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Innere Medizin und Pulmonologie PDF

Pulmonale Raumforderung mit ungewöhnlicher Ursache

Pulmonary Mass of Unusual Origin

Linda Matthesa, Sebastian Scholza, Torsten Großa

a Klinik für Innere Medizin und Pneumologie, Bundeswehrkrankenhaus Westerstede

Zusammenfassung

Ein 18-jähriger junger Mann stellte sich mit progredienter Hustensymptomatik in der Notaufnahme vor. Radiologisch fand sich bereits in der konventionellen Röntgenaufnahme eine unklare pulmonale Raumforderung, welche sich in der weiteren Abklärung histologisch als Tumor der Ewing-Sarkom-Familie herausstellte ohne weitere ossäre Beteiligung. Die weitere Therapie wird in einem Sarkomzentrum erfolgen.

Schlüsselwörter: unklare Raumforderung, Lungentumor, extraossäres Ewing-Sarkom

Summary

An 18-year-old young man presented to the emergency room with a progressive cough. The chest X-ray showed an unclear pulmonary consolidation, which turned out to be a tumor of the Ewing sarcoma family without any further osseous involvement. Additional treatment will be conducted at a sarcoma center.

Keywords: unclear mass, tumor of the lung, extraosseous Ewing sarcoma

Einleitung

Das Bundeswehrkrankenhaus Westerstede deckt im Bereich der Inneren Medizin gemeinsam mit dem Kooperationspartner der Ammerland-Klinik ein breites Spektrum an Diagnostik und Therapie ab. Ein Schwerpunkt liegt neben der Diabetologie auf dem Fachbereich der Pneumologie. Hierbei werden Patienten unter anderem mit den Krankheitsbildern COPD, Lungenkarzinom oder interstitiellen Lungenerkrankungen diagnostiziert und therapiert. Immer wieder treten dabei auch seltene Erkrankungen ins Blickfeld, wovon eine im folgenden Fallbericht vorgestellt werden soll.

Fallvorstellung

Anamnese

Ein 18-jähriger, männlicher Patient stellte sich mit seit zehn Tagen bestehendem überwiegend trockenem Husten in der Notaufnahme vor. Nach einer körperlichen Anstrengung habe die Symptomatik deutlich zugenommen, wobei Fieber und gelblicher Auswurf sowie abdominelle Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen hinzukamen. Es bestanden keine relevanten Vorerkrankungen, ebenso keine regelmäßige Medikamenteneinnahme. Regelmäßiger Alkohol-, Nikotin- oder Drogenabusus wurde ebenfalls verneint. Die Familienanamnese war leer.


Klinische Untersuchung

In der körperlichen Untersuchung zeigte sich ein schlanker Patient in gutem Allgemeinzustand bei sonst pulmonal, kardial sowie abdominal unauffälligem Befund. Bei der Aufnahme wurde eine erhöhte Körpertemperatur von 38,1°C gemessen, die übrigen Vitalparameter zeigten sich normwertig.

In der Blutuntersuchung bei Aufnahme zeigte sich eine Infektkonstellation. Dabei imponierte eine Leukozytose mit 22,69x10³/μl, das C-reaktive Protein (CRP) war mit 12,8 mg/dl und das Procalcitonin (PCT) mit 6,36 ng/ml erhöht. Es bestand eine dezente respiratorische Alkalose (pH 7,46). Im Urinstatus fand sich eine unspezifische Leukozyt- und Erythrozyturie. Das EKG zeigte einen normofrequenten Sinusrhythmus.

Aufgrund der beschriebenen Symptomatik erfolgte eine Röntgenaufnahme des Thorax, wobei sich eine Konsolidierung rechts suprahilär mit homogener Dichteanhebung im Bereich der Lungenspitze zeigte. Zudem fand sich eine in der seitlichen Projektion erkennbare weitere Raumforderung rechts paravertebral in gleicher Höhe zur erstbeschriebenen Konsolidierung.

Zur weiteren Differenzierung wurde eine Computertomografie (CT) des Thorax ergänzt, welche passend zur Röntgendiagnostik den Nachweis einer soliden, maximal 80 x 75 mm messenden, inhomogenen, hypervaskularisierten Gewebsformation rechts suprahilär erbrachte, die den Hauptstamm sowie anteilig die Segmentarterien der rechten Pulmonalarterie ummauerte. Zudem fand sich dorsal auf Höhe der 6. Rippe eine weitere pleuraständige, maximal 43 x 24 mm messende Raumforderung sowie auf gleicher Höhe eine intrapulmonale maximal 5 x 6 mm messende Absiedelung (Abbildung 1). Bei bestehender Infektkonstellation wurde eine kalkulierte antibiotische Therapie mit Ampicillin/Sulbactam begonnen. Aufgrund der beschriebenen abdominellen Beschwerden erfolgte ergänzend eine Abdomensonografie, welche einen unauffälligen Organstatus aufzeigte.

Abb. 1: Das CT (mit Kontrastmittel) des Thorax zeigt eine suprahiläre Raumforderung. (Bildquelle: Radiologie und Nuklearmedizin, Ammerland Klinik Westerstede)

Zur weiteren Abklärung der pulmonalen Herde führten wir eine Bronchoskopie mit endobronchialem Ultraschall und transbronchialer Nadelaspiration durch, wobei sich neben einem proximal verschlossenen Oberlappenbronchus rechtsseitig im endobronchialen Ultraschall große Tumorformationen in den Positionen rechts paratracheal bis in den rechten Oberlappen reichend darstellen ließen. Im ersten vorläufigen histologischen Befund am Folgetag wurde bereits der Verdacht auf einen differenzierten malignen Tumor mit hyperchromatischen kleinen blauen runden Tumorzellen und einzelnen Mitosen sowie Apoptosen gestellt (Abbildung 2). Zur weiteren immunhistochemischen Aufarbeitung wurden die Proben sodann an das Universitätsklinikum Erlangen versandt.

Abb. 2: Undifferenzierter klein-blau rundzelliger Tumor, Vergrößerung 1:400, (Institut für Pathologie Aurich & Ammerland)

Zwischenzeitlich wurde die antibiotische Therapie bei steigendem CRP und PCT auf Piperacillin/Tazobactam eskaliert und weitere Untersuchungen zur Primariussuche ergänzt. Die Tumormarker Alpha-Fetoprotein (AFP), prostataspezifisches Antigen (PSA) und beta-humanes Choriongonadotropin (HCG) fielen normwertig aus. Ebenso fand sich kein Anhalt für eine Paraproteinämie oder monoklonale Gammopathie. Eine HIV-Diagnostik zeigte ebenfalls einen unauffälligen Befund. Echokardiografisch konnte eine gute globale kardiale Pumpfunktion ohne Hinweis auf höhergradige Vitien gezeigt werden.

In der ergänzten Kombination aus Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und CT fand sich eine FluorDesoxyGlucose (FDG)-Anreicherung im Bereich der pulmonalen Raumforderungen im Oberlappen rechts parahilär und subpleural apikodorsal im Unterlappen rechts. Zudem zeigten sich FDG-Anreicherungen der Lymphknotenstationen 4R und 7 malignomsuspekt, ohne Nachweis weiterer definitiver Herde, passend zu dem Befund der initialen Computertomografie. In der durchgeführten kranialen Magnetresonanztomografie (MRT) und insbesondere in der Knochenszintigrafie (Abbildung 3) konnte kein Hinweis auf eine Fernmetastasierung gefunden werden.

Abb. 3: Skelettszintigrafie ohne Hinweis auf Metastasen (Bildquelle: Radiologie und Nuklearmedizin, Ammerland Klinik Westerstede)

Die weitere Aufarbeitung an der Referenzpathologie am Universitätsklinikum Erlangen zeigte CD56-positive Zellen mit mäßig erhöhter Proliferationsrate ohne sichere Expression von Synaptophysin. In der Genfusionsanalyse fand sich ein Fusionstranskript von EWSR1-ERG, eine spezifische genetische Veränderung, die bei einigen Krebsarten, insbesondere beim Ewing-Sarkom, vorkommt. In Zusammenschau der Befunde konnte damit ein Ewing-Sarkom mit begleitender poststenotischer Pneumonie diagnostiziert werden.

Diskussion

Das Ewing-Sarkom ist im Kindes- und jungen Erwachsenenalter der am zweithäufigsten vorkommende bösartige knochenassoziierte Tumor. Die jährliche Inzidenz ist mit etwa 0,15 pro 100 000 Personen niedrig. Das mediane Erkrankungsalter beträgt 20 Jahre. Genetisches Charakteristikum sind balancierte Translokationen zwischen bestimmten Genen, wobei bei über 85 % der ­Tumoren eine t(11;22)(q24;q12)-Translokation mit Bildung des sogenannten EWSR1-FLI1 Fusionsgens vorliegt. Dieses ist verantwortlich für die Expression von Onkoproteinen und letztlich für die Entstehung der Erkrankung.

5–10 % der Tumore zeigen eine t(21;22)(q22;q12)- Translokation, wie sie im beschriebenen Fall vorlag. Die übrigen Translokationstypen kommen seltener vor. Risikofaktoren oder Früherkennungsmaßnahmen sind aktuell nicht bekannt. Am häufigsten geht der Tumor vom Knochen aus, eine extraossäre Manifestation ist hingegen sehr selten [2].

Der vorliegende Fall demonstriert eine dieser raren primär pulmonalen Manifestationen. Im Staging konnte eine ossäre Beteiligung weder in der Knochenszintigrafie noch in der erfolgten PET-CT nachgewiesen werden. Auch in der Literatur finden sich wenige publizierte Fälle von primären Ewing-Sarkomen der Lunge [3].

Histologisch zeichnet sich dieser Tumor durch ein klein-rund-blaues Zellbild aus. Immunhistochemisch findet sich meist eine vermehrte Expression des CD99-Antigens sowie des neutralen Markers Synaptophysin. Es handelt sich um einen hochmalignen Tumor, welcher ohne systemische Therapie in über 90 % der Fälle letal verläuft. Die Therapie sollte an Zentren, wenn möglich im Rahmen klinischer Studien, erfolgen, wobei sich aktuell eine Therapie aus neoadjuvanter Chemotherapie, Lokaltherapie (OP und/oder Bestrahlung) und anschließender adjuvanter Chemotherapie bewährt hat [1]. Der Patient wurde entsprechend zur weiteren Therapie an einem Sarkomzentrum in Deutschland vorgestellt.

Fazit

Pulmonale Raumforderungen zeigen ein diverses Bild an Entitäten, welche unabhängig vom Lebensalter bei entsprechendem Verdacht zeitnah histologisch abgeklärt werden sollten. Eine histologische Aufarbeitung ist gerade bei seltenen Entitäten an einem entsprechenden Referenzzentrum nötig, was in Zusammenarbeit eine korrekte Aufarbeitung und Diagnosenstellung ermöglicht. Hierdurch ergibt sich wiederum eine zeitnahe Diagnose- und Therapiemöglichkeit für den Patienten.

Kernaussagen

  • Ein extraossäres Ewing-Sarkom ist eine Rarität.
  • Pulmonale Raumforderungen sollten gerade bei jungen Patienten auch an eine andere Entität als ein primäres Lungenkarzinom denken lassen.
  • Eine rasche Diagnosestellung in Zusammenarbeit mit entsprechenden Referenzzentren macht eine optimale Therapieplanung für die Patienten möglich.

Literatur

  1. AWMF Leitlinie: Ewing-Sarkom des Kindes- und Jugendalters. Stand Januar 2022. , letzter Aufruf 17. Juli 2025. mehr lesen
  2. Onkopedia Leitlinie: Ewing Sarkom. Stand Juni 2023. , letzter Aufruf 17. Juli 2025 mehr lesen
  3. Tsetsou I, Moschouris H, Spanomanolis N, Soumpourou E: Ewing Sarcoma of the Lung: Imaging of a Rare Tumor. Cureus 2022; 14(12): e32395. mehr lesen

Manuskriptdaten

Zitierweise

Matthes L, Scholz S, Groß T: Pulmonale Raumforderung mit ungewöhnlicher Ursache. WMM 2025; 69(9): 409-411.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-749

Für die Verfasser

Oberfeldarzt Linda Matthes

Klinik für Innere Medizin und Pneumologie

Bundeswehrkrankenhaus Westerstede

Lange Straße 38, 26655 Westerstede

E-Mail: linda.matthes@bwk-westerstede.de

Manuscript Data

Citation

Matthes L, Scholz S, Groß T: [Pulmonary Mass of Unusual Origin.] WMM 2025; 69(9): 409-411.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-749

For the Authors

Lieutenant Colonel (MC) Linda Matthes

Department of Internal Medicine and Pulmonology

Bundeswehr Hospital Westerstede

Lange Straße 38, D-26655 Westerstede

E-Mail: linda.matthes@bwk-westerstede.de

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