Gesundheitsdatenmanagement im InstPrävMedBw: Daten verbinden – Wissen schaffen
Hans-Jörg Rotha, Manuela Andrea Hoffmanna
a Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr, Andernach
Als zentrale Einrichtung zur Archivierung und Analyse von Gesundheitsdaten von Soldatinnen und Soldaten verfügt das Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (InstPrävMedBw) über einen immensen Datenschatz: Sämtliche Gesundheitsdaten der Bundeswehr, beispielsweise aus den Sanitätsversorgungseinrichtungen, den Bundeswehrkrankenhäusern Bw(Z)Krhs, den Karrierecentern der Bundeswehr (KarrCBw) und den Einsatzgebieten, werden im InstPrävMedBw zentral gesammelt, zusammengeführt, validiert und schließlich in den Datenbanken des Instituts gemäß den gesetzlichen Verpflichtungen archiviert. Die übermittelten Daten, z. B. Truppenarztmeldungen, Krankenkarten, Einstellungs- und Entlassungsuntersuchungen, die Mitternachtsstatistik in den Bw(Z)Krhs, Überweisungen und Kostenübernahmeerklärungen, erreichen das Institut teils in elektronischer, vorwiegend jedoch in Papierform. Die Melde- und Übermittlungsprozesse sind im Prinzip seit vielen Jahren unverändert geblieben. Sich ändernde Weisungen und Formulare, organisatorische und personelle Veränderungen und nicht zuletzt die technischen Gegebenheiten haben so im Laufe der Jahre zu einer heterogenen Datenlandschaft geführt – mit „unschönen“ Eigenschaften wie beispielsweise:
- auf einzelne Dateien über mehrere Laufwerke verteilte Daten,
- uneinheitliche Attribute, Attributbezeichnungen und Datentypen,
- nicht normalisierte Daten und
- verschiedene Datenbankmanagementsysteme.
Für eine zeitgemäße und zukünftig digital zu leistende Gesundheitsberichterstattung ergeben sich hieraus erhebliche Herausforderungen. So wird beispielsweise eine systematische Auswertung der Daten für standardisierte Gesundheitsberichte, insbesondere die Erstellung von Zeitreihen, deutlich erschwert.
Eigentlich wäre eine umfassende Neumodellierung aller Datenbanken des InstPrävMedBw erforderlich. Diese wird zwar in einigen Jahren mit dem auf einem SAP-System (Datenbanklösung der Fa. SAP „Systeme, Anwendungen, Produkte“) basierenden HIMS/HERAS (Health Information Management System/Health Evaluation and Reporting Analysis System) erfolgen. Um bis zur Verfügbarkeit dieser Lösung handlungsfähig zu bleiben, hat der Erstautor den nachfolgend skizzierten, ausdrücklich als Übergangslösung gedachten Ansatz entwickelt, um mit den bestehenden Daten und Datenstrukturen effizient weiter arbeiten zu können.
In der Regel wird das Ergebnis einer Auswertung in zweidimensionaler Form dargestellt, meistens mit einer Zeitachse, die auch noch weiter unterteilt sein kann (Abbildung 1).
Jede Zahl ist typischerweise das Ergebnis einer Abfrage an eine (oder mehrere) Datentabellen, im obigen (fiktiven) Beispiel mit den Abfragekriterien „Jahr“, „Geschlecht“ und „ICD-Kode“ (ICD = International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Dies funktioniert gut, solange die Datenbasis „sauber“ strukturiert ist. Wie oben schon angedeutet, treffen wir in der Realität jedoch auf Datenstrukturen mit Strukturbrüchen, bei denen beispielsweise die Daten einzelner Jahre in unterschiedlichen Tabellen abgespeichert sind (inkonsistente Datenablage), das Merkmal „Jahr“ in der Datentabelle für 2020 nicht mehr mit Jahr, sondern mit Berichtsjahr bezeichnet ist (Änderung der Attributbezeichnung) und das Geschlecht nicht mehr mit ‚w‘ und ‚m‘, sondern mit 1 und 2 kodiert wird (Änderung des Datentyps).
Solche Inhomogenitäten erfordern im obigen Beispiel für jedes Jahr eine separate Auswertung bzw. Auswertefunktion f (Abbildung 2). Bei einem Blick hinter die Kulissen verbirgt sich hinter der Funktion f ein SQL-Statement (SQL = Structured Query Language, Abfragesprache für relationale Datenbanken), welches über VBA (Visual Basic for Applications = Programmiersprache für alle Microsoft-Office-Anwendungen) an die Datenbank gesendet wird, in unserem Beispiel für 2019 etwa das SQL-Statement SELECT count(ID) FROM KK_2019 WHERE Jahr = 2019 AND Geschlecht = ‘m‘ AND ICD = ‘H00‘, welches das Ergebnis „123“ an die Tabellenkalkulation zurückgibt.
Abb. 2: Strukturbrüche in der Datenbasis
Diese Vorgehensweise mag auf den ersten Blick umständlich erscheinen, da es in der Tat elegantere Möglichkeiten gibt, Daten aus Datenbanken abzurufen. Sie erweist sich aber als sehr flexibel, wenn man die erwähnten Inhomogenitäten in den Griff bekommen will. Der Erstautor hat diesbezüglich eine Meta-Datenbank (inklusive der zugehörigen Programmierung) erstellt, in der für jedes Jahr für jede Datenbank hinterlegt ist, wo sie sich befindet, wie sie heißt, wie die benötigten Tabellen heißen, wie die einzelnen Merkmale heißen und welchen Datentyp sie jeweils haben. Mit Hilfe dieser Meta-Datenbank wird nun für jeden einzelnen zu berechnenden Wert in der Tabellenkalkulation der richtige Pfad zu den Daten gefunden und ein passendes SQL-Statement generiert, welches – und das ist der entscheidende Aspekt – die Strukturbrüche mit berücksichtigt. Insbesondere Auswertungen für Zeitreihen sind nun wesentlich einfacher möglich (Abbildung 3).
Abb. 3: Auswertung anthropometrischer Daten
Der oben beschriebene Ansatz hat sich in der Gesundheitsberichterstattung des InstPrävMedBw bei Einzelanfragen (z. B. aus dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr u. a.) bereits mehrfach bewährt. Das nächste Teilziel ist die Ausweitung auf die Standardberichterstattung und eine Vereinheitlichung bestimmter Rechenwege.
Darüber hinaus wird deutlich, dass es auch unter den gegebenen Umständen möglich und sinnvoll ist, bis zur endgültigen Einführung der Zielsysteme und -lösungen (z. B. HERAS, HIMS, SAP) bereits jetzt mit vorhandenen „Bordmitteln“ erste Schritte in neue Richtungen der Digitalisierung und Datenaggregation zu unternehmen. Diese Schritte ermöglichen nicht nur ad hoc verbesserte und erweiterte Auswerte- und Berichtsmöglichkeiten, sondern bringen darüber hinaus auch wichtige Erkenntnisse für die laufenden Digitalisierungsprozesse.
ORR Hans-Jörg Roth
Sachgebietsleiter Gesundheitsberichterstattung
Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr
Aktienstraße 87
56626 Andernach
Nachruf
Oberstarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidler
Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm/die Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie trauert um Oberstarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidler, der am 27.02.2023 im Alter von 84 Jahren verstorben ist.
Oberstarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidler wurde am 17. August 1938 in Horb am Neckar geboren. 1957 nahm er das zahnmedizinische Studium an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen auf, welches er im Wintersemester 1959/60 in München fortsetzte. Von 1963 bis 1964 arbeitete er als Assistenzarzt am Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin bevor er 1965 wieder nach München ging. Weitere Stationen in seiner beruflichen Ausbildung waren die Medizinalassistentenzeit am Hospital »Zum Heiligen Geist« in Horb am Neckar und ab 1970 die Facharztausbildung an der Westdeutschen Kieferklinik in Düsseldorf. Dort habilitierte er sich 1976 mit dem Thema DNA-Gehalt und Proliferationskinetik der Carcinome des Kiefer- und Gesichtsbereichs. Diese wissenschaftliche Tätigkeit beinhaltete eine impulscytophotometrische Untersuchung im Hinblick auf die intraarterielle cytostatische Behandlung.
Im selben Jahr wurde er zum Oberarzt in der Klinik für Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität Düsseldorf ernannt. 1977 bis 1979 bekleidete er die Stelle des Leitenden Oberarztes in der Abteilung Zahn-, Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. 1989 wurde Prof. Kreidler zum Leitenden Arzt der Abteilung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm und zum Honorarprofessor in Gleichstellung zu einem Ordinarius der Universität Ulm berufen. Als Abteilungsleiter eines Bundeswehrkrankenhauses bekleidete er damit gleichzeitig den Rang eines Oberfeldarztes, später den eines Oberstarztes.
Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidler war von 1980 bis 2002 Ärztlicher Direktor der Abteilung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Ulm im Bundeswehrkrankenhaus Ulm. In dieser Position war er maßgeblich an der Aufbauphase des Bundeswehrkrankenhauses Ulm beteiligt. Von 1983 bis 1997 wurden unter seiner Leitung 22 Dissertationen zu seinen Forschungsschwerpunkten angefertigt, 4 Mitarbeiter habilitierten sich. Er übernahm maßgeblich die Betreuung der Partnerschaft mit der Medical University of Southern Africa und gründete die Sektion Wehrmedizin innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie.
Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidlers Forschungsschwerpunkte lagen auf dem Gebiet der Biomechanik und der Biomaterialforschung, der Implantologie und der zellbiologischen Tumorforschung in einer eigens eingerichteten Sektion. Nach der Emeritierung konnte er seiner großen Leidenschaft, der Jagd im eigenen Revier oder im Ausland nachgehen.
Oberstarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidler prägte eine Ära, welche durch die Aufbauphase des Bundeswehrkrankenhauses Ulm sowie der bis dahin einmaligen Zusammenarbeit zwischen einer Bundeswehreinrichtung und einer Universität charakterisiert war.
Wir verlieren mit Prof. Dr. Dr. Joachim Kreidler einen sehr anerkannten Kollegen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.
Oberstarzt Prof. Dr. Dr. Alexander Schramm, Klinischer Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm und Ärztlicher Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Ulm