Rehabilitation in der Bundeswehr – Erfordernis und Verpflichtung
Rehabilitation in the Bundeswehr – Requirement and Obligation
Andreas Lisona, Ricardo Fialab, Rolf von Uslarc
a Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr, Warendorf
b Sanitätsunterstützungszentrum Kiel, Kronshagen
c Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung, Diez
Zusammenfassung
Rehabilitation ist ein wesentlicher Beitrag zur Einsatzbereitschaft der Streitkräfte sowohl im Frieden als auch im Krieg. Verwundungszahlen und -muster des Ukraine-Krieges zeigen in dramatischer Weise die erhebliche Ressourcenbindung des Gesundheitssystems im Falle kriegerischer Konflikte und die zwingende Notwendigkeit des Aufbaus gesonderter rehabilitativer Kapazitäten zur medizinischen Rehabilitation von Kriegsopfern. Gleichzeitig wird evident, dass fehlende rehabilitative Kompetenzen im Bereich der Bundeswehr bereits im Frieden nicht durch zivile Institutionen kompensiert werden können. Auch kann der medizinische Anteil von Rehabilitation nicht allein durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr geleistet werden. Das verbriefte Menschenrecht auf Rehabilitation bildet die Grundlage für eine am militärischen Bedarf ausgerichtete Rehabilitation in der Bundeswehr. Systemorientierte militärische Fähigkeiten zu einer Rehabilitation aus einer Hand sind gleichsam Notwendigkeit und Verpflichtung, diese zu bündeln und zielgerichtet umzusetzen.
Schlüsselworte: Rehabilitation, Inklusion, Verwundung, UN-Behindertenrechts-Konvention, ICF, WHO, Ukraine-Krieg
Summary
Rehabilitation is an essential contribution to operational readiness of armed forces both in peace and in war. War-affected injury figures and patterns in the Ukraine war dramatically highlight the considerable resources tied up in the health system in the event of armed conflicts and the urgent need to build up special rehabilitative capacities for the medical rehabilitation of war victims. It turns out that a lack of rehabilitative skills in the field of the Bundeswehr cannot be compensated for by civilian institutions, even in peacetime. Furthermore, the medical part of rehabilitation cannot be provided by the Bundeswehr medical service alone. The enshrined human right to rehabilitation is the basis for rehabilitation in the Bundeswehr that is adapted to military needs. System-orientated skills for rehabilitation from a single source are both a necessity and an obligation to bundle and implement them in a targeted manner.
Keywords: rehabilitation; inclusion; wounding in action (WIA); UN-CRPD; ICF; WHO; Ukraine war
Einleitung
Die Zeitenwende der Bundeswehr hin zu Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) stellt die sanitätsdienstliche Unterstützung von Soldatinnen und Soldaten bereits im Frieden in den Bereichen Prävention, Kuration und Rehabilitation vor neue Herausforderungen. Diese sind nur in einem gesamtgesellschaftlichen und bundeswehrgemeinsamen Ansatz zu bewältigen. Für die Entwicklung einer rehabilitativen Fähigkeit im Zusammenwirken mit dem zivilen Gesundheitssektor und all jenen Bereichen, die darüber hinaus für eine am militärischen Bedarf ausgerichtete dienstliche Wiedereingliederung verantwortlich sind, ist das Verständnis von Rehabilitation als unverzichtbarer Beitrag zur Einsatzfähigkeit von Streitkräften in Frieden und Krieg unerlässlich.
Hierzu lohnt es aus den Erfahrungen in der Ukraine zu lernen [11]. Mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) begannen dort bereits 2020 der Aufbau von Rehabilitationszentren, die Professionalisierung der Hilfsmittelversorgung und die Schulung von Personal; im Zuge des russischen Überfalls wurden diese Bemühungen intensiviert. Grundlage hierfür war das Wissen um die Folgen einer missachteten Verpflichtung des Staates gegenüber Kriegsversehrten für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt [15][16][17]. Darüber hinaus decken die ukrainischen Streitkräfte notwendigerweise einen Teil ihres Wehrersatzes aus versehrten Frontrückkehrern, deren Kompetenz – auch bei dauerhaft ausbleibender Fronttauglichkeit – in der Ausbildung sehr hilfreich ist. Mit Andauern des Krieges und steigenden Zahlen von Kriegsversehrten mit lebensverändernden Verwundungen kommt der bestmöglichen Rehabilitation in der Ukraine zudem eine zentrale sozioökonomische Bedeutung für die Phase des Wiederaufbaus zu. Art der Kriegsführung, Zahlen und Muster der Verwundungen im Ukraine-Krieg zeigen in drastischer Weise, dass in Deutschland die zu erwartenden Szenarien auf eine bestehende Fähigkeitslücke in der rehabilitativen Versorgung Verwundeter stoßen, die aus strukturellen und fachlichen Gründen nicht allein durch zivile Rehabilitationseinrichtungen geschlossen werden kann [4].
Rehabilitation als Rechtsanspruch
Das Recht auf Rehabilitation wird international als Menschenrecht eingestuft. Die Vereinten Nationen kodifizieren in der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK, englische Abkürzung UN-CRPD), Artikel 26 die vertragsstaatlichen Pflichten der Habilitation und Rehabilitation. Deutschland hat die Konvention 2009 ratifiziert und verpflichtet sich hierdurch gemäß Artikel 26, wirksame Maßnahmen zu treffen, „[…]um Menschen mit Beeinträchtigungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren“ [14].
In Deutschland sind die staatsbürgerlichen Teilhabe- und Rehabilitationsrechte im Sozialgesetzbuch V und IX (SGB V, IX) niedergeschrieben. Sie umfassen in fünf Leistungsgruppen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, an Bildung, soziale Teilhabe sowie die unterhaltssichernden und sonstigen ergänzenden Leistungen [12][13].
Medizinische Rehabilitation in der Bundeswehr
Grundlagen der konzeptionellen Überlegungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (SanDstBw) zum Aufbau einer rehabilitativen Eigenkompetenz sind die UN-BRK, das biopsychosoziale Krankheitsmodell der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF, Abbildung 1) und das darauf fußende Verständnis von Rehabilitation, definiert durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) [6][14][16].
Abb. 1: Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ermöglicht die Beschreibung der Auswirkungen von Gesundheitsproblemen auf den gesamten Lebenshintergrund eines Menschen. Damit ist sie wesentliche Grundlage der individuellen Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs und der Rehabilitationsplanung.
Hiernach verursacht ein Gesundheitsproblem komplexe Wechselwirkungen in allen relevanten Aspekten des Lebens eines Menschen. Im Unterschied zur ursachenbezogenen Therapie zielt Rehabilitation darauf ab, nicht nur die Funktionsfähigkeit eines Menschen zu verbessern. In einem systematischen interprofessionellen Ansatz werden neben Strukturen und Funktionen auch die Aktivitäten der zu Rehabilitierenden, deren Partizipation und Umwelt- sowie personale Faktoren systematisch erfasst (Assessment), Rehabilitationsziele formuliert, durch gezielte Interventionen angestrebt und auf deren Erreichung evaluiert. Dabei werden stets Rehabilitationsbedarf, -fähigkeit und -prognose in die Evaluation mit einbezogen. Oberstes Ziel jeglicher Rehabilitationsmaßnahmen ist das Erkennen und, sofern möglich, Überwinden von Barrieren, die ursächlich dafür sind, dass aus bestehenden Beeinträchtigungen eine Behinderung der jeweils bestmöglichen Teilhabe wird (Abbildung 2).
Abb. 2: Grundlage für den Rehabilitationserfolg Wirbelsäulenverletzter sind gut ausgebildete und erfahrenen Physiotherapeutinnen und -therapeuten, die befähigt sind, als Teil eines interprofessionellen Reha-Teams zu wirken. (Bildquelle: Bundeswehr/Schindler)
Medizinisch-dienstlich orientierte Rehabilitation
Medizinisch-dienstlich orientierte Rehabilitation der Bundeswehr (MDORBw) ist die Gesamtheit aller Maßnahmen, die physische oder psychische Einschränkungen reduzieren sollen mit dem Ziel ihrer wesentlichen Verbesserung oder der Wiederherstellung der gefährdeten oder bereits geminderten Dienstfähigkeit. MDORBw ist somit die verstärkte Ausrichtung des Rehabilitationsprozesses auf gesundheitsrelevante Faktoren des militärischen Dienstbetriebes und deren frühzeitige Identifikation. Ziel ist es, durch das Angebot von geeigneten medizinischen Reha-Maßnahmen den Verbleib der Rehabilitandin bzw. des Rehabilitanden im Dienst zu fördern und die dienstliche Teilhabe i. S. der Wiedereingliederung zu erleichtern [9][10].
Ausgehend von konzeptionellen Überlegungen und Erfahrungen im Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr (ZSportMedBw) in Warendorf entschied der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im September 2019 den Aufbau einer flächendeckenden MDORBw. Das ZSportMedBw fungiert damit als Exzellenzzentrum (CoE) für Rehabilitation somatischer Beeinträchtigungen und das Psychotraumazentrum der Bundeswehr (PTZBw) am Bundeswehrkrankenhaus Berlin als CoE für psychische Erkrankungsbilder mit komplexem Rehabilitationsbedarf [9].
Zeitlich gestaffelt erfolgte ab 1. Juni 2020 die Implementierung von fünf Rehabilitationsstützpunkten (Reha-Stp) – angelehnt an die Facharztzentren – an den Standorten Kiel-Kronshagen, Rostock, Leipzig, Augustdorf und Köln/Bonn als Pilotprojekt. Mit Billigung vom 24. Mai 2022 wurde das Pilotprojekt bis zum 31. Dezember 2024 verlängert; aktuell wird es evaluiert [8]. Erste Erkenntnisse zeigen, dass der Ansatz, MDORBw in eigenen Einrichtungen durchzuführen, hochgradig zweckmäßig ist. Die Wiedererlangung der Teilhabe am militärischen Dienst kann im multiprofessionellen Zusammenwirken von SanDstBw, Sozialdienst, Psychologischer Dienst der Bw, Personalführung sowie truppendienstlichen Vorgesetzten erheblich besser erreicht werden, als wenn die Rehabilitationsmaßnahmen im zivilen Umfeld stattfinden.
Aktuell verfügt der SanDstBw jedoch (noch) nicht über die Ressourcen, MDORBw zu verstetigen oder gar in die Fläche auszurollen.
Medizinische Rehabilitation außerhalb der Bundeswehr
Aus fachlichen und kapazitativen Gründen ist die enge Zusammenarbeit mit Akteuren der medizinischen Rehabilitation im zivilen Gesundheitswesen sinnvoll und unverzichtbar. So wurde zum Zweck der KSR (komplexe stationäre Rehabilitation) ein Vertrag mit den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken (BG-Kliniken) geschlossen, die auf die Akutversorgung und Rehabilitation schwerverletzter und berufserkrankter Menschen spezialisiert sind. Die rehabilitativen Maßnahmen der KSR gründen auf der besonderen Expertise beruflich orientierter medizinischer Rehabilitation mit funktionsbezogenem Assessment, interdisziplinären Interventionen und einer hohen Struktur- und Prozessqualität. Sie bilden damit die entscheidende Grundlage für die Fortführung einer am militärischen Bedarf ausgerichteten interprofessionellen Rehabilitation, die unter Nutzung der Systemkenntnis die bestmögliche Wiedereingliederung in die Bundeswehr oder den Übergang in das zivile Arbeitsleben ermöglicht. Durch Aufbau und Pflege eines intensiven kollegialen Miteinanders wurden dem ZSportMedBw im Rahmen seines Auftrages bei komplexem Rehabilitationsbedarf in jeder stationären Rehabilitationseinrichtung der BG nunmehr ärztliche Ansprechpartner benannt. Hierdurch ist es erstmals möglich, den Reha-Prozess frühzeitig zusammen mit den zuständigen Truppenärztinnen und Truppenärzten zu planen, die Angehörigen zu integrieren und zuverlässig Reha-Brüche zu vermeiden.
Rehabilitation und Invictus Games
Die seit 2014 etablierten Invictus Games fanden 2023 erstmalig in Deutschland statt. Unter dem Motto „A Home for Respect“ war es das Ziel der Veranstaltung in Düsseldorf, an Seele und Körper verwundeten, verletzten und erkrankten Soldatinnen und Soldaten sowie Einsatzkräften von Blaulichtorganisationen eine größere Wahrnehmung und Anerkennung in der Gesellschaft zuteilwerden zu lassen und ihren Weg in der Rehabilitation zu unterstützen (Abbildung 3).
Abb. 3: Kameradschaft, gemeinsame Sprache und Symbole unterstützen den Krankheitsbewältigungsprozess und die Selbstwirksamkeit nach lebensverändernden Verwundungen: „I am the master of my fate: I am the captain of my soul.” (Aus dem Gedicht „Invictus” von William Ernest Henley (1849–1903)) (Bildquelle: Bundeswehr/Lison)
Der SanDstBw stellte in Düsseldorf das „Team Respect“ in einer eigenen „Area“ vor – und damit eine Plattform für Information und Kommunikation rund um das Thema Beeinträchtigung, Rehabilitation und Inklusion in der Bundeswehr. Zielsetzung der Team-Respect Area war es, einen zukunftsorientierten Beitrag zum Vermächtnis (legacy) der Spiele im Bereich Rehabilitation und Inklusion zu leisten (Abbildung 4).
Abb. 4: Prinz Harry beim Besuch der Team Respect Area des Sanitätsdienstes bei den Invictus Games 2023 in Düsseldorf (Bildquelle: Bundeswehr/Laymann)
Durch das Verstehen und Erfahrbarmachen von eingeschränkter Teilhabe, Experten-Panels zu Rehabilitation, Vorträge, Diskussionen und Schülerprojekte konnte bei den Besuchern spürbar Betroffenheit erzeugt, Wissen vermittelt und Einstellungen verändert werden. Der SanDstBw hat hierdurch das Versprechen sichtbar gemacht, dass er sich als Motor der Rehabilitation in der Bundeswehr versteht, mit dem festen Willen, Strukturen und Prozesse in einem bundeswehrübergreifenden Ansatz zu verändern. Er nimmt damit nicht nur seinen militärischen Auftrag, sondern seine Verantwortung wahr, die Staat und Zivilgesellschaft gegenüber Soldatinnen und Soldaten haben, wenn es darum geht, nach Verwundung, Verletzung oder Erkrankung im Einsatz, innerhalb, aber auch außer Dienst deren Recht auf bestmögliche Rehabilitation zu gewährleisten.
Rehabilitation und Kriegstüchtigkeit
Die Bundeswehr und damit auch der gesamte SanDstBw wird aktuell auf den Kernauftrag Landes- und Bündnisverteidigung neu ausgerichtet. Der Krieg in der Ukraine verdeutlicht: Auch ein solch dramatischer Konflikt kann sehr lange andauern und über Monate, über Jahre sehr hohe Verwundetenzahlen verursachen. Der Einsatz von Artilleriemunition, panzerbrechenden Waffen und Minen verursacht im Wesentlichen Amputationsverletzungen, Schädel-Hirn-Traumata, Verbrennungen und Wirbelsäulenverletzungen. Durch den Einsatz von Körperschutz wird die Zahl von tödlichen Thorax- und Abdominaltraumata hingegen reduziert. Im Ergebnis kommt es zu einer Vielzahl verwundeter Soldaten und Zivilisten mit hohem und langem Rehabilitationsbedarf und der Notwendigkeit komplexer Hilfsmittelversorgungen, insbesondere im Bereich der Prothetik [3][5][7] (Abbildung 5). Es wird davon ausgegangen, dass bereits fehlende medizinische Frührehabilitation in mehr als der Hälfte überlebter Kriegsverletzungen Komplikationen und vermeidbare andauernden Beeinträchtigungen zur Folge hat [18].
Abb. 5: Mehrfachamputationen stellen höchste Anforderungen an die physio- und psychotherapeutischen, orthopädietechnischen und sozialdienstlichen Aspekte einer am militärischen Bedarf ausgerichteten Wiedereingliederung. (Bildquelle: Bundeswehr/Schindler)
In der Ukraine zeigt sich, dass die aufgebaute Fähigkeit der rehabilitativen Versorgung über viele Jahre ausgebildeter professioneller Soldatinnen und Soldaten hin zu einem „return to duty“ (RTD) einen massiven Unterschied in der militärischen Performanz ausmacht. Somit hat Rehabilitation nicht nur eine überragende Bedeutung unter dem Aspekt Fürsorge und Verantwortung, sondern auch für die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte. Analog dazu bewertet die WHO Rehabilitation als wesentlichen Bestandteil einer allgemeinen Gesundheitsversorgung, aber auch von Notfallmaßnahmen. Die Unterstützungsleistungen der WHO zielen darauf ab, in Kooperation mit verschiedenen Institutionen und europäischen Staaten, einschließlich Deutschland, die dortigen Rehabilitationseinrichtungen zu modernisieren und deren Resilienz zu stärken („[…] restoration and development of human capital“) [16].
Ausblick
Entwicklung, Aufrechterhaltung und Steigerung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr erfordern bereits im Frieden den Aufbau rehabilitativer Kompetenzen in der gesamten Bundeswehr. Der Erfolg einer am militärischen Bedarf ausgerichteten Rehabilitation kann dem Wesen nach keinesfalls allein durch medizinische Reha-Maßnahmen sichergestellt werden. Der Erhalt verbliebener und wiederhergestellter Fähigkeiten verwundeter, in und außer Dienst verletzter und erkrankter Soldatinnen und Soldaten – und damit deren Erfahrung und Ausbildung – kann nur gelingen, wenn Rehabilitation in der gesamten Bundeswehr verstanden, gelebt und operationalisiert wird. Dies schließt ausdrücklich die Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährleistung des unabhängig von der auslösenden Ursache verbrieften Rechts auf Rehabilitation und die Integration der Angehörigen mit ein [2][14].
Es gilt nun, im SanDstBw, dem Sozialdienst der Bundeswehr und der Personalführung die Erfahrungen mit der Rehabilitation nach Einsatzschädigung zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Ziel muss sein, im Gegensatz zu Entschädigungsleistungen allen Soldatinnen und Soldaten mit Rehabilitationsbedarf unabhängig von der auslösenden Ursache professionelle Rehabilitation unter den Kriterien der Einsatzbereitschaft zukommen zu lassen. Dies gewinnt umso mehr an Bedeutung, als dass die Bundeswehr wie kein anderer Bereich bereits jetzt über eine Vielzahl von Möglichkeiten und Regelungen verfügt, Rehabilitation aus einer Hand effektiv und effizient zu gewährleisten. Jedoch müssen hierfür Mittel und Abläufe, fachliche Standards und rehabilitative Grundsätze, vor allem aber das Zusammenwirken aller am Reha-Prozess Beteiligten verstanden, gebündelt und eingeübt werden. Ein Beispiel hierfür ist die noch allzu selten gelebte Strukturierte Wiedereingliederung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in den Dienst gemäß A-2640/36 [1]. Für die weitere, nachhaltige Etablierung der Rehabilitation in der Bundeswehr bedarf es Entscheidungen auf Leitungsebene – nicht zuletzt zur Klärung der Ressourcenfrage. Der SanDstBw wird als Motor der Rehabilitation hierzu seine Anstrengungen verstärken.
Literatur
- BMVg FüSK San 3, A-2640/36 Strukturierte Wiedereingliederung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in den Dienst, 2020.
- BMVg P III 1, A-1473/3 Inklusion schwerbehinderter Menschen, 2020.
- Edwards DS, Rhodri DP, Bosanquet N, et al.: What is the magnitude and long-term economic cost of care of the British military afghanistan amputee cohort? Clin Orthop Relat Res 2015; 473(9): 2848–2855. mehr lesen
- Egen C, Schiller J, Gutenbrunner C, et al.: Machbarkeitsstudie zur Schließung der rehabilitativen Versorgungslücke bei Patient*innen nach erfolgter Majoramputation im Rahmen eines Innovationsfondsprojekts. Umsetzung, Erfahrungen und erste Ergebnisse. Med Rehab Kuror 2022; 32: 218–228. mehr lesen
- Gawande A: Casualties of war—military care for the wounded from Iraq and Afghanistan. New Engl J Med 2004; 351: 2471–5. mehr lesen
- ICF, Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) (Hrsg.): Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF). WHO, Genf 2005. mehr lesen
- Jain RP, Meteke S, Gaffey MF, et al.: Delivering trauma and rehabilitation interventions to women and children in conflict settings: a systematic review. BMJ Global Health 2020; 5: e001980. mehr lesen
- Kdo RegSanUstg: Fachliche Leitlinie zur Standardisierung des Pilotprojektes Rehabilitationsstützpunkte (Reha-Stp), 2023.
- Kdo SanDstBw: C1-860/0-4003 Durchführung der Medizinischen Rehabilitation, 2020.
- Kdo SanDstBw: K1-9000/4021 Konzept Medizinische Rehabilitation, 2020.
- Schmidt, KF: Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine für den Sanitätsdienst der Bundeswehr. WMM 2024, 68 (1-2): 2-6. mehr lesen
- Sozialgesetzbuch V: SGB V - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis, , letzter Aufruf 4. Januar 2024. mehr lesen
- Sozialgesetzbuch IX: SGB IX - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis, , letzter Aufruf 4. Januar 2024). mehr lesen
- UN-Behindertenrechtskonvention:, letzter Aufruf 4. Januar 2024. mehr lesen
- WHO Rehabilitation: , letzter Aufruf 4. Januar 2024. mehr lesen
- WHO: , letzter Aufruf 4.1 Januar 2024. mehr lesen
- WHO: UNDP launches innovative rehabilitation initiatives for war-affected in Ukraine. , letzter Aufruf 4. Januar 2024). mehr lesen
- WHO: Situation assessment of rehabilitation in Ukraine. WHO Regional Office for Europe 2021; < https://www.who.int/europe/publications/i/item/9789289056304>, letzter Aufruf 4. Januar 2024. mehr lesen
Manuskriptdaten
Zitierweise
Lison A, Fiala R, von Uslar R: Rehabilitation in der Bundeswehr – Erfordernis und Verpflichtung. WMM 2024; 68(3): 69-73.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-262
Für die Verfasser
Oberstarzt Dr. Andreas Lison
Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr
Dr. Rau-Allee 32, 48231 Warendorf
E-Mail: andreaslison@bundeswehr.org
Manuscript Data
Citation
Lison A, Fiala R, von Uslar R: [Rehabilitation in the Bundeswehr – requirement and obligation]. WMM 2024; 68(3): 69-73.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-262
For the Authors
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Center of Military Sports Medicine
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