Abb. 1: Impfung zum Schutz vor Affenpocken
„Quo vadis Tropenmedizin 2.0?“
Quo vadis Tropical Medicine in Military Healthcare?
Dorothea Wiemer a, Matthis Feischen a, Christian Koenig b, Matthias Halfter a, Nino Neumann c, Behruz Foroutan c
a Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Klinik I, Fachbereich Tropenmedizin/Infektiologie
b Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Abteilung XXI, Mikrobiologie und Krankenhaushygiene
c Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Klinik I, Schwerpunkt Infektiologie/Tropenmedizin
Die Autoren sind sich der Problematik der gendergerechten Sprache bewusst. Zur besseren Lesbarkeit wird überwiegend nur die männliche Form (z. B. Soldat) benutzt. Gemeint sind immer alle Geschlechter.
Zusammenfassung
Mobilität, Klimawandel, Krisen, Kriege, Migrationsströme und viele weitere Faktoren führen zum Auftreten von Infektionserkrankungen weit über ihre ursprünglichen Verbreitungsgebiete hinaus. Wenn bei ihrer Auftragserfüllung exponierte Soldaten trotz ausgedehnter Force Health Protection Maßnahmen (FHP) erkranken, muss entsprechend ausgebildetes medizinisches Personal in der Lage sein, die Erkrankungen zu erkennen, zu managen und zu behandeln. Eine Trennung von Tropenmedizin und Infektiologie ist dabei nicht zielführend. Stattdessen muss eine Ausbildung über Infektionskrankheiten aller Klimazonen und deren fachgerechte Behandlung unter Berücksichtigung von Erregerresistenzen erfolgen. Die Bundeswehrkrankenhäuser der Metropolen Berlin und Hamburg mit den Schwerpunkten Infektiologie und Tropenmedizin haben bisher für das Inland die Versorgung im ambulanten und stationären Bereich sichergestellt und die Truppenärzte fachlich unterstützt. Sie werden jetzt zunehmend enger im Bereich Weiterbildung, Spezialisierung, Nachwuchsgewinnung und Einsatzausbildung auf höchstem Niveau zusammenarbeiten und so die jahrelange Expertise in den Bereichen Tropenmedizin und Infektiologie synergistisch nutzen.
Schlüsselwörter: Tropenmedizin, Infektiologie, Einsatzausbildung, Bundeswehrkrankenhaus, Hamburg, Berlin
Summary
Mobility, climate change, crises, wars, migratory flows and many other factors lead to the emergence of infectious diseases far beyond their original distribution areas. If, despite extensive Force Health Protection (FHP) measures, exposed soldiers fall ill while on mission, appropriately trained medical personnel must be able to recognize, manage and treat infectious diseases. A separation of tropical diseases from infectious diseases is not expedient. In the future, training should include the knowledge of infectious diseases of all climatic zones and their professional treatment, taking into account pathogen resistance. The Bundeswehr Hospitals in the cities of Berlin and Hamburg, with their focus on infectious diseases and tropical medicine, have so far provided outpatient and inpatient care for Germany and given the army doctors professional support. They will now cooperate increasingly closer in the areas of advanced medical training, specialization, recruitment of junior staff and operational training at top level, thus synergistically utilizing their many years of expertise in the fields of tropical medicine and infectious diseases.
Keywords: Tropical medicine, Infectious diseases, Training, Missions, Bundeswehr Hospital, Hamburg, Berlin
Hintergrund
Erkrankungen, wie zum Beispiel die Affenpocken, die zuvor nur in abgelegenen Gebieten der Tropen beschrieben waren, können heute jede Region auf der Welt erreichen. Sogenannte „Emerging Diseases“ haben in einigen Teilen Europas Ausbrüche verursacht oder sind mittlerweile zusammen mit ihren Vektoren endemisch. Als Beispiel seien West-Nil-Virus Infektionen (WNV), Krim-Kongo-Fieber (CCHF), Dengue-Virus Infektionen (DENV) oder die Erreger der kutanen Leishmaniose genannt. Multiresistente Bakterien und Pilze, die als Kommensalen im Rahmen von Operationen in Krisengebieten importiert werden, bedrohen die Gesundheit des verwundeten Soldaten ebenso wie die Patienten mit schwerer Grunderkrankung oder Immunsuppression. Wer fragt hier noch, ob es sich nun um Tropenkrankheiten oder Infektionskrankheiten handelt und ob man beide nicht unterscheiden müsse? Die Aufgaben für die Bundeswehr und die damit verbundenen Herausforderungen in der sanitätsdienstlichen Versorgung mögen sich jetzt mehr auf Landes- und Bündnisverteidigung fokussieren, aber auch dann ist damit zu rechnen, „dass das mögliche Operationsgebiet eine Vielfalt von Klimazonen umfasst und in deutlicher räumlicher Distanz zur Basis Inland liegt“ [1]. Eine strenge Unterscheidung zwischen Tropenmedizin und Infektiologie ist in diesem Kontext nicht mehr sinnvoll.
Maßnahmen im Sinne der Force Health Protection wie Einsatzvorbereitung, Medical Intelligence, Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung, Chemoprophylaxe, Impfungen und Surveillance verringern den Einfluss von Infektionskrankheiten aller Art auf die Einsatzfähigkeit der Truppe, können aber deren Auftreten nicht völlig verhindern. Idealerweise erkennt gut ausgebildetes medizinisches Personal vor Ort im Einsatz mögliche Infektionsquellen, kann adäquat diagnostizieren bzw. behandeln und die Gefährdung des Einzelnen oder der Gemeinschaft beurteilen. Dies setzt im Einsatz wie im Inland die entsprechende Expertise im Umgang mit Infektionskrankheiten in allen Klimazonen voraus.
Bereits an anderer Stelle wurde skizziert, dass es das „Ziel (sein muss) den Idealtypus de(r/s) „Einsatzmediziner(in/s) konservativ“ auszubilden (..). Dieser (…) berücksichtigt differenzialdiagnostisch ein immer neues Spektrum von Erkrankungen, abhängig von Ort, Jahreszeit, Epidemiologie, Exposition und(…) klinischer Präsentation. Er weiß um die Notwendigkeit der multinationalen Verständigung und Zusammenarbeit (…). All dies muss unter widrigen Bedingungen mit ggf. erheblich eingeschränkter Infrastruktur, den Besonderheiten fremder soziokultureller Rahmenbedingungen und ohne nachhaltige Einschränkung der Einsatzfähigkeit der anvertrauten Soldaten gelingen“ [2]. Dieser konservative Einsatzmediziner stellt in Bezug auf Tropen- und Infektionskrankheiten eine Schnittstelle zwischen Labor, Hygiene und Public Health Institutionen, Apotheke und Klinik dar. Er muss sowohl die präventiven als auch die kurativen individualmedizinischen Forderungen im Kontext einer militärischen Operation sicherstellen können.
Angebot an medizinischen Leistungen im Rahmen der Infektiologie und Tropenmedizin
Die erforderliche Kernkompetenz „Infektiologie und Tropenmedizin“, die für eine hochwertige Ausbildung eines solchen Personalpools notwendig ist und die eine fachgerechte Behandlung der Soldaten im Heimatland und im Einsatz sicherstellt, wird im Schwerpunkt in den Bundeswehrkrankenhäusern der Metropolen Berlin und Hamburg abgebildet. Beide Häuser sind in den Bereichen Infektiologie und Tropenmedizin in vielfältiger Weise mit zivilen nationalen und internationalen Referenzzentren vernetzt. Hier seien die Universitätskliniken vor Ort oder z. B. Arbeitskreise wie der „Ständige Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger“ (STAKOB) am Robert-Koch-Institut (RKI) genannt.
Am Standort Hamburg unterhält der Sanitätsdienst eine seit vielen Jahren etablierte zivil-militärische Kooperation mit dem Bernhard-Nocht-Institut (BNI), dem nationalen Referenzzentrum für Tropenmedizin, und dem Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE). Der Fachbereich Tropenmedizin und Infektiologie (FbTropMedInf) des Bundeswehrkrankenhauses (BwKrhs) Hamburg mit Standort am BNI versorgt in seiner eigenen Ambulanz Soldaten mit gesundheitlichen Beschwerden nach Auslandseinsätzen, berät zu Impfungen und Prophylaxen, auch telefonisch im Rahmen der „Impfhotline“, und betreut Patienten mit chronischen Infektionskrankheiten. Einmal wöchentlich findet eine tropendermatologische Sprechstunde statt. Neu hinzu gekommen ist die Bereitstellung der Präexpositionsprophylaxe HIV (PrEP) und das dazu gehörige Monitoring.
Durch die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern BNI und UKE im Bereich Tropenmedizin und Infektiologie besteht Zugang zu dem Patientengut einer der größten tropenmedizinischen Ambulanzen in Deutschland und damit die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zur Diagnostik und Behandlung bei tropenmedizinischen Fragestellungen im Inland zu sammeln (Abbildung 1).
Abb. 2: Die Kooperation zwischen dem Bernhard-Nocht-Institut und dem BwKrhs Hamburg hat sich seit vielen Jahren bewährt.
Besonderes Alleinstellungsmerkmal des FbTropMedInf ist die Expertise im Umgang mit Erkrankungen durch hochpathogene Erreger. Dies betrifft sowohl die Behandlung von Patienten als auch die Umsetzung von „Barrier Nursing“ unter unterschiedlichen Bedingungen, z. B. im Feldlager, in einer Notaufnahme, in einem Behandlungszentrum für hochpathogene Erreger oder im Rahmen von Hilfsaktionen.
Für die Soldaten, die stationär behandelt werden müssen, stehen die Abteilungen des BwKrhs Hamburg oder die Bernhard-Nocht-Klinik (BNK) des Kooperationspartners UKE zur Verfügung. Im BwKrhs Hamburg selbst existiert die Möglichkeit zur Einzel- oder Kohortenisolation von Patienten. Ein durchgehender Rufdienst stellt die Verfügbarkeit von infektiologischer, tropenmedizinischer und mikrobiologischer Fachkenntnis für alle Fachabteilungen über 24 Stunden sicher. Wöchentlich findet eine Antibiotic Stewardship (ABS)-Visite auf der Intensivstation unter Mitwirkung der behandelnden Intensivmediziner und den Mitarbeitern der Apotheke, Krankenhaushygiene, Infektiologie und Mikrobiologie statt. Der FbTropMedInf hat die volle Weiterbildungsermächtigung für die Zusatzbezeichnung (ZWB) „Infektiologie“ und gemeinsam mit dem Kooperationspartner UKE für die ZWB „Tropenmedizin“.
Im BwKrhs Berlin, im Herzen der Hauptstadt, besteht eine langjährig gewachsene Expertise in der Behandlung von Reiserückkehrern mit Tropen- und Infektionserkrankungen, sowohl ambulant, zusammen mit der Dermatologie, als auch stationär. Die Abteilungen Labormedizin und Mikrobiologie sind äußerst leistungsfähig und bieten ein breites Spektrum an eigener Diagnostik (Abbildung 3).
Abb. 3: Malaria tropica – Nachweis eines Gametozyten von P. falciparum im Blutausstrich
Die Klinik für Innere Medizin ist mit einer modernen Infektionsstation ausgerüstet, die auch die Behandlung von Erkrankungen durch hochpathogene Erreger ermöglicht. Hier finden sich außerdem kompetente Ansprechpartner zu allen Fragen der sexuellen Gesundheit. Seit vielen Jahren – bereits vor der Implementierung durch den Gesetzgeber 2019 – existiert in der Ambulanz der Inneren Medizin eine HIV-PrEP Sprechstunde. Derzeit in der Implementierung befindet sich der Anschluss des BwKrhs Berlin an die „Fast Track City“-Initiative zum Erreichen der 95/95/95-Ziele der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Bekämpfung der HIV-Pandemie. Dabei soll es ambulanten Patienten in der Notaufnahme oder den Fachuntersuchungsstellen niederschwellig ermöglicht werden, einen HIV-Test zu machen. Ein telefonischer Notdienst („Infektophon“) berät 24/7 zu Infektions- und Tropenerkrankungen sowie zu Prophylaxen, vor oder nach Expositionen. Die Abteilung Innere Medizin besitzt die volle Weiterbildungsermächtigung für die „Infektiologie“.
ABS im Sanitätsdienst wurde zuerst am BwKrhs Berlin als Instrument zum rationalen Umgang mit Antibiotika eingeführt und evaluiert, bevor es in allen Bundeswehrkrankenhäusern angewendet wurde. Im letzten Jahr konnte der erste Lehrgang „Basisqualifikation ABS-beauftragter Arzt“ nach dem Curriculum der Deutschen Ärztekammer am BwKrhs Hamburg stattfinden (Abbildung 4). Im Jahr 2022 wird das BwKrhs Ulm Gastgeber sein.
Abb. 4: Lehrgang „Basisqualifikation ABS-beauftragter Arzt“ nach dem Curriculum der Deutschen Ärztekammer am BwKrhs Hamburg
Synergien nutzen
Gemeinsam werden sich beide Metropolkrankenhäuser zukünftig auch in anderen Bereichen der Ausbildung engagieren. Als Pilotprojekt wird das monatlich stattfindende „InfektioBoard“ als Live-Stream angeboten. Dieses Angebot richtet sich an interessierte Mitarbeiter, besonders aber an die Weiterbildungsassistenten aller Fachrichtungen an beiden Standorten. Es werden Fragen der rationalen Antibiotikatherapie durch interaktive Fallbesprechung zu infektiologischen und tropenmedizinischen Themen erörtert und diskutiert. Dies führt neben dem Wissenszuwachs außerdem zu einer höheren Awareness für die Problematik des unreflektierten Antibiotikagebrauchs in der medizinischen Behandlung, sowohl im Inland als auch im Einsatz.
Die Unterstützung mit Referenten und Ausbildern aus dem BwKrhs Berlin bei Lehrgängen am FbTropMedInf in Hamburg ermöglicht das Lehrgangsangebot zu erweitern, bzw. es noch individualisierter auf die Bedürfnisse der Angehörigen des Sanitätsdienstes im Einsatz zuzuschneiden. Schließlich wird an beiden Standorten eine einwöchige Individualausbildung für Sanitätsoffiziere, deren Einsatz in tropischen Gebieten unmittelbar bevorsteht, nach Absprache (theoretisch und praktisch) im 1:1 „Teaching“ angeboten. Dieses Angebot wird sehr gut angenommen und verbessert die Handlungssicherheit im Einsatz.
Für internationalen Wissensaustausch und Intensivierung der Zusammenarbeit hat sich das „Symposium on Tropical Medicine and Infectious Diseases in an International Military Context“ als Plattform etabliert, welches dieses Jahr zum dritten Mal stattfand (siehe nachfolgender Bericht). Weitere, standortübergreifende, gemeinsame Projekte zu Ausbildung und Weiterqualifikation von Personal sind in der Planung.
Ausblick
Neben der bereits bestehenden hohen traumatologischen und chirurgischen Reputation existiert im Bereich der Infektiologie und Tropenmedizin ebenfalls ein nationales und internationales Renommee des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Die Bewahrung der Weiterbildungskompetenz ist die fundamentale Basis zur Ausbildung klinisch tätiger und beratender Tropenmediziner und Infektiologen. Die Ausbildung in der Tropenmedizin im Speziellen schafft die eingangs geforderte Fähigkeit, situationsangepasst mit eingeschränkten Mitteln Differentialdiagnostik zu betreiben, rational, Syndrom-basiert zu behandeln, sich einigermaßen sicher in einem fremden soziokulturellen Umfeld zu bewegen und die vorhandenen Ressourcen sinnvoll zu nutzen. Die im Jahr 2021 implementierte Allgemeine Regelung C1–873/0–4020 „Tropenmedizinische Qualifizierung“ [3] gibt hierfür die organisatorische Grundlage sowie die Weisung zur Personalgewinnung, Ausbildung und In-Übungshaltung vor. Es sollte zahlenmäßig ein personelles Rückgrat aufgebaut werden, das sowohl geplanten Kontingentsrotationen als auch ad-hoc Einsätzen standhalten sowie auch die entsprechend qualifizierte fachliche Ausbildung sicherstellen kann. Geeignetes Personal für diese Ausbildung muss aktiv identifiziert und dann auf dem Weg zur Qualifikation konsequent unterstützt werden, so dass sich diese in die Laufbahn- und Lebensplanung der Soldaten einfügt. Gerade in einer Zeit, in der der oft zitierte „Weg des geringsten Widerstands“ durchaus ein akzeptiertes Karrieremodell ist, erfordert die Situation einen konzeptuellen Kulturwandel der üblicherweise praktizierten Personalentwicklung und frühzeitige Kontaktfindung mit der Zielgruppe.
Fazit
- Tropen- und Infektionserkrankungen werden weltweit eine zunehmende Belastung und sind im wehrmedizinischen Kontext nicht mehr scharf voneinander abgrenzbar.
- Fundierte sanitätsdienstliche Fähigkeiten auf diesem Gebiet sind unverzichtbar für eine hochqualifizierte Versorgung in sämtlichen Einsatzszenarien, inklusive der Landes- und Bündnisverteidigung.
- Die Bundeswehrkrankenhäuser der Metropolen Berlin und Hamburg bilden die Kernkompetenz „Infektiologie/Tropenmedizin“ im Systemverbund ab und arbeiten synergistisch mit zivilen Kooperationspartnern zusammen.
- Diese spezialisierten wehrmedizinischen Behandlungseinrichtungen bilden das Rückgrat für die Ausbildung von Personal und stellen die fachgerechte Behandlung der Soldaten sicher.
- Tropenmedizin und Infektiologie können eine weitere repräsentative Säule des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit nationaler und internationaler Reputation werden.
Literaturverzeichnis
- K1–9000/4014 Absatz 3015 „Grundsätze für die sanitätsdienstliche Unterstützung der Bundeswehr im Einsatz“
- Frey C., Frickmann H., Wiemer D.: „Quo vadis Tropenmedizin?“ – Neue Perspektiven für die Tropenmedizin in der Bundeswehr, Wehrmedizinische Monatsschrift 60 (2016), 8/16: 250–253 mehr lesen
- 3. C1–873/0–4020 Allgemeine Regelung „Tropenmedizinische Qualifizierung“
Bildquellennachweis:
Bei der Verfasserin, BwKrhs Hamburg.
Manuskriptdaten
Zitierweise
Wiemer D, Feischen M, Koenig C, Halfter M, Neumann N, Foroutan B:
„Quo vadis Tropenmedizin 2.0?“ WMM 2022; 66(11): 393-397.
Für die Verfasser
Oberfeldarzt Dr. Dorothea Wiemer
Fachbereich Tropenmedizin/Infektiologie am Bernhard-
Nocht-Institut, Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Bernhard-Nocht Str. 74, 20359 Hamburg
E-Mail: dorotheafranziskawiemer@bundeswehr.org,
wiemer@bnitm.de
Manuscript Datadata
Citation
Wiemer D, Feischen M, Koenig C, Halfter M, Neumann N, Foroutan B:
[Quo vadis Tropical Medicine in Military Healthcare?] WMM 2022; 66(11): 393-397.
For the Authors
Lieutenant Clolonel Dr. Dorothea Wiemer
Section Tropical Medicine/IInfectious Diseases of Bernhard-
Nocht-Institute, Bundeswehr Hospital Hamburg
Bernhard-Nocht Str. 74, D-20359 Hamburg
E-Mail: dorotheafranziskawiemer@bundeswehr.org,
wiemer@bnitm.de
3rd Symposium on Tropical Medicine and Infectious Diseases in an International Military Context 2022
Vom 25. bis 26. August 2022 fand in Hamburg das “3rd Symposium on Tropical Medicine and Infectious Diseases in an International Military Context“ statt. Veranstalter war die Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie mit tatkräftiger Unterstützung von Mitarbeitern des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg. Mit dem dritten Durchgang dieses Symposiums in Hamburg (erstmalig im Jahr 2016, danach im Jahr 2019) hat sich bereits jetzt ein traditionelles Format entwickelt, das der Sonderstellung des Fachbereichs Tropenmedizin des BwKrhs Hamburg am Bernhard-Nocht-Institut Rechnung trägt. In diesem Jahr hatte die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg dankenswerterweise Räumlichkeiten für die Tagung zur Verfügung gestellt. Für dieses international ausgeschriebene Symposium hatten sich über 80 Teilnehmer aus 19 Ländern angemeldet, um sich mit den unterschiedlichen Themenbereichen aus der Tropenmedizin und der Infektiologie zu beschäftigen.
In der ersten Plenarsitzung berichtete Dr. Le Dault aus Frankreich über die Risikobewertung von Infektionskrankheiten bei aus Einsätzen rückkehrendem Militärpersonal (Abb.1). In diesem Zusammenhang wurde z. B. das Folgerisiko für Dengue Fieber als hoch eingestuft, da die Überträgermücke Aedes albopictus in Frankreich endemisch ist. Andererseits wurde auf durch Aerosol verbreitete Erkrankungen wie z. B. Tuberkulose oder Influenza hingewiesen. Dr. Burns aus Großbritannien referierte über die insgesamt überraschend häufig aufgetretenen Infektionskrankheiten bei der militärischen Evakuierungsoperation im August 2021 am Kabul International Airport – das medizinische Team war eher auf Traumatologie ausgerichtet – und wies ebenfalls auf die hohe Prävalenz von Tuberkulose hin. Per Video hochaktuell wurde aus der Ukraine über die multiresistente Keimbesiedelung von Kriegswunden berichtet. Außerdem informierten die anwesenden ukrainischen ärztlichen Kolleginnen über einen Ausbruch durch einen Vakzin-abgeleiteten Poliovirus Typ-2 bei suboptimaler oraler Polioimpfrate in der Bevölkerung.
Abb. 1: Dr. Erwan Le Dault aus Frankreich beim Vortrag
Auf Grund der Fülle angemeldeter Präsentationen musste das Programm nach dem Plenum in zwei Parallelsitzungen abgearbeitet werden. Dabei wurde ein breites Spektrum an Themen angeboten: von einer kritischen Zwischenbilanz zum Thema Covid-19 in Deutschland mit Vorstellung eines 5-Phasenmodells für ein zukünftiges pandemisches Management, über die Rolle des militärischen Sanitätsdienstes bei der Covid-19 Bekämpfung in Tunesien und eine Modellbildung zu diesem Virus für Westafrika bis zum per Video zugeschalteten Experten aus Belgien, der in einem interessanten Vortrag über die Verbesserung präventiver Maßnahmen für kurzfristig anberaumte militärische Auslandseinsätze sprach.
Weitere Themen reichten von der Einschleppung von Malaria-Fällen durch Militärpersonal nach Tunesien, einem Update zu einem tetravalenten Dengue-Impfstoff-Kandidaten, zur Prävalenz von Hepatitis C bei freiwilligen Blutspendern unter Rekruten der US Air Force, über intestinale Parasiten bei in den USA einreisenden Flüchtlingen aus Afghanistan und der Ukraine, zu einem ungewöhnlichen Ausbruch einer Cryptosporidiosis bei einer britischen Trainingsmission in Kenia, über unterschiedliche Mücken-Vektor-Dynamiken bei Bundeswehrcamps in Asien und Afrika bis hin zum Vergleich pulmonaler Tuberkulose bei alliierten Soldaten und bei der lokalen Bevölkerung in Südafrika.
Als ein Schwerpunkt innerhalb der verschiedenen Sitzungen entwickelte sich das Thema Modellierung des Verlaufes infektiologischer Erkrankungen, zu SARS-CoV-2 in Westafrika und Honduras, zu Cholera in Haiti sowie zu zukünftigen vom Klimawandel begünstigten potentiellen Entwicklungen von Malaria in Deutschland. Viele weitere interessante Inhalte kamen ebenfalls zur Sprache, ohne sie hier im Einzelnen aufzuzählen.
Zum Abschluss des ersten Symposiumtages gab es eine interaktive TED-Sitzung. Neben einem sehr kniffligen Tropendermatologie-Quiz wurden Publikumsfragen gestellt zu Vorträgen über den Biss einer giftigen Spinne in Mexiko (Abb. 2), zu einem komplex erscheinenden Patienten mit Abdominalschmerz sowie zu dem Fall eines Soldaten, der aus dem Auslandseinsatz aus Süd-Sudan zurückkehrte und bei dem sich die Diagnose eines Afrikanischen Zeckenbissfiebers ergab.
Abb. 2: Dr. Tina Ullmann befasste sich mit Wundheilungsstörungen nach Spinnenbiss.
Wie bereits während der Pausen zwischen den Sitzungen gab es beim Congress Dinner in entspannter Atmosphäre einen lebhaften Austausch über unterschiedliche Erfahrungen im internationalen Bereich. Alte Verbindungen wurden aufgefrischt und neue geknüpft.
Der zweite Symposiumstag war wiederum geprägt von exzellenten Vorträgen und regen Diskussionen. Beispielsweise berichtete Prof. Dr. Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut über ein „Early Warning System for Mosquito Borne Diseases in Germany“. Schließlich waren alle Teilnehmenden von der Möglichkeit begeistert, sich wieder in Präsenz zu treffen und miteinander zu diskutieren. Wiederholt wurde vor allem von den internationalen Teilnehmern darum gebeten, dieses Symposium auch weiterhin durchzuführen, und so geht die feste Planung dahin, das „4th Symposium on Tropical Medicine and Infectious Diseases in an International Military Context“ im Jahr 2024 in Hamburg zu veranstalten.
Generalarzt a. D. Dr. Joachim Hoitz, Hamburg