Studie zur Vitalparameterextraktion mit MIMO-Radarsystemen
Study on vital parameter extraction with MIMO radar systems
Philipp Stockela, Reinhold Herschela, Magdalena Liebetruthb, Patrick Wallratha, Stefan Sammitob,c
Zusammenfassung
Einleitung: In militärischen Konflikten, aber auch in Katastrophenfällen, ist das möglichst schnelle und gefahrlose Auffinden von verwundeten und verletzten Personen für eine zuverlässige medizinische Versorgung von großer Bedeutung. Die Möglichkeiten einer radargestützten Vitalwertbestimmung kombiniert mit den zunehmenden Fähigkeiten der Drohnentechnologie ermöglicht hier neue Perspektiven.
Methodik: Im Rahmen einer Literaturübersicht werden die Verwendung dieser Technologie allgemein und besonders im wehrmedizinischen Kontext und die Nutzbarkeit für diesen Anwendungsfall dargestellt. Ferner werden Ergebnisse einer ersten Pilotuntersuchung der Radartechnologie präsentiert. Hierzu wurden in verschiedenen Körperpositionen Messungen der Atemfrequenz und der Herzschlagfrequenz mittels eines Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO)-Radars mit denen eines kabelgebundenen Referenzsystem verglichen.
Ergebnisse: Die Ergebnisse dieser Pilotuntersuchung konnte an einer recht kleinen Stichprobe von jeweils zehn Messungen zeigen, dass es nur zu geringen Abweichungen bei der Messung von Atem- (0,1 bpm) sowie Herzschlagfrequenz (1,0–5,5 bpm) kommt. Die Herzratenvariabilitätsanalyse zeigt größere Abweichungen und ist vor allem bei Personen, die sich ruhig verhalten, noch brauchbar.
Diskussion: Die vorliegende Pilotuntersuchung zeigt die Möglichkeiten der vorliegenden Technologie, welche kombiniert mit einer entsprechenden Drohne zu einer kontaktlosen Vitalwertbestimmung führen wird. Dies ist Ziel eines vom Bundesministerium der Verteidigung finanzierten Kooperationsprojektes zwischen verschiedenen Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft sowie Ressortforschungseinrichtungen des Sanitätsdiensts der Bundeswehr.
Stichworte: Drohne, Triage, ABC-Bedrohung, Vitalparameter, Rettungskette
Summary
Introduction: In military conflicts and disaster situations it is of great importance for reliable medical care that wounded and injured persons could be founded as quickly and safely as possible. The possibilities of radar-based vital sign determination combined with the increasing capabilities of drone technology opens up new perspectives here.
Methods: Based on a literature review, the use of this technology in general and especially in a military medical context and the usability for this application are presented. Furthermore, results of a first pilot investigation of the radar technology are presented. For this purpose, measurements of respiratory rate and heart rate were compared in various body positions using a multiple-input multiple-output (MIMO) radar with those of a wired reference system.
Results: The results of this pilot study show on a rather small sample of ten measurements each that there are only minor deviations in the measurement of breathing rate (0.1 bpm) as well as heart rate (1.0–5.5 bpm). The heart rate variability analysis shows larger deviations and is still useful especially for people who are calm.
Discussion: The present pilot study shows the possibilities of the present technology, which, combined with a corresponding drone, will lead to contactless vital sign determination. This is the aim of a cooperation project funded by the Federal Ministry of Defence between various institutes of the Fraunhofer-Gesellschaft and departmental research facilities of the German Armed Forces Medical Service.
Keywords: drone; triage; NBC threat; vital signs; rescue chain
Einleitung
Das Themenfeld der Vitalparameterbestimmung mit Radarsystemen ist ein aktives Forschungsfeld, da diese Systeme es erlauben, ohne Kontakt und aus Entfernung erste Diagnosen über den Vitalzustand von Personen zu erstellen [2]. Dies eröffnet insbesondere sowohl im wehrmedizinischen wie im katastrophenmedizinischen Kontext neue Möglichkeiten [11]. Beispielsweise können verletzte Personen mittels eines an einer Drohne angebrachten Radars geortet und in Abhängigkeit des damit ermittelten Vitalzustandes spezifische Maßnahmen ergriffen werden. Rettungskräfte können hierdurch zielgerichtet eingesetzt werden, was insbesondere bei militärischen Konflikten, z. B. mit ABC-Bedrohung, auch zu einer Risikominimierung für die sanitätsdienstlichen Kräfte führen würde [7].
Da Herzschlagrate und Atemfrequenz die primären mit Radar erfassbaren Vitalparameter sind, liegt auch hier der Fokus bisheriger technischer Bemühungen. Insbesondere bei der Herzschlagrate gibt es jedoch verschiedene Herangehensweisen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen. Darüber hinaus wird neben der Atem- und Herzschlagrate auch die Herzratenvariabilität als weiteres für die Diagnose interessantes Merkmal betrachtet. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand einer Literaturübersicht die Verwendung dieser Technologie allgemein und im Besonderen im wehrmedizinischen Kontext, die Nutzbarkeit für diesen Anwendungsfall darzustellen sowie mittels Daten einer Pilotuntersuchung die derzeitigen Möglichkeiten aufzuzeigen.
Abb. 2: Nahaufnahme der verwendeten Drohne SA-Hammer XBB mit einer Spannweite von 1,5 m (© Fraunhofer FHR)
Hintergrund
MIMO-Radar und Signalverarbeitung
Radarsysteme versenden elektromagnetische Signale und werten die von Objekten oder Personen reflektierten Signale aus. Durch Auswertung von Signallaufzeit und Frequenz des empfangenen Signals können zum einen die Entfernung zum reflektierenden Objekt, zum anderen die relative Geschwindigkeit des Objektes zum Radarsystem bestimmt werden. Während klassische einkanalige Radare über eine Sendeantenne und eine Empfangsantenne verfügen, haben Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Radare mehrere Sende- und Empfangsantennen. Durch geeignete Taktung der Sendesignale der einzelnen Antennen und eine entsprechende Auswertung der Empfangssignale können mit MIMO-Radaren neben der Entfernung bestimmter Objekte auch deren Richtung bestimmt werden [2][11].
Durch die Betrachtung des dreidimensionalen Sichtbereiches des Radars über die Zeit und die Auswertung der Veränderungen, können Ziele, die sich bewegen, ebenso wie Menschen lokalisiert werden [11]. Insbesondere können auch die Bewegungsfrequenzen der Personen mit einem Dopplerfilter ausgewertet werden, um robust Menschen von anderen bewegten Objekten zu unterscheiden. Abbildung 3 zeigt das Ergebnis einer solchen Auswertung. Es lässt sich erkennen, dass sich eine Person in etwa drei Metern Entfernung neben der Hauptstrahlachse des Radars befindet.
Abb. 3: Entfernungs-Azimut-Darstellung einer mit einem Dopplerfilter ausgewerteten Szene. Die Person befindet sich in 3 Metern Entfernung bei etwa -11 Grad Azimut.
Erfassung von Vitalparametern
Nach Lokalisation einer Person über den dargestellten Ansatz kann das von diesem Objekt reflektierte Signal noch genauer untersucht werden, indem die Phasenlage des empfangenen sinusartigen Signals ausgewertet wird, wodurch die Analyse sehr kleiner Entfernungsänderungen ermöglicht wird. Dies kann dazu genutzt werden, um unter anderem die Bewegungen des Thorax der betreffenden Person zu analysieren. In Abbildung 4 ist ein solches von einer Testperson extrahiertes Phasensignal zu sehen, in dem die Atembewegungen der Person zu erkennen sind.
Abb. 4: Darstellung des aus den Radardaten extrahierten Phasensignals
Um ausschließlich die Atmung zu analysieren, wird das Signal mit einem Bandpass-Filter versehen. Dies unterdrückt alle Frequenzen, welche kleiner als 6 bpm oder größer als 30 bpm sind. Danach sollten nur noch Frequenzen im Bereich der Atemfrequenz vorhanden sein, womit dann eine Fourier-Transformation genutzt werden kann, um das Spektrum zu berechnen. Im Spektrum sollte sich die Atemfrequenz als Frequenz des Maximums identifizieren lassen. In Abbildung 5 a) und 5 b) sind das gefilterte Radarsignal sowie das zugehörige Spektrum zu sehen [8].
Abb. 5: Darstellung des im Bereich der Atemfrequenz gefilterten Phasensignals oben und unten zusammen mit dem von einem Referenzsystem aufgenommen Atemsignals in (a) sowie Darstellung des Spektrums der beiden Signale in (b)
Im Vergleich zur Atembewegung sind die Amplituden der Herzbewegung nur sehr schwach im Phasensignal ausgeprägt und daher schwerer auszuwerten. Hier bieten sich verschiedene Ansätze zur Verarbeitung des Signals an.
Die erste mögliche Methode zur Bestimmung der Herzschlagrate arbeitet im Frequenzbereich [8][12]. Da es sich bei dem Herzschlag jedoch nicht um ein sinusförmiges Signal handelt, wurde in der vorliegenden technischen Demonstration eine andere Verarbeitung als bei der Atemfrequenz gewählt. Hierzu wird zunächst das empfangene Phasensignal zweimal diskret abgeleitet. Dies erlaubt die Analyse von schnellen Änderungen, wie sie unter anderem von dem Herzschlag erzeugt werden. In Abbildung 6 ist das daraus resultierende Signal zu sehen.
Abb. 6: Darstellung des zweifach differenzierten Phasensignals
Für das zweifach differenzierte Phasensignal wird anschließend die Autokorrelation berechnet. Durch die Korrelation wird die Periodizität der Herzschläge hervorgehoben. Mittels einer Fourier-Transformation kann dann das Leistungsdichtespektrum berechnet werden. Das Maximum des Spektrums sollte nun mit der durchschnittlichen Herzschlagfrequenz im betrachteten Zeitintervall korrespondieren. In Abbildung 7 ist das Leistungsspektrum des zweifach differenzierten Phasensignals abgebildet.
Abb. 7: Darstellung des Leistungsdichtespektrums des zweifach differenzierten Phasensignals. Zu erkennen ist das mit der durchschnittlichen Herzschlagrate korrespondierende Maximum sowie die obere und untere Herzschlagfrequenz als Nebenmaxima
Um ein dem klassischen EKG-Signal ähnliches Ausgangssignal zu erlangen, kann das Phasensignal auch im Zeitbereich verarbeitet werden [13]. Es wird wieder das zweifach differenzierte Phasensignal betrachtet. Durch eine Filterung des Signals mit einem geeignet gewählten Fenster lassen sich die einzelnen Herzschläge noch deutlicher hervorheben. Das hier gewählte Fenster hat eine Länge und die ersten Werte sind auf 1 gesetzt, während die letzten Werte auf -1 gesetzt sind. Die Länge sollte dabei auf die ungefähre Herzschlagrate angepasst sein. Dementsprechend sollte zunächst mittels der Verarbeitung im Frequenzbereich die grobe Herzschlagrate bestimmt werden. Das resultierende Signal nach der Filterung ist in Abbildung 8 zu sehen.
Abb. 8: In der Grafik ist das differenzierte Phasensignal nach Filterung mit Fensterfunktion zusammen mit dem Referenz-EKG abgebildet.
Mit einem Constant-False-Alarm-Rate-Detektor (CFAR-Detektor) können im Anschluss die einzelnen Herzschläge identifiziert werden [9][10]. Ein solcher CFAR-Detektor wertet jeden Punkt relativ zu seiner Umgebung aus und markiert Punkte als lokales Maximum, wenn das Verhältnis von Punkt-zu-Umgebung einen bestimmten Schwellwert überschreitet. Anschließend können die Abstände zwischen den einzelnen lokalen Maxima verwendet werden, um die Herzschlagrate zu berechnen. In Abbildung 9 ist die Herzschlagrate über die Zeit dargestellt.
Abb. 9: Darstellung der berechneten Herzschlagrate über die Zeit zusammen mit der vom Referenzsystem bestimmten Herzschlagrate
Durch die Auswertung der Veränderung der Herzschlagrate mittels der Berechnung der Standardabweichung der Herzschlagraten in einem bestimmten Zeitintervall, kann zudem ein Maß für die Herzratenvariabilität berechnet werden [3][4].
Vergleich der Verfahren
Die Bestimmung der Herzschlagrate durch eine Verarbeitung im Zeitbereich hat den großen Vorteil, dass ein Signal erzeugt wird, welches dem klassischen EKG-Signal sehr ähnlich ist. Dadurch kann das medizinische Personal die Daten ohne große Einarbeitung oder Umstellung bewerten. Dies ermöglicht es auch, die korrekte Bestimmung der Herzschlagrate nachzuvollziehen und erhöht dementsprechend das Vertrauen in die neue Technologie. Des Weiteren kann auch die klassische Berechnung des Maßes für die Herzratenvariabilität verwendet werden. Die Problematik der Prozessierung im Zeitbereich ist die hohe Anfälligkeit für Störungen. Dementsprechend kann die Prozessierung im Zeitbereich nur bei sehr reinen Signalen verwendet werden. Um dies zu erreichen, sollte die betrachtete Person sich möglichst regungslos verhalten und das Radarsignal sollte ein sehr gutes Signal-Rausch-Verhältnis aufweisen.
Die Prozessierung des Signals im Frequenzbereich hat den Vorteil, dass sie weit robuster gegenüber Störungen ist. Jedoch kann nur eine Durchschnitts-Herzschlagfrequenz in einem Zeitintervall von einigen Sekunden bestimmt werden und es fehlt eine zuverlässige Aussage über die Herzratenvariabilität. Das bedeutet, dass die Methode in weit störungsanfälligeren Szenarien verwendet werden kann. Bei diesen sollte es aber hauptsächlich um eine erste Diagnose oder die grobe Überwachung des Gesundheitszustandes gehen.
Messszenario und Referenzsystem
Für die Messungen wurde ein MIMO-FMCW-Radar verwendet, dessen Sendefrequenz bei 60 GHz liegt. In Tabelle 1 sind die Parameter des Radars aufgeführt. Es wurden drei Szenarien mit jeweils einer Testperson untersucht: Zuerst Messungen mit einer liegenden Person, bei denen das Radar etwa 1,5 m entfernt war, danach Messungen mit einer stehenden Person sowie zuletzt Messungen mit verschieden Ausprägungen von Oberkörperbekleidung. Für alle Messungen zeigt die Brust der Testperson zum Radar.
Als Referenzsystem wurde ein HealthLab Flash-Master HFM-01 (Firma: KORA Industrie-Elektronik GmbH, Hambühren, Deutschland) genutzt und ein 3-Kanal-Elektrokardiogramm (EKG) über Brustelektroden aufgenommen sowie die Atembewegungen der Testpersonen über einen Brustgurt gemessen. Für die Atemfrequenz wurde eine Analyse im Frequenzbereich, für die Herzschlagfrequenz im Zeitbereich wie auch im Frequenzbereich durchgeführt, da hierdurch auch die Herzratenvariabilität ausgewertet werden konnte (hierbei wurde die „standard deviation of NN intervals“ [SDNN] berechnet). Für die Verarbeitung im Zeitbereich wurden vorab Schätzungen der Bestimmung der Herzschlagfrequenz durchgeführt, um die entsprechenden Messgrenzwerte (Fensterlängen) zu bestimmen.
Da es sich um eine Vorstudie zur Beurteilung der Möglichkeiten handelt, wurde nur eine Person für die Messungen betrachtet. Pro Messposition (liegend, stehend, mit unterschiedlichen Oberkörperbekleidungen) wurden zehn Messungen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden mit Microsoft Excel ausgewertet.
Ergebnisse
Für die Messungen der Atemfrequenz zeigte sich ein durchschnittlicher quadratischer Fehler im Vergleich zu der Referenzmessung von 0,1 Atemzügen pro Minute, welcher stabil unabhängig von der Position der Testperson oder ihrer Kleidung war.
Bei den Messungen der Herzschlagfrequenz zeigte sich in der liegenden Position ein durchschnittlicher quadratischer Fehler im Zeitbereich von 1,38 bpm und im Frequenzbereich von 1,00 bpm. Für den die Herzratenvariabilität beschreibenden SDNN-Wert lag die durchschnittliche Abweichung bei 18,31 ms.
Bei den Messungen mit der stehenden Person lag der durchschnittliche quadratische Fehler für die Herzschlagfrequenzbestimmung im Frequenzbereich bei 5,46 bpm. Der durchschnittliche quadratische Fehler für die Verarbeitung im Zeitbereich lag bei lediglich 3,68 bpm. Der Fehler des SDNN-Wertes liegt für den stehenden Fall bei 51,13 ms. Eine Übersicht zeigt Tabelle 2.
Tab. 2: Übersicht über die mittel mobPhysioLab (HFM) bzw. der Radartechnologie (Radar) gemessenen Vitalparameter sowie die entsprechende Abweichung
Darüber hinaus wurde untersucht, inwiefern sich unterschiedliche Oberkörperbekleidung auf die Vitalparameterbestimmung auswirkt. Als Ergebnisse lassen sich zusammenfassen, dass für das Tragen eines T-Shirts oder eines Pullovers keine Vergrößerung des statistischen Messfehlers zu erkennen ist. Für die Testperson bekleidet mit T-Shirt, Pullover und Jacke vergrößerte sich der Fehler bei der Bestimmung der Atemfrequenz um 0,1 bpmt. Bei der Bestimmung der Herzschlagrate im Frequenzbereich und im Zeitbereich erhöhten sich die quadratischen Fehler ebenfalls leicht auf 1,4 bpm und 2,2 bpm. Der Fehler des SDNN-Wertes stieg am stärksten gestiegen auf 45,9 ms.
Diskussion
Die Messergebnisse zeigen, dass sowohl für die Atemfrequenz als auch für die Herzschlagrate recht genaue Werte erreicht werden können. Insbesondere bei der Atemfrequenz ist diese auch nicht von der Lageposition der Testperson abhängig. Bei der Bestimmung der Herzschlagrate weist die Verarbeitung im Zeitbereich etwas größere Abweichungen auf, da kurzzeitige Störungen des Signals größeren Einfluss auf den Messfehler haben als bei Verarbeitung im Frequenzbereich. Zudem benötigt die Verarbeitung im Zeitbereich grobes a-priori-Wissen über die aktuelle Herzschlagrate, um genaue Ergebnisse liefern zu können. Dieses a-priori-Wissen kann beispielsweise über die Verarbeitung im Frequenzbereich generiert werden.
Bei der Bestimmung der Herzratenvariabilität manifestierte sich im stehenden oder im stark bekleideten Szenario ein deutlich gestiegener Fehler, der auf die schlechtere Signalqualität zurückzuführen ist. Diese führt zu einer erhöhten Anzahl von Ausreißern in den über die Zeit bestimmten NN-Intervallen. Während diese Ausreißer sich bei der Bestimmung der mittleren Herzschlagrate mathematisch reduzieren, wirken sie sich bei der Bestimmung der Standardabweichung direkt auf den Ausgangswert aus. Dies bedeutet, dass, während die Herzschlagrate auch in unruhigeren Messungen bestimmt werden kann, sich genaue Werte für die Herzratenvariabilität nur in Szenarien mit hoher Signalqualität erreichen lassen.
Die dargestellten Ergebnisse zeigen die Möglichkeiten dieser kontaktlosen Messmethode zur Bestimmung von Vitalparametern, für die eine Reihe denkbarer Anwendungsfeldern sowohl im klinischen als auch im militärischen Setting vorliegen. Gerade die aktuell abklingende COVID-19-Pandemie hat die Notwendigkeit zur Messung von Vitalparametern in bestimmten öffentlichen Bereichen (z. B. an Flughäfen) oder im Eingangsbereich von Krankenhäusern aufgezeigt [1][6]. Im Katastrophenfall [5] oder besonders in militärischen Konflikten ist das Finden und Überwachen von verletzten Personen häufig nur erschwert möglich, da die Infrastruktur beschädigt ist darüber hinaus die sanitätsdienstlichen Kräfte weiteren Bedrohungen durch Feindbeschuss ausgesetzt sein können. Eine kontaktlose Radartechnologie, welche mittels einer Drohne über das entsprechende Gebiet platziert werden kann, kann hier eine schnelle, sichere und für die sanitätsdienstlichen Kräfte möglicherweise gefahrlosere Alternative zur Identifizierung von Verwundeten darstellen. Wenn diese Drohne zusätzlich über die hier dargestellte Vitalwertbestimmung verfügt, wäre eine erste grobe Einschätzung der Vitalparameter der gefundenen Patienten möglich, wodurch sanitätsdienstliche Kräfte effizienter eingesetzt werden könnten. Der Wert einer solchen Drohne nimmt bei entsprechender zusätzlicher ABC-Bedrohungslage noch zu.
Das Forschungsvorhaben „UAV-Triage“ des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) hat das Ziel, im Rahmen einer Zuwendung des Bundesministeriums der Verteidigung eine solche Drohne als Demonstrator zu konzipieren und in einer Studie die Nutzbarkeit der erfassten Vitalparameter zu untersuchen. Hierzu kooperieren die Fraunhofer-Institute mit dem Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe in Köln.
Fazit
Zusammenfassend konnte in dieser technischen Demonstration an einem MIMO-FMCW-Radar gezeigt werden, dass eine exakte Erfassung der Vitalparameter Herzschlagfrequenz und Atemfrequenz in verschiedenen Positionen kontaktlos möglich ist. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Nutzbarkeit dieser Technologie, insbesondere auf einer sich selbst im dreidimensionalen Raum bewegenden Drohne, zu demonstrieren. Dies wäre für den Einsatz von sanitätsdienstlichen Kräften im Verteidigungsfall, insbesondere unter zeitgleicher (ABC-)Bedrohungslage zum Schutz und effektiven Einsatz dieser Hochwertkräfte von erheblichem Wert.
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Manuskriptdaten
Zitierweise
Stockel F, Herschel R, Liebetruth M, Wallrath P, Sammito S: Studie zur Vitalparameterextraktion mit MIMO-Radarsystemen. WMM 2023; 67(4): 125-131.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-117
Für die Verfasser
Philipp Stockel, M. Sc.
Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR),
Wachtberg
Fraunhoferstraße 20, 53343 Wachtberg
E-Mail: philipp.stockel@fhr.fraunhofer.de
Manuscript data
Citation
Stockel F, Herschel R, Liebetruth M, Wallrath P, Sammito S: [Study on vital parameter extraction with MIMO radar systems]. WMM 2023; 67(4): 125-131.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-117
For the Authors
Philipp Stockel, M. Sc.
Fraunhofer Institute for High Frequency Physics and Radar Techniques
(FHR), Wachtberg, Germany
Fraunhoferstraße 20, D-53343 Wachtberg
a Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR), Wachtberg
b Otto von Guericke Universität Magdeburg, Bereich Arbeitsmedizin
c Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln