Wehrmedizinische Register – mehr als eine Datenbank
Melanie Schmeil, Manuela Andrea Hoffmann
Das Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (InstPrävMedBw) ist die zentrale Stelle der Bundeswehr für die auskunftsfähige Archivierung von individuellen Gesundheitsunterlagen sowie die Erfassung und Auswertung sanitätsdienstlicher Meldungen. Die zunehmende Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung wird in den nächsten Jahren zu massiven Veränderungen führen, so dass auf Basis vernetzter Daten Auswertungen nahezu in Echtzeit erstellt werden können. Um bereits auf dem Weg dorthin fundierte Entscheidungshilfen und Beratungsleistungen zu erbringen, ist die Etablierung elektronischer (wehr-)medizinischer Register von großer Bedeutung.
Anstelle von Bergen an Papier werden zukünftig digitale, verknüpfbare Daten zur Verfügung stehen und können in Registern verarbeitet werden. (Bild: InstPrävMedBw/Krapick, Schmeil)
Medizinische Register spielen unter anderem eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Gesundheitsdaten. Ihr Nutzen geht dabei über die reine Sammlung von Daten hinaus. Die strukturierte und kontinuierliche Erfassung und Zusammenführung von Daten über Gesundheitszustände und Therapien ermöglicht es, Muster und Trends zu erkennen, um z. B. die Sicherheit von Arzneimitteln und anderen medizinischen Produkten zu verbessern oder Behandlungsleitlinien zu evaluieren. Im Gegensatz zu reinen Forschungsdatenbanken bilden sie Informationen, die sich auf bestimmte Erkrankungen, deren Therapie oder eine Bevölkerungsgruppe beziehen, unter Alltagsbedingungen ab und umfassen meist mehr Patientinnen und Patienten über einen längeren Zeitraum. Damit bilden sie auch eine wesentliche Grundlage für die Versorgungsforschung. Register zielen dabei auf die Beschreibung epidemiologischer Zusammenhänge und Unterschiede, die Unterstützung von Qualitätssicherung und -verbesserung sowie Evaluation und Monitoring von „Patientensicherheit und Wirksamkeit in der Versorgungsroutine“ [3] ab. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Registern wie z. B. dem Implantateregister, Transfusionsregister oder den Krebsregistern der Länder [2] können Register sich auch aus universitären Forschungsdatenbanken entwickeln, durch medizinische Fachgesellschaften aufgebaut werden oder auf einer Initiative von Interessenverbänden basieren. Für sämtliche Register gelten alle Vorgaben des medizinischen Datenschutzes und der ärztlichen Schweigepflicht, die Datenerfassung ist allerdings bisher nicht harmonisiert.
Das BQS Institut für Qualität und Patientensicherheit (bis 2009 Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH) hat daher gemeinsam mit der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF) im Oktober 2021 im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums ein „Gutachten zur Weiterentwicklung medizinischer Register zur Verbesserung der Dateneinspeisung und -anschlussfähigkeit“ erstellt [1]. In diesem wurde erstmals ein Überblick über die heterogene Landschaft der medizinischen Register in Deutschland geschaffen und aus den identifizierten hemmenden und fördernden Faktoren ein Katalog von Empfehlungen abgeleitet. Inzwischen sind auf einer Online-Plattform (https://registersuche.bqs.de) über 400 medizinische Register inklusive eines Datenblatts mit fachlichen und technischen Informationen erfasst. Mittels Suchfunktion lässt sich die Datenbank nach Themen, Orten oder auch dem Träger eines Registers filtern. Für den Suchbegriff „Bundeswehr“ finden sich bisher keine Einträge.
Die zunehmende Digitalisierung der Gesundheitsversorgung der Streitkräfte bietet hier eine einmalige Chance. Da die truppenärztliche Versorgung ein echtes Primärarztsystem darstellt, liegen umfangreiche medizinische Informationen zu den Soldatinnen und Soldaten an einer Stelle gebündelt vor. Neben einem in der Entwicklung befindlichen Einsatzregister wäre auch ein bundeswehr- spezifisches Sterbefallregister oder Krebsregister denkbar. Obwohl betroffene Soldatinnen und Soldaten in die Krebsregister der Länder aufgenommen werden, zeigen sich doch deutliche Unterschiede der Streitkräfte zur Zivilbevölkerung bezüglich der Alters- und Geschlechtsverteilung, die eine gesonderte Betrachtung lohnenswert machen. Die Häufigkeit bestimmter Erkrankungen weicht ebenfalls ab, da zum einen im Rahmen der Annahmeuntersuchung bereits eine gesundheitliche Vorauswahl getroffen wird, andererseits die Anforderungen des militärischen Dienstes besondere gesundheitliche Belastungen mit sich bringen. Im Rahmen der „Allgemeinen Verwendungsfähigkeitsuntersuchung auf Individuelle Grundfertigkeiten“ (AVU-IGF) aller Soldatinnen und Soldaten werden wertvolle Daten für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung bezüglich der Ableistung von militärisch geforderten Grundfertigkeiten erhoben [4]. Aus einer entsprechenden AVU-IGF-Datenbank könnten wichtige Erkenntnisse zum Gesundheitslagebild abgeleitet und frühzeitig präventivmedizinische Maßnahmen eingeleitet werden [4].
Aktenlager des InstPrävMedBw (Bild: Bundeswehr/Christian Zielonka)
Der Aufbau wehrmedizinischer Register ermöglicht Analysen über die bisherige Gesundheitsberichterstattung hinaus sowie den Vergleich mit der Zivilbevölkerung. Ab- weichende Entwicklungen können so frühzeitig erkannt, positive Trends gefördert und Strategien für die Beherrschung bundeswehrspezifischer gesundheitlicher Risiken abgeleitet werden. Die Grundlage hierfür bilden standardisierte, validierte Daten, die zukünftig in den (wehr-)medizinischen Fachinformationssystemen entstehen, in einem Health Information Management System zusammengeführt werden und über ein Data Warehouse für die Nutzung und Auswertung in wehrmedizinischen Registern zur Verfügung stehen. Die jahrzehntelange Expertise des InstPrävMedBw in der Verarbeitung, Aufbereitung, Archivierung und wissenschaftlichen Auswertung von Gesundheitsdaten fließt kontinuierlich in die Entwicklung dieser Systeme ein. InstPrävMedBw leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Gesundheitsinformationen und für die zukünftige Bereitstellung hochqualitativer, verknüpfter Daten für alle präventivmedizinischen Forschungsfelder. Das Institut stellt so eine tragende Säule für den im Aufbau befindlichen Bereich der Versorgungsforschung in der Bundeswehr dar.
Oberfeldarzt Dr. med. Melanie Schmeil
Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr
Fachbereich B 2 – Management digitaler Gesundheitsdaten
Aktienstrasse 87, 56626 Andernach
E-Mail: InstPraevMedBw@bundeswehr.org">nstpraevmedbw@bundeswehr.org
Literatur
- Niemeyer A, Semler S, Veit C, et al.: Gutachten zur Weiterentwicklung medizinischer Register zur Verbesserung der Dateneinspeisung und -anschlussfähigkeit. Hamburg/Berlin, BQS/TMF für Bundesministerium der Gesundheit 2021.
- Richter-Kuhlmann E: Medizinische Register: Der ungehobene Datenschatz. Deutsches Ärzteblatt 2022; 119 (39): A-1622/B-1354. mehr lesen
- Register: Anforderungen aus Sicht des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung (DNVF). , letzter Aufruf 6. Juni 2023. mehr lesen
- Willems D, Ghasimi A, Rohde U, Neuhoff I, Hoffmann MA: Auswirkungen von „Adipositas“ und „Arterieller Hypertonie“ auf die individuelle Verwendungsfähigkeit. Eine erste Betrachtung der AVU-IGF aus epidemiologischer Sicht auf dem Weg von analog zu digital. WMM 2023; 67(4): 110–116. mehr lesen
Generalarzt a. D. Dr. Achim Andexer zum 80. Geburtstag
Am 21. Juni 2023 vollendete Generalarzt a. D. Dr. med. Achim Andexer sein 80. Lebensjahr.
Generalarzt a. D. Dr. med. Andexer war im aktiven Dienst ein passionierter und leidenschaftlicher Fliegerarzt, der sowohl im fliegenden Verband als auch in leitender Funktion im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe und zuletzt als Generalarzt der Luftwaffe mit seiner ausgesprochenen fachlichen Expertise als kompetenter Ansprechpartner hoch angesehen und im fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr tief verwurzelt war.
Dr. Andexer wurde 1943 in München geboren. Nach dem Abitur trat er 1962 als Grundwehrdienstleistender Soldat in die Bundeswehr ein. Schon während des Grundwehrdienstes verpflichtete er sich im Sanitätsdienst der Luftwaffe als Reservedienstleistender. 1964 begann er sein Studium der Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, welches er 1971 erfolgreich mit Staatsexamen und Promotion abschloss. Im gleichen Jahr wurde er nach seinem Wiedereintritt in die Bundeswehr zum Stabsarzt befördert. Es folgte eine truppenärztliche Verwendung beim schweren Pionierbataillon 210 in München und 1973 die Beförderung zum Oberstabsarzt. Im Anschluss an die Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin am Kreiskrankenhaus München-Pasing wurde er 1979 zum Oberfeldarzt befördert und im Anschluss als Fliegerarzt im Jagdbombergeschwader 49 in Fürstenfeldbruck eingesetzt. Dort erfolgte die Übernahme in das Dienstverhältnis als Berufssoldat. In „Fürsty“ wurde auch seine Begeisterung für den fliegerärztlichen Dienst, die seinen weiteren dienstlichen Werdegang bestimmen sollte, geweckt. Neben der Gebietsbezeichnung als Facharzt für Innere Medizin erlangte er die Zusatzbezeichnungen Flugmedizin, Betriebsmedizin und Sportmedizin.
Mit der Verwendung als Divisionsarzt 3. Luftwaffendivision in Kalkar wurde Dr. Andexer 1983 zum Oberstarzt befördert. Zwei Jahre später kehrte er nach Bayern zurück und wurde dort Leiter der Abteilung I (Innere Medizin) sowie Stellvertreter des Leiters des Flugmedizinischen Institutes der Luftwaffe (FlugMedInstLw). Am 1. Oktober 1997 übernahm Dr. Andexer schließlich als Generalarzt die Leitung des FlugMedInstLw. Von April 2001 bis zu seiner Zurruhesetzung im März 2002 krönte die Verwendung als Generalarzt der Luftwaffe seinen dienstlichen Werdegang. Über 20 Jahre prägte und förderte Generalarzt Dr. Andexer die militärische Flugmedizin – Chapeau!
Für seine Verdienste wurde Generalarzt a. D. Dr. Andexer unter anderem im Jahr 2002 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Nach seiner Zurruhesetzung schloss sich Dr. Andexer einer Gemeinschaftspraxis in Fürstenfeldbruck an und konnte dort sein Wissen als Internist, Arbeitsmediziner und Flugmediziner weiter einbringen. Die gewonnene Zeit nutzte er darüber hinaus für seine Leidenschaften, das Motoradfahren und Segeln.
Generalarzt Dr. Andexer ist auch heute noch der Flugmedizin verbunden. Wenn wir auf sein Lebenswerk blicken, sind wir tief beeindruckt von den Verdiensten, die er sich um die Flugmedizin in der Bundeswehr und auch darüber hinaus erworben hat.
Im Namen aller Angehörigen des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe und des fliegerärztlichen Dienstes der Bundeswehr gratuliere ich Generalarzt a. D. Dr. Andexer zu seinem 80. Geburtstag sehr herzlich und wünsche ihm viele glückliche Jahre bei gesundheitlichem Wohlbefinden.
Dr. med. Bernhard Groß
Generalarzt der Luftwaffe