Schwermetall-Monitoring des aktuellen nutritionalen Bundeswehr-Warenkorbs unter besonderer toxikologischer Berücksichtigung der Kontaminanten Cadmium und Blei
Heavy Metal Monitoring of the Current Nutritional Food Supply in the Bundeswehr with a Specific Toxicological Focus on the Contaminants Cadmium and Lead
Michel Meyera, Britta Schrödera, Christian Scheunerta
a Zentrales Institut der Bundeswehr München, Außenstelle Koblenz
Zusammenfassung
Die Schwermetalle Cadmium, Blei, Quecksilber und Arsen stellen durch ihre ubiquitäre Verbreitung und toxikologische Potenz ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, insbesondere in Lebensmitteln. Sie können gravierende akute und chronische Gesundheitsschäden verursachen. Die Kontamination innerhalb der Lebensmittelversorgungskette ist oftmals unbeabsichtigt. Terror- und Sabotageakte als Kontaminationsquellen sind jedoch zunehmend realistisch. Für die Wehrpharmazie und Wehrmedizin ist es daher bedeutsam, die Lebensmittelbelastung durch Schwermetalle zu überwachen und zu bewerten, um eine adäquate Truppenversorgung sicherzustellen und Gesundheitsrisiken zu minimieren.
Im Zentralen Institut der Bundeswehr München, Außenstelle Koblenz, wurden dazu im Zeitraum von 2022 bis 2024 insgesamt 564 Lebensmittelproben auf die Schwermetalle Cadmium, Blei, Quecksilber und Arsen untersucht. Probennahme und -untersuchung erfolgten nach akkreditierten Standards. Die Ergebnisse wurden nach lebensmittelrechtlichen und toxikologischen Kriterien bewertet. Cadmium wurde in 26 % der Proben nachgewiesen, wobei die Werte bei 10 % deutlich erhöht waren. Dies betraf insbesondere Tomatenerzeugnisse. 6 % der untersuchten Lebensmittel enthielten nachweisbare Mengen Blei. Auffällig erhöhte Gehalte wiesen 1 % der Proben auf. Quecksilber wurde in 41 % der Erzeugnisse gefunden. Die Gehalte waren jedoch allesamt unbedenklich. 29 % der Proben enthielten erhöhte Mengen Arsen. Betroffene Erzeugnisse waren zumeist aquatischen Ursprungs. Das darin organisch gebundene Arsen gilt als gesundheitlich unbedenklich.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die derzeitige Schwermetallbelastung von Lebensmitteln im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) insgesamt als niedrig einzustufen ist. Dennoch wurden bei vereinzelten Proben erhöhte Schwermetallgehalte festgestellt, insbesondere bei pflanzlichen Lebensmitteln. Diese Befunde unterstreichen die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung und Expositionsminimierung nach dem ALARA-Prinzip. Ein toxikologisches Risiko war insgesamt für keine untersuchte Lebensmittelprobe ableitbar.
Schlüsselwörter: Food Defense, Force Health Protection, Gesundheitsschutz, Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelüberwachung, Schwermetalle, Toxikologie
Summary
Heavy metals such as cadmium, lead, mercury, and arsenic pose significant health risks due to their ubiquitous presence and toxicological potency, particularly in food. These metals can cause severe acute and chronic health damage. Contamination within the food supply chain is often unintentional; however, acts of terrorism and sabotage as sources of contamination are increasingly realistic threats. Therefore, military pharmacy and medicine must monitor and assess food contamination by heavy metals to ensure adequate troop supply and minimize health risks. To address this, the Central Institute of the Bundeswehr Medical Service Munich, Koblenz branch, analyzed 564 food samples for cadmium, lead, mercury, and arsenic from 2022 to 2024. Sampling and analysis were conducted according to accredited standards. Results were evaluated based on food safety regulations and acknowledged toxicological criteria. Cadmium was detected in 26 % of the samples. 10 % were noticeably increased, notably in tomato products. Lead was found in 6 % of samples, with 1 % showing elevated levels. Mercury was detected in 41 % of samples. However, none had toxicologically relevant levels. Higher Arsenic levels were found in 29 % of samples, with most elevated levels originating from aquatic sources and deemed health-neutral. The results of this study indicate that the current heavy metal contamination of food within the area of responsibility of the Federal Ministry of Defence is generally low. However, some samples, mainly plant-based foods, showed elevated heavy metal levels. These findings emphasize the need for continuous monitoring and exposure minimization following the ALARA principle. Overall, no toxicological risk could be determined for any of the food samples analyzed.
Keywords: food defense; food monitoring; food safety; force health protection; heavy metals; toxicology
Einleitung und Hintergrund
Schwermetalle, meist definiert als Metalle mit einer Dichte von über 5/cm³, sind natürliche Bestandteile der Erdkruste. Einige Metalle sind als Spurenelemente für das Überleben von Organismen essenziell; können allerdings in geringfügig erhöhten Konzentrationen erhebliche gesundheitliche und ökologische Schäden verursachen [6]. Ein Eintrag in die Umwelt erfolgt vor allem anthropogen durch Bodenverschmutzung, Düngemittel, Pestizide, industrielle Abfälle sowie Emissionen aus Verkehr und Landwirtschaft. Natürliche Quellen umfassen Erosion, Verwitterung, Auswaschungen und vulkanische Aktivitäten. Über die Akkumulation in Umweltkompartimenten – vor allem in Pflanzen – wird der Stoffkreislauf in die Nahrungskette des Menschen geschlossen [5].
Schwermetallkontaminierte Lebensmittel stellen eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Intoxikationen durch den Konsum schwermetallhaltiger Lebensmittel treten immer wieder auf. Eine Herausforderung besteht darin, dass die unmittelbaren Auswirkungen einer Schwermetallbelastung oft nicht sofort erkennbar sind. Toxische Effekte werden häufig erst nach längerer Zeit erkennbar [12]. Daher hat die Europäische Union Höchstgehalte für Schwermetalle in Lebensmitteln festgelegt (vgl. Verordnung (EU) 2023/915). Diese Höchstgehalte basieren auf dem ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable). Damit soll eine grundlegende Minimalbelastung von Lebensmitteln durch Kontaminanten im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes gewährleisten werden.
Neben unbeabsichtigten Kontaminationen sind auch gezielte Anschläge auf Lebensmittelversorgungssysteme zunehmend realistisch [10][11]. Maßnahmen zur Prävention und Früherkennung solcher Szenarien sind bislang unzureichend [1]. Für den Bevölkerungsschutz sollten die Konzepte von „Food Safety“ und „Food Defense“ daher verstärkt in den Fokus rücken [9].
Blei, Cadmium, Quecksilber und Arsen stellen aufgrund ihrer ubiquitären Verbreitung in der Nahrungskette und ihrer toxikologischen Potenz ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Quecksilber findet sich oft in Fischen und Meeresfrüchten, insbesondere in Raubfischen wie Thunfisch und Schwertfisch. Cadmium kann in Getreide, Hülsenfrüchten, Gemüse, Fleisch und Innereien vorhanden sein. Blei ist u. a. in Früchten, Gemüse, tierischen Produkten einschließlich Milch sowie in Trinkwasser nachweisbar. Arsen kommt hauptsächlich in Trinkwasser und Reis und Reiserzeugnissen vor. Die Ingestion dieser Schwermetalle kann zu einer Vielzahl gesundheitlicher Probleme führen. Akute Expositionen sind häufig durch Symptome wie Erbrechen, Durchfall oder Krämpfe gekennzeichnet. Langfristige Expositionen resultieren in vielfältigen chronischen und zumeist lebensbedrohenden Erkrankungen, darunter Krebs, Nieren- und Leberschäden, neurologischen Störungen oder Entwicklungsstörungen bei Kindern [15].
Mit dieser Studie sollte die aktuelle Schwermetallbelastung von Lebensmitteln im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) abgeschätzt werden. Der Fokus lag auf den toxikologisch relevanten Schwermetallen Cadmium, Blei, Quecksilber und Arsen. Das Monitoring erstreckte sich über den Zeitraum von Anfang 2022 bis Ende 2024. Die Überwachung der Schwermetallbelastung von Lebensmitteln ist hochrelevant, um lebensmittelbedingte Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Die Ergebnisse der Studie werden nachfolgend vorgestellt.
Methodik
Vom Zentralen Institut der Bundeswehr München, Außenstelle Koblenz, amtlich entnommene Lebensmittelproben der Kalenderjahre 2022 bis 2024 wurden auf ihre Schwermetallgehalte hin untersucht. Dazu wurden etwa 200 bis 300 mg der jeweiligen Erzeugnisse mithilfe der Mikrowellen-Digestion aufgeschlossen, um die anorganischen Elemente quantitativ zugänglich zu machen. Anschließend wurden die Schwermetall-Konzentrationen der betroffenen Elemente in den aufgeschlossenen Probenlösungen mittels Dreifachmessung quantifiziert. Als Analysenmethode dienten die Graphitofen- und Fließinjektions-Atomabsorptionsspektrometrie. Die Probenahme, Probenvorbereitung sowie die Durchführung der Untersuchung erfolgten nach akkreditierten Standardverfahren.
Die Analysenergebnisse wurden lebensmittelrechtlich und toxikologisch bewertet. Methodenbedingte Messunsicherheiten fanden ebenso wie etwaige Verarbeitungsfaktoren für komplexe oder hochverarbeitete Lebensmittel bei der lebensmittelrechtlichen Bewertung Berücksichtigung. Als Referenzwerte dienten zumeist die in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/915 festgelegten Höchstgehalte verschiedener Lebensmittelmatrices. Für Proben ohne spezifische Höchstgehalte wurde gemäß dem ALARA-Prinzip der niedrigste Höchstgehalt des betreffenden Schwermetalls für die wesentliche Lebensmittelklasse betrachtet.
Bei Positivbefunden, d. h. bei Proben, die den jeweiligen Höchstgehalt überschritten, wurde gemeinhin eine toxikologische Risikobewertung anhand anerkannter Referenzwerte – postuliert bspw. durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA, <https://www.efsa.europa.eu/>) oder dem Joint FAO (Food and Agriculture Organization)/WHO (World Health Organization) Expert Committee on Food Additives (JECFA, <https://www.fao.org/food-safety>) – in Verbindung mit den durchschnittlichen Verzehrmengen in Deutschland durchgeführt. Die dafür benötigten Verzehrdaten wurden der Nationalen Verzehrsstudie (NVS) II des Max-Rubner-Instituts (<https://www.mri.bund.de/de/institute/ernaehrungsverhalten/forschungsprojekte/nvsii/>) entnommen.
Ergebnisse
Insgesamt konnten die Schwermetallgehalte von 564 Lebensmittelproben quantifiziert und beurteilt werden. Davon bezogen sich 194 Datensätzen auf die Blei-, 216 auf die Cadmium-, 78 auf die Quecksilber- und 76 auf die Gesamtarsenkonzentration.
Cadmium
Von den 216 untersuchten Lebensmitteln konnte Cadmium in insgesamt 56 Proben nachgewiesen werden (anteilig 26 %). Von diesen 56 Proben waren 21 Gehalte (etwa 10 % der Gesamtprobenzahl) entgegen dem ALARA-Prinzip im Bereich des vergleichenden Höchstgehaltes (Ausschöpfungsgrad ≥ 80 %) oder übertrafen diesen sogar. Bei diesen Proben konnte eine lebensmittelrechtliche Beanstandungsrelevanz im Sinne der Verordnung (EU) 2023/915 in Verbindung mit einem toxikologischen Risikobezug zunächst nicht ausgeschlossen werden. Matrixbezogen befanden sich unter diesen 21 auffälligen Proben drei aquatische sowie 18 pflanzliche Lebensmittel. Die pflanzlichen Lebensmittel setzten sich aus zwei getrockneten Erzeugnissen, einer Obstprobe, einem hochprozessierten pflanzlichen Fertiggericht und 14 Gemüseerzeugnissen zusammen. Auffallend war, dass es sich bei 13 von 14 Gemüseerzeugnissen um passierte Tomaten (anteilig 9) oder Tomatenmark (anteilig 4) handelte.
Unter abschließender Berücksichtigung etwaiger Verarbeitungsfaktoren (u. a. notwendig bei den Tomatenmark-Proben) und der methodenbedingten Messunsicherheit konnte jedoch insgesamt keine Höchstgehaltsüberschreitung für Cadmium festgestellt werden. Dennoch war eine gewisse Cadmium-Grundbelastung für vereinzelte pflanzliche Erzeugnisse nachweisbar. Daraus kann weiteres Potenzial zur Expositionsminimierung im Sinne des ALARA-Prinzips abgeleitet werden.
In Bezug auf die toxikologische Risikorelevanz wurde vereinfacht der TWI (Tolerable Weekly Intake; tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge) für Cadmium von 2,5 µg/kg Körpergewicht bei einer durchschnittlich 60 kg schweren Person zugrunde gelegt [13]. Dieser wurde mit dem jeweils auffälligen quantifizierten Cadmiumgehalt in mg/kg unter der Annahme einer wöchentlichen Verzehrmenge von exakt einem Kilogramm des betroffenen Lebensmittels verglichen. Diese Verzehrmenge eines einzelnen speziellen Lebensmittels wöchentlich wurde für die meisten in dieser Studie vorliegenden Lebensmittelklassen als hinreichend unwahrscheinlich betrachtet, sodass für den vorbeugenden Gesundheitsschutz ein genügender Sicherheitsaufschlag angenommen werden konnte. Hinsichtlich konkreter Verzehrmengen konnten für die einzelnen Lebensmittelmatrices bei Bedarf die Daten über den durchschnittlichen Lebensmittelverzehr der Nationalen Verzehrsstudie (NVS) II verwendet werden. Insgesamt war so allgemein betrachtet ein wöchentlicher Verzehr von einem Kilogramm jedes hier untersuchten auffälligen Lebensmittels toxikologisch betrachtet hinreichend akzeptabel, solange der quantifizierte Cadmiumgehalt im betrachteten Lebensmittel weniger als 0,15 mg/kg betrug.
Bei den in vorliegender Studie untersuchten Lebensmitteln wies insgesamt lediglich eine Probe einen höheren Cadmiumgehalt als 0,15 mg/kg auf – ein Kamillenblütentee. Quantifiziert wurde dessen Cadmiumgehalt allerdings im reinen getrockneten Kraut. Dieses wird in der Regel so nicht pur verzehrt, sondern als Aufguss verdünnt getrunken. Bei dieser Art der Zubereitung ist eine Cadmiumextraktion nicht erschöpfend. Tabelle 4.43 der NVS II gibt den durchschnittlichen täglichen Verzehr von Kräuter- und Früchtetees bei Männern mit 149 g Infusum pro Tag (entspricht 1043 g pro Woche) an – allerdings nicht exklusiv durch den Konsum von Kamillenblütentees. Es bedurfte folglich einer Berücksichtigung dieser Verdünnungs- und Konsumeinflüsse bei der toxikologischen Risikobewertung des vorgefundenen Cadmiumgehalts. Zusammenfassend konnte ein toxikologisches Risiko hier folglich nicht abgeleitet werden.
Abb.1: Ergebnisverteilung Cadmium-quantifizierter Lebensmittelproben (n= 216)
Blei
Das Schwermetall Blei wurde in 194 Lebensmittelproben analysiert. Bei 11 dieser Proben (anteilig etwa 6 %) lag der quantifizierte Bleigehalt oberhalb der methodenbedingten Bestimmungsgrenze (Limit of Quantification – LOQ). Alle diese Erzeugnisse waren pflanzlichen Ursprungs. Zwei dieser 11 Proben (etwa 1 % der Gesamtprobenanzahl) wiesen auffällig erhöhte Bleigehalte auf (Ausschöpfungsgrad des Höchstgehaltes bis 120 %; ohne Berücksichtigung der Messunsicherheit). Dabei handelte es sich um ein Lebensmittel auf Basis von Zuckerrüben und ein Tomatenerzeugnis. Analog der festgestellten Cadmium-Belastungssituation ist eine gewisse Blei-Grundbelastung bei pflanzlichen Lebensmitteln damit durchaus erkennbar. Auch für dieses Schwermetall besteht demnach Potenzial zur Expositionsminimierung im Sinne des ALARA-Prinzips.
Aufgrund der Einstufung in die Gruppe 2A „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ durch die International Agency for Research on Cancer (IARC) kann für Blei gemäß der EFSA allgemein kein konkreter Grenzwert ohne gesundheitsschädigende Risiken abgeleitet werden [7]. Für eine toxikologische Risikobeurteilung erhöhter Bleigehalte in Lebensmitteln wurde daher seitens der EFSA empfohlen, das Benchmark-Verfahren in Verbindung mit dem MoE-Ansatz (Margin of Exposure) anzuwenden [3]. Die bei einer Bleiexposition signifikant erhöhte Prävalenz einer Nierenschädigung bei Erwachsenen kann als relevantestes Gesundheitsrisiko und damit als gesundheitliche Beurteilungsgrundlage angenommen werden. Ein Benchmark Dose Lower Confidence Limit (BMDL10) von 0,63 µg/kg Körpergewicht pro Tag korreliert mit einer Zunahme der Prävalenz um 10 % für eine solche nierenschädigende Wirkung. Eine allgemeine Abschätzung des Expositionsniveaus für die betroffenen Lebensmittelmatrices war analog der Cadmium-Risikobewertung anhand der Daten über den durchschnittlichen Lebensmittelverzehr gemäß NVS II möglich. Ein BMDL10 von 0,63 µg/kg Körpergewicht pro Tag bedeutet für eine durchschnittlich 60 kg schwere Person eine wöchentlich tolerierbare Blei-Aufnahme von ca. 0,26 mg (wöchentlich tolerierbare Blei-Aufnahme = BMDL10 x Körpergewicht x 7 Tage). Dieser Wert wurde mit den hier untersuchten Lebensmittelproben verglichen, um eine grobe toxikologische Risikoeinordnung darzustellen. Dazu diente erneut die Annahme, die gesamte Blei-Exposition einer 60 kg schweren Person würde ausschließlich durch den Verzehr von exakt einem Kilogramm eines der hier betroffenen Lebensmittel hervorgerufen. Analog der Cadmium-Bewertung war eine Verzehrmenge von einem Kilogramm eines einzelnen speziellen Lebensmittels wöchentlich äußerst unwahrscheinlich. Ein hinreichender Sicherheitsaufschlag im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes war damit annehmbar; zumal sich eine Blei-Gesamtexposition durch mannigfaltige Einflüsse und Quellen zusammensetzt. Demnach waren erst Blei-Probengehalte von > 0,26 mg/kg als toxikologisch bedenklich einzustufen, da diese den BMDL10 von 0,63 µg/kg Körpergewicht pro Tag für Blei überschritten.
Keine positiv befundete Probe übertraf diesen Bleigehalt von 0,26 mg/kg. Somit war hinsichtlich des Bleigehaltes bei den getesteten Proben kein toxikologisches Risiko feststellbar.
Abb. 2: Ergebnisverteilung Blei-quantifizierter Lebensmittelproben (n=194)
Quecksilber
Für Quecksilber konnte in 32 der 78 untersuchten Proben ein Schwermetall-Gehalt ≥ dem LOQ nachgewiesen werden. Anteilig entsprach dies etwa 41 % der untersuchten Probenzanzahl. Keine dieser Positivbefunde wies einen auffälligen Quecksilbergehalt auf. Ein toxikologisches Risiko konnte bei keiner Lebensmittelprobe abgeleitet werden.
Abb. 3: Übersicht und Gehalte Quecksilber-nachweisbarer Lebensmittelproben (n=32)
Arsen
In dieser Studie konnte methodenbedingt keine quantitative Unterscheidung zwischen organischem und anorganischem Arsengehalt in den untersuchten Lebensmitteln getroffen werden. Die als Gesamtarsen ermittelten Arsengehalte waren somit nicht auf die in der Verordnung (EU) 2023/915 festgelegten Arsen-Höchstgehalt übertragbar, da diese nahezu ausschließlich auf anorganisches Arsen bezogen sind.
In tierischen Lebensmitteln liegt Arsen im Wesentlichen organisch gebunden, z. B. als Arsenobetain, vor. Diese organische Verbindung, der Majorbestandteil v. a. bei aquatischen Organismen, gilt als weitestgehend toxikologisch unbedenklich. Weitere Daten zu anderen organischen Arsenverbindungen liegen am Menschen nicht vor, weshalb allgemeinhin keine toxikologische Relevanz von organischen Arsenverbindungen für den Menschen angenommen wird [14].
Bei anorganischen Arsenverbindungen hingegen handelt es sich um eine hochtoxische krebserregende Verbindungsklasse. Sie werden laut IARC in die Gruppe 1 „krebserregend für Menschen“ eingeordnet. Mit hinreichender Sicherheit assoziiert werden die Ausbildung u. a. von Haut-, Lungen- und Blasenkrebs bei chronischer Exposition [8]. Die EFSA kam in einer aktuellen Risikobewertung zu anorganischen Arsenverbindungen mit Stand 2024 zu dem Schluss, dass gesundheitliche Bedenken für dieses Schwermetall in Lebensmitteln abzuleiten sind. Die Bewertung erfolgte auf Basis einer Expositionsabschätzung und bestätigte das Ergebnis der früheren Evaluation von anorganischem Arsen in Lebensmitteln aus dem Jahr 2009 [2]. Aufgrund der IARC-Einstufung als „krebserregend für den Menschen“ erfolgte die Expositionsabschätzung und Risikobewertung mithilfe des Benchmark-Verfahrens unter Verwendung des MoE in Verbindung mit Expositionsdaten der EFSA aus dem Jahr 2021. Die erhöhte Inzidenz von Hautkrebserkrankungen nach Exposition mit anorganischem Arsen wurde als die relevanteste Gesundheitsgefahr angenommen. Zur Risikoberechnung wurde seitens der EFSA ein BMDL05 von 0,06 µg/kg Körpergewicht pro Tag als niedrigste mögliche Dosis mit einer erhöhten Entstehung von Hautkrebs nach Exposition gegenüber anorganischem Arsen verwendet. Die darauf basierenden MoE lagen für durchschnittliche Erwachsene zwischen 2,0 und 0,4. Bei Vielverzehrern wurden sogar MoE von 0,9 bis 0,2 ermittelt. Ein MoE von 1 oder weniger wurde dabei mit einem deutlich erhöhten Risiko für Hautkrebs bei Arsen-Exposition assoziiert [4].
In dieser Studie wurde Arsen in 76 Lebensmittelproben untersucht. 22 dieser 76 Proben waren Arsen-positiv (≥ LOQ), was einem Anteil von ca. 29 % entspricht. Von diesen 22 Positivproben hatten 13 Proben (anteilig 59 %) wesentlich erhöhte Arsengehalte. Alle diese Proben waren allerdings aquatischen Ursprungs, sodass organisches Arsenobetain als Schwermetall-Quelle angenommen wurde. Damit waren die vorliegenden Arsengehalte gesundheitlich und toxikologisch unbedenklich. Bei allen pflanzlichen Lebensmittelproben waren die Gehalte weit unterhalb der niedrigsten Arsen-Höchstgehalte gemäß der Verordnung (EU) 2023/915. Damit konnte kein toxikologisches Risikopotential ausgehend von Arsen in den untersuchten Lebensmitteln festgestellt werden.
Abb. 4: Übersicht und Gehalte Arsen-nachweisbarer untersuchter Lebensmittelproben (n = 22)
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die derzeitige Schwermetallbelastung von Lebensmitteln im Geschäftsbereich des BMVg insgesamt als niedrig einzustufen ist. Diese Feststellung geht mit dem ALARA-Prinzip konform. Bei den Schwermetallen Cadmium, Blei und Arsen waren nicht einmal in jeder dritten Lebensmittelprobe Schwermetallgehalte quantifizierbar. Für Quecksilber war dieser Anteil mit etwa 41 % zwar leicht erhöht, jedoch konnte für Quecksilber kein einziger auffälliger Gehalt festgestellt werden. Erhöhte Gehalte bei Arsen kamen lediglich in tierischen bzw. aquatischen Lebensmitteln als ungefährliches Arsenobetain vor. Diese waren damit gesundheitlich und toxikologisch unbedeutend. Für Cadmium und Blei ist bei pflanzlichen Lebensmitteln noch Potential zur Expositionsminimierung i. S. des ALARA-Prinzips erkennbar.
Zusammenfassend ist die derzeitige Belastungssituation von Schwermetallen in Lebensmitteln im Geschäftsbereich des BMVg unbedenklich und ein allgemeines toxikologisches Risiko nicht ableitbar.
Kernaussagen
- Die Schwermetalle Cadmium, Blei, Quecksilber und Arsen sind hochtoxisch und in Lebensmitteln potenzielle Risikofaktoren.
- Die derzeitige Schwermetallbelastung von Lebensmitteln im Geschäftsbereich des BMVg ist gering.
- Ein toxikologisches Risiko durch den Konsum von Lebensmitteln im Geschäftsbereich des BMVg ist derzeit nicht ableitbar.
- Eine absichtliche Schwermetallkontamination von Lebensmitteln durch Sabotage oder Terrorismus ist eine zunehmend realistische Gefahr.
- Die Konzepte „Food Safety“ und „Food Defense“ müssen verstärkt in den Fokus rücken.
Literatur
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Manuskriptdaten
Zitierweise
Meyer M, Schröder B, Scheunert C: Schwermetall-Monitoring des aktuellen nutritionalen Bundeswehr-Warenkorbs unter besonderer toxikologischer Berücksichtigung der Kontaminanten Cadmium und Blei. WMM 2025; 69(3): 115-120.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-430
Für die Verfasser
Oberstabsapotheker Michel Meyer
Zentrales Institut der Bundeswehr München
Abteilung B – Lebensmittelchemie (Koblenz)
Andernacher Straße 100, 56070 Koblenz
E-Mail: michelmeyer@bundeswehr.org
Manuscript Data
Citation
Meyer M, Schröder B, Scheunert C: [Heavy Metal Monitoring of the Current Nutritional Food Supply in the Bundeswehr with a Specific Toxicological Focus on the Contaminants Cadmium and Lead]. WMM 2025; 69(3): 115-120.
DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-430
For the Authors
Major (MC) Michel Meyer
Central Institute of the Bundeswehr Medical Service München
Department B – Food Chemistry (Koblenz)
Andernacher Straße 100, D-56070 Koblenz
E-Mail: michelmeyer@bundeswehr.org