Plötzlicher Herztod beim Sport: Evidenz und Rationale im Rahmen der Begutachtung
Sudden Cardiac Death during Exercise: Evidence and Rationale within the Context of Medical Assessment
Thomas Okona, Rainer Sedlaczekb, Martina Grunwaldc, Roland Vogld
a Sanitätszentrum Oberviechtach
b Facharztzentrum Kümmersbruck
c Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr, Abteilung C, Warendorf
d Sanitätsversorgungszentrum Kümmersbruck
Zusammenfassung
Der sportassoziierte, plötzliche Herztod wird definiert als ein Herz-Kreislauf-Stillstand einschließlich einer notwendigen Reanimation oder Defibrillation direkt, während oder kurz nach einer sportlichen Aktivität (innerhalb 1 h nach Beendigung). Dieses Ereignis kann jedoch nicht nur Hochleistungssportler betreffen, sondern kann bei jedem Sporttreibenden, so auch bei Soldatinnen und Soldaten auftreten.
Der sportassoziierte plötzliche Herztod ist selten, mit einer Inzidenz von etwa 2 Ereignissen pro 100 000 Athletenjahre. Die Ursachen variieren: Vor dem 35. Lebensjahr sind vorwiegend Kardiomyopathien führend, nach dem 35. Lebensjahr dominiert die koronare Herzerkrankung. Die Identifikation von Personen mit unentdeckten kardiovaskulären Erkrankungen durch ein Screening zur Reduzierung solcher Ereignisse ist nicht unumstritten. Studien zeigen sowohl eine reduzierte Inzidenz von sportassoziierten plötzlichen Herztoden nach Screening-Untersuchungen, aber auch eine fehlende Detektierbarkeit von Patienten mit zugrunde liegenden Erkrankungen. Die Bundeswehr führt aktuell allerdings obligate Regelbegutachtungen durch, sodass durch diese Rahmenlage die Indikationsstellung klar geregelt ist. So besteht innerhalb der Streitkräfte aktuell die Möglichkeit, durch eine gut durchgeführte Begutachtung, einschließlich Anamnese, Sportanamnese, klinischer Untersuchung, Ruhe-EKG und ggf. Belastungs-EKG, das Risiko für das seltene, aber tragische Auftreten eines sportassoziierten, plötzlichen Herztodes zu minimieren.
Schlüsselwörter: Sportassoziierter plötzlicher Herztod, Begutachtung, Screening, Streitkräfte, EKG
Summary
Sports-associated sudden cardiac death is defined as a cardiovascular arrest requiring resuscitation or defibrillation directly during or shortly after physical activity. This event can occur not only in elite athletes but also in any individual engaged in sports, including military personnel. Sports-associated sudden cardiac death is rare, with an incidence of approximately 2 events per 100,000 athlete-years. The causes vary: prior to an age of 35, cardiomyopathies are predominantly implicated, while coronary heart disease becomes more prevalent after the age of 35. The identification of individuals with undetected cardiovascular diseases through screening to reduce such events is a topic of debate. Studies show both a reduced incidence of sports-associated sudden cardiac deaths after screening examinations and a lack of detectability of patients with these underlying conditions. However, the current practice within the Bundeswehr involves mandatory periodic medical assessments, providing clear guidelines for indication. Thus, among German military personnel , there is currently an opportunity to minimize the risk of the rare but tragic occurrence of sports-associated sudden cardiac death through well-conducted assessments, including medical history, sports history, clinical examination, resting electrocardiogram (ECG), and, if necessary, stress ECG.
Keywords: sports-related sudden cardiac arrest; assessment; screening; armed forces; ECG
Einleitung
Ein Ereignis wie der Herz-Kreislauf-Kollaps des dänischen Nationalspielers Sven Eriksen zur Fußball-Europameisterschaft 2021 führen die immanent bestehende Gefahr des sportassoziierten, plötzlichen Herztodes drastisch vor Augen. Es spiegelt die Tragik eines akut eintretenden, lebensbedrohlichen Geschehens bei vermeintlich gesunden (Spitzen-)Sportlern wider. Letztlich kann ein solches Ereignis aber auch bei jeder Sport treibenden Person auftreten [10]. Ziel dieses Artikels soll es sein, neben einem kurzen Überblick über die Erkrankung und deren Häufigkeit, eine selektive Literaturübersicht über relevante Studien zu geben und die wehrmedizinische Relevanz, insbesondere unter Anbetracht der militärischen Gegebenheiten und Besonderheiten herauszuarbeiten.
Hintergrund
Der plötzliche Herztod beim Sport (sudden cardiac death; nach neueren Veröffentlichungen „sports-related sudden cardiac arrest“, der Lesbarkeit halber wird im Artikel der deutsche Terminus des plötzlichen Herztodes beibehalten) wird definiert über einen Herz-Kreislauf-Stillstand einschließlich einer notwendigen Reanimation oder Defibrillation direkt, während oder auch kurz nach einer sportlichen Aktivität (innerhalb 1 h nach Beendigung) [1][2].
Erfreulicherweise ist der sportassoziierte plötzliche Herztod ein eher seltenes Ereignis [17]. Die Inzidenz schwankt um die 2 Ereignisse pro 100 000 Athletenjahre, wobei hier die unterschiedlichen Bezugsgrößen und Kohorten eine präzise Angabe nicht zulassen. Die in der Literatur zu findenden unterschiedlichen Häufigkeiten begründen sich in der Art der Erhebung der Daten, die nicht international einheitlich ist (verstorben, überlebt, Zeitpunkt des Ereignisses, etc.) [1][6].
Vor dem 35. Lebensjahr werden Kardiomyopathien (bspw. die hypertrophe Kardiomyopathie) einschließlich Myokarditiden, Ionenkanalerkrankungen (bspw. Long QT-Syndrom), kongenital veränderte Anlagen der Koronararterien und Klappenerkrankungen als ursächlich beschrieben [6]. Nach dem 35. Lebensjahr verschieben sich die Häufigkeiten hin zur koronaren Herzerkrankung als Ursache (Abbildung 1) [14]. Erwähnenswert ist hierbei, dass in einer Studie nachgewiesen werden konnte, dass sich bei über 90 % der an einer KHK Erkrankten unter 50 Jahren eine Erstmanifestation als plötzlicher Herztod (nicht sportassoziiert) offenbarte [20].
Abb. 1: Ursachen des sportassoziierten plötzlichen Herztodes
Aufgrund mehrerer Faktoren lässt sich so zusammenführend und plausibel darlegen, weshalb der sportassoziierte plötzliche Herztod auch wehrmedizinisch relevant ist:
- Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr werden älter, was demnach das Auftreten einer KHK rein statistisch wahrscheinlicher macht [7]. Ebenso scheinen die Risikofaktoren für das Auftreten einer KHK in den Streitkräften zuzunehmen [8][18].
- Alle Soldatinnen und Soldaten sind aufgrund der Dienstvorschrift A1–224/0–1 (Stand 11/2017; Nr. 304.: „Allgemeine Sportausbildung ist regelmäßig und planmäßig mit mindestens 4 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten pro Woche durchzuführen. Dabei ist eine Verteilung der Unterrichtseinheiten auf 3 Trainingseinheiten anzustreben.“) zur sportlichen Aktivität verpflichtet, sodass hier auch Personal in körperlich weniger fordernden Verwendungen in die potenziell risikobehaftete Situation körperlicher Anstrengung kommen kann. Diese Exposition wird bei genauer Betrachtung bei einzelnen Individuen noch einmal gesteigert: Nicht nur Spitzensportler aus der Sportfördergruppe befinden sich in der wehrmedizinischen Behandlung und Begutachtung, sondern zum Teil auch ambitionierte und hochtrainierte Freizeitsportler, welche als Patientinnen und Patienten und zu begutachtende Soldatinnen und Soldaten in den Sanitätseinrichtungen betreut werden.
- In der Literatur findet sich eine interessante Studie von Ekart et al.[4]. Dieser untersuchte alle nicht-traumatischen Tode der US-Streitkräfte zwischen 1977 und 2001 bei Rekrutinnen und Rekruten (insgesamt 6,3 Millionen Dienstleistende zwischen 17 und 35 Jahren). Insgesamt kam es zu 126 Todesfällen, was eine Inzidenz von 13 Todesfällen auf 100 000 Rekrutenjahre ergab. Davon waren 86 % während körperlicher Belastung aufgetreten. Insgesamt 64 der 126 Todesfälle waren auf kardiale Befunde zurückzuführen. Eine weitere Aufschlüsselung, inwieweit die kardialen Pathologien während Belastung auftraten, erfolgte leider nicht [4].
Stellenwert von Screening-Untersuchungen
Ziel sollte es also sein, Personen, welche an bisher unentdeckten kardiovaskulären Erkrankungen leiden, im Sinne einer Screening-Untersuchung, frühzeitig zu identifizieren.
Die Durchführung einer Screening-Untersuchung zur Vermeidung des plötzlichen Herztodes ist aber nicht unumstritten [22]. In einer Studie in Venetien, Italien, konnte gezeigt werden, dass durch die 1982 gesetzlich verpflichtende Einführung eines Screenings für Wettkampfathleten zwischen 12 und 35 Jahren (eingeschlossen Anamnese, körperliche Untersuchung sowie ein EKG) die Anzahl der plötzlichen Herztode von einer Inzidenz von > 4/100 000 Personenjahre ab 1979 auf 0,43/100 000 Personenjahre bis 2004 reduziert werden konnte [2]. Während des Studienzeitraumes wurden nahezu alle Todesfälle autopsiert; es zeigte sich hier ein relevanter Rückgang der Sterblichkeit durch weniger Todesfälle aufgrund von Kardiomyopathien. 24 der 55 verstorbenen, aber gescreenten Athleten hatten mindestens einen auffälligen Befund.
Einschränkend zu dieser beeindruckenden Reduktion sollte allerdings erwähnt werden, dass die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie in dieser Region überproportional häufig vorkommt [5]. Bei der rechtsventrikulären arrhythmogenen Kardiomyopathie sollte die betreffende Person von Leistungssport, hochintensivem Sport und systematischem Training ausgeschlossen werden, sodass es hier aufgrund der erhöhten Inzidenz einer Erkrankung, bei der Wettkampfsport ein sehr hohes Risiko darstellt, zu einem Bias gekommen sein könnte [16][21].
In einer weiteren, hochrangig publizierten Studie werteten Malhotra et al. das Screening-Programm (Anamnese, klinische Untersuchung, EKG sowie Echokardiographie) der englischen Football Association (United Kingdom) zwischen 1996 und 2016 mit über 11 000 Probanden mit einem Durchschnittsalter von ca. 16 Jahren aus [13]. Letztlich kam es im untersuchten Kollektiv zu 8 plötzlichen Herztoden, wovon aber 5 im Vorfeld ein unauffälliges Screeningergebnis aufwiesen. In dieser Studie lagen zwischen dem Zeitpunkt der Untersuchung der Probanden und eingetretenem plötzlichem Herztod allerdings Zeiträume zwischen einem Monat und 13 Jahren, sodass sich Kardiomyopathien auch erst nach dem Screening hätten manifestieren können. Limitierend muss auch erwähnt werden, dass im Rahmen dieses Studiendesigns nicht analysiert werden konnte, wie viele Ereignisse durch das Screening verhindert wurden.
Vorschriftenlage in der Bundeswehr
Erfreulicherweise ist bei der Bundeswehr eine Regelbegutachtung vorgesehen, bislang in Form der allgemeinen Verwendungsuntersuchung auf individuelle Grundfertigkeiten (AVU-IGF), die durch eine neue Überprüfung der Einsatzfähigkeit im Jahr 2025 abgelöst werden soll. Wenngleich hierbei ein EKG oder gar eine Ergometrie nicht mehr zwingend vorgeschrieben sein sollen, ist die Durchführung eines entsprechenden Screenings der Soldatinnen und Soldaten anhand eines Befragungsbogens und eventueller Vorbefunde weiterhin möglich. Somit sind also, unabhängig der wissenschaftlichen Evidenz zur Effektivität einer Screeninguntersuchung zur Verhinderung eines sportassoziierten Herztodes, die Rahmenbedingungen gegeben, ein Screening durchführen zu müssen. Dieses umfasst, neben diverser anderer, möglichen Untersuchungen, federführend die Anamnese, eine klinische Untersuchung und ein Ruhe-EKG.
Interessanterweise sind die (noch) geltenden Empfehlungen in der Weisung zu AVU-IGF zu weiterführender Diagnostik mittels Ergometrie im Ergebnis annähernd deckungsgleich mit den Empfehlungen der S1-Leitlinie zur sportmedizinischen Begutachtung. Dementsprechend heißt es in der Vorschrift A1-831/0-4007 Verwendungsfähigkeit „Individuelle Grundfertigkeiten“, Stand 15. Dezember 2021:
„Bei Vorliegen von mindestens einem bekannten kardiovaskulärem Risikofaktor ist eine Belastungsuntersuchung (Ergometrie) anzubieten. Bei Personen mit bestehenden Symptomen (Belastungsdyspnoe in der Anamnese, Veränderungen im Ruhe-EKG) oder mehr als 2 Risikofaktoren (wobei das Alter ab dem vollendeten 40. Lebensjahr als ein Risikofaktor zu werten ist) ist die Belastungsuntersuchung obligater Bestandteil einer AVU-IGF....“
So führt die S1-Leitlinie „Vorsorgeuntersuchung im Sport“ folgende, für die Bundeswehr relevanten Indikationen (bspw. entfallen Altersgruppen > 65 Jahre) zur Durchführung einer Ergometrie aus [11]:
- in allen Altersgruppen mit Symptomen,
- Männer > 40 Jahre, Frauen > 50 Jahre, wenn mind. 1 Risikofaktor vorliegt, und
- Männer > 40 Jahre, Frauen > 50 Jahre vor intensiven Belastungen.
Zusammenfassend stellt sich bei der Bundeswehr durch die aktuell (noch) geltende Regelbegutachtung die Frage nach der Indikation nicht, sodass eine angemessene Durchführung umso wichtiger erscheint. Inwieweit sich der Umfang (EKG, Belastungs-EKG, etc.) der neuen einsatzbezogenen Regelbegutachtung am Umfang oder Kostenübernahme/Bezuschussung einer sportmedizinischen Untersuchung durch die gesetzlichen Krankenkassen orientieren wird, bleibt abzuwarten.
Neben der allgemeinen Anamnese und Fragen nach Beschwerden kann die Erhebung der Sportanamnese (Umfang, Dauer, Intensität, früherer Leistungssport) sowie zudem die Erfassung der Familienanamnese (Synkopen, kardiale Familienanamnese, plötzlicher (Herz)-Tod in Familie, ungeklärte Verkehrsunfälle, unklare Ertrinkungsunfälle) entscheidende Hinweise liefern.
Bei den in Abbildung 1 dargestellten Ursachen des sportassoziierten Herztodes könnten einige dieser bereits mittels Ruhe-EKG erfasst werden. Jedoch zeigen manche, wenn überhaupt, nur subtile EKG-Veränderungen. Im Vergleich zur o.g. Studie, in der zwischen Eintreten des plötzlichen Herztodes und initialer Screeninguntersuchung bis zu 13 Jahre lagen, kann derzeit innerhalb der Bundeswehr aber auf die aktuell dreijährige Durchführung der Regelbegutachtung zurückgegriffen werden, sodass die Chance besteht, fortschreitende Verläufe, beispielsweise bei Kardiomyopathien, zu erfassen.
Sharma et al. haben federführend ein Konsensusdokument erstellt, welches auftretende EKG-Veränderungen bei Sportlern definiert und zusammenfasst [19]. Eine weiterführende Erläuterung der EKG-Befunde, einschließlich Abklärungsempfehlungen kann der frei zugänglichen Publikation entnommen werden [19]. In einer kleinen Studie von Drezner et al. konnte ergänzend gezeigt werden, dass ein standardisiertes Vorgehen bei der Auswertung, einschließlich der Auswertung, durchgeführt von Kardiologen (n = 10), die Beurteilung von Sportler-EKGs verbesserte [3].
Einschränkend sollte jedoch erwähnt werden, dass der Begriff „Sportler“ nicht einheitlich definiert ist [15]. So ist eine Ruheherzfrequenz von 40 Schlägen pro Minute bei einem Soldaten/einer Soldatin, welcher/welche lediglich 1x/Woche 5 km Laufen geht und 2x/Woche Krafttraining durchführt, anders zu bewerten als bei Trainierenden mit einem Ausdauertrainingsumfang von bspw. 7–8 h/Woche. Auch hier ist die Sportanamnese im Rahmen einer Begutachtung essenziell.
In Abbildung 2 sind die Empfehlungen des Konsensuspapieres dargestellt [19]. EKG-Veränderungen im grünen Bereich können bei asymptomatischen Sportlern als normal gewertet werden, bei zwei oder mehr Veränderungen im gelben Bereich und bei allen Veränderungen im roten Bereich ist eine weitere Abklärung, insbesondere bei symptomatischen Sportlern, dringend zu empfehlen.
Abb. 2: EKG-Kriterien nach Sharma et al.; LVH-Linksventrikuläre Hypertrophie; RVH-Rechtsventrikuläre Hypertrophie; RSB Rechtsschenkelblock, LSB-Linksschenkelblock
In der Ergometrie, sobald indiziert, sollte auf eine Ausbelastung der Athleten geachtet werden [12]. Bestehen hier Zweifel, bspw. aufgrund der Herzfrequenz oder Anmerkung der Soldatinnen und Soldaten, dass eine kardiovaskuläre Ausbelastung aufgrund muskulärer Erschöpfung der Oberschenkelmuskulatur, häufig zu vernehmen auf einem Liegerad, nicht erreicht wurde, sollte die Untersuchung wiederholt werden (z. B. längere Intervalle oder geringere Wattstufen) oder zur weiteren Abklärung an einen Kardiologen überwiesen werden. Zu betonen ist, dass es in der Ergometrie als Vorsorgeleistung nicht um eine zu erreichende Zielleistung geht, sondern um eine Ausbelastung. Auch wenn die Ergometrie zunehmend in den Hintergrund rückt [9], ist sie aufgrund der vorliegenden Weisung bei AVU-IGF zumindest aktuell (nach oben stehenden Indikationen) noch vorgeschrieben, sodass eine weiterführende individuelle Bewertung der Indikation bei einer Regelbegutachtung entfällt.
Fallbeispiel
Im Rahmen der Regelbegutachtung AVU-IGF stellte sich ein sportlich-durchtrainierter 54-jähriger Oberstabsfeldwebel in der Sprechstunde vor. Die letzte Regelbegutachtung erbrachte keine auffälligen Ergebnisse. Die Sportanamnese ergab ein 2x/Woche stattfindendes Ausdauertraining mit moderaten bis geringen Intensitäten, dazu circa 1–3x/Woche stattfindendem Krafttraining mit hochintensiven Elementen (hochintensives Intervalltraining; HIIT). An kardiovaskulären Risikofaktoren fand sich ein aktiver Nikotinabusus (5 Zigaretten/Tag, kumulativ. ca. 5 py), ein HbA1C mit 5,9 % sowie einer medikamentös behandelten Hypercholesterinämie (Atorvastatin 10 mg/d; LDL 106 mg/dl). Der Soldat gab keinerlei Beschwerden an, die Familienanamnese war leer.
Das Ruhe-EKG war unauffällig. Im Rahmen der Begutachtung zeigten sich im durchgeführten Belastungs-EKG (neben einem regelrechten Herzfrequenz-Anstieg,-Abfall und RR-Verlauf) ab 150 W vermehrt monomorphe Couplets. Zudem traten unter Maximallast eine grenzwertig pathologische horizontale ST-Streckensenkung bis 1,6 mV in III sowie minimal aszendierende, nichtsignifikante ST-Streckensenkungen in II (-1 mV) und aVF (-1,4 mV) auf. Während der gesamten Ergometrie war der Patient vollkommen beschwerdefrei. Nach weiterer nicht-invasiver Abklärung erfolgte eine Koronarangiografie, bei der sich eine geringe Arteriosklerose in allen Koronarien zeigte, führend jedoch eine hämodynamisch nicht relevante 20 % ige Hauptstammstenose. Eine Koronarintervention war nicht nötig.
In der Konsequenz ergab sich in der Behandlung die Hinzunahme von ASS 100 mg oral 1xtgl., die Intensivierung der Cholesterintherapie mit dem Ziel eines LDL-Wertes von < 55 mg/dl im Sinne einer Reduktion um 50 %, sowie die dringende Empfehlung zum Nikotinverzicht. Zudem wurden Empfehlungen zum Beginn einer mediterranen Diät bei erhöhtem HbA1C ausgesprochen. Es erfolgen nun jährliche Kontrollen. Wettkampfsport und in diesem Falle hochintensive Belastungen sollten unbedingt vermieden werden.
Fazit
Zusammenfassend ist der sportassoziierte, plötzliche Herztod ein tragisches, da meist aus vermeintlicher Gesundheit heraus eintretend, allerdings erfreulicherweise auch ein seltenes und zumindest potenziell vermeidbares Ereignis. Durch die Regelbegutachtungen in der Bundeswehr, die nun nach AVU-IGF mehr auf den Aspekt der Einsatzfähigkeit fokussiert sein werden, besteht die Möglichkeit,über ein gezieltes Screening zur Minimierung der Inzidenz des sportassoziierten plötzlichen Herztodes beizutragen.
Abb. 3: Links zu weiterführenden Informationen
Literatur
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Manuskriptdaten
Zitierweise
Okon T, Sedlaczek R, Grunwald M, Vogl R: Plötzlicher Herztod beim Sport: Evidenz und Rationale im Rahmen der Begutachtung. WMM 2024; 68(3): 95-99.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-264
Für die Verfasser
Oberfeldarzt Dr. Thomas Okon
Sanitätszentrum Oberviechtach
Schönseer Straße 65, 92526 Oberviechtach.
E-Mail: thomasokon@bundeswehr.org
Manuscript data
Citation
Okon T, Sedlaczek R, Grunwald M, Vogl R: [Sudden cardiac death during exercise: evidence and rationale within the context of medical assessment]. WMM 2024; 68(3): 95-99.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-264
For the Authors
Lieutenant Colonel (MC) Dr. Thomas Okon, MD
Medical Clinic Oberviechtach
Schönseer Straße 65, D-92526 Oberviechtach.
E-Mail: thomasokon@bundeswehr.org