Hochdurchsatztestung unter Feldbedingungen im Rahmen der NATO Übung CLEAN CARE 2024 in UNGARN
Tanja Hoffmanna, Katharina Müllera, Gelimer Genzelb, Roman Wölfela, Kilian Stoeckera
a Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München
b Sanitätsakademie der Bundeswehr, Fachbereich F – Medizinischer ABC-Schutz, München
NATO-Übung Clean Care 2024
Mit der Ausrichtung auf Landes- und Bündnisverteidigung muss sich der Sanitätsdienst auf die Herausforderungen moderner Gefechtsfeldbedingungen vorbereiten. Die COVID-19-Pandemie verdeutlichte einmal mehr, dass übertragbare Krankheitserreger eine relevante Bedrohung für die Gesundheit und Einsatzfähigkeit der Soldaten und Soldatinnen darstellen können.
Die Übung CLEAN CARE ist die zentrale Übung des medizinischen ABC-Schutzes innerhalb der NATO und wurde vom 22. April bis zum 10. Mai 2024 in Bakonykuti, Ungarn, durchgeführt. Erstmalig fand die Übung CLEAN CARE zeitgleich und im Verbund mit der NATO-Sanitätsübung VIGOROUS WARRIOR statt.
Übungsszenario
In einer groß angelegten Simulation eines Ausbruchsgeschehens mit einem masernähnlichen Virus und hunderten klinischen Verdachtsfällen auf dem Gefechtsfeld konnte das schnell verlegbare B-Schutz-Labor des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr (InstMikroBioBw) seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Es galt, fiktiv mit dem Ceesenburg-Virus infizierte Personen rasch zu identifizieren und durch entsprechende Isolationsmaßnahmen von durch eine Infektion mit harmlosen Erregern zu separieren.
Beim Ceesenburg-Virus handelt es sich um ein masern-ähnliches Virus, welches durch Tröpfcheninfektion übertragen wird und hochkontagiös ist (R0 = 12). Es ruft fieberhafte grippeähnliche Symptome hervor und geht mit einem makulopapulösen Ausschlag sowie einer Konjunktivitis einher.
Feldlabor Workflow
Die Untersuchungen erfolgten in einem zeltgestützten Feldlabor (Abbildung 1).
Abb. 1: Zeltgestütztes Feldlabor bei der Übung Clean Care 2024 (Bild: Bundeswehr/Hoffmann)
Die Implementierung feldtauglicher Laborroboter ermöglichte die Bearbeitung eines erhöhten Probenaufkommens. Durch den Einsatz von zwei parallel betriebenen Gloveboxen konnte der Probendurchsatz weiter gesteigert werden. Unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards konnte eine Bearbeitung des Probenmaterials mit Verdacht auf Erreger bis Risikogruppe 4 gewährleistet werden. Koordiniert wurde die Probenverteilung sowie die Ergebnisübermittlung auf dem Gefechtsfeld zwischen den multinationalen Role 1/2 und dem DEU Feldlabor durch eine US-amerikanisch geführte Verteilungsstelle. Abbildung 2 zeigt den Workflow im Feldlabor.
Abb. 2: Workflow im Feldlabor
Ergebnisse
Es wurden an 5 Übungstagen insgesamt 415 Nasopharyngealabstriche mittels in-house real-time reverser Transkription PCR unter Feldbedingungen in 5 Übungstagen untersucht. Die Laborkapazitäten reichten für bis zu 200 Proben innerhalb eines Tages.
Probenzufluss und Positivrate sind in Abbildung 3 dargestellt. Die Simulation war sehr realitätsnah. Hohe Positivraten am Anfang und rascher Rückgang als Folge der aufgrund der Untersuchungsergebnisse veranlassten Maßnahmen wären – wenn auch mit etwas prolongierterem Verlauf – auch in der Realität so zu erwarten gewesen.
Abb. 3: Probenanzahl und Positivrate im Übungsverlauf
Folgerungen
Das Untersuchungsverfahren hat sich insgesamt bewährt und als einsatztauglich erwiesen. Zur Prozessoptimierung ist die Etablierung eines feldtauglichen digitalen Probenverwaltungssystems anzustreben. Multinationale interdisziplinäre Übungen wie Clean Care auf NATO-Ebene sind essenziell für die Sicherstellung einer reibungslosen Zusammenarbeit im Falle der Bündnisverteidigung.
Um die Durchhaltefähigkeit in einem Landes- und Bündnisverteidigungsszenario zu gewährleisten, ist die Etablierung einer gemeinsamen standardisierten Ausbildung im Bereich B-Schutz mit dem Augenmerk auf Interoperabilität innerhalb der NATO erstrebenswert.
Für die Verfasser
Oberstabsarzt Dr. Tanja Hoffmann
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München
E-Mail: tanja1hoffmann@bundeswehr.org
Der Beitrag wurde als Poster beim 55. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. vom 14.–16. November 2024 in Augsburg präsentiert.
Sitzung des Arbeitskreises „Geschichte und Ethik der Wehrmedizin“ beim 55. Jahreskongress der DGWMP e. V. in Augsburg im Jahr 2024
Am 15. November 2024 fand im Rahmen des 55. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP e. V.) in Augsburg die jährliche Sitzung des Arbeitskreises „Geschichte und Ethik der Wehrmedizin“ unter der Leitung von Oberstarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth statt. Die Inhalte der fünf Vorträge werden in den folgenden Abstracts vorgestellt.
Der XXX. Internationale Kongress für Wehrmedizin – eine Sternstunde für den Sanitätsdienst der Bundeswehr
Wolfgang Schardt
Als vor 30 Jahren in Augsburg erstmals der Jahreskongress des Comité International de Médecine Militaire (CIMM) in Deutschland stattfand, war dieses Ereignis einmalig und herausragend. Der Grundstein für die Durchführung des Kongresses wurde mit der Wiedervereinigung Deutschlands gelegt, denn „der Makel des Geteiltseins“, so der damalige Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Gunther Desch, in einem Interview, ließ es zuvor nicht zu, diesen Kongress auszurichten, insbesondere da beide deutsche Staaten Mitglieder in der Organisation waren.
Das CIMM hatte im Jahr 1993 als Mitglieder Sanitätsdienste aus 86 Staaten, darunter die Volksrepublik China, Kuba, die UdSSR, aber auch Monaco und Luxemburg. Gegründet wurde das Comité 1921 auf Anregung Belgiens mit dem vorrangigen Ziel der Verbesserung der chirurgischen Versorgung verwundeter Soldaten, weshalb das Generalsekretariat des CIMM auch nach Belgien vergeben wurde (zurzeit in Brüssel).
Nach einem sechsmonatigen Abstimmungsprozess konnte sich Deutschland mit einem Bewerbungsschreiben des damaligen Verteidigungsministers Volker Rühe im September 1992 bewerben. Die positive Entscheidung zugunsten Deutschlands als Ausrichter fiel jedoch erst im September 1993 in Istanbul durch die Generalversammlung der CIMM-Mitglieder. Einziger Gegenkandidat war Kuba.
Schließlich fand der XXX. CIMM-Kongress in der Zeit vom 5. bis 11. Juni 1994 in Augsburg statt. Generaloberstabsarzt Dr. Desch als Kongresspräsident und Präsident des CIMM für die folgenden zwei Jahre konnte zu diesem Event insgesamt 990 Teilnehmende – darunter 440 ausländische Gäste aus 69 CIMM-Mitgliedsstaaten, 14 Beobachternationen und drei überstaatlichen Institutionen – begrüßen. Das abwechslungsreiche Gesamtprogramm verband wissenschaftliche Themen mit interessanten Ausflügen und Betreuungsangeboten sowie einer adäquaten Industrieausstellung. In der Rückschau war dieser Jahreskongress des CIMM ein weiterer Meilenstein der Einbindung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in den internationalen Rahmen und ist deshalb von bleibendem Wert.
Verfasser
Oberstarzt a. D. Dr. Wolfgang Schardt
Am Sandberg 6, 53757 Sankt Augustin
E-Mail: WMSJ.Schardt@t-online.de
Die (Deutsche) Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie von 1969 bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990
Silvia von Maltzan
Im Vortrag wurde ein Einblick in die Erkenntnisse der Dissertation1 gleichen Titels gegeben. Die (D)GWMP steht in der direkten Nachfolge der 1864 gegründeten „Berliner Militärärztlichen Gesellschaft“, die 1927 in „Deutsche Militärärztliche Gesellschaft“ umbenannt und zum Ende des Zweiten Weltkrieges aufgelöst wurde. 1954 als „Vereinigung ehemaliger Sanitätsoffiziere“ wiederbegründet, lag ihr Schwerpunkt auf der Interessenvertretung ehemaliger Sanitätsoffiziere und Sanitätsveteranen des Krieges in versorgungsrechtlichen Fragen. Dieser Aspekt verlor über die Jahre zunehmend an Bedeutung. Im Laufe des folgenden Neuorientierungsprozesses konnte eine Auflösung der Vereinigung nur knapp vermieden werden.
Dank des herausragenden Engagements ausgewählter Mitglieder gelang die Entwicklung zu einer anerkannten wissenschaftlichen Gesellschaft, was sich nach mehreren Namensänderungen ab Ende 1968 auch in der Außenkommunikation widerspiegelte. Nach einer weiteren Ergänzung erhielt sie 1973 ihren heutigen Namen „Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.“, damals noch inklusive des Zusatzes „Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere“.
Der DGWMP gelang es, sich erfolgreich als konkurrenzlose Plattform für wissenschaftliche Fortbildung, Austausch und Forschungsförderung auf dem Gebiet der Wehrmedizin und Wehrpharmazie zu etablieren. Dazu gehörten unter anderem das Angebot vielfältiger, regionaler Fortbildungsveranstaltungen, die Durchführung mehrtägiger Jahreskongresse und internationaler Symposien in Langenargen sowie die Einrichtung einer Plattform für Forschungsergebnisse des Nachwuchses und die Stiftung von zwei großzügig dotierten Preisen (Paul-Schürmann-Preis und Hans-Hartwig-Clasen-Förderpreis, seit 2005 umbenannt in Heinz Gerngroß-Förderpreis) für wissenschaftliche Arbeiten.
Ebenso unverzichtbar war und ist sie als Ort des kollegialen Austausches über die Grenzen des Status (mil./d. R./ziv.), der Approbationen und Fachdisziplinen sowie der Tätigkeiten (Kuration, Forschung, Ausbildung, Führung/Organisation) hinweg. Zusätzlich ist die DGWMP als aktives Mitglied der internationalen Confédération Interalliée des Officiers Médicaux de Réserve (CIOMR) ein wichtiges Verbindungselement in den NATO-Raum.
Verfasserin
Oberstarzt Dr. Silvia von Maltzan, MBA-HSG
Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung
Schloss Oranienstein, 65582 Diez
E-Mail: silviavonmaltzan@bundeswehr.org
Das Nebenlager „SS-Standortverwaltung“ des Konzentrationslagers Dachau von 1941–1945 in der heutigen Ernst-von-Bergmann-Kaserne
Mirko Lange
Auf dem Gelände der heutigen Ernst-von-Bergmann-Kaserne, Sitz der Sanitätsakademie der Bundeswehr, befand sich in der Zeit vom 10. November 1941 bis zum 25. April 1945 in der damaligen SS-Kaserne „SS-Standarte Deutschland“ in München-Freimann das Nebenlager „SS-Standortverwaltung“ des Konzentrationslagers Dachau (Abbildung 1). In diesem Nebenlager, das innerhalb der SS-Kaserne verortet war, waren zwischen 20 bis 65 männliche „Schutzhäftlinge“ untergebracht. Die Häftlinge gehörten sowohl der politischen als auch der kriminellen Gruppe an und waren jeweils mit einem roten beziehungsweise grünen Dreieck gekennzeichnet. Im Sommer 1943 wurde in diesem Nebenlager ein Häftling ohne Gerichtsverhandlung hingerichtet. Nach umfangreichen Recherchen in den Beständen des Bundesarchivs, im Archiv des Konzentrationslagers Dachau sowie in den Prozessakten der Dachauer Prozesse wurde die erwähnte Häftlingshinrichtung entdeckt. In diesem konkreten Fall wurde ein unbekannter Häftling (der kriminellen Gruppe zugehörig), der in den Keller eines SS-Offiziers eingebrochen war und Lebensmittel entwendet hatte, innerhalb des Kasernengeländes in einem überdachten Lagerschuppen (Bereich Flaggenmast bzw. Truppenküche) vor den Augen sämtlicher angetretenen Häftlinge mittels Strangulation hingerichtet.
Abb. 1: Bild-Ansicht SS-Kaserne Standarte „Deutschland“, München (Quelle: Postkarte, Privatbesitz Mirko Lange)
Während der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten und insbesondere während des Zweiten Weltkrieges waren innerhalb und außerhalb der damaligen SS-Kaserne München-Freimann unterschiedliche Nebenlager des Konzentrationslagers Dachau (u. a. Nebenlager für Gewährleistungsarbeiten am Kasernengelände des Baukonzerns Dyckerhoff & Widmann) eingerichtet.
Im Jahr 2025 ist in der Ernst-von-Bergmann-Kaserne die Einweihung des Erinnerungsortes an die Menschenrechtsverletzungen im Zeitraum von 1941–1945 in den Nebenlagern des Konzentrationslagers Dachau innerhalb der Liegenschaft der heutigen Ernst-von-Bergmann-Kaserne geplant, um die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel der Liegenschaftsgeschichte wachzuhalten.
Verfasser
Hauptfeldwebel Mirko Lange
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr
Neuherbergstraße 11, 80937 München
E-Mail: mirko1lange@bundeswehr.org
Die Reserve-Lazarette in Frankfurt am Main während des Ersten Weltkrieges 1914–1918: Organisation, Patienten, Ärzte
Michael Sachs
Einleitung
Frankfurt am Main hatte eine besondere Bedeutung bezüglich des Verwundetentransports und der Verwundeten-Verteilung während des Ersten Weltkrieges. Denn Frankfurt war schon vor dem Ersten Weltkrieg der wichtigste Eisenbahnknotenpunkt Westdeutschlands. Der gesamte Verwundetentransport im Ersten Weltkrieg erfolgte in Lazarett-Zügen und innerhalb der Städte mit Lazarett-Straßenbahnen.
Methodik
Ausgewertet wurden die Akten des Instituts für Stadtgeschichte Frankfurt am Main und hunderte von Feldpostkarten, die verwundete Soldaten aus den Frankfurter Reserve-Lazaretten an ihre Angehörigen geschrieben hatten (Abbildung 2).
Abb. 2: Krankenzimmer eines Reservelazaretts in Frankfurt mit internistisch erkrankten Soldaten (Feldpostkarte von 1916)
Ergebnisse
Insgesamt wurden ca. 150 000 Verwundete in Frankfurter Reservelazaretten stationär aufgenommen; eine noch größere Anzahl übernachtete in Frankfurt in einer Massenunterkunft (im Hippodrom) und wurde am nächsten Tag in auswärtige Lazarette weiterverlegt. Insgesamt gab es in Frankfurt elf „Reservelazarettgruppen“ (ca. 8 000 Betten) mit jeweils mehreren unterstellten „Vereinslazaretten“ und „Privatpflegeplätzen“ (in Wohnhäusern wohlhabender Bürger). Die Mortalität betrug etwa 0,5 %, das heißt, sie war deutlich geringer als in den zivilen Krankenhäusern der Stadt (5–10 %). Das Zeitintervall von der Verwundung bis zur Aufnahme ins Reservelazarett betrug bis zu vier Wochen. Insgesamt verstarben in Frankfurt 1 906 deutsche Soldaten und 124 Kriegsgefangene. Sie wurden in einer Gemeinschaftsgrabanlage auf dem Hauptfriedhof beigesetzt. In Frankfurt wurde in einer großen Villa mit Park eines der ersten Speziallazarette für Hirnverletzungen mit Reha-Einrichtungen errichtet („ordinierender landsturmpflichtiger Arzt: Prof. Dr. med. Kurt Goldstein“ 1878–1965).
Diskussion
Frankfurt am Main war ein Zentrum des Eisenbahntransports von Verwundeten aus Frankreich, insbesondere von den Schlachtfeldern bei Verdun, die über die kürzeste Bahnverbindung Metz – Saarbrücken – Homburg/Saar – Worms – Biblis nach Frankfurt gebracht wurden. Die relativ niedrige Mortalität weist darauf hin, dass überwiegend transportfähige, nur leicht verletzte und bereits in frontnahen Lazaretten vortherapierte Soldaten behandelt wurden.
Verfasser
Prof. Dr. Michael Sachs
Dr. Senckenbergisches Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Goethe-Universität
Paul-Ehrlich-Straße 20–22, 60596 Frankfurt am Main
E-Mail: sachs@em.uni-frankfurt.de
Sanitätsdienstliche Aspekte deutscher Marinepolitik im Japan des 19. Jahrhunderts
Volker Hartmann
Nach der Öffnung Japans Mitte des 19. Jahrhunderts nahm auch Preußen/Deutschland Kontakte zum Meiji-Kaisertum auf, um Geschäfts- und Handelsbeziehungen zu knüpfen. Hierzu entsandte Preußen 1859 einen ersten Flottenverband nach Yokohama. Nach dem Abschluss entsprechender Handelsverträge folgten in den kommenden Jahren weitere Schiffe der Marine und die Einrichtung einer „Ostasiatischen Station“ mit bis zu sechs präsenten Einheiten. Hinzu kamen zahlreiche Handelsschiffe.
In Anbetracht schwieriger gesundheitlicher Lagen an Bord – vornehmlich aufgrund infektiologischer Erkrankungen – wurden bereits im Jahre 1873 erste Planungen zur Errichtung einer Lazarettbasis in Yokohama getätigt, um die Besatzungsangehörigen der deutschen Schiffe in Japan zu versorgen. Marinestabsarzt Dr. Hermann Gutschow (1843–1903) baute auf dem Mandarin Bluff, einer Sommerfrische bei Yokohama, das erste deutsche Marinelazarett auf und avancierte am 1. Juli 1978 zu dessen erstem Chefarzt (Abbildung 3). Im Lazarett waren Soldaten der Marine, aber auch Handelsschiffer und im Rahmen freier Kapazitäten Ausländer sowie japanische Zivilisten behandlungsberechtigt. Die medizinische Einrichtung wurde nach dem damals auch im Reich üblichen Pavillon-System erbaut. Zwei massiv gemauerte Ziegelbaubaracken mit je einem Krankensaal für 48 Betten bildeten das Zentrum, hinzu kamen Offizierwohngebäude und logistische Einrichtungen.
Abb. 3: Holzschnitt Marinelazarett Yokohama im 19. Jahrhundert. (Quelle: Sammlung Dr. Hartmann)
Da sich der Schwerpunkt der Aktivitäten der Kaiserlichen Marine Anfang 1900 nach der Übernahme von Kiautschou nach China verlagert hatte, schloss das Marinelazarett Yokohama im Oktober 1911 seine Pforten. In den 33 Jahren seines Bestehens, in denen über 3 300 Patienten behandelt wurden, trug es, wie auch die zahlreichen deutschen Sanitätsoffiziere, die die westliche Medizin in Japan einführten, maßgeblich zu den besonderen deutsch-japanischen Beziehungen in dieser Zeit bei.
Verfasser
Flottenarzt a. D. Dr. Volker Hartmann
Hafenstraße 20, 67346 Speyer
E-Mail: volker.hartmann@gmx.de
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1 Die Dissertation kann in den Elektronischen Hochschulschriften der LMU (<https://edoc.ub.uni-muenchen.de>) unter <https://doi.org/10.5282/edoc.32330> abgerufen werden.