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Methoxyfluran in der taktischen Medizin:
Eine grüne Pfeife in grüner Umgebung

Methoxyflurane in Tactical Medicine: A Green Whistle in a Green Environment

Sebastian Webera, Florent Jossea

a Bundeswehrkrankenhaus Ulm – Department für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie

Zusammenfassung

Methoxyfluran ist ein sicheres, schnell wirkendes und effektives Arzneimittel („proof-of-concept“) zur patientengesteuerten Analgesie bei akuten traumaassoziierten, mittelstarken bis starken Schmerzen (NRS ≥ 4). Ausländische Streitkräfte nutzen Methoxyfluran bereits und zunehmend wird es auch von zivilen mobilen Rettungsteams (u. a. Berg-, Luft- und Pistenrettung, Expeditionsteams) in sogenannten „Austere/Remote Environments“ und in der „Wilderness Medicine“ geschätzt und angewendet.

Die Vorteile des Wirkstoffs liegen in der praktischen und patientengesteuerten Anwendung sowie dem schnellen Wirkeintritt bei gleichzeitig gutem Sicherheitsprofil. Methoxyfluran hat bei angemessener Ausbildung und Beachtung der spezifischen Besonderheiten das Potenzial, die Schmerztherapie in der taktischen Medizin zu ergänzen und erheblich zu verbessern.

Schlüsselwörter: Methoxyfluran, Schmerzmittel, patientengesteuerte Analgesie, Rettungsmedizin, taktische Medizin

Summary

Methoxyflurane is a safe, fast-acting, and effective „proof-of-concept“ medication for patient-controlled analgesia in cases of acute trauma-associated moderate to severe pain (NRS ≥ 4). Foreign military forces already utilize methoxyflurane, and it is increasingly appreciated and employed by civilian mobile rescue teams (including mountain, air, and ski patrol, as well as expedition teams) in so-called „Austere/Remote Environments“ and „Wilderness Medicine.“

The advantages of this compound lie in its practical and patient-controlled application, as well as its rapid onset of action, all while maintaining a favorable safety profile. With appropriate training and consideration of specific characteristics, methoxyflurane has the potential to supplement and significantly enhance pain management in tactical medicine.

Keywords: Methoxyflurane; analgesic; patient-controlled analgesia; emergency medicine; tactical medicine

Einleitung und Hintergrund

Die Behandlung und Linderung von Schmerzen ist eine Kernaufgabe des Sanitätspersonals. Eine suffiziente Schmerztherapie ist nicht nur unter ethischen Gesichtspunkten erforderlich, sondern sie ist auch ein wesentliches Qualitätsmerkmal unserer Behandlung und erleichtert den Umgang mit Verletzten. Schmerz ist ein häufiges Symptom bei Verwundungen. Eine schnelle und suffiziente Schmerztherapie im taktischen Umfeld ist herausfordernd. Die Ansprüche an das ideale Schmerzmittel in der taktischen Medizin sind umso höher: Es

  • ist kampfkrafterhaltend bzw. kompromittiert die Kampfkraft nicht,
  • erzeugt eine effiziente Schmerzlinderung,
  • ist einfach und unkompliziert zu applizieren,
  • erfordert keine speziellen Kenntnisse/Fertigkeiten oder Ausrüstung,
  • hat ein geringes Nebenwirkungsprofil ohne wesentliche Beeinflussung von Vitalfunktionen,
  • ist durch einen raschen Wirkbeginn und eine schnelle Elimination gut steuerbar,
  • hat ein geringes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial,
  • bietet ein gutes Sicherheitsprofil mit geringem Risiko für Überdosierung und schwerwiegende Reaktionen und
  • stellt keine speziellen Anforderungen bei Lagerung und Transport.

Methoxyfluran, ein inhalatives Nichtopioid-Analgetikum, erfüllt einige dieser Anforderungen und hat das Potenzial, Konzepte zur Schmerztherapie in der taktischen Medizin sinnvoll zu ergänzen. Dieser Beitrag dient nicht der umfassenden Darstellung der vielfältigen Optionen zur Schmerztherapie in der taktischen Medizin. Vielmehr ist dieser Artikel eine Vorstellung von Methoxyfluran und seiner Anwendung sowie Einordnung in der taktischen Medizin.

Was ist Methoxyfluran – the „Green Whistle“?

Methoxyfluran (International Union of Pure and Applied Chemistry, IUPAC: 2,2-Dichlor-1,1-difluor-1-methoxyethan) ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Inhalationsanästhetika. Es handelt sich um eine klare, farblose und flüchtige Flüssigkeit mit einem süßlich-fruchtigen Geruch.

Während der 1960–1970er Jahre wurde es zur Durchführung von klinischen Narkosen genutzt. Ein Vorteil im Vergleich zu anderen Inhalationsanästhetika (z. B. Halothan, Iso-, Des-, Sevofluran und andere) war die analgetische Komponente, die sich bis in die postoperative Phase erstreckte und die Opioidgaben reduzieren konnte [20][23][26].

Tab. 1: Nebenwirkungen von Methoxyfluran gemäß Fachinformation

Die größten Bedenken bei der Anwendung von Methoxyfluran beruhten zu dieser Zeit auf seinen nephrotoxischen Nebenwirkungen. Hier gab es Fallstudien mit postoperativem akutem Nierenversagen korreliert mit der Anwendung von Methoxyfluran als Allgemeinanästhe­tikum. Es konnte gezeigt werden, dass diese Nephrotoxizität durch die Freisetzung von anorganischen ­Fluoridionen (Serumfluoridkonzentration ≥ 40 µmol/L =^ Methoxy­fluranexposition ≥ 2,0 MAC1-Stunden) während der Biotransformation verursacht wird und dosisabhängig ist. Schon in subanästhetischen Dosierungen (max. 6 ml/Tag und 15 ml/Woche =^  0,59 MAC-Stunden) kann der analgetische Effekt erreicht werden, und es gibt keine Evidenz für Nephrotoxizität in diesem Bereich [12][14][21][27].

Abb. 1: Beispiel für einen Anwendungsalgorithmus von Methoxyfluran als Analgesieoption im taktischen Umfeld (die „Rückseite“ ist in Abbildung 4 dargestellt)

In Australien seit 1975 und in Neuseeland seit 2002 wird Methoxyfluran bereits in subanästhetischer Dosierung zur Schmerztherapie im Rettungsdienst in mehr als 5 Millionen Dosen ohne besondere Nebenwirkungen angewendet [2][4][9][19]. Die „STOP!“-Zulassungsstudie von Coffey et al. konnte im Jahre 2014 bestätigen, dass Methoxyfluran ein sicheres und effektives Arzneimittel ist [10]. Darüber hinaus zeigte sie zusätzlich, dass Schmerz signifikant reduziert und weniger Rescue-Medikation benötigt wird. Die Schmerzreduktion tritt im Median nach 4 min und damit deutlich früher als bei herkömmlichen Mitteln ein (intranasales Fentanyl 11 min, oromukosales Fentanyl 16 min, intravenöses Morphin 5 min) [10]. Mehrere prospektive randomisiert-kontrollierte Studien aus Italien (MEDITA-Trial 2019), Spanien (InMEDIATE-Trial 2020), Frankreich (PenASAP-Studie 2020) und Australien (RAMPED-Trial 2020) konnten die Effektivität und Sicherheit von Methoxyfluran in innerklinischen Notaufnahmen bekräftigen [5][7][25][29].

 

Eine weitere vielversprechende randomisiert-kontrollierte Phase-3-Studie (PreMeFen), die die Nichtunterlegenheit von Methoxyfluran zur prähospitalen Analgesie gegenüber der intranasalen Fentanyl- und intravenösen Morphingabe untersucht, läuft aktuell [33].

Methoxyfluran wurde 2018 durch die European Medicines Agency (EMA) in Europa zur patientengesteuerten Analgesie traumaassoziierter Schmerzen zugelassen. Auf dem internationalen Markt ist es unter dem Handelsnamen Penthrox® (umgangssprachlich „Green Whistle“) bekannt und verfügbar. Es wird derzeit von den pharmazeutischen Firmen Galen Limited aus Irland und Medical Developments International Limited aus Australien angeboten. Bis 2019 wurde es auch von Mundipharma International Corporation Limited aus dem Vereinigten Königreich vertrieben. Die Zulassung (seit 04/2018) von Penthrox® in Deutschland wurde am 16. Juli 2024 gelöscht. Gemäß § 31 Absatz 4 Arzneimittelgesetz „[...] darf das Arzneimittel noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung des Erlöschens nach § 34 folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden. [...]“ [8]. Für die weitere Verwendung in Deutschland über diesen Termin hinaus muss ähnlich wie bei den US-amerikanischen Streitkräften an einer gemeinsamen behördenübergreifenden Lösung gearbeitet werden [31].

Die Markteinführung in Deutschland durch Mundipharma wurde aufgrund von Zulassungs- und Anwendungsbeschränkungen sowie Problemen durch den Brexit jedoch eingestellt [1]. In Österreich wird es seit 2018 unter dem Handelsnamen Penthrop® durch Mundipharma Gesellschaft m.b.H. vertrieben. Methoxyfluran wird als Dampf über das sog. Inhalator-System Penthrox® durch die/den Verwundete/n selbst appliziert.

Tab. 2: Kontraindikationen von Methoxyfluran

Warum ist Methoxyfluran für die taktische Medizin geeignet?

Schmerztherapie ohne Zugang

Methoxyfluran kann effektiv zur Analgesie bei hämodynamisch stabilen Verwundeten mit traumaassoziierten mittelstarken bis starken Schmerzen (Numeric Rating Scale ≥ 4) eingesetzt werden. Es ermöglicht den medizinischen Teams, Verwundete zu behandeln, ohne auf die intravenöse Gabe von Arzneimitteln zurückgreifen zu müssen, was in taktischen und widrigen Umgebungen von Vorteil ist. Es kann somit die zeitliche Lücke bis zum oder während eines Transportes bzw. bis zur Etablierung eines intravenösen Zugangs und Wirkeintritt eines intranasalen/-muskulären/-venösen Schmerzmittels überbrücken und sogar ersetzen.

Logistik

Methoxyfluran ist relativ einfach über eine internationale Apotheke zu beschaffen und kann in vielen Ländern eingesetzt werden. Das Set aus 3ml-Medikamentenfläschchen und Inhalator mit Aktivkohlefilter ist klein, leicht (Gewicht: ca. 59 g) und kann gut in der Ausrüstung von Einsatzkräften oder Sanitätspersonal verpackt und transportiert werden.

Methoxyfluran hat keine besonderen Lagerungsbedingungen hinsichtlich der Temperatur und kann somit in allen Klimazonen und Höhenlagen genutzt werden. Methoxyfluran wird nicht in Druckgasbehältern aufbewahrt oder als Gefahrgut klassifiziert. Es unterliegt damit national und international keinen gesonderten Transportregularien (z. B. von Flugbehörden). Es unterliegt auch nicht dem Betäubungsmittelgesetz und ist somit deutlich einfacher zu bewirtschaften und zu verteilen.

Abb. 3: One Minute Wonder „Arzneimittelsteckbrief Methoxyfluran“

Einfachheit und Praktikabilität

Methoxyfluran wird über einen Inhalator durch die/den Verwundete/n selbst appliziert. Dies erfordert keine komplexe medizinische Ausrüstung oder Ausbildung. Anwendende müssen auch keine gewichtsbezogenen Dosierungen lernen. Dies macht die Anwendung einfach, schnell und stressresistent.

Schnelle Wirkung und Elimination

Methoxyfluran wirkt schnell (bereits nach ca. 6–10 Inhalationen), was in taktischen Situationen entscheidend ist, in denen es darauf ankommt, die/den Verwundete/n innerhalb kürzester Zeit zu beruhigen, zu stabilisieren und zu transportieren. Die Wirkdauer hält je nach Inhalationsintensität (intermittierende > kontinuierliche Inhalation zur Wirkungsverlängerung) für ca. 30–45 min an. Der Wirkstoff wird aber ebenfalls schnell eliminiert und wieder abgeatmet. Mögliche Nebenwirkungen klingen schnell ab, die/der Verwundete bleibt ggf. selbstständig und der neurologische Zustand kann weiterhin gut beurteilt werden.

Rechtliches

Methoxyfluran unterliegt nicht dem Betäubungsmittelgesetz. Es kann somit auch nach entsprechender Schulung ohne hohe rechtliche Hürden durch nicht-ärztliches Sanitätspersonal eingesetzt werden und erweitert dessen Handlungsspielraum. Es entfällt dadurch zudem die aufwendige Verabreichungsdokumentation wie bei Opioiden.

Geringe Nebenwirkungen

Insbesondere im Vergleich zu opioidhaltigen Schmerzmitteln weist Methoxyfluran weniger schwerwiegende Nebenwirkungen auf und hat ein geringeres Abhängigkeitspotenzial. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schwindelgefühl und initialer Hustenreiz, der jedoch nach 2–3 Atemzügen nachlässt; weitere sind u. a. Kopfschmerzen und Benommenheit (Tabelle 1). Diese sind aber auch wiederum davon abhängig, wie viel und schnell die/der Verwundete Methoxyfluran inhaliert. Die/der Verwundete titriert und kontrolliert die eigene Therapie.

Abb. 4: One Minute Wonder „Anwendung von Penthrox® “gemäß Fachinformation (auch als Rückseite für den Algorithmus gem. Abbildung 1 verwendbar)

Anwendung von Methoxyfluran/Handlungs­empfehlungen

Methoxyfluran hat nicht nur Einzug in die innerklinische Notfallmedizin gehalten. Es wird zunehmend auch im präklinischen Umfeld von (nicht-)ärztlichem Sanitätspersonal verwendet. In Deutschland und international wird Methoxyfluran von verschiedenen zivilen boden- und luftgebundenen Rettungsdiensten genutzt [6][22][34][35][38].

Im militärischen Umfeld verwenden die australischen, britischen, französischen, neuseeländischen und US-amerikanischen Streitkräfte Methoxyfluran [11][24][31]. In den aktuellen Handlungsempfehlungen 2024 zur taktischen Verwundetenversorgung (Tactical Combat Casualty Care) ist Methoxyfluran zwar noch nicht erwähnt, könnte sich aber innerhalb des bisherigen Analgesiekonzeptes aus 4 Optionen als Nichtopioid-Lösung etablieren (Abbildung 1) [13][31].

Von besonderem Interesse in der taktischen Medizin ist auch der Massenanfall von Verletzten (MANV, englisch MASCAL). Lebensrettende Sofortmaßnahmen haben zwar die höchste Priorität. Es handelt sich hierbei aber auch um sehr schmerzhafte Verletzungen, weshalb eine adäquate Schmerztherapie rechtzeitig antizipiert werden sollte. In einer Aufarbeitung von zehn militärischen ­MASCAL der US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan konnte gezeigt werden, dass Schmerztherapie eine vernachlässigte prähospitale Maßnahme ist und nur zu 17 % durchgeführt wird [32]. Betrachtet man die Zahlen im zivilen Umfeld, fällt die Quote noch geringer aus. Nur 3,2 % aller Arzneimittel, die durch Rettungsdienstpersonal bei einem zivilen MANV gegeben worden sind, waren Schmerzmittel [16]. Methoxyfluran kann die zeitliche Lücke füllen, bis durch entsprechendes Personal eine klassische Schmerztherapie z. B. mittels intravenöser Analgesie vorgenommen werden kann [36].

In Situationen, in denen der Zugang zu Verwundeten und damit die Durchführbarkeit medizinischer Maßnahmen oder zu medizinischen Einrichtungen erschwert ist (z. B. extreme Umweltbedingungen oder widrige Umgebungen (sog. „austere/remote environments“)), wurde Methoxy­fluran als wertvolle Option erkannt. Es wird u. a. von Rettungsteams der Berg- und Pistenrettung mit Erfolg und Zufriedenheit eingesetzt [3][15][17][30][37][39].

Die jüngste Anerkennung in diesem Umfeld hat Methoxyfluran durch die Erwähnung im Stufenschema der Handlungsempfehlungen 2024 zur Behandlung von akutem Schmerz in „austere environments“ der Wilderness Medical Society erhalten [18]. Die Autoren selbst wenden Penthrox seit über drei Jahren erfolgreich in der Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme am Bundeswehrkrankenhaus Ulm und in der Präklinik an und können die positiven Berichte, Studien und Wirkung nur bestätigen. Abbildung 2 zeigt beispielhaft den Handlungsalgorithmus, wie er am Zentrum für Notfallmedizin am Bundeswehrkrankenhaus Ulm verwendet wird.

Herausforderungen und Überlegungen

Kontraindikationen

Wie jedes Arzneimittel hat auch Methoxyfluran spezifische Kontraindikationen und sollte bei bestimmten Patientengruppen (z. B. hämodynamisch instabile Verwundete) mit Vorsicht eingesetzt werden (siehe Tabelle 2).

Schulung und Ausbildung

Methoxyfluran kann nur sicher und effektiv eingesetzt werden, wenn Anwendende eine angemessene Schulung in der Handhabung des Arzneimittels und der Überwachung der Verwundeten erhalten. Dies kann relativ einfach z. B. in Form einer digitalen Fortbildung (z. B. Ausbildungsplattform der Bundeswehr „Link and Learn“, Podcast, ...) oder einer herkömmlichen Schulung durch vorgesetztes Sanitätspersonal erfolgen. Abbildungen 3 und 4 zeigen Beispiele für einen Teil einer solchen Schulung in Form von sog. One Minute Wonder.

Regelmäßige Aus- und Fortbildung sind wichtig, um Ausbildungsdefizite rechtzeitig aufzudecken, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln und damit die Handlungssicherheit im taktischen Umfeld zu verbessern [28].

Rechtliche und regulatorische Fragen

Militärkräfte, staatliche Behörden und NGO erfüllen ihren Auftrag weltweit. In einigen Ländern können rechtliche Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung von Methoxyfluran bestehen. Einsatzkräfte und Sanitätspersonal, die Methoxyfluran verwenden, müssen sich vorab über die regional geltenden Vorschriften informieren.

Die Bundeswehr konnte Methoxyfluran durch die Zentrale Arzneimittelkommision der Bundeswehr (ZAMKBw) erneut zulassen und eine entsprechende Vorlage liegt aktuell zur Prüfung beim Bundesministerium für Gesundheit. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es in naher Zukunft Bestandteil des Individual First Aid Kit (IFAK) für Soldat:innen der Bundeswehr sein.

Literatur

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  2. Bendall JC, Simpson PM, Middleton PM: Prehospital analgesia in New South Wales, Australia. Prehosp Disaster Med 2011; 26(6): 422-6. mehr lesen
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  6. Bowl M, Mann V, Martens F, et al.: Methoxyfluran beim traumaassoziierten Schmerz – Fallberichte und Literaturüberblick. Notarzt 2021; 37(01): 17–24. mehr lesen
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  11. Cohen HML, Wolstenholme R: Penthrox: a breath of PHEC air for the military? BMJ Mil Health 2020; 166(4): 257–260. mehr lesen
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1 MAC = Monitored Anaesthesia Care

 

 

Manuskriptdaten

Zitierweise

Weber S, Josse F: Methoxyfluran in der taktischen Medizin: eine grüne Pfeife in grüner Umgebung. WMM 2025; 69(6): 295-302.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-547

Für die Verfasser

Oberfeldarzt Dr. Florent Josse

Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Department für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie

Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm

E-Mail: florentjosse@me.com

Manuscript Data

Citation

Weber S, Josse F: Methoxyflurane in Tactical Medicine: a Green Whistle in a Green Environment. WMM 2025; 69(6E): 8.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-503

For the Authors

Lieutenant Colonel (MC) Dr. Florent Josse, MD

Bundeswehr Hospital Ulm

Department of Anesthesiology, Intensive Care, Emergency Care, Pain Treatment

Oberer Eselsberg 40, D-89081 Ulm

E-Mail: florentjosse@me.com

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