Wehrmedizinische Monatsschrift

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Editorial
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Leitartikel
Auf dem Weg:​ Ein Sanitätsdienst für die zukünftigen Aufgaben der Bundeswehr





Bundeswehrkrankenhäuser
Gesundheitsstrukturreform und Zeitenwende:​ Die Weiterentwicklung der Bundeswehrkrankenhäuser im Kontext gesundheits- und sicherheitspolitischer Entwicklungen





Bundeswehrkrankenhäuser
Patientenversorgung,​ Ausbildung und Klinische Forschung der Bundeswehrkrankenhäuser im Wechsel der Zeiten!







Wehrmedizinische Forschung
Vom Schreibtisch auf das Gefechtsfeld:​ Zur translationalen Forschung im Sanitätsdienst der Bundeswehr







Ausbildung
Fachausbildung für den Ernstfall:​ Einsatzersthelferausbildung und Notfallsanitäterausbildung für die Streitkräfte


Tagungen und Kongresse
Bericht über die 6.​ Jahrestagung des ARKOS in Bad Nauheim
Tagungen und Kongresse
Sportfestival „Invictus Germany“ – Legacy für Versehrte
Medizinischer ABC-Schutz
16.​ Kongress der International Radiation Protection Association 2024 in Orlando,​ USA

Aus dem Sanitätsdienst
Zur Zurruhesetzung Generalstabsarzt Dr.​ Norbert Weller
Aus dem Sanitätsdienst
Anlässlich der Zurruhesetzung Generaloberstabsarzt Dr.​ Ulrich Baumgärtner
Aus dem Sanitätsdienst
Promotionspreis für Europa- und Weltmeisterin
Mitteilungen der DGWMP e.​ V.​
Geburtstage
Medizinischer ABC-Schutz PDF

16. Kongress der International Radiation Protection Association 2024 in Orlando, USA

Florian Fulischa, Joel Piechotkab, Matthias Portc

a Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Abt. XV - Nuklearmedizin

b Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, ZKPLRM Z1 - Medizinphysik

c Institut für Radiobiologie der Bundeswehr, München

Die International Radiation Protection Association (IRPA) ist eine seit 1965 bestehende Vereinigung nationaler und regionaler Strahlenschutzgesellschaften, die sich dem Fortschritt und der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Strahlenschutzes verpflichtet hat. Sie besteht derzeit aus ca. 50 assoziierten Gesellschaften in 65 Ländern und ca. 18 000 Einzelmitgliedern. Die IRPA ist von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) als Nichtregierungsorganisation (NGO) anerkannt und hat Beobachterstatus im IAEA Radiation Standards Committee.

Unter dem Titel „Radiation Harmonization: Standing United for Protection“ fand der diesjährige Kongress vom 7. bis 12. Juli im Rosen Shingle Creek Hotel in Orlando, FL, statt. Mehr als 420 Vortragende hatten die Gelegenheit, ihre Forschungsergebnisse einem internationalen Fachumfeld zu präsentieren.

Kernwaffen wieder Teil der Bedrohungskulisse

Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges stellen Nuklearwaffen wieder ein realistisches Bedrohungspotenzial dar. Der Einmarsch von Truppen der Russischen Föderation in die Ukraine hat gezeigt, dass der Einsatz vor allem taktischer Nuklearsprengköpfe mit einer Sprengkraft von 0,1 bis 100 Kilotonnen als Wirkmittel in der gegenwärtigen weltpolitischen Lage nicht mehr generell ausgeschlossen werden kann. Neben militärstrategischen Überlegungen müssen daher in Zukunft auch Maßnahmen getroffen werden, um die Zivilbevölkerung vor den verheerenden Auswirkungen eines solchen Waffeneinsatzes, insbesondere dem radioaktiven Fallout, schützen zu können. Dazu zählen neben einer angepassten katastrophenmedizinischen Versorgung und der behelfsmäßigen Dosisabschätzung, auch die Stärkung der Resilienz durch eine Reaktivierung von Schutzeinrichtungen und Etablierung von Zivilschutzmaßnahmen.

So verwundert es nicht, dass sich zahlreiche Autorinnen und Autoren in Vorträgen oder Posterpräsentationen mit diesem Thema befassten und die jeweiligen Unterschiede in den militärischen und zivilen nationalen Vorbereitungen auf solche Ereignislagen darstellten.

Unverändert ist dagegen die Bedrohungslage hinsichtlich der terroristischen Nutzung radioaktiver Stoffe in Verbindung mit konventionellen Sprengstoffen (sog. „schmutzige Bombe/Dirty Bomb“): Trotz internationaler Bemühungen zur Eindämmung der Proliferation waffenfähiger Isotope, die für den Bau von Kernwaffen verwendet werden können, sind andere Radionuklide durch die breite Anwendung in Medizin und Technik in vielen Regionen der Welt vergleichsweise leicht zu beschaffen.

Abb. 1: Oberstarzt Prof. Dr. Port stellt die institutseigene App „H-Module“ vor

Oberstarzt Prof. Dr. Matthias Port, Institutsleiter des Instituts für Radiobiologie aus München, referierte zum Thema „Medical management of large-scale radiological and nuclear scenarios using early and high-throughput tools for clinical outcome prediction a part of radiation emergency preparedness“ [1]. Schwerpunkt seines Beitrags waren die Möglichkeiten der Nutzung von Biomarkern und klinischen Parametern zur Triage großer Patientenkollektive. Besonders hervorzuheben ist dabei die am Institut entwickelte App „H-Module“, die in den gängigen App-Stores einem breiten Nutzerkreis kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Medizinisches Fachpersonal hat hier die Möglichkeit, durch Eingabe von Laborparametern (Lymphozyten, Granulozyten und Thrombozyten) zu sehr frühen Erhebungszeitpunkten den Schweregrad einer akuten Strahlenkrankheit, die sich unter anderem auf das hämatopoetische System auswirkt, zu prognostizieren.

 

Abb. 2: Präsentiertes Poster der Arbeitsgruppe aus dem BwZKrhs Koblenz und dem InstRadBioBw München

Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung schaffen

Die medizinische Versorgung radioaktiv kontaminierter Patientinnen und Patienten sowie die Behandlung der akuten Strahlenkrankheit erfolgt in Deutschland, wie in der überwiegenden Zahl der anderen Staaten, in spezialisierten Strahlenschutzzentren und Fachkrankenhäusern bzw. staatlichen Einrichtungen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass im Falle eines Großschadensereignisses auch dafür primär ungeeignete und unvorbereitete Kliniken mit dieser Aufgabe konfrontiert werden können. Oberstabsarzt Dr. Florian Fulisch aus der Abteilung Nuklearmedizin des Bundeswehrzentralkrankenhauses (BwZKrhs) Koblenz stellte vor, wie sich die Leistungserbringer im Gesundheitssystem bereits heute auf solche Situationen vorbereiten können, um Notfallbehandlungskapazitäten zu schaffen [2].

Es liegt nahe, Synergieeffekte zu nutzen: Den nuklearmedizinischen Kliniken kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der Expertise im Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass bei der interdisziplinären Behandlung von Strahlenschäden auch auf die entsprechenden Ambulanzen und Kliniken zurückgegriffen werden sollte.

Improvisierte Dosisabschätzung in der Nuklearmedizin

Der Medizinphysikexperte des BwZKrhs und Nachwuchssprecher des deutsch-schweizerischen Fachverbands für Strahlenschutz e. V., Joel Piechotka, MSc, stellte in diesem Zusammenhang die Messmöglichkeiten der Abteilung Nuklearmedizin im Falle einer Inkorporation vor [3]. Besonders hervorzuheben ist, dass neben den im BwKrhs Ulm und BwZKrhs Koblenz vorhandenen Kontaminations- und Dosisleistungsmessgeräten sowie Ganzkörperzählern auch diagnostische Großgeräte zum improvisierten Nachweis inkorporierter Radionuklide eingesetzt werden können, die in der Nuklearmedizin aufgrund ihrer Strahleigenschaften typischerweise nicht verwendet werden:

Abb. 3: Joel Piechotka referierte über initiale Dosisabschätzungen in nuklearmedizinischen Einrichtungen im MASCAL-Szenario

Im vorgestellten Experiment gelang der Nachweis von abgereichertem Uran (238U) im Phantommodell mit beiden SPECT-CT (Single-Photon-Emmissions-Computertomographen) der Abteilung mit guter räumlicher Auflösung und Lokalisation.

Praktische Bedeutung hat der Nachweis z. B. bei kombinierten Splitterverletzungen, wobei die (chirurgische) Entfernung der uranhaltigen Splitterfragmente, wie sie typischerweise durch entsprechende panzerbrechende Wuchtgeschosse entstehen, wegen der Schwermetalltoxizität zeitnah erfolgen sollte.

Weitere interessante Inhalte der Konferenz waren die Vorstellung der Bemühungen um eine ausreichende Ausbildung von Strahlenschutzfachkräften in den Streitkräften, neue Erkenntnisse über dosimetrische Verfahren und Anforderungen bei Tätigkeiten mit radioaktiven ­Stoffen und ionisierender Strahlung sowie die Exposition beim Umgang mit natürlichen radioaktiven Stoffen.

Abb. 4: Joel Piechotka und Florian Fulisch nahmen als Referenten für das BwZKrhs Koblenz teil

Networking als fachlicher Key Enabler

Oberstarzt Prof. Dr. Port nahm zudem an einer Veranstaltung der World Health Organisation (WHO) teil, die der Vorbereitung einer Leitlinie zum medizinischen Management einer Aufnahme von Plutonium, Americium und Curium dient. Zudem wurden zahlreiche alte Kontakte aufgefrischt und neue, u. a. mit verantwortlichen Personen für die Untersuchungen auf den Bikini-Atolls nach der massiven Kontamination der dort lebenden Bevölkerung aufgrund von Nuklearwaffentests, geknüpft. Von besonderem Interesse sind hierbei informelle Gespräche, auch zur amerikanischen Initiative der medizinischen Vorbereitung der Ukraine für einen möglichen Nuklearwaffeneinsatz durch Russland.

Abgerundet wurde das anspruchsvolle Fachprogramm durch eine Besichtigung des Kennedy Space Centers und einen Vortrag des Astronauten Norman Thagard über Erfahrungen und Erlebnisse in der Raumfahrt, nicht nur im Hinblick auf den Strahlenschutz.

Präsentierte Vorträge

1. Port M, Haupt J, Ostheim P, Majewski M, Combs SE, Atkinson M, Abend M. Software Tools for the Evaluation of Clinical Signs and Symptoms in the Medical Management of Acute Radiation Syndrome-A Five-year Experience. Health Phys. 2021 Apr 1;120(4):400–409.  mehr lesen

2. Fulisch F, Piechotka J, Port M, Diekmeyer B. Measures For Effective Clinical Emergency Care For Radioactively Exposed Patients In The Mass Casualty Scenario. IRPA 16; July 2024; Orlando, FL2024.  mehr lesen

3. Piechotka J, Fulisch F, Port M, Diekmeyer B. Dose Assessment In A Nuclear Medical Facility During A Mass Casualty Event. IRPA 16; July 2024; Orlando, FL2024.  mehr lesen

Für die Verfasser

Oberstabsarzt Dr. Florian Fulisch

Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz

Abteilung XV - Nuklearmedizin

 
 
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