Special Operations Medical Scientific Assembly 2024
Pilar Lamadea, Florent Jossea
a Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Die 1987 gegründete „Special Operations Medical Association“ (SOMA) ist eine medizinische Vereinigung, die die einzigartige Mischung aus präklinischer, taktischer, Wildnis-, Katastrophen- und Einsatzmedizin vereint. Vorrangiges Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, die Wissenschaft und Vorgehensweisen bei medizinischer Versorgung von Spezialkräften mittels Ausbildung und Weiterentwicklung der taktischen Medizin voranzutreiben.
Die Verwundetenversorgung der Special Operations Forces (SOF) ist integraler Bestandteil der Operationsplanung und essenziell für deren Erfolg. Die SOMA bietet ein einzigartiges Forum für militärisch- und zivil-medizinische Anbieter, Hochschulen und Industrie aus der ganzen Welt, um sich in deren Konferenz, der „SOMA Scientific Assembly“ (SOMSA), über wissenschaftliche Ideen und Technologien auszutauschen sowie in Workshops weiterzubilden. Derzeitiger Präsident der SOMA ist Master Sergant (Ret) John Dominguez (https://specialoperationsmedicine.org). Die jährlich stattfindende SOMA Scientific Assembly, ist neben dem dem Journal of Special Operations Medicine (J. Spec. Oper. Med.) eine der wichtigsten Publikationsplattformen der SOMA. Diese werden, wie auch die Plattform deployedmedicine.com vom Comittee für Tactical Combat Casualty Care (CoTCCC) und dem Joint Trauma System (JTS) unterstützt.
Der Vizepräsident der SOMA Cololonel (ret) Sean Keenan bei der Begrüßung zum Kongressbeginn
SOMSA – der Kongress 2024
Die SOMA Scientific Assembly bringt die Anwender taktischer Medizin aller Ebenen, Couleur und unterschiedlicher Nationen zusammen, die sich mit der taktischen Medizin in Spezialoperationen beschäftigen. Es werden hier nicht nur Themen behandelt, die alleinig US-amerikanischen Ursprungs sind und deren Bedürfnissen entsprechen. Hingegen stellt diese Konferenz eine Plattform für alle Fragen der taktischen Medizin dar. Dies insbesondere in Zeiten, in denen sich die Art der Gefechtsführung stetig verändert und damit auch die Herangehensweise der medizinischen Versorgung, wie jüngst im ukrainisch-russischen Konflikt beschrieben wird. Zusammenfassend ist das Ziel der Jahrestagung der gegenseitige Informationsaustausch über aktuelle Geschehnisse, Aktualisierung des Wissenstands auf dem Themengebiet der TCCC sowie in diesem Zusammenhang die Präsentation technologischer sowie wissenschaftlicher Innovationen.
Vergleichbar mit der SOMSA ist in Europa die Combat Medical Care-Conference, die alle zwei Jahre stattfindet und die seit 2024 eine Partnerschaft mit der SOMA eingegangen ist, um dieses Themenfeld auch in Europa genauer zu beleuchten und zu fördern.
In diesem Jahr fand der Kongress vom 13. bis 17. Mai 2024 im Congress Centre in Raleigh/NC, USA statt. An fünf Tagen konnten sich über 1 300 Teilnehmende aus 29 Nationen in fünf teilweise parallelen Sitzungstracks informieren und mit Industriepartnern austauschen sowie an diversen Workshops teilnehmen. Zusätzlich fand eine wissenschaftliche Posterpräsentation mit über 100 Forschungsarbeiten US-amerikanischer und internationaler Teilnehmender statt. Es waren ca. 30 deutsche Teilnehmende auf der SOMSA, unter anderem aus dem Bundeswehrkrankenhaus Ulm, der Sanitätsakademie, dem Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst, dem Kommando Spezialkräfte und dem Ausbildungszentrum Spezielle Operationen. Vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm wurde in Zusammenarbeit mit dem Hopital d´instruction des armées Percy ein Workshop zum Thema „Pain Management in Military Mission for Medics and Docs – a European Approach“ durchgeführt.
Der Kongress bot einen guten Überblick über aktuelle Geschehnisse und Thematiken mit Ausblick in die Zukunft der Verwundetenversorgung, insbesondere bei Spezialoperationen. Bestandteil der Konferenz waren Vorträge über beispielsweise Cold Weather Medicine, Analgesie im Zusammenhang mit Verwundetenversorgung, aber auch Erfahrungen mit präklinischen Vollbluttransfusionen oder der Organisation während MASCAL-Situationen (Massenanfall von Verletzten).
Klein und hochmobil zum Erfolg
In verschiedenen Vorträgen zeigten Erkenntnisse aus dem Ukrainekonflikt die neuartige Dynamik in Gefechtsführungen, an die sich auch der Sanitätsdienst anpassen muss, da beispielsweise eine zunehmende Bedrohung durch Drohnen registriert wird. Große, schwergängige Fahrzeuge oder Kräfte sind leichte Ziele. Kleine, hochmobile Einheiten mit gutem taktisch-medizinischen Grundverständnis bewähren sich zunehmend. Ein weiterer Punkt ist die korrekte Handhabung und Ausbildung bei der Tourniquet-Anlage und insbesondere bei der Konversion besonders aufgrund langer Evakuierungszeiten, da es hier häufig bei langen TQ Liegedauer zu unnötigen Amputationen und weiteren Folgeschäden kommt. Auch vorgeschobene Einheiten mit notfallchirurgischen und intensivmedizinischen Fähigkeiten (DCR und DCS) sogenannte Forward Surgical Elements (FSE) müssen in einem solchen Fall klein und hochmobil gehalten werden, damit sie flexibel und mobil eingesetzt werden können und damit die eigene Sicherheit gewährleisten können. Hier bewährt sich vor allem solche Ausrüstung, die leicht zu verstauen und schnell auf- und abbaubar ist, da jederzeit eine schnelle Verlegung der eigenen Einheit erforderlich sein kann.
Zum Themenfeld der SOST fand ein eigenes ganztägiges Treffen statt. Dabei wurde eine NATO SOFCOM SOST Working Group mit dem Ziel des Erfahrungsaustausches und der Verbesserung der internationalen Interoperabilität gegründet.
Prolonged Casualty Care
Eine weitere Lessons Learned aus dem Ukrainekonflikt ist die lange Evakuierungszeit, sowohl vom Point of Injury (POI) zu einer Einrichtung Role 1 bzw. 2 als auch der Weitertransport in eine höhere Versorgungseinrichtung. Hier zeigt sich v. a. die Transfusion von Vollblut als eine überlebenswichtige Fähigkeit, die im internationalen Setting seit langem als Goldstandard fungiert. Ganz besonders gilt es derzeit, diese Fähigkeit in unsere präklinische taktisch-medizinische Versorgung flächendeckend zu integrieren. Außerdem ist bei den verlängerten Evakuierungszeiten die Notwendigkeit zum intensiveren Training der PCC- (Prolonged Casualty Care) Fähigkeit auf FSE- oder SOCM (Special Operations Combat Medic)-Ebene opportun.
Multinationalität und Ausrüstung
Die Möglichkeit von Synchronisierungen mit unterschiedlichen multinationalen Playern ist bei Events wie der SOMA oder der CMC-Conference unverzichtbar. Dadurch bietet sich hier ausreichend Gelegenheit zur Abgleichung der Prozesse und führt damit zu einer Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses und der internationalen Interoperabilität.
Innovationen auf dem Feld der Ausrüstung konnte an einem der zwei Tage der Industrieausstellung betrachtet werden. Hier zeichnet sich beispielsweise weiterhin der Trend der Virtual oder Augmented Reality zur besseren Visualisierung in Trainingsabläufen ab.
Fazit
Zusammenfassend bot die Scientific Assembly der SOMA 2024 eine ideale Möglichkeit, sich weiter international zu vernetzen und ein Erneuern der Kenntnisse der taktisch-medizinischen Versorgung in Spezialoperationen im NATO-Verbund zu gewinnen.
Verfasser
Oberstabsarzt Dr. Pilar Lamade
Oberfeldarzt Dr. Florent Josse
Departement AINS, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
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