ZAHNÄRZTLICHE HYGIENE
Kann die ungeschützte Stirnhaut nach zahnärztlicher aerosol- und tröpfchenproduzierender Behandlung eine potenzielle Infektionsquelle sein?
Bacterial contamination of forehead skin and surgical mask in aerosol-producing dental treatment as a potential source of infection
Madline Gund a,b,1, Gabor Boros a,1, Matthias Hannig b, Sigrid Thieme-Ruffing c, Barbara Gärtner c, Stefan Rupf b,d
1 BOROS und GUND haben in gemeinsamer Erstautorenschaft zu gleichen Teilen bei der Erstellung dieses Beitrags mitgewirkt.
a Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Abteilung XXIII – Zahnmedizin
b Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde, Homburg/Saar
c Universitätsklinikum des Saarlandes, Institut für Mikrobiologie und Hygiene, Homburg/Saar
d Universität des Saarlandes, Lehrstuhl für Synoptische Zahnmedizin, Homburg/Saar
Zusammenfassung
Hintergrund: Die horizontale und vertikale Übertragung von Mikroorganismen birgt in der Zahnmedizin sowohl für Patienten als auch für medizinisches Personalein Risiko. In diesem Zusammenhang wurde die bakterielle Kontamination der Gesichtshaut und der Schutzausrüstung von Zahnärzten durch behandlungsbedingte Aerosole und Tröpfchen bisher nur wenig untersucht.
Methoden: Die mikrobielle Kontamination der ungeschützten Stirnfläche wurde bestimmt und mit der Keimbelastung von während aerosolerzeugender zahnmedizinischer Maßnahmen getragenen Mund-Nasen-Schutzmasken verglichen. Der Nachweis erfolgte durch aerobe und anaerobe Kultivierung der gewonnenen Proben und MALDI-TOF-Massenspektrometrie.
Ergebnisse: Obligat und fakultativ orale Bakterien wurden sowohl auf den Stirnflächen der behandelnden Zahnärztinnen und Zahnärzte als auch auf den Mund-Nasen-Schutzmasken gefunden. Orale Spezies wurden auf 75 % der chirurgischen Masken und auf 34 % der Stirnflächen nachgewiesen, womit die Wahrscheinlichkeit einer Kontamination der Mund-Nasen-Schutzmaske im Vergleich zur Stirnfläche der Probanden um das 2,5-fache höher lag. An beiden untersuchten Lokalisationen wurden folgende Mikroorganismen aufgefunden: Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus capitis, Streptococcus oralis, alpha – hämolysierende Streptokokken, Acinetobacter lwoffii und Staphylococcus hominis.
Diskussion und Schlussfolgerung: Aerosolerzeugende zahnmedizinische Maßnahmen sind ein Kontaminationsrisiko für die ungeschützte Gesichtshaut und die Mund-Nasen-Schutzmasken des Behandlungsteams und können damit durch Kreuzkontamination selbst Kontaminationsquellen für Patienten, Umgebung und Behandelnde sein. Natürliche Abwehrmechanismen der Haut scheinen eine Neubesiedlung zu erschweren oder einzelne Mikroorganismen nach erfolgter Kontamination zu eliminieren.
Im Rahmen der Arbeitsplatzhygiene sollten gut hautverträgliche Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen, die Schutzmaske nach jeder Behandlung gewechselt werden, ggf. ein Visier getragen werden und ein Berühren der Maske unterbleiben.
Schlüsselwörter: Aerosol, zahnärztliche Praxis, Infektionskontrolle, MALDI-TOF-Massenspektrometrie, chirurgische Maske, Stirnhaut
Summary
Background: Horizontal and vertical transmission of microorganisms poses a risk in dentistry for both patients and medical staff. In this context, bacterial contamination of the facial skin and protective equipment of dentists by treatment-related aerosols and droplets has been little studied by now.
Methods: Microbial contamination of the unprotected forehead surface was determined and compared with microbial loads from oral-nasal protective masks worn during aerosol-generating dental procedures. Detection was performed by aerobic and anaerobic cultivation of the collected samples and MALDI-TOF mass spectrometry.
Results: Obligate and facultative oral bacteria were found on both the forehead skin of the treating dentists and on the oral-nasal protective masks. Oral species were detected on 75 % of the surgical masks and on 34 % of the forehead skin, making the oral-nasal surguicak mask 2.5 times more likely to be contaminated compared to the forehead skin of the subjects. The following microorganisms were found at both locations examined: Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus capitis, Streptococcus oralis, alpha – hemolytic streptococci, Acinetobacter lwoffii, and Staphylococcus hominis.
Discussion and conclusion: Aerosol-generating dental procedures are a contamination risk for the unprotected facial skin and the mouth-nose-protective masks of the treatment team and can thus themselves be sources of contamination for patients, the environment and the treating staff through cross-contamination. Natural defense mechanisms of the skin seem to impede recolonization or eliminate individual microorganisms after contamination has occurred.
In the context of workplace hygiene, disinfectants that are well tolerated by the skin should be used, the protective mask should be changed after each treatment, and the mask should not be touched.
Keywords: aerosol, dental practice, infection control, maldi tof mass spectrometry, surgical mask, forehead skin
Einleitung
Zahnärzte1 sind zahlreichen potenziell infektiösen Einwirkungen ausgesetzt [22]. Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) wird bei aerosolerzeugenden zahnärztlichen Behandlungen regelmäßig kontaminiert [8]. In diesem Zusammenhang ist die Vermeidung einer Exposition der Atemwege, Augen und Haut gegenüber potenziell infektiösen Erregern, insbesondere Bakterien und Atemwegsviren, von größter Bedeutung [10]. Mikroorganismen aus den Mundhöhlen der Patienten stellen jedoch nicht immer ein Risiko für das zahnärztliche Personal dar. Das Risiko einer Infektion hängt von der mikrobiellen Pathogenität, der Anzahl der übertragenen Erreger und dem Immunstatus der betroffenen Person ab [17][22]. Darüber hinaus können Infektionserreger direkt vom Patienten auf den Zahnarzt, von Patient zu Patient oder über Infektionsketten, die das Personal, (Hohl-)Instrumente, Kleidung oder zahnärztliche Einheiten einschließen, übertragen werden [14][22][23][24].
Insbesondere bei Behandlungen mit Ultraschallgeräten wurde nachgewiesen, dass die Umgebungsluft erheblich mit Bakterien kontaminiert wird [8]. Solche Aerosole können Mikroorganismen aus oralen oder zahnärztlichen Biofilmen, Blutstropfen und durch Blut übertragbare Viren enthalten [3][5][13][10][14][22] und sich auf Geräten, Teammitgliedern und deren Schutzkleidung absetzen [7][20].
Die PSA für nicht-chirurgische zahnärztliche Eingriffe besteht aus Handschuhen [2], Schutzbrillen und OP-Masken. Im Gegensatz zu Handschuhen war die korrekte Verwendung von chirurgischen Masken bisher kein großes Thema. Es gibt nur wenige Empfehlungen zur Verwendung von OP-Masken in der Medizin und in der Zahnmedizin [6][8][25] und nur sehr wenige systematische Studien zu ihrer korrekten Verwendung. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass sich bei längerem Gebrauch von OP-Masken über mehr als 2 Stunden – einer für viele chirurgische Disziplinen typischen Dauer – Bakterien auf der Außenfläche der Maske ansammeln [25]. In der Zahnmedizin wird die OP-Maske jedoch (1.) in der Regel für kürzere Zeiträume getragen, (2.) häufig bei praktisch jedem Patienten verwendet und (3.) während der Behandlung regelmäßig mit mikrobiellen Aerosolen und Speichel oder Blut des Patienten kontaminiert. Durch Aerosole übertragene Mikroorganismen aus der Mundhöhle, die während der zahnärztlichen Behandlung freigesetzt werden, überleben auf der Außenfläche von OP-Masken [8].
Darüber hinaus gibt es noch keine Studie, in der die bakterielle Belastung der Stirn von Zahnärzten nach der Durchführung von aerosolerzeugenden Zahnbehandlungen untersucht wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass der Arbeitsabstand zwischen dem Gesicht des Behandlers und dem Behandlungsbereich etwa 25–33 cm beträgt [4], kommt es unweigerlich zu einer mikrobiellen Kontamination des Gesichts und der Schutzkleidung durch Aerosole und Flüssigkeitsspritzer [4], da sich der Zahnarzt bei aerosolerzeugenden Verfahren innerhalb der Zone der bakteriellen Kontamination befindet [11].
Die Stirn ist eine Körperregion, der im klinischen Alltag meist wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und die daher häufig nicht durch die PSA geschützt ist. Dennoch wird sie bei der Arbeit von den Behandlern oft wiederholt berührt, sei es, um sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen oder um Wasser- oder Aerosolspritzer zu entfernen. Dies geschieht oft unbewusst und ohne anschließende Wiederholung der Händehygiene. Es ist also denkbar, dass Keime von der Stirn auf die Umgebung und damit auf nachfolgende Patienten oder ins Auge des Behandlers selbst übertragen werden. Um diese Hypothese zu prüfen, muss zunächst geklärt werden, inwieweit die Stirn kontaminiert ist, insbesondere im Vergleich zu den vor Mund und Nase getragenen OP-Masken.
Vor diesem Hintergrund untersuchte die vorliegende Studie die potenzielle bakterielle Kontamination der typischerweise ungeschützten Stirn des zahnmedizinischen Personals und verglich diese mit der Kontamination der Außenfläche von bei zahnärztlichen Behandlungen getragenen chirurgischen Masken.
Abb. 1: Sprühnebel mit Bildung von Wassertröpfchen und feinsten Aerosolen sind bei vielen zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen unvermeidbar.
Material und Methode
Behandlungen
Eingeschlossen wurden typische zahnärztliche Behandlungen, bei denen mit der Freisetzung von kleinen Tröpfchen und Aerosolen zu rechnen ist:
- Präparation von Zahnhartsubstanz mit hoher/mittlerer Drehzahl (n = 26) und
- Parodontalbehandlungen mit Ultraschallgeräten (n = 41).
Die Dauer der jeweiligen Behandlung betrug 45–60 min. Die Tröpfchen-/Aerosolabsaugung erfolgte mit einem großvolumigen Absaugschlauch (8,0 mm Durchmesser; Saugstrom 6,0 l/s), der von einer zahnärztlichen Assistentin gehalten wurde, die sich auf der kontralateralen Seite der jeweils behandelten Region befand. Die Absaugung erfolgte in Kombination mit einer herkömmlichen zahnärztlichen Saugkanüle (3,3 mm Durchmesser; Saugstrom 1,1 l/s), die lingual an den unteren zentralen Schneidezähnen positioniert wurde.
Probanden
Drei voll ausgebildete zahnmedizinische Fachkräfte (zwei Zahnärzte und eine Dentalhygienikerin) und 22 speziell unterrichtete und beaufsichtigte Studierende im 2. bis 5. klinischen Semester partizipierten als Probanden. Während der aerosolerzeugenden parodontalen und restaurativen Zahnbehandlungen trugen sie unsterile, saubere Untersuchungshandschuhe (puderfreie Nitrilhandschuhe: Abena, Zörbig, Deutschland), OP-Masken (medizinische OP-Maske Typ II mit Bindeband, Mölnlycke Health Care, Düsseldorf, Deutschland) und Schutzbrillen (Safeview®-Brille, Halyard, Neunkirchen, Deutschland). Vor dem Anlegen der PSA wurde eine Händedesinfektion durchgeführt. Alle Studienteilnehmenden wurden angewiesen, während der Behandlung nicht die Außenfläche ihrer OP-Maske zu berühren.
Patienten
Es wurden nur gesunde Patienten ohne bekannte Infektionskrankheiten in die Studie aufgenommen. Es wurden keine individuellen Daten von Patienten oder Fachleuten erfasst. Alle Proben wurden anonymisiert. Von allen Teilnehmenden wurde eine mündliche Einverständniserklärung eingeholt.
Probenahme und Mikrobiologie
Die mikrobiologische Probenahme erfolgte vor und 60 min nach Beginn der zahnärztlichen Behandlungen. Von jeder Behandlung wurden 3 Proben entnommen. Die Probenahme umfasste bakterielle Abstriche (1.) von der Stirnhaut vor der Behandlung, (2.) von der Stirnhaut 60 Minuten nach Behandlungsbeginn (Abbildung 1). Ferner erfolgte (3.) ein Abklatsch von der verwendeten chirurgischen Maske (Abbildung 2).
Die Stirn wurde vor der Entnahme der Abstriche nicht gereinigt oder desinfiziert. Alle Teilnehmenden wurden jedoch angewiesen, ihr Gesicht morgens zu Hause im Rahmen ihrer persönlichen Hygiene mit Seife oder Duschgel zu waschen. Alle Proben wurden während der ersten Behandlung des Tages zwischen 9:30 h und 11:00 h entnommen.
Der Stirnabstrich wurde mit dem eSwab™ Universal-Sammel- und Transportsystem für aerobe und anaerobe Bakterien (Hain Lifescience, Nehren, Deutschland) durchgeführt, das aus einem Röhrchen mit 1 ml Amies-Medium und einem mit Nylonfasern beflockten Tupfer besteht, der vor dem Abstrich mit steriler 0,9 %iger NaCl-Lösung (BD PosiFlush™, Becton Dickinson GmbH, Heidelberg, Deutschland) befeuchtet wurde.
Die entnommenen Proben von der Stirn und die Masken wurden auf zwei verschiedene Agarplatten aufgebracht: BD Trypticase™-Soja-Agar (TSA)-Platten (90 mm Durchmesser; Becton Dickinson) für die aerobe Kultivierung und BD Columbia™-Agar-Platten (90 mm Durchmesser) mit 5 % Schafsblut (Becton Dickinson) für die anaerobe Kultivierung über 48 h bei 35 °C.
Kontrollen
Fünf unbenutzte chirurgische Masken dienten als Kontrollen und wurden wie oben beschrieben behandelt.
Abb. 2: Probenahme von Stirn und Maske: (A) Der gesamte nicht von Haaren bedeckte Bereich der Stirn wurde 5–8 s lang mittels eSwab™ abgestrichen. (B) Der Abklatsch der Maske erfolgte direkt auf einer Agarplatte. (C) Die blaue Ellipse zeigt den Bereich der Maske, der regelmäßig abgeklatscht wurde.
Qualitative bakterielle Analyse
Die Klassifizierung der aufgefundenen Mikroorganismen wurde mittels MALDI-TOF-Massenspektrometrie durchgeführt. Alle phänotypisch unterschiedlichen Kolonien auf den Kulturplatten wurden einbezogen.
Quantitative bakterielle Analyse
Für jede Probe wurde die Anzahl der Bakterienkolonien auf den Agarplatten anhand einer 4-stufigen Skala bewertet:
- 0 = kein bakterielles Wachstum,
- 1 = ≤102 verstreute Kolonien,
- 2 = > 102 zählbare Kolonien und
- 3 = dichtes bakterielles Wachstum mit nicht zählbaren Kolonien.
Statistik
Die Nachweishäufigkeit und die Menge der Bakterienkolonien der gepaarten Proben von der Stirnhaut vor und nach der Behandlung und der chirurgischen Maske wurden mit dem Wilcoxon-Signed-Rank-Test statistisch ausgewertet, wobei p < .05 eine statistische Signifikanz anzeigt.
Ergebnisse
Mund-Nase-Schutzmasken
Die Mund-Nasen-Schutzmasken wiesen zu 75 % eine Kontamination mit oralen und in 4 % der Fälle mit extraoralen Spezies auf; 21 % waren nicht kontaminiert (Abbildung 3). Auf den kontaminierten Masken fanden sich in 12 % der Fälle obligat und in 66 % fakultativ aus der Mundhöhle stammende Keime, bei 22 % waren sowohl fakultativ wie obligat orale Keime nachweisbar. 5 % der Proben waren positiv auf Staphylococcus aureus.
Stirnfläche
Auf 34 % der Stirnflächen wurde nach der Behandlung eine Kontamination, überwiegend mit oralen Spezies, gefunden, die sich zu 20 % aus obligaten und 80 % fakultativ oralen Spezies zusammensetzten (Abbildung 4). Bei 5 % der Stirnproben wurde Staphylococcus aureus aufgefunden.
Vergleich Maske-Stirn
Die Kontamination auf den Mund-Nasen-Schutzmasken war um das 2,5-fache höher als auf den Stirnflächen der Probanden. Ein MRSA-Nachweis konnte für keine der Proben mit Staphylococcus aureus erbracht werden. Auf den Stirnflächen konnten maximal zwei orale Spezies gleichzeitig aufgefunden werden. Auf den Mund-Nasen-Schutzmasken wurden bei 6 % der Proben 3 und bei 2 % 4 unterschiedliche orale Spezies aufgefunden.
Auf den Proben der unbenutzten chirurgischen Masken, die als Kontrollen dienten (n = 5), konnte kein bakterielles Wachstum festgestellt werden.
Abb. 5: Vergleich der auf Maske und Stirn parallel nachgewiesenen Keimspezies
Diskussion
In dieser Studie werden erstmals statistisch signifikante Veränderungen der Mikrobiota auf der Stirn von Zahnärzten nach der Durchführung von aerosol- und tröpfchenerzeugenden zahnmedizinischen Behandlungen beschrieben. Darüber hinaus zeigen die Studiendaten, dass die Stirn des Zahnarztes während der zahnärztlichen Behandlung mit geringerer Wahrscheinlichkeit kontaminiert wird als die Außenfläche der chirurgischen Maske, obwohl der Abstand zum Patienten nahezu identisch ist. Unsere Beobachtungen stützen frühere Annahmen, dass die Haut über einen natürlichen Schutzmechanismus verfügt, der entweder die Besiedlung mit Bakterien verhindert oder mit dem Aerosol auftreffende Bakterien eliminiert [9].
Stirnhaut als Wirtsfläche
Die kontaminierte Stirnhaut muss auch als Wirtsfläche betrachtet werden, die die Übertragung von Mikroorganismen aus der Mundhöhle des Patienten erleichtert, wenn auch mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit als die Außenfläche der chirurgischen Maske [8]. Eine weitere Übertragung von Krankheitserregern könnte hier manuell erfolgen, wenn exponierte Personen nach der Behandlung ihre Stirn berühren, danach in ihr Auge fassen oder Oberflächen berühren. Somit ist eine Gefährdung des Behandlers selbst wie auch nachfolgender Patienten nicht ausgeschlossen.
Nachweismethodik
Die in dieser Studie verwendete mikrobiologische Methodik hatte den Vorteil, dass durch die Kultivierung auf Agar nur lebensfähige Bakterien nachgewiesen werden. Die Verwendung nukleinsäurebasierter Methoden hätte wahrscheinlich zu einer größeren Anzahl nachgewiesener Spezies geführt. Diese hätten das Potenzial von Aerosolen zum Transport von Bakterien unabhängig von ihrer Lebensfähigkeit gezeigt. Aus Sicht der Infektionskrankheiten stellen jedoch nur lebensfähige Bakterien eine potenzielle Gefahr für das zahnärztliche Personal dar.
Der verwendete Agar dient in der Regel dazu, die Mehrzahl der schnell wachsenden Bakterien nachzuweisen. Langsam wachsende Arten könnten in dieser Studie unterschätzt worden sein. Es war jedoch zu erwarten, dass vor allem leicht kultivierbare und robuste Bakterien eine Rolle spielen würden, da die ansässige Mikrobiota einen gewissen Schutz gegen eindringende Bakterien bietet. Außerdem sind Bakterien, die sich leicht ausbreiten, im Vorteil, wenn es zu einer weiteren Kontamination von der Stirn oder der Maske auf Oberflächen, andere Körperregionen oder andere Personen kommen sollte. Die verwendete MALDI-TOF-Massenspektrometrie beschränkte sich auf Kolonien, die als unterschiedliche Phänotypen identifiziert wurden. Dies kann möglicherweise zu einer Unterschätzung des bakteriellen Spektrums auf Stirn und Mundschutz geführt haben.
Keimspektrum
Stirn und Maske wiesen ein ähnliches Spektrum bakterieller Kontamination auf. Die meisten der in unserer Studie nachgewiesenen Bakterienarten waren typische Vertreter des dermalen oder oralen Mikrobioms. Die in dieser Studie am Häufigsten vorkommende Spezies war Staphylococcus epidermidis, die auf mindestens zwei Dritteln der untersuchten chirurgischen Masken und Stirnabstriche gefunden wurde. Eine Kontamination mit anderen Keimen wie Staphylococcus spp., Micrococcus luteus, Rothia dentocariosa, Streptococcus oralis und verschiedenen Bacillus spp. konnte ebenfalls nachgewiesen werden.
Die Prävalenz von Staphylococcus aureus war in dieser Studie insgesamt geringer als von anderen Autoren berichtet [15]. Die hohe Nachweisrate von Staphylococcus epdiermidis steht im Einklang mit den Ergebnissen anderer Studien [1][8]. Staphylococcus epidermidis ist der häufigste Vertreter der koagulasenegativen Staphylokokken, die auf menschlichen Epitheloberflächen vorkommen. Beide Keime – Staphylococcus epidermidis wie auch Staphylococcus aureus – sind wichtige nosokomiale Erreger und potenziell multiresistente Keime.
Die anderen nachgewiesenen oralen und dermalen Bakterien, wie Staphylococcus capitis, Streptococcus oralis, Micrococcus luteus oder Rothis dentocariosa sind Teil der kommensalen Mikrobiota. Diese Bakterien sind bei gesunden Menschen nicht pathogen, können aber bei immunsupprimierten oder immungeschwächten Patienten Krankheiten verursachen [12][18][19][21].
Infektionsprävention
Der Gesundheitszustand eines Patienten und die Risikofaktoren, die dazu führen, dass ein fakultatives Pathogen zu einer Erkrankung führt, sind jedoch nicht immer klar. Daher ist eine konsequente Einhaltung der Vorschriften und Empfehlungen zur Prävention von nosokomialen Infektionen sinnvoll und notwendig [16]. Wichtige Faktoren, die die Infektion und die klinische Manifestation der Krankheit bei Zahnärzten bestimmen, sind die Häufigkeit der Exposition gegenüber einem Erreger und seine Virulenz [22]. Folglich ist ein konsequentes präventives Verhalten von großer Bedeutung, da es in der zahnärztlichen Praxis unmöglich ist, zu beurteilen, ob ein Patient einen obligat oder fakultativ pathogenen Erreger in sich trägt, der in einer Dosis übertragen werden kann, die hoch genug ist, um eine anfällige zahnmedizinische Fachkraft zu schädigen.
Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass nur allgemein gesunde Patienten ohne bekannte Infektionserkrankungen in die Studie aufgenommen wurden. Möglicherweise findet sich bei kranken Patienten ein völlig anderes Bakterienspektrum, welches auf Stirn und Maske durch zahnärztliche Behandlungen transportiert wird.
Derzeit gibt es keine Empfehlungen für Zahnärzte, wie sie ihre Gesichtshaut reinigen oder desinfizieren können, um die während der Behandlung erworbene bakterielle Kontamination zu entfernen. Während der COVID-19-Pandemie hat sich das Hygieneverhalten bei der zahnärztlichen Behandlung nach unserer Beobachtung jedoch erheblich verändert. Bei aerosolerzeugenden Verfahren wird eine vollständige Schutzausrüstung getragen. Der Schutz der Gesichtshaut des Zahnarztes ist also zumindest vorläufig gewährleistet. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sollten jedoch bei der Entwicklung von Post-Corona-Empfehlungen nicht nur in Bezug auf künftige Pandemien berücksichtigt werden. Der Schutz der Stirn durch einen Gesichtsschutz (Visier) erscheint vorteilhaft und sollte als allgemeine Empfehlung gelten.
Schlussfolgerungen
Nach aerosolerzeugenden zahnärztlichen Behandlungen wird die Stirn des Behandlers signifikant geringer kontaminiert als die Außenfläche der chirurgischen Maske. Die physiologische Mikrobiota der Stirnhaut weist offensichtlich einen gewissen Schutz gegen die Kontamination mit fremden Mikroorganismen auf. Dennoch sollten exponierte Bereiche der Gesichtshaut des Zahnarztes als potenzielle Gefahr und als Quelle für die nosokomiale Übertragung von Mikroben auf Behandler und nachfolgende Patienten betrachtet werden. Zahnärzte müssen daher nicht nur während der Corona-Pandemie die Exposition der Gesichtshaut reduzieren und die Berührung der chirurgischen Masken während und nach der Behandlung vermeiden. Die allgemeine Verwendung eines Gesichtsschutzes ist sinnvoll.
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Die im Rahmen dieser Untersuchung erzielten Ergebnisse wurden mit Fokus auf die detaillierte Darstellung der typisierten Erreger in englischer Sprache unter dem Titel „Bacterial contamination of forehead skin and surgical mask in aerosol-producing dental treatment“ im September 2021 veröffentlicht <https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8462870/>, Journal of Oral Microbilogy 2021; 13(1): 1978731)
Manuskriptdaten
Zitierweise
Gund M, Boros G, Hannig M, Thieme-Ruffing S, Gärtner B, Rupf S: Kann die ungeschützte Stirnhaut nach zahnärztlicher aerosol- und tröpfchenproduzierender Behandlung eine potenzielle Infektionsquelle sein? WMM 2022; 66(4): 119-125.
Für die Verfasser
Oberstabsarzt d. R. Dr. Madline Gund, MBA
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde
66424 Homburg/Saar
E-Mail: madline.gund@uks.eu
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-6
Manuscript data
Citation
Gund M, Boros G, Hannig M, Thieme-Ruffing S, Gärtner B, Rupf S; Bacterial contamination of forehead skin and surgical mask in aerosol-producing dental treatment as a potential source of infection. WMM 2022; 66(4): 119-125.
Für die authors
Major (MC Reserve) Dr. Madline Gund, MBA
Clinic Department of Operative Dentistry, Periodontology and Preventive Dentistry Saarland University, Homburg, Germany
D-66424 Homburg/Saar
E-Mail: madline.gund@uks.eu
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-6
1 In diesem Beitrag wird zur besseren Lesbarkeit für Personen überwiegend die maskuline Form verwendet (Zahnarzt, Patient usw.); gemeint sind immer alle Geschlechter.