftig personelles Know-How und Fachwissen in der Familienarbeit bündeln und übergreifend zeitnah anbieten.
Literatur
- Asen E, Scholz M: Multi-Familientherapie in unterschiedlichen Kontexten. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 2008; 57(5): 362–380. mehr lesen
- Asen E, Scholz M, Hermans BE: Handbuch der Multifamilientherapie. Erste Auflage, 2017. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag GmbH; 2017.
- Asen E, Schuff H: Psychosis and multiple family group therapy. J Family Therapy 2006; 28(1): 58–72. mehr lesen
- Behme-Matthiessen U, Pletsch T: Lehrbuch der Multifamilientherapie: Grundlagen, Methoden, Anwendungsfelder. Berlin [Heidelberg]: Springer; 2020.
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- Wimmer E, Bühler A, Thurn L et al.: Kinder deutscher Soldatenfamilien: Qualitative Untersuchung zu Strategien im Umgang mit der Abwesenheit des Vaters. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 2019; 68(6): 540–554. mehr lesen
- Wittchen H-U, Schönfeld S, Kirschbaum C et al.: Traumatic experiences and Posttraumatic Stress Disorder in soldiers following deployment abroad: How big is the hidden problem? Dtsch Arztebl Int 2012; 109(35–36): 559–568. mehr lesen
Manuskript Daten
Zitierweise
Giesen R, Heinrich S, Wesemann U, Langner F , Willmund G, Köhler K: Multifamilienberatung – Ein innovativer Ansatz in der Arbeit mit belasteten Familien in der Bundeswehr. WMM 2023; 67(9): 381-387.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-194
Für die Verfasser
Regierungsrat René Giesen
Bundesamt für das Personalmanagement der Bundewehr
Sachgebiet VII 1.4 – Sozialarbeit
Alter Heerstraße 81, 53757 Sankt Augustin
E-Mail: renegiesen@bundeswehr.org
Manuscript Data
Citation
Giesen R, Heinrich S, Wesemann U, Langner F, Willmund G, Köhler K: [Multifamily Therapy – an Innovative Approach for the Work with Highly Stressed Families in the Bundeswehr.] WMM 2023; 67(9): 381-387.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-194
For the Authors
René Giesen
Bundeswehr Office for Personnel Management
Section VII 1.4 – Socialwork
Alte Heerstraße 81, D-53757 Sankt Augustin
E-Mail: renegiesen@bundeswehr.org