Zahnmedizin in der Bundeswehr:
Fortbildung – Netzwerken – Kameradschaftspflege
Vom 24. bis 26. Januar 2024 fand nach einer großartigen Erstveranstaltung im Jahr 2023 zum zweiten Mal der Fortbildungskongress „Zahnmedizin in der Bundeswehr“ in Bad Nauheim statt. Die Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie (DGWMP), wissenschaftlich unterstützt vom Arbeitskreis Zahnmedizin, war mit insgesamt 150 Teilnehmern, erstmalig auch mit internationalen Gästen, wiederum ein voller Erfolg.
Die Konferenz begann am Mittwoch mit der Eröffnung der Dentalausstellung durch einen der Vizepräsidenten der DGWMP, Generalarzt a. D. Prof. Dr. Horst Peter Becker (Abbildung 1). Die besondere Bedeutung des gemeinsamen wertvollen Austauschs zwischen Industrie und Zahnärzteschaft hob er besonders hervor und bedankte sich bei den Ausstellern für die oftmals bereits langjährige engagierte Unterstützung.
Abb. 1: Eröffnung der Industrieausstellung
Das wissenschaftliche Programm leitete der Vorsitzende des Arbeitskreises Zahnmedizin, Oberstarzt d. R. Dr. Christoph Kathke ein (Abbildung 2), bevor Generalarzt a. D. Prof. Dr. Becker das Auditorium offiziell im Namen der DGWMP begrüßte.
Abb. 2: Oberstarzt d. R. Dr. Christoph Kathke, langjähriger Vorsitzender des Arbeitskreises Zahnmedizin in der DGWMP
In seinen Grußworten dankte der Leitende Zahnarzt der Bundeswehr, Oberstarzt Dr. Joachim Rentschler der DGWMP für die Organisation und Durchführung der Tagung, sowie für die Unterstützung des Fachbereichs Zahnmedizin in der Bundeswehr (Abbildung 3). Der zeitliche Zusammenhang zur vorherigen Arbeitstagung Zahnmedizin des Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung ermöglichte wieder eine ideale Verbindung zur Vermittlung aktueller dienstlicher und fachlicher Entwicklungen. Die jahrelange gute Zusammenarbeit mit den zivilen Standesorganisationen hob er besonders hervor und bedankte sich bei Dr. Doris Seiz, Präsidentin der LZKH, sowie Oberfeldarzt d. R. Stephan Allroggen, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Hessen, für ihre Teilnahme als sichtbares Zeichen dieser Verbundenheit.
Abb. 3: Oberstarzt Dr. Joachim Rentschler, Leitender Zahnarzt der Bundeswehr
Die Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen (LZKH), Dr. Doris Seiz, berichtete in ihrem Grußwort über die aktuellen Herausforderungen in der zivilen Zahnärzteschaft wie das Konkurrieren um potenzielle Auszubildende und der Rückgang der Praxisniederlassungen in Folge des Demographischen Wandels (Abbildung 4). Sie stellte das Konzept der LZKH vor, das durch Einbeziehen von Influencern in Werbekampagnen oder Zahnmedizinische Fachangestellte-Scouts diesen Entwicklungen entgegenwirken soll. Das durch die LZKH bereitgestellte und durch die Bundeswehr langjährig genutzte Qualitätsmanagementsystem „Z-QMS“ sei darüber hinaus die ideale Vorbereitung auf die zivile Praxis und der beste Begleiter während der Praxisgründung.
Abb. 4: Dr. Doris Seiz, Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen
Oberfeldarzt d. R. Allroggen, Vorsitzender des Vorstandes der KZV Hessen, führte die Liste mit Herausforderungen in der Zahnmedizin fort: Der Versorgungssektor der parodontalen Behandlungen sei aufgrund der geringen Vergütung eingebrochen, halbfertige Telematikprodukte belasten zivile Praxen durch regelmäßig auftretende Störungen, eine flächendeckende zahnmedizinische Versorgung ist zunehmend gefährdet, stattdessen nehmen von Investoren geführte MVZ in Ballungsgebieten zu.
Im ersten wissenschaftlichen Vortrag erläuterte Prof. Dr. Dr. Piwowarczyk, Lehrstuhl für Zahnärztliche Prothetik und Dentale Technologie, Universität Witten/Herdecke, anhand anschaulicher Beispiele implantatprothetische Versorgungsmöglichkeiten als Einzelfallentscheidungen im Rahmen der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung gemäß den Richtlinien zur zahnärztlichen Versorgung von militärischem Personal.
Eine besondere Ehre war der Besuch des stellvertretenden Inspekteurs des Sanitätsdienstes und Kommandeur Gesundheitseinrichtungen, Generalstabarzt Dr. Norbert Weller, welcher in seinem Lagevortrag am Donnerstag die Perspektiven zur Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr darstellte, indem die Zahnmedizin ein unverzichtbarer integraler Bestandteil einer umfassenden Militärmedizin ist.
Frau Prof. Dr. Yvonne Jockel-Schneider, Leiterin der Abteilung parodontale Medizin, Universitätsklinikum Würzburg, begeisterte das Publikum mit ihrem interdisziplinären Vortrag über das Dysbiosemodell in der Parodontologie – vom „Baum nicht übertragbarer Krankheiten“ über den Einfluss von Stickstoffmonoxid auf das orale Mikrobiom und die endotheliale Funktion bis hin zum positiven Effekt einer nitratreichen Ernährung, die derzeit in einer laufenden Studie einer Sanitätsoffizierin Zahnarzt mit „Kräuterpralinen“ an Besatzungsmitgliedern einer Fregatte der Deutschen Marine gestützt wird.
Ein weiteres Highlight war der nachfolgende Vortrag von Frau Dr. Monika Bjelopavlovic, Oberärztin in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde, Universität Mainz, in dem sie neue Forschungsansätze zur Untersuchung der Gaumenfaltenpaare als primären Identifikationsmarker vorstellte. Im Rahmen der Identifizierung von unbekannten Verstorbenen stellt der Zahnstatus bereits eines der drei rechtssicheren Identifizierungsmerkmale dar. Die Gaumenfaltenpaare könnten hierbei eine wertvolle Unterstützung liefern.
Frau Lisa Dreischer, Diplompädagogin, gab in ihrem Vortrag praxisorientierte Tipps zur Selbstreflexion und zum Selbstmanagement in der Führungsposition. Zitate wie „Dinge brauchen die Zeit, die man ihnen einräumt“ oder „FEHLER sind HELFER – nur anders buchstabiert“ stimmten die Zuhörer nachdenklich. Praktische Entspannungstechniken mit dem gesamten Plenum rundeten diesen Programmpunkt ab.
Zum Abschluss des Tages zeigte Prof. Dr. Karl-Thomas Wrbas, Leitender Oberarzt der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, anhand von Fallbeispielen die Grenzen der Digitalisierung in der Endodontie auf. Trotz Errungenschaften wie der digitalen Radiologie und dem Operationsmikroskop bleibt das manuelle Behandlungsgeschick unersetzlich.
Einen eindrucksvollen Abschluss bildete der Vortrag von Oberfeldarzt Dr. Andreas Mund, Oralchirurg in der Abteilung VII Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgie im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, welcher anhand vielfältiger Patientenfälle die Bedeutung der zahnmedizinischen Versorgung von Kriegsverletzten in der Role 4 und der anschließenden vollumfänglichen Rehabilitation zur Rückführung in ein eigenständiges Leben beschrieb. Das in der Geschichte unverändert hohe Aufkommen von Gesichtsverletzungen unterstreicht die zwingende Notwendigkeit der interdisziplinären zahnmedizinischen und mund-kiefer-gesichtschirurgischen Expertise im Bereich der Wehrmedizin.
Neben dem wissenschaftlichen Programm informierten sich die Teilnehmer in der umfangreichen Industrieausstellung über die neusten Medizinprodukte und technischen Verfahren in vielen Bereichen der Zahnmedizin.
Der gesellschaftliche Anteil im Rahmen des Get-Togethers in der Industrieausstellung und dem festlichen Gesellschaftsabend im Spiegelsaal förderte in entspannter und fröhlicher Atmosphäre den zivil-militärischen und kameradschaftlich-kollegialen Austausch und macht bereits heute neugierig auf die nächste Tagung vom 12. bis 14. Februar 2025 in Bad Nauheim.
Verfasserin
Flottillenarzt Christiane Bornemann
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr
Andernacher Str. 100, 56070 Koblenz
E-Mail: christianebornemann@bundeswehr.org
Redaktion: Generalarzt a. D. Prof. Dr. med. Horst Peter Becker, MBA, Scharnhorststr. 4b, D-10115 Berlin, Mobil +49 171 215 0901, E-Mail: hpbecker@beta-publishing.com
Herausgeber: Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Auftrag des Inspekteurs/der Inspekteurin des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Von-Kuhl-Straße 50, 56070 Koblenz, Telefon: +49 261 896 13210, E-Mail: pizsanitaetsdienst@bundeswehr.org
Wissenschaftliche Beratung: Die Begutachtung von Original- und Übersichtsarbeiten sowie Kasuistiken im Rahmen des Peer-Review-Verfahrens erfolgt durch in dem Fachgebiet des jeweiligen Beitrags wissenschaftlich ausgewiesene Expertinnen und/oder Experten, die – dem Einzelfall entsprechend – in Abstimmung zwischen Redaktion und Herausgeber ausgewählt und beauftragt werden.
Verlag: Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Celsiusstraße 43, 53125 Bonn, Telefon +49 228 91937 10, Telefax +49 228 91937 23, E-Mail: info@beta-publishing.com ; Geschäftsleitung: Heike Lange; Objektleitung: Peter Geschwill; Produktionsleitung: Thorsten Menzel.
Druckversion: Druckvorstufe: PIC Crossmedia GmbH, Hitdorfer Straße 10, 40764 Langenfeld, E-Mail: info@pic-crossmedia.de; Druck: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), Zentraldruckerei Köln/Bonn.
Online-Version (E-Paper): Erstellung mit PIC MediaServer, PIC Crossmedia GmbH, Langenfeld; E-Paper und Autorenhinweise sind unter www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de und www.wehrmed.de aufrufbar.
Rechtliche Hinweise: Die Zeitschrift (Druckversion und E-Paper) und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind in allen Publikationsformen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dieses gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Alle namentlich gezeichneten Beiträge – soweit sie nicht ausdrücklich mit einem * gekennzeichnet sind – geben die persönlichen Ansichten der Verfasserin, des Verfassers oder der Verfasser wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt den Auffassungen der Redaktion oder des Herausgebers. Manuskriptsendungen an die Redaktion erbeten. Erscheinungsweise mindestens achtmal im Jahr.
Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. Sanitätsoffiziere der Bundeswehr, die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. sind, erhalten die „Wehrmedizinische Monatsschrift“ über ihre Dienststellen.
Datenschutz: Es gelten die Datenschutzbestimmungen der Beta Verlag & Marketing GmbH, abrufbar unter https://www.beta-publishing.com/datenschutz.