Fortschritte in der Dermatoonkologie
Advances in Dermato-Oncology
Atakan Jordana, Tina Uhlmanna, Staffan Vanderseea
a Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Klinik III – Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Zusammenfassung
Die Behandlung von malignen Tumoren in der Dermatologie hat sich in letzter Zeit stark gewandelt. Die jahrzehntelang einzigen Therapieoptionen mit Chemotherapeutika und Interferon, welche mit einem beträchtlichen Nebenwirkungsprofil bei wenig Wirksamkeit einhergingen, sind im onkologischen Management des malignen Melanoms, der Leitentität der Dermatoonkologie, weitestgehend abgelöst. Im Fokus stehen nun innovative Behandlungsmöglichkeiten auf Basis des neuen Verständnisses über die Onkogenese. Das Wissen über die Tumormolekularbiologie und Tumorimmunologie hat Möglichkeiten wie zielgerichtete Therapie sowie Immuncheckpoint-Inhibition hervorgebracht. Diese Heilverfahren haben Zulassungen erhalten und in Leitlinienempfehlungen in der Behandlung von verschiedenen onkologischen Entitäten Eingang gefunden. Die Entwicklungen in der Dermatoonkologie sind dynamisch und weitere Therapieerweiterungen und -entwicklungen sind zu erwarten.
Schlüsselwörter: Melanom, neue Therapieoptionen, Tumormolekularbiologie, Tumorimmunologie, Immuncheckpoint-Inhibitoren, zielgerichtete Therapie
Summary
The treatment of malignant tumors in dermatology has significantly changed in recent years. For decades, the only available treatment options were chemotherapy and interferon administration, both associated with a considerable side effect profile and slight effectiveness. They have been replaced largely in treating malignant melanoma, which remains the leading entity in dermato-oncology. The focus is now on innovative treatment options based on the new understanding of oncogenesis. Knowledge of tumor molecular biology and immunology has led to therapeutic options such as targeted therapy and immune checkpoint inhibition. These therapies have received approvals and found their way into guideline recommendations for treating various oncological entities. Developments in dermato-oncology are dynamic, and one can expect further therapy expansions and products.
Keywords: melanoma; new therapy options; tumor molecular biology; tumor immunology; immune checkpoint inhibitors; targeted therapy
Einleitung und Hintergrund
Hauttumore sind die häufigsten Tumore des Menschen. Das Ausgangsorgan ist bei allen zwar die Haut, die Ausgangszelle hingegen kann histologisch von verschiedenen Gewebezellen abstammen. In dieser Vielfältigkeit liegt die Ursache der ausgesprochenen Streubreite von klinischem Bild, Behandlungsmöglichkeiten sowie Prognose der verschiedenen Hauttumore begründet. So sind Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome keratinozytären, maligne Melanome melanozytären, Merkellzellkarzinome neuroendokrinen, dermale Sarkome fibroblastischen, extramammäre Paget-Karzinome adenomatösen und kutane Lymphome lymphozytären Ursprungs.
Darunter zeigt sich vor allem das maligne Melanom (Abbildung 1) als einer der häufigeren sowie biologisch aggressivsten Tumoren beim Menschen überhaupt und als die Erkrankung, deren Behandlungsmöglichkeiten und Prognose sich im letzten Jahrzehnt am ausgeprägtesten verbessert haben. In der Dermatoonkologie ist das maligne Melanom daher zur onkologischen Leitentität geworden, auf die sich der Fortschritt fokussierte und bei der Therapiekonzepte revolutioniert wurden. Davon profitieren inzwischen fast alle übrigen onkologischen Disziplinen in der Medizin.
Abb. 1: Malignes Melanom mit kutanen Satelliten-, In-Transit- sowie inguinale Lymphknoten-Metastasen am linken Oberschenkel im Stadium IIID nach AJCC 2016.
Fast alle Hauttumore zeigen einen günstigen Krankheitsverlauf, wenn sie frühzeitig detektiert und therapiert werden. Die vorrangig kurative Therapieoption aller soliden Hauttumore ist hierbei die vollständige operative Exzision. Es ist zudem möglich, Tumormasse vor einer geplanten operativen Entfernung durch eine neoadjuvante Therapie zu reduzieren. Dieses Debulking birgt Vorteile, indem Operationsfelder an anatomisch kritischen Bereichen wie dem Gesicht und den Akren möglichst klein gehalten werden können.
Die aggressiveren Hauttumore wie das maligne Melanom und das Merkelzellkarzinom zeigen je nach Stadium trotz einer vollständigen Exzision des Primarius ein Risiko, im Verlauf Metastasen zu entwickeln. Dieses Risiko kann durch eine adjuvante Therapie inzwischen deutlich reduziert werden. In einer palliativen Therapiesituation geht es bei Metastasierung eines Primarius darum, die Tumormasse zu kontrollieren und Komorbiditäten zu reduzieren. Zukünftiges Ziel der modernen onkologischen Therapie soll sein, auch im metastasierten Stadium eine Heilung zu erreichen – auch dies ist die Aufgabe der Dermatoonkologie.
Epidemiologie, Molekularbiologie und Immunologie von Hauttumoren
Epidemiologie des nicht-melanozytären Hautkrebses
Nicht-melanozytärer Hautkrebs (heller Hautkrebs) war mit etwa 200 000 Neuerkrankungen für das Jahr 2018 geschlechterübergreifend der häufigste Organkrebs in Deutschland. Etwa drei Viertel der nicht-melanozytären Hautkrebsentitäten sind Basalzellkarzinome. Diese wachsen lokal destruktiv und metastasieren nur sehr selten. Das restliche Viertel sind Plattenepithelkarzinome. Nicht-melanozytäre Hauttumore sind zwar sehr häufig, zeigen aber eine sehr niedrige Krebssterblichkeit [11]. Alle übrigen nicht-melanozytären Tumorentitäten sind im Vergleich zu Tumoren keratinozytären Ursprungs sowie Melanomen sehr selten.
Epidemiologie des malignen Melanoms
In Deutschland erkrankten 2019 etwa 22 400 Personen an einem malignen Melanom, in einem Geschlechterverhältnis von etwa 1:1. Das mittlere Erkrankungsalter befand sich in der sechsten Lebensdekade. Im Jahr 2019 verstarben 2 900 Personen an der Erkrankung. Das invasive maligne Melanom zählt damit zu den fünf häufigsten Tumorerkrankungen in Deutschland. In Frühstadien ist die Prognose des malignen Melanoms zwar gut, in Spätstadien steigt die Melanom-spezifische Sterblichkeit [12].
Abb. 2: Lokal destruktiv wachsendes Basalzellkarzinom der Brustwand.
Risikofaktoren und Tumormolekularbiologie
Ultraviolette Strahlung ist der bedeutendste Risikofaktor für die Tumorgenese der meisten Hautkrebsarten. Für das Basalzellkarzinom (Abbildung 2) ist die intermittierende hohe UV-Belastung ausschlaggebend. Dies begründet sich darin, dass nur eine Mutation ausreicht, die Tumorgenese zu initiieren. Die Aktivierung des Sonic-Hedgehog-Signalwegs bildet dabei den Endpunkt dieser Einzelmutationen; dadurch wird in den Keratinozyten die Apoptoseeinleitung verhindert und die Proliferation gefördert [2].
Für das Plattenepithelkarzinom (Abbildung 3) hingegen spielt die kumulative UV-Dosis im Verlauf des Lebens eine entscheidende Rolle. Dies begründet sich darin, dass in der Summe zahlreiche Mutationen auftreten müssen, bis ein maligner Tumor entsteht [1].
Abb. 3: Plattenepithelkarzinom präaurikulär links mit Infiltration von Anteilen des Ohres
Auch beim malignen Melanom ist als Risikofaktor vor allem die wiederholt hohe UV-Belastung von Bedeutung. Molekularbiologisch zeichnet sich das maligne Melanom durch eine hohe Last an Mutationen aus. Treibermutationen sind dabei die Gendefekte, die quantitativ und qualitativ durch ihr jeweiliges Genprodukt die Dynamik des Tumorwachstums bestimmen [4].
Abhängig vom Subtyp und der Lokalisation unterscheiden sich Melanome deutlich in ihrem Mutationsprofil. Die häufigste bisher identifizierte Treibermutation ist die des Protoonkogens BRAF. Das mutierte Genprodukt führt über den MAP-Kinase-Signalweg zu einem erhöhten Wachstumsstimulus. 50–60 % der kutanen Melanome zeigen diese Mutation. Neben der BRAF-Mutation sind andere häufige Mutationen die des NRAS- und cKIT-Gens. Beide mutierten Genprodukte stimulieren die Zellproliferation. NRAS-Mutationen gehen mit einer höheren Tumoraggressivität und einer schlechteren Prognose einher. Bei akralen und mukosalen Melanomen finden sich gehäuft cKIT-Mutationen. Neben diesen Mutationen, welche auch simultan auftreten können, finden sich in etwa 20–25 % der Fälle triple-negative Melanome. In diesen Fällen findet sich keine der drei genannten Mutationen [4][16]. Die weitere Identifizierung von Mutationen, deren Zuordnung zu Treibermutationen sowie die adaptierte Entwicklung zielgerichteter Therapien ist Gegenstand der gegenwärtigen Forschung.
Tumorimmunologie
Neben der Tumorgenetik spielt in der Onkogenese die Tumorimmunologie eine entscheidende Rolle. Die Entwicklung und Verbreitung eines Tumors ist wesentlich beeinflusst durch die Interaktion zwischen den Tumorzellen und dem Immunsystem. Tumorzellen gelingt es, über Immunevasion der Überwachungsfunktion von Immunzellen zu entgehen. Das spezifische Immunzellrepertoire in Tumoren sowie die Immunogenität der Tumorzellen entscheidet dabei wesentlich über die Tumordynamik und vor allem über das Therapieansprechen mit Immuncheckpoint-Inhibitoren. Ein Immunzellrepertoire mit vornehmlich zytotoxischen CD8+-T-Lymphozyten stellt beispielsweise gegenüber einer Vermehrung von CD4+-FoxP3+-regulatorischen T-Lymphozyten einen prognostisch günstigeren Faktor dar. Die CD8+-T-Lymphozyten, früher auch T-Killerzellen genannt, sind Teil des adaptiven Immunsystems und können pathogene Antigene von Körperzellen über MHC-I-Proteine mit ihrem T-Zell-Rezeptor erkennen und diese in die Apoptose leiten. CD4+-FoxP3+-regulatorische T-Lymphozyten sind eine Subgruppe regulatorischer T-Zellen, welche durch die Hochregulation des Transkriptionsfaktor FoxP3 eine verminderte Fremderkennung aufweisen [15].
Die Immunogenität, oder bildlich beschrieben die Kommunikationsfähigkeit, wird durch den spezifischen Oberflächenbesatz der Tumorzellen bestimmt. Die Oberflächenmarker wie die antigenpräsentierenden MHC-I-Proteine sowie bestimmte Liganden, welche in Interaktion mit Immuncheckpoint-Proteinen von T-Lymphozyten interagieren, sind Teil dieses spezifischen Oberflächenbesatzes. In den letzten Jahren haben sich vor allem die Immuncheckpoint-Proteine von T-Lymphozyten als wichtiger Bestandteil moderner Therapieansätze für das Melanom entwickelt. Dafür erhielten die Wissenschaftler James Allison aus den USA und Tasuku Honjo aus Japan 2018 zusammen den Nobelpreis in Medizin und Physiologie für die immunologische Grundlagenforschung der Checkpoint-Proteine CTLA-4 und PD-1/PD-L1.
Durch spezifische Liganden wie PD-L1 gelingt es Tumorzellen, im Rahmen der Immunevasion gegenüber T-Lymphozyten eine immunologische Toleranz zu induzieren. Diese Toleranzinduktion wird durch das Transmembranprotein PD-1-Rezeptor von T-Lymphozyten mediiert. Neben dem PD-1-Rezeptor gibt es zahlreiche andere Immuncheckpoint-Proteine, die die Funktion von T-Lymphozyten beeinflussen. CTLA-4 sowie LAG3 sind Transmembranproteine, die für eine Herabregulation von Proliferation und Differenzierung von T-Lymphozyten verantwortlich sind und in gesunden Menschen eine Homöostase des Immunsystems bedingen [15].
Neue Behandlungsmöglichkeiten
Immuncheckpoint-Inhibitoren
Mit der im Jahr 2011 erfolgten Zulassung des CTLA-4 Inhibitors Ipilimumab, einem intravenös zu verabreichenden humanisierten monoklonalem Antikörper, begann die Revolution in der Therapie des malignen Melanoms (Tabelle 1). Diese Entwicklung wurde fortgesetzt in den Zulassungen der PD-1-Inhibitoren Pembrolizumab und Nivolumab im Jahr 2015. Die bis zu diesem Zeitpunkt eingesetzten ungerichteten Chemotherapien des Melanoms mit nur geringer Wirksamkeit und beträchtlichem Nebenwirkungsprofil erfuhren so ihre weitgehende Ablösung. Die PD-1-Antikörper binden an den inhibierenden PD-1-Rezeptoren der T-Lymphozyten und sorgen so für eine Enthemmung des Immunsystems. Es folgten Zulassungen von weiteren Antikörpern wie Relatlimab gegen den LAG3-Rezeptor in der Behandlung des Melanoms.
Tab. 1: Auswahl an neuen Therapiemöglichkeiten in der Dermatoonkologie: Checkpoint-Inhibition
Für die Behandlung des Merkelzellkarzinoms, einem sehr aggressiven Hauttumor, erfolgte 2017 die Zulassung des Antikörpers Avelumab gegen den PD-Liganden 1 von Tumorzellen. Für die Therapie des Plattenepithelkarzinoms erfolgte 2019 die Zulassung von Cemiplimab, eines weiteren Antikörpers gegen den PD-1-Rezeptor.
Neben der Verfügbarkeit von Antikörpern zur Behandlung von soliden Tumoren, erfolgte 2018 die Zulassung von Mogamulizumab zur Behandlung der Mycosis fungoides und des Sézary-Syndroms. Beide Entitäten zählen zu den primär kutanen T-Zell-Lymphomen. Mogamulizumab bindet an den CCR4-Checkpoint-Rezeptor der T-Lymphozyten und inhibiert diesen. Dadurch wird einerseits die Chemotaxis der Sézary-Zellen in die Haut verhindert, andererseits wird eine antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität induziert. Diese sorgt durch Aktivierung von NK-Zellen zu einer Verkleinerung der Anzahl der Lymphomzellen, an die Mogamulizumab gebunden ist.
Es befinden sich noch zahlreiche andere Antikörper in klinischen Studien. Durch die Wirkweise einer Enthemmung des Immunsystems können allerdings autoimmunologische Nebenwirkungen ausgelöst werden. Dazu gehören neben geringgradigen Nebenwirkungen wie Pruritus oder Exanthemen auch schwerwiegende Nebenwirkungen wie autoimmunologische Enterokolitis, Hypophysitis, Thyreoiditis, Adrenalitis und Pankreatitis [14][15].
BRAF/MEK-Inhibitoren
Neben den Immuncheckpoint-Inhibitoren bildet die Behandlung mit der zielgerichteten Therapie durch BRAF/MEK-Inhibitoren einen wichtigen zweiten Pfeiler der modernen onkologischen Therapie in der Dermatologie (Tabelle 2). Diese Therapie erfolgt oral in Tablettenform, ist allerdings nur wirksam bei BRAF-mutierten Melanomen. Einer der ersten Wirkstoffe dafür war der 2011 zugelassene BRAF-Inhibitor Vemurafenib. Die Monotherapie wies allerdings bei sehr gutem Erstansprechen häufig in der Folge sekundäre Resistenzen auf. Im Jahr 2015 erfolgte die erste Zulassung einer Kombinationstherapie aus BRAF- und MEK-Inhibitoren mit Dabrafenib und Trametinib. Diese Kombinationstherapie konnte die Resistenzentwicklung der BRAF-inhibierenden Monotherapie deutlich reduzieren. Es erfolgt neben der BRAF-Inhibition somit auch stromabwärts eine MEK-Inhibition im MAP-Kinase-Signalweg. Dies behindert die Proliferation von Tumorzellen. Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen das Hautorgan und äußern sich in Pruritus, Erythemen und palmoplantaren Ekzemen. Systemische Nebenwirkungen wie Pyrexien, Fatigue und Kopfschmerzen sind zudem nicht selten [14].
Tab. 2: Auswahl an neuen Therapiemöglichkeiten in der Dermatoonkologie: zielgerichtete Therapie
Diese Entwicklungen der letzten Jahre sind bahnbrechend. Die Behandlung des Melanoms mit Immuncheckpoint-Inhibitoren und zielgerichteter Therapie konnte das rezidivfreie Überleben von Patienten verlängern und die melanomspezifische Sterblichkeit reduzieren. Vor der Einführung der modernen Therapieoptionen ergab sich gemäß einer großen Metaanalyse von 2010 zur adjuvanten Therapie des Melanoms im Stadium II und III mit Interferon alpha eine Risikoreduktion im krankheitsfreien Überleben um 18 % gegenüber den Kontrollgruppen ohne Therapie [9]. Etwas mehr als zehn Jahre später zeigt die KEYNOTE-054-Studie, dass die adjuvante Behandlung mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab beim Melanom im Stadium III zu einer signifikanten Verlängerung des rezidivfreien Überlebens führt (HR 0,57 [98][4%KI0][43–0][74], p < 0,0001) [5]. Sie gibt also eine Risikoreduktion eines Rezidivs von 43 % gegenüber der nicht behandelten Kontrollgruppe an.
Zur statistischen Auswertung des Gesamtüberlebens sind noch längere Beobachtungszeiträume nötig.
Therapie des nicht-melanozytären Hautkrebses
Neben der zielgerichteten Therapie in der Behandlung des Melanoms hat sich auch die zielgerichtete Therapie bei der Behandlung des lokal-fortgeschrittenen oder metastasierten Basalzellkarzinoms etabliert [2]. Die Hedgehog-Inhibitoren Vismodegib und Sonidegib sind seit 2012 respektive 2015 zugelassen. Beide Moleküle inhibieren den G-Protein-gekoppelten Rezeptor SMO, ein Schlüsselprotein im Sonic-Hedgehog-Signalweg. Der beim Basalzellkarzinom aktivierte Sonic-Hedgehog-Signalweg, welcher zur Proliferation und Apoptoseresistenz führt, wird dadurch inhibiert [13].
Nicht nur häufigere Tumore haben Innovationen in der Behandlung zu verzeichnen. Das Dermatofibrosarcoma protuberans zählt zu den dermalen Sarkomen und ist ein sehr seltener Tumor fibroblastischen Ursprungs, dennoch das häufigste kutane Sarkom. Bei 80–90 % dieser Tumore findet sich eine Chromosomentranslokation t(17;22). Die resultierende Genfusion aus dem COL1A1- und PDGFB-Gen führt hierbei zu einer konstitutiven Aktivierung des PDGFB-Signalweges und damit zu einem pathologischen Wachstumsstimulus. Der PDGFB-Rezeptor ist ein Transmembranrezeptor mit Tyrosinkinaseaktivität, welcher das Zellwachstum, die Zellproliferation und die Zellmigration beeinflusst. 2011 erfolgte die Zulassung von Imatinib für die zielgerichtete Systemtherapie bei nicht resezierbarem primären, rezidivierendem und metastasierendem Dermatofibrosarcoma protuberans [3][8]. Imatinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor und hemmt die heraufregulierte Aktivität des PDGFB-Rezeptors, was zu einer Tumorverkleinerung, in der Regel nicht jedoch zu einer kompletten Remission führt [6]. Es wird somit in der Regel in einem neoadjuvanten Setting die Größe des nötigen Operationsfeldes deutlich verkleinert.
Zukunftsaussichten
Mit dem wachsenden Verständnis in der Onkologie ergeben sich zahlreiche neue pharmakologische Möglichkeiten, Tumore zu behandeln. Neben der Weiterentwicklung der bereits etablierten zielgerichteten Therapie sowie der Immuncheckpoint-Inhibition zeigen Studien die Aussicht auf weitere Therapieoptionen. Darunter fällt unter anderem die personalisierte Immuntherapie. Unter personalisierter Immuntherapie versteht man die Gewinnung von tumorinfiltrierenden Lymphozyten aus reseziertem Tumorgewebe. Diese Lymphozyten werden in vitro unter anderem mit Interleukin 2 stimuliert und dem Organismus des Patienten wieder zugeführt.
Ein weiterer Therapieansatz sind mRNA-Peptidvakzine. Dabei gibt es vorgefertigte mRNA-Impfstoffe, welche für bestimmte tumorspezifische Antigene kodieren und immunisieren. Der Tumor muss zur Wirkung dieser Vakzine diese Antigene exprimieren. In einer anderen Studie werden individualisierte mRNA-Vakzine erprobt. Dabei werden vorher die Antigene eines Tumors identifiziert und der mRNA-Impfstoff auf die vorherrschenden Antigene individuell hergestellt. Dieses Verfahren wird iNeST genannt.
Der Einsatz von intraläsional applizierten onkolytischen Viren in Kombination mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor Nivolumab zeigte in einer Studie gute Effekte in der Behandlung von Melanomen, die zuvor ungenügend auf eine Monotherapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor angesprochen haben. Bei diesem onkolytischen Virus handelt es sich um ein genetisch verändertes Herpes-simplex-Virus Typ 1, welches Tumorzellen infiziert und zerstört und somit zu einer verstärkten Immunantwort führt [10].
Die Dermatoonkologie zeigt in den letzten Jahren vielversprechende, teils revolutionäre und zahlreiche neue Therapieansätze. Diese sind in ihren gezielten Wirkmechanismen und schon jetzt signifikant besseren Outcome für Patienten den bisherigen traditionellen Behandlungsmöglichkeiten weit überlegen. Das Innovationsbestreben in der Onkologie ist groß und somit sind vielleicht Erkrankungen, die vor 10 Jahren mit einer infausten Prognose einhergingen, bald heilbar.
Literatur
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- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: S2k-Leitlinie Basalzellkarzinom der Haut Aktualisierung 2017/18. , letzter Aufruf 18. Oktober 2023. mehr lesen
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Bilder: Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Klinik III
Manuskriptdaten
Zitierweise
Jordan A, Uhlmann T, Vandersee S: Fortschritte in der Dermatoonkologie. WMM 2023; 67(12): 458-463.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-229
Für die Verfasser
Oberstabsarzt Atakan Jordan, M.Sc.
Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Klinik III – Dermatologie, Venerologie, Allergologie
Scharnhorststraße 13, 10115 Berlin
E-Mail: atakanjordan@bundeswehr.org
Manuscript Data
Citation
Jordan A, Uhlmann T, Vandersee S: [Advances in dermato-oncology]. WMM 2023; 67(12): 458-463.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-229
For the Authors
Major (MC) Atakan Jordan, MD, M.Sc.
Bundeswehr Hospital Berlin
Department III – Dermatology, Venerology, Allergology
Scharnhorststraße 13, D-10115 Berlin
E-Mail: atakanjordan@bundeswehr.org