Bericht über die 7. ARKOS-Tagung 2025 in Papenburg
Tag 1: Eröffnung und Standortbestimmung
Gut gefüllte Ränge im Kleinen Theater des Hotels „Alte Werft“ in Papenburg bei der ARKOS-Tagung der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie! ARKOS steht für Arbeitskreis konservativ tätiger Sanitätsoffiziere, die sich vom 21. bis 23. Mai 2025 in Papenburg zum 7. Mal getroffen haben.
Mit Schwung eröffnete die Vorsitzende des Arbeitskreises, Oberstarzt Dr. Nicole Müller, Klinikdirektorin für Innere Medizin vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin, die Tagung vor über 150 Teilnehmenden (Abbildung 1). Diese Zahl ist wichtig, weil in den bewegten Zeiten des Sanitätsdienstes Kongressbesuche im Terminkalender nicht immer die höchste Priorität erfahren können. So unterstrich Oberstarzt Dr. Müller noch einmal deutlich den Auftrag des Arbeitskreises, der großen Gruppe der konservativen – im Vergleich zu den chirurgischen – Fächern ein Forum zum fachlichen Austausch zu gewähren. Und gleich vorneweg: Das ist dieses Mal hervorragend gelungen! Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie (DGWMP), Generalstabsarzt a. D. Dr. Stephan Schoeps, verstärkte diese Botschaft noch einmal und betonte insbesondere die Perspektiven des barrierefreien, persönlichen Umgangs der Kongressteilnehmer untereinander zum Gespräch, ohne dass Dienstgradunterschiede eine Rolle spielen (Abbildung 2).
Abb. 1: Oberstarzt Dr. Nicole Müller bei der Eröffnungsansprache
Abb. 2: Generalstabsarzt a.D. Dr. Stephan Schoeps, Präsident der DGWMP, bei seinem Grußwort
Generalarzt Dr. Rolf von Uslar, Chef des Stabes des Kommando Gesundheitsversorgung der Bundeswehr, erläuterte in seinem Grundsatzvortrag die neue Struktur des Sanitätsdienstes und ging auf die vielen Veränderungen ein, die jetzt auf alle zukommen (Abbildung 3). Seine Botschaft lautete: angekommen im Unterstützungsbereich, aber dennoch die Zeit als Chance für die Zukunft begreifen.
Abb. 3: Generalarzt Dr. Rolf von Uslar bei seiner Standortbestimmung für den Sanitätsdienst
Der Festvortrag wurde gehalten vom Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, Bundesminister a. D. Christian Schmidt. Sein Hauptthema war „30 Jahre Dayton-Abkommen – der schwierige Weg zu Frieden und Demokratie“. Für viele Kongressteilnehmer, die einen Teil ihrer Auslandseinsätze auf dem Balkan absolviert hatten, war diese Rede eine Reise in vergangene Zeiten und zeigte aber auch auf, dass ein politischer Friedensprozess sehr lange dauert.
Tag 2: Sanitätsdienst im Umbruch
Das Motto der ARKOS-Tagung war „FORCE COMBAT READINESS – konservative Fächer im Wandel“ und bot das erwartete breite Spektrum an Themenvielfalt. So beinhaltete der zweite Kongresstag am 22.05.25 hochinteressante Themenblöcke: Allen voran die Rolle des zukünftigen deutschen Sanitätsdienstes im Rahmen der logistischen Drehscheibe Deutschlands. Die Einrichtung von zivil-militärischen sogenannten Hubs als Hauptumschlagplätze für Verwundete und Cluster als Zentren mit Kernfähigkeiten bilden die zentralen Elemente der Verletztenversorgung, wie Generalarzt Dr. von Uslar ausführte. Die weiteren Zusammenhänge und das gesamte Umfeld hierzu wurden von Oberstarzt Matthias Marth in einem präzisen Vortrag erläutert. Die neue Bedrohungslage ist mit den Worten „Nicht mehr Frieden, aber auch noch nicht Krieg“ sehr gut umschrieben. Die Drehscheibe Deutschland bedeutet aber auch Enge der logistischen Wege im Sinne einer Sanduhr mit beschränktem Durchlass. Die Nachfolgeredner Oberstarzt Dr. Silvia von Maltzahn und Oberstarzt Dr. Michael Clauss griffen diesen Aspekt auf und wiesen darauf hin, dass alle Unternehmungen wie auch der Host Nation Support einen erheblichen zivil-militärischen Personalbedarf sowie Koordination erforderten. Das Management aller logistischen Bewegungen von West nach Ost und umgekehrt gründet sich auf einer stabilen Führungsorganisation der NATO in Form des Joint Support and Enabling Command (JSEC) in Ulm.
Besonders interessant waren auch die Ausführungen des Vortragsblocks „Sanitätsdienst im Wandel – Auswirkungen auf Bevölkerungsschutz und Gesamtverteidigung“. Einleitend hierzu beschrieb Prof. Dr. Peter Bradl, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin, das Krisen- und Katastrophenmanagement von Krankenhäusern aus ziviler Sicht. Er verwies auf die gesamtstaatliche Aufgabe und die Wichtigkeit der tatsächlichen Vorbereitung von Krankenhaus-Alarm- und Einsatzplanungen. Stabsapotheker Dr. Nicole Meier arbeitete in ihrem Vortrag heraus, wie wichtig die Rolle der Lebensmittel- und Trinkwassersicherheit in verschiedenen Bedrohungs-Szenarien ist, und wie der Sanitätsdienst über einsatzbereite, hochmobile Probenentnahmeteams hierzu verfügt. Oberstveterinär Dr. Katalyn Rossman, Vizepräsidentin der DGWMP, berichtete über die Big Five der Ausfallraten von Soldaten in Krise und Krieg, genauer gesagt über die Big Ugly Five, die nicht in Zusammenhang mit den Waffenwirkungen stehen. Hierzu zählen: Hauterkrankungen, Vektoren im Sinne von Mücken und Zecken etc., Ektoparasiten, Durchfall- und fieberhafte Erkrankungen. Hierzu müssen entsprechende Personalvorhaltungen, Ausbildungen und Konzepte geschaffen werden, auch bezüglich der zivil-militärischen Zusammenarbeit.
Abschließend erläuterte Heiko Rottmann-Großner, frisch ernannter Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und langjährig erprobter Kooperationspartner des Sanitätsdienstes, die Grundlagen des Bevölkerungsschutzes im Katastrophenfall aus Sicht des BMG. Dabei wurde klar, dass angesichts der dynamischen politischen Lageentwicklung dringend Gesetzesreformen benötigt werden. Hierzu gehören vor allem ein gutes KRITIS-Dachgesetz und ein Gesundheitssicherstellungsgesetz, die bereits im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung Erwähnung finden und weiterentwickelt werden müssen, weil der Bevölkerungsschutz dies so dringlich erfordert.
Der Nachmittag brachte weitere spannende Erkenntnisse. Dr. Diana Podolska, eine zivile Anästhesistin aus Dortmund, seit 1997 in Deutschland tätig und in der Ukraine geboren, berichtete über ihre freiwilligen persönlichen Hilfseinsätze und über die Verwundetenversorgung in militärischen Einrichtungen an der russisch-ukrainischen Front (Abbildung 4). In diesem beeindruckenden Vortrag kam alles zur Sprache, was die Essentials der Taktischen Medizin betrifft: Ressourcenknappheit, Grenzen der medizinisch-ethischen Versorgung, Beschuss der Rettungsfahrzeuge, lange Evakuierungszeiten, Grenzen der Tourniquet-Applikation, lokale Anästhesieverfahren. Oberstarzt Dr. Dennis Ritter befasste sich in seinen Ausführungen mit der Triage und mit den verschiedenen Systemen, die hierzu zur Verfügung stehen. Im Grunde darauf aufbauend passten die Ausführungen von Generalarzt a. D. Dr. Joachim Hoitz anschließend voll ins Thema. Hoitz, der sich intensiv mit Medizin-Ethik beschäftigt, erklärte, dass das Spannungsfeld zwischen Patienten, Arzt und Gesellschaft in Krise und Krieg eine besonders intensive Ausprägung erfährt und präsentierte verschiedene Instrumente klinisch-ethischer Entscheidungsfindung. Hier kommt besonders das re-iterative moralische Zyklusmodell in Betracht, das im Sinne einer wiederholten Vorausschau und eines Sich-Selbst-Prüfungsmodells aufzufassen ist. Empfehlenswert laut Dr. Hoitz ist auch die App „Military Health Care“ vom King´s College, London, die auf üblichem Wege kostenfrei heruntergeladen werden kann. Abschließend entwickelte sich eine spannende Diskussion mit reger Beteiligung.
Abb. 4: Dr. Diana Podolska bei ihrem Vortrag über die Realversorgung in der Ukraine
Die finale Sitzung des Tages erfuhr unerwarteterweise eine hohe Intensität und hohen Zuspruch. Das Überthema war Tuberkulose, eigentlich eine im zivilen Leben Deutschlands beherrschte Erkrankung, die aber im Rahmen der Globalisierung und der Kooperation mit der Ukraine für den Sanitätsdienst neue Bedeutung erfährt. Die Ukraine ist ein Land, das in dieser kritischen Zeit wieder steigende Tuberkuloseraten in der Bevölkerung aufweist. Im Rahmen der Ausbildungsprojekte mit ukrainischen Soldaten erhält die Prä-Projekt-Diagnostik im Sinne von Screening eine erhebliche Bedeutung. Nach Darstellung der aktuellen epidemiologischen Daten durch Oberfeldarzt Daniel König, Überwachungsstelle Potsdam, und Dr. Gwendolyn Scheumann, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, zeigte Flottillenarzt Dr. Tobias Schneider, Bundeswehrkrankenhaus Berlin, die Elementaraspekte modernen Tbc-Röntgen-Screenings auch unter Verwendung künstlicher Intelligenz auf. Abschließend präsentierte Oberfeldarzt Nino Neumann, ebenfalls Bundeswehrkrankenhaus Berlin, neue Therapiestrategien.
Im Rahmen des gut besuchten und fröhlichen Festabends wurde Generalstabsarzt Dr. Armin Kalinowski im Rahmen einer Laudatio von Generalarzt a. D. Dr. Hoitz und einer Ehrung mit einem Coin der DGWMP durch den Präsidenten Generalstabsarzt a. D. Dr. Schoeps aus der Mitte der ARKOS in den Ruhestand verabschiedet.
Tag 3: Aus- und Weiterbildung - Rising Stars
Der Kongress-Freitag brachte noch einmal Schwung in die Diskussionen: Zwei aktuelle Themen standen im Vordergrund. OFA Harald Berling betonte in seinem Vortrag die dringende Notwendigkeit, einen sog. „Einsatzinternisten“ zu etablieren. Das soll eine Ärztin bzw. ein Arzt sein, der mit Blick auf zu erwartende Einsätze besonders in der fachlichen Breite weiterbildet. Dies stellt angesichts der zunehmenden Spezialisierung im Fachgebiet eine besondere Schwierigkeit dar.
Hochinteressant ist auch das Thema der Einrichtung eines Instituts für Allgemeinmedizin, das von Oberstabsarzt Dr. Daniel Höttker, BwKrhs Hamburg, vorgestellt wurde. Auch hier liegt zwar noch viel Arbeitsbedarf auf der Strecke, aber die Beschäftigung damit liegt ja mittlerweile voll im Zeitgeist. Man darf gespannt sein, was sich hier in nächster Zeit tut. Auf jeden Fall sind diese beiden Themen klassische ARKOS-Themen für die zukünftigen Veranstaltungen.
Abschließend, aber mit großer Spannung erwartet, war die Sitzung der „Junge Forscher – Rising Stars“. Hier präsentierten sich junge Forscher mit ihren Beiträgen im Sinne eines Wettbewerbs. Von einer fünfköpfigen Jury wurde schließlich Oberstabsarzt Dr. Jessica Pohl, Bundeswehrkrankenhaus Berlin, zur Gewinnerin gewählt (Abbildung 5). Der Titel ihres Vortrages lautete „Komplexe dreidimensionale Modelle der humanen Lunge in der wehrmedizinischen, translationalen Forschung“.
Abb. 5: Verleihung des 1. Preises im Rahmen des Wettbewerbs Junge Forscher an Oberstabsarzt Dr. Jessica Pohl durch den Präsidenten der DGWMP, Generalstabsarzt a. D. Dr. Stephan Schoeps
Diese ARKOS-Tagung hat sich wirklich gelohnt: das Hotel „Alte Werft“ als angenehme Kongress-Location, eine charmante Tagungsleitung, die zuvorkommende Organisation seitens der DGWMP und die gute Erreichbarkeit mit der Deutschen Bahn machen den Reiz der Stadt Papenburg für zukünftige Veranstaltungen aus.
Generalarzt a. D.
Prof. Dr. Horst Peter Becker
Vizepräsident der DGWMP
Generalstabsarzt Dr. Armin Kalinowski in den Ruhestand verabschiedet
Am 19.05.2025 wurde im Schloss Oranienstein in Diez der langjährige Kommandeur des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung, Generalstabsarzt Dr. Armin Kalinowski, in den Ruhestand verabschiedet. „Die Bundeswehr wird fortan auf einen unglaublichen Wissensträger, einen äußerst erfahrenen, hoch professionellen, vorbildlichen und immer kameradschaftlichen Soldaten, Offizier und Vorgesetzten verzichten müssen“, wie es der Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes in seiner Rede beim Übergabeappell ausdrückte.
Generalstabsarzt Dr. Kalinowski trat 1981 zunächst als Soldat auf Zeit für zwei Jahre in die Bundeswehr ein und leistete seinen Dienst unter anderem als Sanitätsunteroffizier in der Heeresfliegerstaffel 900 in Bückeburg, Niedersachsen. 1983 zum Leutnant befördert, nahm er als Sanitätsoffizieranwärter das Studium der Humanmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster auf. Nach Approbation erfolgte die erste klinische Verwendung im Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Danach kehrte er als Truppenarzt in die heimatlichen Gefilde zu den Heeresfliegern nach Bückeburg zurück. Im Jahr 1991 nahm er als Fliegerarzt an seinem ersten Auslandseinsatz bei der United Nations Special Commission (UNSCOM) in Bagdad teil, einem der ersten Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen der Friedenssicherung. Darauf folgten zwei Jahre im Heeresunterstützungskommando in Mönchengladbach, wo sich ihm die Möglichkeit bot, das beginnende Zeitalter der Einsätze im Rahmen des internationalen Krisenmanagements mitzugestalten.
Die nächsten zehn Jahre, nur unterbrochen von einem weiteren Auslandseinsatz als Kommandeur des Sanitätseinsatzverbandes bei KFOR und dem Abschluss der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner, war das Personalwesen der Bundeswehr sein zweites Zuhause. Sein Talent im Umgang mit Menschen und seine Fähigkeit, ihre Potenziale früh zu erkennen und diese zielgerichtet zu entwickeln, waren Grundlage für einen stringenten Verwendungsaufbau vom Personalführer bis zum Abteilungsleiter. Dabei wurden wesentliche Teile der heute etablierten Verfahren der Personalführung, wie z. B. die langfristige Verwendungsplanung oder die Facharztzulage bei Sanitätsoffizieren, wesentlich von Generalstabsarzt Dr. Kalinowski geprägt.
Zwei Verwendungen als Referatsleiter im Bundesministerium der Verteidigung in Bonn und Berlin schlossen sich an. Auch dort ist es ihm gelungen, Meilensteine zu setzen, die bis heute nachwirken und maßgeblich zur Attraktivität des Dienstes beigetragen haben.
Im Jahr 2013 wurde Dr. Kalinowski der Dienstposten des Kommandeurs und Ärztlichen Direktors am Bundeswehrkrankenhaus Ulm übertragen und er wurde zum Generalarzt befördert. Im Jahr 2016 übernahm er die Aufgabe des Kommandeurs Kdo Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung und wurde zum Generalstabsarzt befördert. Insgesamt weit über acht Jahre dauerte die Stehzeit auf diesem Dienstposten, eine Zeit, die von vielfältigen Ereignissen geprägt war, unter anderem der Corona-Pandemie. Der Kommandobereich Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung mit seinen Sanitätseinrichtungen, die an vorderster Front der Patientenversorgung stehen, war von Anfang an vollumfänglich in das Corona-Geschehen involviert. In den regionalen Sanitätseinrichtungen galt es, den Ablauf so zu regeln, dass eine strikte Trennung zwischen den potenziell Infizierten und den „normalen“ Patienten sichergestellt werden konnte. Das war mit einem immensen organisatorischen Aufwand verbunden, und gleichzeitig musste das eigene Personal vor einer Infektion geschützt werden. Sehr schnell kamen dazu noch Forderungen zur Unterstützung aus dem zivilen Bereich. All diese Herausforderungen konnten nur von einer Persönlichkeit bewältigt werden, die über eigene medizinische Erfahrung verfügt und Menschen in höchstem Maße empathisch führt.
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr dankt Generalstabsarzt Dr. Kalinowski für seinen unermüdlichen Einsatz für die Gesundheitsversorgung in der Bundeswehr und die ihm anvertrauten Patientinnen und Patienten und wünscht ihm für seinen weiteren Lebensweg von Herzen nur das Beste!
Generaloberstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann
Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr und
stellvertretender Befehlshaber Unterstützungskommando der Bundeswehr