Zum 70. Geburtstag
Generaloberstabsarzt a. D. Dr. med. Ingo Patschke
Am 20. Oktober 2022 vollendete Generaloberstabsarzt a. D. Dr. med. Ingo Patschke sein 70. Lebensjahr.
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr gratuliert seinem ehemaligen Inspekteur herzlich und wünscht ihm weiterhin alles erdenklich Gute, Freude und Erfüllung, aber vor allem Gesundheit.
Generaloberstabsarzt a. D. Dr. Patschke wurde am 20. Oktober 1952 in Fürth geboren.
Nach einer kurzen Stippvisite 1972 als Soldat auf Zeit, trat er 1977 erneut in die Bundeswehr ein und studierte Humanmedizin in Erlangen.
Klinische Erfahrungen sammelte Dr. Patschke ab 1982 als Stabsarzt und Assistenzarzt am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg und ab 1984 als Truppenarzt beim Fernmeldebataillon 120 in Rotenburg/Wümme, bevor er 1986 als Referent InSan I 2 in das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) in Bonn wechselte.
Nach der erfolgreichen Teilnahme am 30. Generalstabslehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg (FüAkBw) war er von 1989 bis 1990 als Austauschoffizier an der Academy of Health Sciences der US Army in San Antonio eingesetzt. Diese Zeit hat ihn sehr geprägt und zu einer engen Verbundenheit mit den USA geführt. Als Höhepunkt dieser Verwendung gelang ihm die Etablierung eines DEU Verbindungsoffiziers San in der Defense Health Agency.
Im Anschluss wurde Dr. Patschke zunächst Stellvertretender Kommandeur des Sanitätskommandos II in Ulm und 1991 Kommandeur des Sanitätsbataillons 410 in Perleberg. 1993 wechselte er als Dezernatsleiter Heilfürsorge in das Korps und Territorialkommando Ost in Potsdam und 1994 in gleicher Funktion zum Wehrbereichskommando VII/14. Panzerdivision in Neubrandenburg.
1996 führte ihn sein Weg für ein Jahr als Kommandeur der Sanitätsbrigade 4 zurück nach Perleberg, bevor er 1997 als Beauftragter des InspSan und Dozent Sanitätsdienst an die FüAkBw in Hamburg berufen wurde.
Von 1998 bis 2000 war er als Referatsleiter InSan I 2 erneut im BMVg tätig. Die Verwendung als Korpsarzt des IV. Korps ab 2000 führte ihn zurück nach Potsdam, wo er 2001 dann die Umgliederung des Korps zum Einsatzführungskommando und den Aufbau der damit verbundenen Aufgaben in der Einsatzführung als erster Kommandoarzt Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit gestaltete. Eine besondere Herausforderung stellte dabei der Beginn des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan dar, der noch während des Aufbaus zu bewältigen war.
2005 wurde er unter Beförderung zum Generalarzt zum Kommandeur Sanitätskommando II in Diez ernannt. 2006 wurde er Stellvertreter des Befehlshabers des Sanitätsführungskommandos in Koblenz und zum Generalstabsarzt befördert. In dieser Aufgabe war ihm die Verbesserung und Weiterentwicklung der Einsatzbereitschaft, insbesondere der Kontingente für die Auslandseinsätze, besonders wichtig, wobei ihm stets die Folgen der Einsatzbelastung für die betroffenen Kameradinnen und Kameraden und deren Familien ein besonderes und tief empfundenes persönliches Anliegen war.
Den Höhepunkt seiner Laufbahn erreichte er schließlich 2011 mit der Ernennung zum Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. In seine Amtszeit fielen umfassende strukturelle Veränderungen, die mit dem Herauslösen der Inspekteure aus dem Ministerium und der dabei vollzogenen Fusion des bisherigen ministeriellen Führungsstabes mit dem Führungskommando und dem Sanitätsamt der Bundeswehr zu einer Kommandobehörde unter erheblicher Einsparung von Ressourcen nur annähernd beschrieben sind. Die Diskussion um die Tradition und das Selbstverständnis des Sanitätsdienstes war ihm ein besonderes Anliegen; daraus entstand letztendlich die Formulierung des Leitbilds des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Seine Verdienste wurden durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse durch den Bundespräsidenten gewürdigt.
International bestand seinerseits, neben den USA, ebenfalls eine enge Verbindung zu Frankreich und ein freundschaftliches Verhältnis zum damaligen französischen stellvertretenden Inspekteur San, wodurch die deutsch-französischen Beziehungen einen intensiven Ausbau erfahren haben. 2015 wurde Dr. Patschke deshalb zum Offizier der Ehrenlegion ernannt.
Seinem persönlichen Engagement ist es zu verdanken, dass der fachliche und wissenschaftliche Austausch mit dem Sanitätsdienst der Volksbefreiungsarmee Chinas erweitert wurde und es in der Folge erstmals zu einer gemeinsamen Truppenübung beider Sanitätsdienste kam, in der Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei humanitären Einsätzen z. B. im Rahmen der UN geübt wurden (Combined Aid Serie).
Auch im Ruhestand ist Dr. Patschke noch sehr aktiv, unter anderem als Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e. V. sowie als Seniormentor bei Führungstrainings an der FüAkBw. Dass ihn das Thema Führungskultur und Sicherheitspolitik auch im Ruhestand nicht loslässt, ist nicht zuletzt daran erkennbar, dass er nach seiner Zurruhesetzung den Masterstudiengang „Militärische Führung und Internationale Sicherheit“ an der Führungsakademie/Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg erfolgreich abgeschlossen hat. Generaloberstabsarzt Dr. Patschke hält unverändert engen Kontakt mit seinem Sanitätsdienst und ist wie stets vor allem an der Nachwuchsförderung sehr interessiert.
Trotz häufiger Abwesenheit während der aktiven Dienstzeit spielte das persönliche Umfeld für unseren Jubilar immer eine zentrale Rolle. Familiärer Mittelpunkt ist heute ein restauriertes Gehöft an der Elbe, in dem auch die 4 Töchter mit Familien regelmäßig zu Gast sind. Hier findet sich auch ausreichend Platz für sein großes Hobby, die Modelleisenbahn, und das Projekt eines detailgetreuen Nachbaus einer historischen Eisenbahnstrecke in Texas anhand von Fotos und Besuchen vor Ort.
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr wünscht Generaloberstabsarzt Dr. Patschke von ganzem Herzen Glück, Zufriedenheit und vor allem Gesundheit und noch viele schöne, erfüllte Jahre im Kreis seiner Familie.
Dr. Ulrich Baumgärtner
Generaloberstabsarzt
Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
109. Tagung der Mittelrheinischen Chirurgenvereinigung in Koblenz – ein beachtenswerter Kongress
Am 6. und 7. Oktober 2022 fand in Koblenz unter Leitung von Oberstarzt Prof. Dr. Robert Schwab, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhauses (BwZKrhs), die 109. Tagung der Mittelrheinischen Chirurgenvereinigung statt. Zusammen mit seinem Team war es ihm gelungen, exzellente Redner zu gewinnen und eine Veranstaltung auf wissenschaftlich hohem Niveau auszurichten. Wie er in seiner Begrüßungsrede vor über 300 registrierten Teilnehmenden ausführte, war es ihm wichtig, mit dem Motto des Kongresses „Standard und Innovation“ in dieser komplexen Zeit eine Standortbestimmung zu Brennpunktthemen des Faches Chirurgie vorzunehmen (Abbildung 1).
Abb 1: Oberstarzt Prof. Dr. Schwab konnte mehr als 300 Teilnehmende zu der von ihm geleiteten Tagung begrüßen.
Generalarzt Dr. Jens Diehm, Kommandeur des Krankenhauses, vertrat den Inspekteur des Sanitätsdienstes und betonte in seinem Grußwort die besondere Rolle der Bundeswehr in der Kooperation mit wissenschaftlichen Fachgesellschaften (Abbildung 2). Die Mittelrheinische Chirurgenvereinigung ist eine der regionalen wissenschaftlichen Zusammenschlüsse, die unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie existieren. Mitglieder sind vor allem Kollegen und Kolleginnen aus dem südwestdeutschen Raum. Weitere Grußworte wurden vom Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Prof. Dr. Thomas Schmitz-Rixen, und vom Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Prof. Dr. Jens Werner, gehalten. Die musikalische Eröffnung der Tagung gestaltete übrigens der Direktor der Klinik für Herzchirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhauses, Oberstarzt Prof. Dr. Richard Feyrer, mit klassischen Musikstücken auf der Bachtrompete.
Abb. 2: Generalarzt Dr. Diehm hob in seinem Grußwort die Bedeutung von Koorperationen der Bundeswehr mit den Fachgesellschaften hervor.
So beschäftigte sich der erste Themenblock des Vormittags gleich mit digitalen Innovationen. Prof. Dr. Peter Görlich sprach in seiner Keynote-Lecture über die Rolle des digitalen Zwillings in Sport und Medizin. Er verwies auf das gewaltige Potenzial von menschlichen Daten, die im Sinne der Modellierung von Organen zur Vorbereitung von Operationen und zur Therapieplanung genutzt werden können. Oberfeldarzt PD Dr. Daniel Oberhoff, Radiologe am BwZKrhs Koblenz, hob in seinem brillanten Vortrag die Steigerung der Bildqualität der neuen photonenzählenden Computertomografietechnologie hervor. Weitere Dimensionen liegen vor allem in der Reduktion der Strahlendosis und der Artefaktunterdrückung. Prof. Dr. Dirk Weye beschäftigte sich ausgiebig mit dem Operationssaal der Zukunft, ein für Chirurgen elementares Thema. Immer mehr zählen Aspekte der Patientensicherheit und der Arbeitsplatzbelastung, hier ganz besonders neu entwickelte Lichtquellen und smarte Beleuchtungssysteme. Eine besondere Bedeutung wird derzeit dem Einsatz von Operationsrobotern eingeräumt. Dadurch entsteht eine spezielle Dimension der Mensch-Maschine-Interaktion, die von den Chirurgen gerade entdeckt wird.
Der Nachmittag des 7. Oktober war dem Thema „Standards und Innovation“ unter Betrachtung wesentlicher Regionen und Organsysteme gewidmet. Die Allgemein- und Viszeralchirurgie unterliegt heutzutage einem gewaltigen Transformationsprozess, der im Wesentlichen durch eine verbesserte Datenlage und durch den Einsatz der Robotertechnik geprägt ist. Alle Redner betonten, dass grundsätzlich jede Körperhöhle für robotergeführte Operationsmethoden geeignet ist. Die Machbarkeitsstudien sind gelaufen, die zentrale Frage zielt auf den wirklichen Mehrwert für Patienten unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte.
Erfreulich war, dass Oberstabsarzt Dr. Sebastian Schaaf aus der Arbeitsgruppe des BwZKrhs auf dem Boden ihrer Forschung der vergangenen Jahre über einen neuen Standard des Bauchdeckenverschlusses nach offener Bauchbehandlung, den sog. „Koblenzer Algorhithmus“, berichten konnte.
Prof. Dr. Andreas Zielke aus Stuttgart zeigte anhand seiner Daten, dass verbesserte Ergebnisqualität der Schilddrüsenchirurgie vor allem auf einer restriktiveren Indikationsstellung, dem Einsatz apparativer Techniken zur Blutstillung und der Zentrumsbildung beruht. Die Chirurgie in Thorax und Abdomen durchläuft aktuell die Prüfstrecke, welche Organe vom Einsatz robotergeführter Systeme profitieren. Über alle Vorträge lässt sich feststellen, dass im Vergleich zu herkömmlicher Technik die höhere Lichtqualität und die gesteigerten Freiheitsgerade der Instrumente möglicherweise zu besseren Ergebnissen am Patienten führen. Die Studien sind allerdings nicht immer eindeutig. Verbesserte Überlebensraten bei malignen Befunden des Ösophagus und Magens sowie im Bereich von Pankreas und Leber werden auf den perioperativen Einsatz von Chemotherapeutika zurückgeführt. Wie Prof. Dr. Christoph Reißfelder ausführte, liegen für die kolorektale Chirurgie benigner Erkrankungen mittlerweile eindeutige Leitlinien vor. Für die Karzinome des Colons und des Rektums laufen derzeit noch große Studien, vor allem mit dem Ziel, die optimale Operationstechnik zu finden.
Einen herausragenden Vortrag hielt Oberstarzt Dr. Stephan Waldeck, Direktor der Radiologie vom BwZkrhs Koblenz, über Standards und Innovationen bei der interventionellen Behandlung von Blutungen verschiedener Lokalisationen (Abb). Er zeigte, dass die kathetergeführte Applikation moderner Technologien für Patienten eindeutige Vorteile erbringt.
Der zweite Kongresstag war vollständig dem Thema „Aus- und Weiterbildung“ für die Chirurgie gewidmet. Generell ist festzustellen, dass die chirurgischen Fächer in Deutschland erheblich unter den herrschenden Rahmenbedingungen in den Kliniken und den ökonomischen Herausforderungen leiden. So erscheint es logisch, dass die Simulation beim Training von Operationsmethoden einen immer größeren Raum im Arbeitsalltag einnehmen muss.
Der Themenkomplex des Trainings am Modell wurde zum Auftakt in einer bemerkenswerten Keynote Lecture von General a. D. Thomas Reiter behandelt. Er stellte an mehreren Beispielen heraus, dass Astronautenausbildung ohne Simulation nicht denkbar ist. Neben der Routine haben wiederholte on-board-Trainings zur Reaktion auf Notfallsituationen eine besondere Bedeutung. PD Dr. Tobias Huber aus Mainz, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Junge Chirurgie“, unterstrich in seinem Vortrag die zwingende Integration zur Simulation in die Chirurgenausbildung, weil für den Nachwuchs nicht mehr genügend Ausbildungsoperationen und vor allem tägliche Arbeitszeit verfügbar sind. Allerdings ist das Kursangebot aktuell nicht ausreichend und die Modelle sind in Bezug auf die Abbildung der intraoperativen Realität noch nicht ausgereift. Die Weiterbildungsordnung muss zukünftig auch Simulationseingriffe als geleistete Operationen vorsehen. Wie Prof. Dr. Ulrich Dietz, Olten, darstellte, muss die Software für computergestütztes Training eindeutig verbessert werden, um die Ausbildung für jüngere Chirurginnen und Chirurgen attraktiv gestalten zu können.
Kongressbilder von Andreas Weidner, BwZKrhs Koblenz
Ein weiterer Themenblock beschäftigte sich mit der Vermeidung von Lernkurven am Patienten. Es ist aus der Vergangenheit eigentlich ein Kennzeichen der chirurgischen Ausbildung, dass man Erfahrungen live während seiner Operationen erwirbt. Verschiedene Vortragende konnten allerdings zeigen, dass Simulation von dem ersten Real-Einsatz die Komplikationsrate deutlich senken kann. Oberfeldarzt Dr. Joachim Sahm und Oberstarzt Dr. Christoph Güsgen, beide vom BwZKrhs Koblenz, erläuterten den kursgestützen Werdegang des Einsatzchirurgen der Bundeswehr als High-End-Variante von Simulation. Beide Vorträge erfuhren besondere Beachtung, weil beide Chirurgen mit Blick auf den Krieg in der Ukraine die Notwendigkeit der Vorbereitung auf besondere Traumsituationen klarstellen konnten.
Die letzte Sitzung des Kongresses hatte noch einmal sehr intensiv das Thema „Aus- und Weiterbildung in der Zukunft“. Im Grunde beschäftigten sich alle Vortragenden mit der Frage, wie der Chirurgenberuf angesichts der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsbelastung attraktiv gehalten werden kann. Optimale Wege gibt es hierzu nicht. Auf die jeweiligen Weiterbildungsverantwortlichen kommt jedoch die immense Aufgabe zu, junge Chirurginnen und Chirurgen auf ihren Wegen zum Facharzt empathisch zu begleiten und die Berufsausübung zu annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen. Andernfalls droht ein Braindrain, der die Patientenversorgung gewaltig beeinträchtigen wird. Letztlich muss der politische Wille induziert werden, um eine Verbesserung der aktuellen Ausbildungssituation zu erreichen.
Fazit: Die Tagung der Mittelrheinischen Chirurgenvereinigung war ein lohnenswerter Kongress mit inhaltlichen Highlights, einer präzisen Organisation und einer herzlichen Atmosphäre für Jung und Alt. Der organisierenden Mannschaft aus Koblenz darf herzlich zu dieser gelungenen Veranstaltung gratuliert werden.
Prof. Dr. Horst Peter Becker
Generalarzt a. D.