Wehrmedizinische Monatsschrift

  • Archiv
  • Kontakt
  • Archiv
  • Kontakt

Suchergebnis
Links
Rechts
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Editorial
Maritime Medizin
Rückkehr in den aktiven Taucherdienst nach durchgemachter Infektion mit SARS-CoV-2



Maritime Medizin
Schlaf ist eine Waffe – Erprobung und Evaluierung circadianer Seewachsysteme zur Reduzierung von Ermüdung für die Deutsche Marine




Maritime Medizin
Die medizinische Versorgung auf Handelsschiffen unter deutscher Flagge


Maritime Medizin
Entwicklung von Algorithmen zur intensivmedizinischen Langzeitversorgung in See – Prolonged Field Care on Sea:​ Beyond the “Golden Hour”

Maritime Medizin
Trinkwasserhygiene an Bord – gewinnen Vibrio-Spezies zukünftig an Bedeutung?




Maritime Medizin
Einfluss der technischen Einstellung von Frischwassererzeugeranlagen auf die Trinkwasserqualität bei der Aufbereitung von Meerwasser



Maritime Medizin
Das Schiffslazarett der Zukunft



Maritime Medizin
Digitales Beschwerde- und Meinungsmanagement im Marinesanitätsdienst


Aus dem Sanitätsdienst
Die Arbeitsgemeinschaft Maritimes des Deutschen SanOA e.​ V.​

Aus dem Sanitätsdienst
Zum 85.​ Geburtstag
Aus dem Sanitätsdienst
Zum 70.​ Geburtstag
Aus dem Sanitätsdienst
VERLEIHUNG des Bundesverdienstkreuzes am Bande an Frau Dr.​ h.​c.​ Ramona Schumacher
Aus dem Sanitätsdienst
Habilitation Priv.​-Doz.​ Dr.​ Ulrich Wesemann
Aus dem Sanitätsdienst
Oberfeldarzt Priv.​-Doz.​ Dr.​ Christian Beltzer erhält die Venia Legendi für das Fachgebiet Chirurgie an der Universität Ulm
Mitteilungen der DGWMP e.​ V.​
Geburtstage Oktober/​November 2022
Aus der Redaktion
Zum Wechsel in der Chefredaktion
Maritime Medizin PDF

Die medizinische Versorgung auf Handelsschiffen unter deutscher Flagge

Medical Treatment on Merchant Ships under German flag

Philipp Langenbucha, Jörg Abela, Christian Bubenzera

Zusammenfassung

Bei Unfällen mit Verletzten oder Erkrankungen an Bord von Handelsschiffen müssen im Normalfall Seeleute die medizinische Erstbehandlung übernehmen. Nur auf den wenigsten Kauffahrteischiffen fahren Schiffsärzte mit. Für die Handelsschifffahrt unter deutscher Flagge hat der Seeärztliche Dienst der Berufsgenossenschaft Verkehr ein aufeinander abgestimmtes System zur medizinischen Versorgung an Bord etabliert. Die einzelnen Komponenten Seediensttauglichkeit, medizinische Aus- und Fortbildung, medizinische Ausstattung, funkärztliche Beratung und ein speziell für die Besatzungen von Handelsschiffen konzipiertes medizinisches Handbuch stellen eine gute medizinische Versorgung an Bord sicher.

Schlüsselwörter: Seediensttauglichkeit, Stand der medizinischen Erkenntnisse, Medizinisches Handbuch See, Handelsschiffe, Deutsche Flagge

Summary

When illnesses or accidents with personal injury occur aboard merchant ships, seafarers have to take over the initial medical treatment. Only very few merchant ships are crewed with a ships’ doctor. For merchant shipping under the German flag, the Maritime Medical Service of BG Verkehr has established a coordinated system ensuring appropriate and good medical care aboard. For this, the following components are implemented: Medical fitness examination on seafarers, medical education and training, medical equipment, radio medical advice and a medical handbook specially designed for the crews of merchant ships.

Keywords: Medical Fitness Certificate, State Of Medical Knowledge, Maritime Medical Handbook, Merchant Vessels, German Flag

Einleitung

Notfall auf See, mitten im Arabischen Meer: Im Maschinenraum eines Tankers kommt es zu einem plötzlichen Dampfaustritt aus einem Dampfverteiler. Ein 29-jähriges Besatzungsmitglied erleidet Verbrühungen des Rumpfes, des linken Armes und an den Vorderseiten beider Beine. Bei einem vergleichbaren Unfall an Land würde durch den Disponenten ein Notarzt alarmiert, der in Deutschland innerhalb einer durchschnittlichen Hilfsfrist von 10 Minuten am Unfallort eintreffen würde. Im vorliegenden Fall war der Tanker 540 Seemeilen (ca. 1 000 km) vom Zielhafen Salala im Oman entfernt, was einer Fahrzeit von zwei Tagen entspricht.

Dieser Fall macht deutlich: Die medizinische Versorgung an Bord von Handelsschiffen unterscheidet sich grundlegend von der auf Marineschiffen. Auf Kauffahrteischiffen sind bis auf wenige Ausnahmen (unter anderem auf der „Polarstern“ und anderen größeren Forschungs- und Offshore-Errichterschiffen) keine Schiffsärzte an Bord. Schiffsärzte sind auf deutschflaggigen Handelsschiffen erst bei einer Fahrtdauer von mehr als drei Tagen und mindestens 100 Personen an Bord gesetzlich vorgeschrieben [1][§6]. Eine schnelle medizinische Hilfe von Land aus scheitert in den meisten Fällen am begrenzten Einsatzradius der professionellen Helfer: Rettungshubschrauber können, soweit überhaupt verfügbar, nur in einer Entfernung von rund 150 Seemeilen (ca. 280 km) von der Küste aus eingesetzt werden, und auch Rettungskreuzer sind für den küstennahen Einsatz konzipiert. Je nach Fahrtgebiet eines Seeschiffes ist auch das Anlaufen des nächstgelegenen Hafens zur Versorgung einer verletzten oder erkrankten Person keine Option, denn nicht in allen Teilen der Welt ist eine ausreichende medizinische Infrastruktur vorhanden.

Im vorliegenden Notfall im Arabischen Meer wären Häfen im Jemen und in Somalia zwar geographisch am nächsten gelegen, jedoch für eine medizinische Versorgung einer ausgedehnten Verbrühung ungeeignet. Der ursprüngliche Zielhafen Salala wurde so zum Nothafen. Die Schiffsbesatzung war bis dahin bei der Versorgung des verbrühten Seemanns auf sich allein gestellt – zwei Tage lang.

Deutsche Flagge mit optimalem System der medizinischen Versorgung an Bord

Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit für die medizinische Behandlung an Bord von Handelsschiffen unter deutscher Flagge dem Kapitän übertragen [3][§109Abs.1S.1]. In einem Land wie Deutschland, das für medizinische Assistenzberufe normalerweise eine weitgehende Einschränkung der therapeutischen Tätigkeit vorsieht, ist dies den besonderen Gegebenheiten auf See geschuldet.

Auf größeren Seeschiffen überträgt der Kapitän die Zuständigkeit für die medizinische Versorgung üblicherweise dem Zweiten Schiffsoffizier, dessen medizinische Ausbildung während des nautischen Studiums meist erst relativ kurz zurückliegt. Die Verantwortung bleibt jedoch beim Kapitän.

Kapitäne und nautische Offiziere haben in der Regel keinen erlernten medizinischen Beruf. Ihre medizinische Ausbildung beschränkt sich auf vier Wochen während des nautischen Studiums und auf die nachfolgenden medizinischen Wiederholungslehrgänge in 5-Jahres-Intervallen. Eine Routine bei medizinischen (Notfall-) Maßnahmen kann von ihnen deshalb nicht erwartet werden. Psychologisch erschwerend kommt hinzu, dass sie die Patienten an Bord – ihre Crew-Kollegen – meist persönlich kennen.

Um dieser Zielgruppe eine adäquate medizinische Behandlung zu ermöglichen, hat sich in Deutschland ein aufeinander abgestimmtes, aufeinander aufbauendes System zur medizinischen Versorgung an Bord etabliert. Es umfasst die Seediensttauglichkeit, die medizinische Aus- und Fortbildung, die medizinische Ausstattung von Handelsschiffen, die funkärztliche Beratung sowie ein speziell für die Schifffahrt konzipiertes medizinisches Handbuch. Dieses System ist für Handelsschiffe unter deutscher Flagge gesetzlich vorgeschrieben – und gilt damit nur für rund 8 Prozent der deutschen Handelsflotte im internationalen Seeverkehr, da die anderen Seeschiffe ausgeflaggt fahren [2].

Die Seediensttauglichkeit

Alle Besatzungsmitglieder von Handelsschiffen müssen mindestens alle zwei Jahre durch ein Seediensttauglichkeitszeugnis nachweisen, dass sie für die von ihnen zu verrichtende Tätigkeit auf See geeignet sind [3][§11]. Mit den auch international vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen sollen von vornherein Erkrankungen ausgeschlossen werden, die zu einer Behandlungsbedürftigkeit an Bord führen könnten. In Deutschland werden Seediensttauglichkeitsuntersuchungen ausschließlich von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt, die vom Seeärztlichen Dienst der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr) dafür zugelassen sind. Für die Zulassung müssen besondere Qualifikationen vorliegen. Voraussetzungen sind u. a. eine Facharztqualifikation für Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Arbeitsmedizin, Chirurgie oder Innere Medizin sowie eine mindestens vierwöchige praktische Erfahrung auf einem Seeschiff [4][§9]. Vergleichbare internationale Standards gibt es nicht.

Darüber hinaus müssen die zugelassenen Ärzte regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen des Seeärztlichen Dienstes teilnehmen, auf denen über Neuerungen informiert und bestehendes Wissen aufgefrischt wird.

Bei Gesundheitsstörungen erfolgt die Beurteilung der Seediensttauglichkeit anhand einheitlich festgelegter Kriterien, die durch die International Labour Organization (ILO) und International Maritime Organization (IMO) als „Guidelines on the Medical Examinations of Seafarers“ erarbeitet wurden. Diese Kriterien flossen 2014 in die deutsche Gesetzgebung ein und bilden eine einheitliche und transparente Grundlage für die Beurteilung durch die zugelassenen Ärzte [4][Anlg.1].

Alle deutschen Seediensttauglichkeitsuntersuchungen werden im Seediensttauglichkeitsverzeichnis erfasst [3][§19]. Mit dieser Datenbank wird unter anderem das sogenannte „Ärztehopping“ verhindert: In der Vergangenheit wurden in einzelnen Fällen Seeleute bei verschiedenen Ärzten vorstellig, nachdem bei der ersten Untersuchung die Untauglichkeit festgestellt wurde – in der Hoffnung, woanders das Tauglichkeitszeugnis doch noch ausgehändigt zu bekommen. Heutzutage muss ein Arzt vor jeder Untersuchung im Seediensttauglichkeitsverzeichnis nachschauen, ob ein Sperrvermerk eingetragen ist. Darüber hinaus erleichtert das Seediensttauglichkeitsverzeichnis den Flaggenstaatsinspektoren, die Echtheit von Zeugnissen zu überprüfen und Fälschungen zu erkennen.

Im vergangenen Jahr untersuchten die 65 zugelassenen Ärzte (davon Auslandszulassungen in Tarawa/Kiribati, Manila/Philippinen, Odessa/Ukraine, Gdynia/Polen und Mallorca/Spanien) insgesamt 12 772 Seeleute. In 180 Fällen (1,4 %) musste Seedienstuntauglichkeit festgestellt werden. Die häufigsten Gründe hierfür waren Übergewicht (16 %), ungenügendes Sehvermögen (14 %), psychiatrische Erkrankungen (13 %), Herz-/Kreislauferkrankungen (8 %), ungenügendes Farbunterscheidungsvermögen (7 %), Erkrankungen des Bewegungsapparates (6 %) sowie Drogenmissbrauch (5 %). Chronischer Alkoholmissbrauch spielt in der Handelsschifffahrt mit nur 3 % eine untergeordnete Rolle als Grund für Seedienstuntauglichkeit.

Die medizinische Aus- und Fortbildung

Nautische Schiffsoffiziere erhalten in Deutschland während ihrer Ausbildung an den Seefahrtschulen eine medizinische Grundausbildung. In 80 Unterrichtsstunden wird ihnen alles Wesentliche über die medizinische Versorgung auf See beigebracht. Das hierbei erlernte medizinische Basiswissen muss alle fünf Jahre durch einen medizinischen Wiederholungslehrgang, der je nach Fahrtgebiet 40 oder 16 Stunden umfasst, aufgefrischt werden [3][§109Abs.1S.3u.4]. Den Schwerpunkt der Ausbildung bildet die Vermittlung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen, wie z. B. die stabile Seitenlage oder die Herzdruckmassage, die ohne Rückfrage beim funkärztlichen Beratungsdienst oder einen Blick in das Medizinische Handbuch See beherrscht werden sollten. Außerdem werden in den Lehrgängen Behandlungsmaßnahmen vermittelt, die für die Durchführung durch medizinische Laien teilweise sehr weitreichend sind – etwa das Legen eines Harnblasenkatheters, das Anlegen einer Infusion oder das Reponieren einer Gelenkluxation.

Durch die Festlegung einheitlicher Lehrgangsinhalte [4][Anlg.4] und das Medizinische Handbuch See als Lehrbuch sowie eine laufende Evaluation aller Lehrgänge durch den Seeärztlichen Dienst wird in Deutschland eine hohe Qualität der medizinischen Ausbildung für nautische Schiffsoffiziere sichergestellt.

Die medizinische Ausstattung an Bord

Für Handelsschiffe unter deutscher Flagge besteht bereits seit 1905 eine Ausstattungspflicht für Arznei- und Hilfsmittel. Der Umfang richtet sich nach der Anzahl der Personen an Bord, dem Fahrtgebiet und danach, ob ein Schiffsarzt an Bord ist oder nicht. Seit 2013 legt der „Ausschuss für die medizinische Ausstattung in der Seeschifffahrt“ den Umfang der medizinischen Ausstattung fest [3][§108]. Den Vorsitz des Ausschusses hat eine Vertreterin oder ein Vertreter des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, die Geschäftsführung liegt beim Seeärztlichen Dienst der BG Verkehr. Im Ausschuss vertreten sind Experten der Maritimen Medizin und der Pharmakologie sowie Nautiker und Juristen. Der unabhängige Fachausschuss kann schnell auf aktuelle medizinische Entwicklungen reagieren.

Die Beschlüsse des Ausschusses für die medizinische Ausstattung sind mit den Inhalten des „Medizinischen Handbuch See“ abgestimmt und werden mindestens einmal jährlich im Bundesanzeiger und auf der Homepage www.deutsche-flagge.de als „Stand der medizinischen Erkenntnisse“ veröffentlicht. Sie sind für die Ausstattung von Handelsschiffen unter deutscher Flagge bindend (Abb. 1 und 2). Zur Vereinfachung der Handhabe sind der Aufbau und Stauplan des Apothekenschrankes vorgeschrieben. Die Medikamente und Hilfsmittel sind außerdem nach Indikation fortlaufend nummeriert. Dies ermöglicht dem verantwortlichen Offizier, sich auch beim Wechsel auf ein anderes Schiff schnell zurechtzufinden.

Abb. 1: Aufbau und Stauplan des Apothekenschrankes

Abb. 2: Vorgeschriebene Ausstattung: Notfalltasche mit Notfallkarten

Das Medizinische Handbuch See

Das vom Seeärztlichen Dienst der BG Verkehr herausgegebene Medizinische Handbuch See ist sowohl das Lehrbuch für die medizinische Ausbildung der Schiffsoffiziere als auch der wichtigste medizinische Ratgeber auf See [6]. Es gliedert sich in die vier Kapitel „Notfälle“, „Behandlungsmaßnahmen“, „Krankheitslehre“ und „Gesundheitsschutz an Bord“. Der Inhalt wurde passgenau mit den Lehrgangsinhalten abgestimmt und berücksichtigt außerdem die medizinische Ausstattung an Bord. Bei der Konzeption wurde besonderes Augenmerk auf die Bordbezogenheit des Inhaltes und die Zielgruppe „medizinische Laien“ gelegt. So werden keinerlei medizinische Kenntnisse vorausgesetzt und keine medizinischen Fachausdrücke verwendet. Der Inhalt konzentriert sich auf das Wesentliche von Diagnostik und Behandlung. Eine übersichtliche Systematik mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen sowie über 250 didaktisch aufbereitete Grafiken und Bilder erleichtern den nautischen Offizieren die Anwendung. Über QR-Codes können außerdem aktuelle Formulare und animierte Filme über Behandlungsmaßnahmen abgerufen werden. Bei der Konzeption des Buchs hat der Seeärztliche Dienst berücksichtigt, dass nicht jedes Symptom durch medizinische Laien beurteilt und nicht jede Behandlung für medizinische Laien durchführbar oder zumutbar ist. Das Medizinische Handbuch See gehört zur Ausstattungspflicht von unter deutscher Flagge fahrenden Handelsschiffen.

Zur Ergänzung des umfangreichen Handbuches hat der Seeärztliche Dienst der BG Verkehr Notfallkarten entwickelt, um die Rettungskette zwischen Notfallort und Bordhospital zu schließen – denn im medizinischen Notfall sind die ersten Minuten entscheidend. Die 22 Notfallkarten enthalten dringende Sofortmaßnahmen, sind in der vorgeschriebenen Notfalltasche aufzubewahren und mit deren Inhalt abgestimmt.

Die funkärztliche Beratung

Ein wichtiger Baustein in der medizinischen Betreuung an Bord von Schiffen ohne Schiffsarzt ist die funkärztliche Beratung. Das Krankenhaus Cuxhaven (jetzt: Helios Klinik) stellt seit 1931 den funkärztlichen Beratungsdienst in Deutschland. Die Betreuung wird im 24-Stunden-Betrieb durch Fachärztinnen und Fachärzte des Krankenhauses sichergestellt. Diese funkärztlichen Berater kennen die Besonderheiten der Seeschifffahrt. Sie können beispielsweise die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten in den nächstgelegenen Häfen und die Fahrzeit dorthin unter Berücksichtigung von Strömung, Wind, Wellengang und der Geschwindigkeit des Schiffs einschätzen. Der Bund trägt die Kosten des funkärztlichen Beratungsdienstes. Der Seeärztliche Dienst der BG Verkehr ist für den funkärztlichen Beratungsdienst gesetzlich zuständig [5][§1Nr.7ai.V.§6Abs.1S.1)] und hat die praktische Durchführung auf die Helios Klinik Cuxhaven übertragen. Durch eine regelmäßige Evaluation stellt der Seeärztliche Dienst die hohe Qualität der funkärztlichen Beratung sicher.

Kehren wir zurück zu dem anfangs beschriebenen Unfall auf dem Tanker im Arabischen Meer. Dank seiner medizinischen Grundausbildung verfügt der behandelnde Offizier über Kenntnisse der Sofortmaßnahmen bei Verbrennungen/Verbrühungen (Abb. 3). Die Abschätzung der Ausdehnung und Tiefe der Verbrühungen sowie weitere therapeutische Maßnahmen – etwa das Anlegen einer Infusion und das Legen eines Harnblasenkatheters – entnimmt er dem Medizinischen Handbuch See. Hierbei wird der Offizier jederzeit von der funkärztlichen Beratung Cuxhaven durch eine fachärztliche Beratung unter Berücksichtigung der maritimspezifischen Gegebenheiten unterstützt. Dies schließt Hinweise zur Gabe der an Bord befindlichen Medikamente und dem Gebrauch der Hilfsmittel ein.

Abb. 3: Grafik Medizinisches Handbuch See: Verbrennungsgrade (Alle Bilder: © Seeärztlicher Dienst)

Fazit

Die Abstimmung der einzelnen Komponenten Seediensttauglichkeit, Aus- und Fortbildung, medizinische Ausstattung, funkärztliche Beratung und die Herausgabe des Medizinischen Handbuchs See liegen in der Verantwortung des Seeärztlichen Dienstes der BG Verkehr. Hierdurch konnte ein vernetztes und aufeinander aufbauendes Gesamtsystem geschaffen werden, welches die bestmögliche Versorgung der Seeleute an Bord von deutschflaggigen Handelsschiffen gewährleistet – und das in dieser Form weltweit bisher einzigartig ist.

Literatur

  1. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Schiffsbesetzungsverordnung. Schiffsbesetzungsverordnung vom 18. Juli 2013 (BGBl. I S. 2575), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1849). mehr lesen
  2. Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: Statistik der deutschen Handelsflotte ab BRZ 100, Stand: 31. April 2022. , letzter Aufruf 29. Juli 2022. mehr lesen
  3. Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Seearbeitsgesetz vom 20. April 2013, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1174). mehr lesen
  4. Verordnung über maritime medizinische Anforderungen auf Kauffahrteischiffen (Maritime-Medizin-Verordnung - MariMedV) vom 14. August 2014, zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 12. Mai 2022 (BGBl. I S. 777). mehr lesen
  5. Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt (Seeaufgabengesetz - SeeAufgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 2016 (BGBl. I S. 1489), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 19. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4717). mehr lesen
  6. Langenbuch Ph, Ewen A, Tülsner J: Medizinisches Handbuch See. Hamburg: Dingwort Verlag 2019

Manuskriptdaten

Zitierweise

Langenbuch P, Abel J, Bubenzer C: Die medizinische Versorgung auf Handelsschiffen unter deutscher Flagge. WMM 2022; 66(9-10): 329-332.

Für die Verfasser

Dr. med. Philipp Langenbuch

Leiter Seeärztlicher Dienst der BG Verkehr

Brandstwiete 1, 20457 Hamburg

E-Mail: philipp.langenbuch@bg-verkehr.de

Manuscript Data

Citation

Langenbuch P, Abel J, Bubenzer C: Medical Treatment on Merchant Ships under German flag. WMM 2022; 66(9-10): 329-332.

For the Authors

Dr. med. Philipp Langenbuc

Transportation Employers' Liabilty Compulsory Insurance

Maritime Medical Service

Brandstwiete 1, 20457 Hamburg

E-Mail: philipp.langenbuch@bg-verkehr.de

a Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr), Seeärztlicher Dienst, Hamburg

Zeitschriften
Wehrmedizinische Monatsschrift – Impressum/Datenschutz

Redaktion: Generalarzt a. D. Prof. Dr. med. Horst Peter Becker, MBA, Scharnhorststr. 4b, D-10115 Berlin, Mobil +49 171 215 0901, E-Mail: hpbecker@beta-publishing.com 

Herausgeber: Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Auftrag des Inspekteurs/der Inspekteurin des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Von-Kuhl-Straße 50, 56070 Koblenz, Telefon: +49 261 896 13210, E-Mail: pizsanitaetsdienst@bundeswehr.org

Wissenschaftliche Beratung: Die Begutachtung von Original- und Übersichtsarbeiten sowie Kasuistiken im Rahmen des Peer-Review-Verfahrens erfolgt durch in dem Fachgebiet des jeweiligen Beitrags wissenschaftlich ausgewiesene Expertinnen und/oder Experten, die – dem Einzelfall entsprechend – in Abstimmung zwischen Redaktion und Herausgeber ausgewählt und beauftragt werden.

Verlag: Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim, Telefon +49 2225 8889–0, E-Mail: info@cpm-verlag.de; Geschäftsleitung: Tobias Ehlke; Objektleitung: Peter Geschwill; Produktionsleitung: Thorsten Menzel.

Druckversion: Druckvorstufe: PIC Crossmedia GmbH, Hitdorfer Straße 10, 40764 Langenfeld, E-Mail: info@pic-crossmedia.de; Druck: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), Zentraldruckerei Köln/Bonn.

Online-Version (E-Paper): Erstellung mit PIC MediaServer, PIC Crossmedia GmbH, Langenfeld; E-Paper und Autorenhinweise sind unter www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de und www.wehrmed.de aufrufbar.

Rechtliche Hinweise: Die Zeitschrift (Druckversion und E-Paper) und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind in allen Publikationsformen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dieses gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Alle namentlich gezeichneten Beiträge – soweit sie nicht ausdrücklich mit einem * gekennzeichnet sind – geben die persönlichen Ansichten der Verfasserin, des Verfassers oder der Verfasser wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt den Auffassungen der Redaktion oder des Herausgebers. Manuskriptsendungen an die Redaktion erbeten. Erscheinungsweise mindestens achtmal im Jahr.
Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. Sanitätsoffiziere der Bundeswehr, die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. sind, erhalten die „Wehrmedizinische Monatsschrift“ über ihre Dienststellen.

Datenschutz: Es gelten die Datenschutzbestimmungen der Beta Verlag & Marketing GmbH, abrufbar unter https://www.beta-publishing.com/datenschutz.